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Der Dialog in der Antike: Formen und Funktionen einer literarischen Gattung zwischen Philosophie, Wissensvermittlung und dramatischer Inszenierung PDF

448 Pages·2013·4.242 MB·German
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Der Dialog in der Antike Beiträge zur Altertumskunde Herausgegeben von Michael Erler, Dorothee Gall, Ludwig Koenen, Clemens Zintzen Band 315 De Gruyter Der Dialog in der Antike Formen und Funktionen einer literarischen Gattung zwischen Philosophie, Wissensvermittlung und dramatischer Inszenierung Herausgegeben von Sabine Föllinger und Gernot Michael Müller De Gruyter ISBN 978-3-11-031183-9 e-ISBN 978-3-11-031194-5 ISSN 1616-0452 Library of Congress Cataloging-in-Publication Data A CIP catalogue record for this book has been applied for at the Library of Congress. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2013 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Druck: Hubert & Co. GmbH und Co. KG, Göttingen ∞ Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com Inhaltsverzeichnis Einleitung ...................................................................................................... 1(cid:1) I. Zum Verhältnis von Dialogstruktur und Erkenntnis Sabine Föllinger Charakteristika des ‚Lehrdialogs‘ .................................................... 23(cid:1) Katerina Oikonomopoulou Ancient question-and-answer literature and its role in the tradition of dialogue ............................................ 37(cid:1) Alexander Müller Das Orakel und das Dialogische. Zu Plutarchs Schriften De Pythiae oraculis und De defectu oraculorum ............................. 65(cid:1) Therese Fuhrer Die Aporie und ihre Prämissen. Zur Argumentationsstruktur in Augustins De ordine ...................... 87(cid:1) Giovanni Catapano The Epistemological Background of Augustine’s Dialogues ........ 107(cid:1) Claudio Moreschini Il dialogo negli scritti ermetici ....................................................... 123(cid:1) Rainer Thiel Zum philosophischen und philosophisch-theologischen Dialog in der paganen und christlichen Spätantike .................................... 141(cid:1) VI Inhaltsverzeichnis II. Die Bedeutung von Personenkonstellation und -interaktion für die Interpretation literarischer Dialoge Diego De Brasi Das Spiel der Generationen. Dramatis Personae, Dialogstruktur und ἀνδρεία in Platons Laches .............................. 155(cid:1) Jochen Sauer Dialog, Argument und der implizite Leser in Ciceros staatsphilosophischen Schriften .................................... 173(cid:1) III. Zum Verhältnis von literarischem Dialog und politisch-gesellschaftlichem Kontext Sitta von Reden Die Dialogisierung historischer Darstellung: der Melierdialog in einer Wissenskultur im Umbruch ................... 201(cid:1) Catherin Steel Structure, Meaning and Authority in Cicero’s Dialogues .............. 221(cid:1) Ingo Gildenhard Cicero’s Dialogues: Historiography Manqué and the Evidence of Fiction ........................................................... 235(cid:1) Silke Diederich Humor, Witz und Ironie in Varros Dialog De re rustica ............... 275(cid:1) Ulrike Egelhaaf-Gaiser Gelehrte Tischgespräche beim panhellenischen Fest. Bildungs- und Deutungskonkurrenz in den Symposialdialogen des Plutarch .................................................................................... 295(cid:1) Gernot Michael Müller „Si mihi mea sententia proferenda ac non disertissimorum, ut nostris temporibus, hominum sermo repetendus esset.“ Zur Funktion der Gesprächshandlung in Tacitus’ Dialogus de oratoribus ................................................ 327 Inhaltsverzeichnis VII IV. Zur Poetologie des Dialogs Michael Erler „Nur das Gründliche (ist) wahrhaft unterhaltend“ (Thomas Mann). Zum Verhältnis lebensweltlicher und philosophischer Wirklichkeit in Platons Dialogen ................................................... 367(cid:1) Peter von Möllendorff Auctor & Actor. Formen auktorialer Präsenz in antiken Dialogen ........................................................................ 383 Orts- und Namenregister ........................................................................... 