Der elastisch drehbar gestiitzte Durchlaufbalken (durchlaufende Rahmen) Gebrauchsfertige Zahlen fiir EinfluBlinien und GroBtwerte der Momente Von Dr.-Ing. H. Craemer DUsseldorf Mit 7 Textabbildungen Berlin Verlag von Julius Springer I927 Aile Rechte, insbesondere das der Ubersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten. ISBN-13: 978-3-642-89611-8 e-ISBN-13: 978-3-642-91468-3 DOl: 10.1007/978-3-642-91468-3 Copyright 1927 by Julius Springer in Berlin. Softcover reprint of the hardcover 15t edition 1927 Vorwort. Viele Fachgenossen haben es gewiB schon unliebsam empfunden, daB fUr die Berechnung durchlaufender Rahmentragwerke zwar schon eine Anzahl brauchbarer Losungsverfahren bestehen und auch Formel sammlungen vorliegen, wahrend Tafelwerke, die Zahlen statt Formeln bieten, bisher nicht zur Hand waren. Diese Lucke solI das aus An regungen der Praxis entstandene Werkchen schlieBen. Die vorliegenden Zahlentafeln ermoglichen ein schnelleres Arbeiten, als es eine Formelsammlung oder gar die Herleitung nach irgendeinem Verfahren gestattet; andererseits mussen sie sich, das liegt im Wesen der Sache, auf einen engeren Kreis der Anwendung beschranken und konnen nur die wichtigsten und typischen Systeme herausgreifen. Es ist hin und wieder gegen Tabellenwerke im allgemeinen der Vor wurf erhoben worden, daB sie bei Anwendung durch Ungeschulte, die sich uber die ihnen zugrunde liegenden Voraussetzungen nicht klar sind, zu fehlerhaften Ergebnissen fUhren; doch ist der MiBerfolg dann doch wohl aufs Schuldkonto nicht der Tabellen, sondern der Leitung des betreffenden Buras zu setzen. Alle Anregungen zu Anderungen oder zum weiteren Ausbau des Buches nehme ich stets dankbar entgegen. Es ist mir ein Bedurfnis, an dieser Stelle Herrn Heinrich Daniel, KOln, fUr seine unermudliche Mitarbeit bei DurchfUhrung der Zahlen rechnung herzlichst zu danken. Dusseldorf-Oberkassel, im Februar 1927. Dr.-Ing. Hermann Craemer. Inhaltsverzeichnis. Seite Grundlagen . . . . . . 1 Das EinspannungsmaB . 2 r. Beispiel (Balkendecke) 5 2. Beispiel (Pilzdecke) 8 Tabellen II EinfluBlinien fiir Mittelfelder . . II Erstfelder auf elastisch drehbarer Endstiitzung . . . . . 14 Erstfelder und Zweitfelder auf frei drehbarer Endstiitzung 17 Gr5Btwerte fUr Mittelfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Erstfelder auf elastisch drehbarer Endstiitzung . . 23 Erst- und Zweitfelder auf frei drehbarer Ehdstiitzung 26 Grundlagen. Die Unterstiitzung durchlaufender Tragwerke erfolgt im Eisen betonbau in den meisten, im Eisenbau in vielen Fallen durch Kon struktionsglieder, die einer Verdrehung der Auflagertangenten einen elastischen Widerstand entgegensetzen. Wegen der Schwierigkeit der Berechnung dieser Systeme ist es bei Vorprojekten und auch wohl bei Ausfiihrungen vielfach iiblich, die Beanspruchungen nach einem der zahlreichen Tafelwerke fUr den durchlaufenden Balken auf Schneiden lagerung zu ermitteln. Die Folge ist einerseits Baustoffverschwendung infolge Nichtberiicksichtigung der entlastenden Wirkung des Drehungs widerstands der Stiitzung auf die Feldmitten, andererseits Unsicherheit in der Bemessung der Stiitzen, da diese auch durch verhaltnismaBig kleine Biegemomente erhebliche Zusatzspannungen erhalten. Diesem Ubelstand will die vorliegende Schrift begegnen. Ein Tabellenwerk soil griffbereite Zahlen liefern und kann daher nicht jeden unregelmaBigen Fall erfassen. Es bedarf also sorgsamer Priifung im Einzelfalle, 0 b die im folgenden angege benen V or aussetzungen mit hinreichender Genauigkeit erfiillt sind und somit die Anwendung der Tafeln statthaft