Frederik Dilling Der Einsatz der 3D-Druck-Technologie im Mathematikunterricht Theoretische Grundlagen und exemplarische Anwendungen für die Analysis BestMasters Mit „BestMasters“ zeichnet Springer die besten Masterarbeiten aus, die an renom- mierten Hochschulen in Deutschland, Österreich und der Schweiz entstanden sind. Die mit Höchstnote ausgezeichneten Arbeiten wurden durch Gutachter zur Veröf- fentlichung empfohlen und behandeln aktuelle Themen aus unterschiedlichen Fachgebieten der Naturwissenschaften, Psychologie, Technik und Wirtschaftswis- senschaften. Die Reihe wendet sich an Praktiker und Wissenschaftler gleicherma- ßen und soll insbesondere auch Nachwuchswissenschaftlern Orientierung geben. Springer awards “BestMasters” to the best master’s theses which have been com- pleted at renowned Universities in Germany, Austria, and Switzerland. The studies received highest marks and were recommended for publication by supervisors. They address current issues from various fields of research in natural sciences, psychology, technology, and economics. The series addresses practitioners as well as scientists and, in particular, offers guidance for early stage researchers. Weitere Bände in der Reihe http://www.springer.com/series/13198 Frederik Dilling Der Einsatz der 3D-Druck-Technologie im Mathematikunterricht Theoretische Grundlagen und exemplarische Anwendungen für die Analysis Frederik Dilling Didaktik der Mathematik Universität Siegen Siegen, Deutschland ISSN 2625-3577 ISSN 2625-3615 (electronic) BestMasters ISBN 978-3-658-24985-4 ISBN 978-3-658-24986-1 (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-658-24986-1 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National- bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer Spektrum © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informa- tionen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. 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Springer Spektrum ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung .................................................................................................... 1 2 Funktionsweise der 3D-Druck-Technologie ............................................. 3 3 Einordnung der 3D-Druck-Technologie in die fachdidaktische Forschung.................................................................................................... 5 3.1 Didaktische Prinzipien und lerntheoretische Konzepte .......................... 6 3.2 Materialeinsatz und Anschauung im Mathematikunterricht ................. 17 3.3 Technologieeinsatz im Mathematikunterricht ...................................... 26 4 Einordnung der 3D-Druck-Technologie in die curricularen Vorgaben ................................................................................................... 39 5 3D-Druck im Analysisunterricht............................................................. 41 5.1 Der Graphendrucker ............................................................................. 44 5.2 Das Tangentenmodell ........................................................................... 59 5.3 Der Integraph........................................................................................ 65 5.4 Der Graphendrucker mit zwei Variablen.............................................. 74 5.5 Weitere Modelle ................................................................................... 79 6 Fazit ........................................................................................................... 83 Anhang ............................................................................................................... 87 Dokumente der Erprobung ......................................................................... 87 Kategoriensystem: Erprobung des Programms „Graphendrucker“ .......... 101 Transkript: Interview 1 ............................................................................. 113 Transkript: Interview 2 ............................................................................. 141 Literaturverzeichnis ....................................................................................... 163 Abbildungsverzeichnis Abbildung 1 Screenshot der Benutzeroberfläche des Programms „Graphendrucker“ ........................................................................ 