421 Stellenregister .............................................................................................. X Einleitung Sabine Föllinger und Gernot Michael Müller I. Der literarische Dialog gehörte in der Antike zu den zentralen Gattungen der Philosophie wie des theoretischen Diskurses im Allgemeinen. Ihn in seinen vielfältigen Formen und Funktionen zu analysieren und dabei den Gründen nachzugehen, warum er sich in unterschiedlichen Diskursfeldern durchgehend großer Beliebtheit erfreute, ist Ziel der siebzehn Beiträge, die dieser Sammelband vereint. Hervorgegangen sind sie aus einer internatio- nalen altertumswissenschaftlichen Tagung über den antiken Dialog, welche die Herausgeber von 16. bis 18. Februar 2011 an der Otto-Friedrich- Universität Bamberg veranstaltet haben.1 Der gemeinsame Fragehorizont der Beiträge gilt dem Verhältnis von Form, Inhalt und Funktion, mithin dem Dialog als literarischer Gattung. Dabei wird bewusst von einer eingeschränkten Definition der Gattung Dialog abgesehen, welche den hierarchiefreien Austausch unterschiedli- cher Positionen sowie die Ergebnisoffenheit des inszenierten Gesprächs als entscheidende gattungsrelevante Kriterien betrachtet. Prägnantes Beispiel für diese Sichtweise wäre etwa der Artikel „Dialog“ im Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft, der durchaus als typisch für weite Teile der modernen Forschung zum literarischen Dialog angesehen werden darf.2 Eine solche inhaltliche und nicht zuletzt auch wertende Bestimmung des literarischen Dialogs hat durchaus Tradition.3 Denn schon am Ende des 19. Jahrhunderts monierte Rudolf Hirzel in seinem Grundlagenwerk zum anti- ken Dialog, dass dieser bald nach Platon an Qualität verloren habe, weil er nicht mehr Frage und Antwort im eigentlichen Sinn gewesen sei, sondern monologische Partien und Stellungnahmen integriert habe.4 In dieselbe _____________ 1 Der Beitrag von Katerina Oikonomopoulou kam nach der Tagung als schriftlicher Beitrag hinzu und ergänzt die vorliegende Bandbreite von Dialogformen erfreu- licherweise um den in der Forschung vernachlässigten ‚katechetischen Dialog‘. 2 S. Fries/Weimar (1997). 3 Vgl. hierzu auch den Beitrag von Sabine Föllinger in diesem Band. 4 Hirzel (1895) 6. 2 Sabine Föllinger und Gernot Michael Müller Richtung geht Franz Dirlmeier, wenn er konstatieren zu können meint, die Nachahmung der Dialoge Platons sei stets epigonal geraten.5 In jüngster Zeit geht Simon Goldhill aus anderer Perspektive erneut von einer qualita- tiven Bestimmung des Dialogs aus, wenn er feststellt, das Christentum mit seinen hierarchischen Strukturen habe das Ende ‚des Dialogs‘ bewirkt.6 In durchaus programmatischer Abkehr von dieser Sichtweise liegt den hier versammelten Beiträgen demgegenüber ein offeneres, auf dem forma- len Kriterium der Wechselrede basierendes Gattungsverständnis des litera- rischen Dialogs zugrunde.7 Pointiert formuliert bedeutet dies: Ein literari- scher Dialog soll hier verstanden werden als ein im Medium der Schrift gestaltetes Gespräch in direkter Rede zwischen verschiedenen Figuren. Erst ein solcher offener Zugang erlaubt es, die unterschiedlichen Formen des literarischen Dialogs und deren Intentionen wertungsfrei zu betrachten und infolgedessen dem gesamten Formenspektrum, das sich im Laufe der antiken Gattungsgeschichte des literarischen Dialogs herausgebildet hat, gerecht zu werden. Dieses reicht vom Medium eines ergebnisoffenen phi- losophischen Diskurses, wie ihn etwa ein Teil der Dialoge Platons bieten, auf der einen Seite bis zu dem der Memorierung eines umgrenzten Wissens dienenden und in Form eines ‚Katechismus‘ gehaltenen Unterrichtsge- sprächs auf der anderen Seite. Die dazwischen liegende Bandbreite er- streckt sich von Dialogen, die durch lebhafte und nur wenige Sätze je Ge- sprächsbeitrag umfassende Wechselrede gestaltet sind, über Dialoge, die längere, als Vortrag eines der Gesprächspartner dargebotene monologische Partien umfassen, wie in Platons Symposion und Ciceros Tusculanen, bis zu Dialogen, die umfassende Monologe beinhalten, wie dies beispielsweise in Platons Timaios und manchen Werken Plutarchs der Fall ist, aber auch für Aristoteles’ Dialoge kennzeichnend gewesen sein soll. Zudem können Dialoge eine Rahmenhandlung enthalten, in der qua Erzählerkommentar Ort, Szenerie, Gesprächszeitpunkt und Gesprächsteilnehmer sowie die Gründe für das Zustandekommen des Gesprächs vorab geklärt werden (z. B. Cicero: De oratore, De re publica), oder sie können in medias res einsetzen. Letztere Dialoge können die Informationen über Anlass, Zeit- punkt des Gesprächs und eine genauere Vorstellung der Gesprächsteilneh- mer im Gespräch nachreichen oder diese gänzlich vorenthalten und sich damit ausschließlich auf die Unterredung selbst konzentrieren. Schließlich können die Gesprächsfiguren realhistorischen Personen nachgebildet oder _____________ 5 Dirlmeier (1960) 35. 6 Der von Goldhill herausgegebene Sammelband „The End of Dialogue in Anti- quity“ (2008) legt das Gewicht auf das Verhältnis des literarischen Dialogs zu dessen sozialen, kulturellen und religiösen Kontexten anhand der Sokratischen Dialoge, der Dialoge Platons, Ciceros, Augustinus’ und Boethius’. 7 Vgl. hierzu Görgemanns (1997) und Föllinger (2005).

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