ist. Die statische Eigenart der hier behandelten Systeme ist dadurch gekennzeichnet, daB der Drehwinkel des durchlaufenden Balkens an seinem Auflager gleich ist der Verdrehung des hier die Unterstiitzung bildenden Konstruktionsgliedes und daB die Verdrehung des letzteren verhaltnisgleich ist dem in dasselbe iibertragenen Moment. Die zweite Voraussetzung verlangt, strenggenommen, in wagerechter Richtung unverschiebliche Auflager, ist jedoch mit ausreichender Genauigkeit auch fUr Systeme erfiillt, bei denen dies nicht der Fall ist, wie durch laufende Rahmen und Stockwerksrahmen unter senkrechten Lasten. Wir schlieBen ferner den Fall ungleichmaBiger Senkungen der Auf lager aus und leiten die Tafeln her ohne Riicksicht auf die Formande rungen infolge der N ormalkrafte sowie unter der Voraussetzung eines innerhalb eines jeden Feldes konstanten Tragheitsmoments, d. h. ohne Riicksicht auf Vouten. Craemer; Durchlaufbalken. 1 2 Das EinspannungsmaJ3. Weiter nehmen wir den Wert k = fi~dk siehe l.}llten :lk ' fiir das gauze Tragwerk konstant an; hierin ist das ElastizitiitsmaB Ck der Stiitzung, d. h. der Efache Winkel, urn den sich das kte Auflager unter der Wirkung eines in dieses iibertragenen Moments Eins ver dreht. Es ist also notwendig, daB sowohl aIle ElastizitatsmaBe t Ck = c, wie auch aIle Steifigkeitszahlen je unter sich gleich sind. Eine Gleichheit der Feldweiten ist demnach fiir die EinfluBlinien nicht erforderlich, solange nur j~ konstant ist. Dagegen sind die Tafeln fiir die GroBtwerte, in denen die Ein fliisse der Belastungen verschiedener Felder addiert auftreten, streng nur fiir durchweg gleiche Feldweiten lk = l giiltig, konnen aber praktisch auch bei kleinen Abweichungen in der Feldteilung angewandt werden. Schliel3lich legen wir eine unendliche Felderzahl zugrunde. Schon bei Schneidenlagerung ist die Beanspruchung eines Feldes nur ab hangig von der Belastung und Steifigkeit der nachsten und allenfalls der iibernachsten rechts und links anschlieBenden Offnung. Leisten aber die Auflager Widerstand gegen Verdrehung, so gilt dies infolge des dadurch verursachten schnelleren Abklingens der Momente in weit hoherem MaBe, so daB im allgemeinen die Tafeln schon bei 3 Feldern unbedenklich verwandt werden konnen, siehe Beispiel 1. Ein Vergleich der Tafeln S. 12 und S. 19 zeigt ferner, daB selbst bei frei drehbarer Endstiitzung die Beanspruchung der Zweitfelder nicht wesentlich von der der Mittelfelder abweicht. Das EinspannungsmaB. Es ist worin Jk das Tragheitsmoment des Riegels, lk dessen Lange und C der Efache Winkel, urn den sich das die Unterstiitzung der Knoten bildende Konstruktionsglied unter einem dort angreifenden Moment Eins ver dreht. Die GroBen C und k berechnen sich fiir die gebrauchlichsten Stiitzungs systeme wie folgt: Durchlaufender Rahmen. Stockwerksrahmen. 3 I. Durchlaufender Rahmen. Hohe der Stiitze h, ihr Tragheits- moment Is. Bei gelenkiger Lagerung des FuBpunkts ist c = 3~:' also Ik - 21~f.k f ; bei fest eingespannten FiiBen h also c= 4Js' bei elastisch drehbaren FiiBen ist allgemein h c = ff.,' wo ~ zwischen 3 und 4, also I I k -- lrY;.lJhJk: ' WO !Xl ZWl.S Ch en 1, 0r: un d ~') . Der Wert !Xl kann geschatzt werden; da er nur urn 33% schwanken kann, die Steifigkeitszahlen und damit k aber sich zwischen 0 und 00 bewegen, hat eine MiBschatzung von !Xl nur sehr geringen EinfluB auf das Ergebnis. II. Stockwerksrahmen (siehe auch Beispiel 1). Unter Vernach lassigung der auBerst geringen Beeinflussung der Formanderung durch Steifigkeit und Belastung der Riegel in den oben und unten anschlieBen deiI Stockwerken gelten die Tafeln auch fUr Stockwerksrahmen. Es ist wie unter I fUr die obere Stiitze allein fUr die untere Stiitze allein Abb. 1. ein an beiden Stiitzen gemeinsam angreifendes Moment Eins verdreht beide gleichzeitig urn Ist die Ausbildung der beiden Stockwerke ganz oder nahezu dieselbe, so gilt ho = hu. = h, Iso = Isu. = Is, ~o = ~u. = ~ und es wird also I k = rY.2hM. ld--;-I Der Wert ~ kann, wie unter I, im allgemeinen genau genug zwischen 3 und 4 angenommen werden, also a zwischen 0,75 und 1,00. 