45 Abbildung 2 3D-Modelle der Graphen von Polynomen vierten Grades ........... 45 Abbildung 3 Stempeln des Funktionsgraphen auf ein Blatt Papier ................... 47 Abbildung 4 Stetigkeit und Steigung des Graphen mit der Hand fühlen .......... 52 Abbildung 5 Tangentenmodell mit der Kurve mit der Gleichung f(x)=0,2 x2 ................................................................................ 59 Abbildung 6 Schematische Darstellung des Tangentenmodells ........................ 60 Abbildung 7 Weitere Kurven für das Tangentenmodell .................................... 62 Abbildung 8 Abwandlung des Tangentenmodells ............................................. 62 Abbildung 9 Schematische Darstellung des Integraphen Ott ............................ 66 Abbildung 10 3D-gedruckter Nachbau des Integraphen Ott ............................... 68 Abbildung 11 Entwurf des Integraphen nach Leibniz ......................................... 70 Abbildung 12 Schematische Darstellung des Integraphen nach Leibniz ............. 70 Abbildung 13 Screenshot der Benutzeroberfläche des Programms „Graphendrucker mit zwei Variablen“ ......................................... 75 Abbildung 14 Funktionsgraphen mit der Gleichung f(x,y)=0,5 x y2 mit diskreten und kontinuierlichen x-Werten ..................................... 75 Abbildung 15 3D-gedruckte Rotationskörper ..................................................... 80 Abbildung 16 Modell zur Veranschaulichung des „Integrierens als Mitteln“ ..... 81 Abbildung 17 Modell zum Abrollen der Sinusfunktion ...................................... 81 Kurzzusammenfassung Die 3D-Druck-Technologie hat in den letzten Jahren sowohl gesamtgesellschaft- lich als auch in der Schule zunehmende Bedeutung erlangt. Sie ermöglicht das individuelle Erstellen komplexer dreidimensionaler Objekte. Im Allgemeinen lassen sich zwei Anwendungsszenarien für den Einsatz der 3D- Druck-Technologie unterscheiden. Zum einen ist es möglich, Arbeitsmaterialien für den Mathematikunterricht zu drucken (Replikation bestehender Materialien o- der Entwicklung durch die Lehrkraft). Zum anderen können die Schülerinnen und Schüler selbst Materialien entwickeln. Damit hängt die 3D-Druck-Technologie stark mit Hintergrundtheorien zum Materialeinsatz und zum Technologieeinsatz im Mathematikunterricht zusammen. Bei den Materialien, die im Rahmen dieser Arbeit mit der 3D-Druck-Technologie entwickelt wurden, handelt es sich um räumliche Modelle, die bestimmte mathe- matische Sachverhalte darstellen. Dabei repräsentieren sie nicht nur Objekte, son- dern auch Beziehungen dieser Objekte, die durch das Handeln der Schüler aufge- deckt werden können. Daher eignen sie sich als paradigmatische Beispiele auch für die mathematische Begriffsentwicklung. 3D-gedruckte Materialien haben ins- besondere auf Grund ihrer hohen Individualität, der beliebigen Reproduzierbar- keit, der nachhaltigen Nutzbarkeit und der Möglichkeit der Einbeziehung der Schüler in den Entwicklungsprozess einige Vorteile gegenüber traditionellen Ma- terialien. Dennoch lassen sich auch Einschränkungen in Bezug auf die Dauer des Druckprozesses sowie die Größe und Qualität der Objekte feststellen. Um die Beziehung zwischen dem Lernenden und der 3D-Druck-Technologie ge- nauer zu verstehen, eignet sich die Theorie der Instrumentellen Genese. Diese be- schreibt den Prozess, in welchem ein Gerät (CAD -Software und 3D-Drucker) zu einem hilfreichen Instrument in Problemlösesituationen wird. Dieser Prozess lässt sich durch einen speziellen Unterrichtsaufbau (Instrumental Integration) und durch verschiedene Formen der Intervention (Instrumental Orchestration) von der Lehrkraft unterstützen. X Kurzzusammenfassung Es werden drei Arten von CAD-Software unterschieden. Bei direkter Modellie- rungssoftware können Objekte aus verschiedenen veränderbaren Grundkörpern zusammengesetzt werden. Solche Programme sind vergleichsweise leicht zu er- lernen, komplexe Objekt sind allerdings nur schwer realisierbar. Parametrische Modellierungssoftware arbeitet dagegen auf Basis von zweidimensionalen Skiz- zen, die dann zu dreidimensionalen Objekten extrudiert werden. Komplexe Ob- jekte sind so vergleichsweise leicht erstellbar, die Benutzung der Software ist da- gegen schwierig zu erlernen. Bei skriptbasierter