2 1* 4 Das EinspannungsmaB. Eine genauere Erfassung der Beeinflussung dureh Steifigkeit und Belastung der naehstoberen und -unteren Stoekwerke laBt sieh, s. das einschlagige Sehrifttum, wie folgt herleiten: Fur das gr6Bte Abb.2. Feldmoment ist die Belastung der Abb. 2 maBgebend; es ist dann tJ = 2, also 1X2 = 1,5. Die gr6Bten in die Stutzung iibergehenden Abb.3. Momente Ms dagegen ergeben sieh bei der Be1astung der Abb. 3; es gilt dann tJ = 6 und 1X2 = 0,5. Das aus den Tafeln entnommene, in die Stiitzen iibergehende Mo ment M. ist noeh zu spalten in die Momente -'Mos am FuB der oberen Stiitze und Mus am Kopf der unteren; hierfiir gilt IMos=~Ms Mus=~M.I' und 80 Eu . sowie Mos+Mus=Ms. 1m Falle co=c ist u I Mos=Mus=2M• . Pilzdecken. Torsionsfeste Quertrager. 5 III. Pilzdecken (siehe auch Beispiel 2). Die Stiitzenteilung in den beiden Richtungen sei la: und ly. Nach dem in § 17,9 der Eisenbeton bestimmungen von 1925 angegebenen Naherungsverfahren ist als "stell vertretender Rahmen" fUr die Spannrichtung y ein Deckenstreifen von der Breite Ix zu untersuchen, der in biegefester Verbindung mit einer zugehorigen Stiitzenreihe steht. Bei einer Deckenstarke d ist also Fur das ElastizitatsmaB e gilt sinngemaB das gleiche, wie unter I und II gesagt. Bei Untersuchung der Spannrichtung x ist la: mit ly zu ver -#-- tauschen und im Falle rechteckiger Stiitzen fUr diese das Tragheits moment in der anderen Richtung einzusetzen. IV. Torsionsfeste Quertrager1). Durchgehende Langstrager erfahren durch den Widerstand der unterstiitzenden Quertrager eine elastische Einspannung. Der infolge Verwindbar- • keit des Quertragers unter einem in seiner Mitte '5 angreifenden Moment Eins entstehende Winkel e ist, ___ / wenn s seine Lange, F die rechteckige Querschnitts Abb. 4. flache, I das polare Tragheitsmoment bedeutet und p die Enden keine Verschraubung erfahren, bei einem Gleitmodul von 0,4E 25sJp also e=-~F4 ' 1. Beispiel (Balkendecke). Die Abb. 5 bis 7 zeigen im Langsschnitt, Querschnitt und Grund riB ein Lagerhaus in Eisenbeton. Der dreifeldrige Hauptunterzug und die zugehOrigen Stiitzen iiber dem 1. ObergeschoB, der seine Belastung durch Vermittelung der durchgehenden Langsunterziige erhalt, sollen unter Beriicksichtigung des monolithischen Zusammenhangs unter sucht werden. Querschnitt des Riegels 30·70 cm, Druckplatte 10 cm; demnach anzunehmende Plattenbreite, nach § 17,1 der Eisenbetonbestimmungen + 1925, bo = 6· 10 30 = 90 cm. Tragheitsmoment des Plattenbalkens nach StraBner (Neuere Methoden, S. 9) 9.°;;,0 lk = 0,467 3 = 120,0 dm4• 1) Eingehendere Angaben bei Dr. Craemer. Bauingenieur 1925. Seite 954. 6 Beispiele. T.~ ~1 ",- [ 'r" ~ ~6,.3 0 6,50 ,30~ ~ • t • ,--L- !~;j----- ~~, 8,80---< 'F-¥,OO~ 'F--6,JO~ I -I' 0 n 19,10 I ~ ~ :.; Co ~~ C:::~=:?Cl t~==-=~ Co Abb.5. ~ r"" ~ r -l~io= ~---- ------ ----- ------ ------ ----- 'F---6,OO 6,00 6,00 8,00 6,00 8,00 <0' 125,00 ~ ._-- , - , - , , , , , Abb.6. '""', ;e ~ D1u~ngs S>l' .,., '<>- 600 :;lIE 6 00-------600 'lI1 IE 6.00~6.00I ~600~6.00, - ------------------~3O'OO------------------?~~I~£-------------.3o,OO Abb.7.