Modellierungssoftware werden 3D-Modelle in einem Textfeld programmiert. Dies ermöglicht das Einbeziehen von Variablen und logischen Operatoren, die Benutzung verlangt aber das Erler- nen der jeweiligen Programmiersprache. Der virtuelle Raum, in dem Schüler bei der Benutzung von CAD-Software agie- ren, erlaubt nur eine begrenzte Simulation physischer Handlungen. Dennoch las- sen sich deutliche Beziehungen zwischen grundlegenden Arbeitsweisen mit CAD- Programmen und Faktoren räumlichen Vorstellungsvermögens identifizieren, so- dass eine Förderung dieser durch die Arbeit mit der 3D-Druck-Technolgie mög- lich wäre. Auch die Begriffsentwicklung scheint in Bezug auf das Entwickeln von Modellen durch Schüler in den Vordergrund zu rücken. Durch das aktive Operie- ren bei der Arbeit mit 3D-Druck können Beziehungen innerhalb mathematischer Sachverhalte erkannt werden und so relationale Begriffe gebildet und gefestigt werden. Die Einordnung in grundlegende didaktische Prinzipien und lerntheoretische Kon- zepte, darunter das EIS-Prinzip nach Jerome Bruner, die „Three Worlds of Mathe- matics“ nach David Tall, das Entdeckende Lernen nach Heinrich Winter und die Subjektiven Erfahrungsbereiche nach Heinrich Bauersfeld, liefert zusätzliche Er- kenntnisse. Der Analysisunterricht in der Schule ist geprägt von einem Spannungsfeld zwi- schen kalkülhaftem Arbeiten einerseits und Begriffsbildung andererseits. Auch wenn viele ikonische Visualisierungen eingesetzt werden, wird mit gegenständli- chen Modellen kaum gearbeitet. Die 3D-Druck-Technologie ermöglicht die Rea- lisierung einer Vielzahl von Arbeitsmitteln für den Analysisunterricht und kann damit für eine Förderung der Begriffsentwicklung sorgen. Einige Materialien wur- den im Rahmen dieser Arbeit entwickelt. Kurzzusammenfassung XI Bei dem Programm „Graphendrucker“ handelt es sich um eine mit Hilfe des skriptbasierten CAD-Programms OpenSCAD programmierte Anwendung, die das einfache und individuelle Drucken dreidimensionaler Repräsentationen von Funk- tionsgraphen ermöglicht. Dadurch wird der Graph zu einem qualitativ wahrnehm- baren Objekt, was vielfältige Anwendungen in der Entwicklung Funktionalen Denkens und begrifflicher Grundlagen der Analysis ermöglicht. Das Programm und die Modelle wurden in einer empirischen Erprobung untersucht. Dabei wur- den zwei Schülergruppen bei der Arbeit mit dem Programm und den Modellen sowie in Reflexionsphasen videografiert. Die Aufnahmen wurden im Anschluss transkribiert und im Rahmen einer qualitativen Inhaltsanalyse codiert. Es konnten acht Kategorien induktiv gebildet werden, wobei insbesondere vier Kategorien in- teressant waren. Das Programm wurde als Grundlage zum Experimentieren mit Funktionen genutzt. Außerdem konnten viele gegenstandsbezogene Assoziationen (Farbe, Material, etc.) festgestellt werden und der Funktionsgraph wurde als ei- genständiges geometrisches Objekt wahrgenommen. Des Weiteren haben die Schüler versucht, zentrale Funktionseigenschaften mit den Händen zu erfühlen. Der Integraph ist ein Gerät, das auf mechanische Weise den Graphen der Stamm- funktion zu einem gegebenen Funktionsgraphen zeichnet. Dies ermöglicht im Un- terricht eine Begründung für den Hauptsatz der Differential- und Integralrech- nung. Weitere Anwendungsmöglichkeiten ergeben sich durch das graphische Dif- ferenzieren und Integrieren, das Bestimmen von Flächen unter Kurven und das Lösen algebraischer Gleichungen. Bei dem Tangentenmodell handelt es sich um in Holz geschnittene Funktionsgraphen, auf denen sich eine Tangente frei ver- schieben lässt. Es eignet sich unter anderem zur Einführung des Tangentenbegriffs an Kurven. Das Programm „Graphendrucker mit zwei Variablen“ ermöglicht das schnelle Erstellen dreidimensionaler Modelle von Funktionsgraphen mit zwei Va- riablen. Auf diese Weise können solche Funktionen anschaulich in den Unterricht integriert werden, sodass eine Erweiterung des schulischen Funktionsbegriffs er- folgen kann. Zusammenfassend zeigt die Arbeit sowohl Chancen als auch Probleme der In- tegration der 3D-Druck-Technologie in den Unterricht auf. Diese werden anhand verschiedener Beispiele aus der Analysis verdeutlicht. Ausgewählte Ergebnisse sind unter anderem in Dilling & Witzke (2019) sowie Witzke & Dilling (2018) dargestellt.
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