ebook img

Der ängstliche Adler. Friedrich Nietzsches Leben PDF

831 Pages·1980·47.61 MB·German
by  Ross
Save to my drive
Quick download
Download
Most books are stored in the elastic cloud where traffic is expensive. For this reason, we have a limit on daily download.

Preview Der ängstliche Adler. Friedrich Nietzsches Leben

Werner Ross: Der ängstliche Adler Friedrich Nietzsches Leben dtv Biographie Das Buch Die Forschung hat eine oft verwirrende Fülle von Einzelheiten über Leben und Werk des zu den größten deutschen Philosophen zählenden Friedrich Nietzsche zutage gefördert - Werner Ross formt daraus den Bogen einer Gesamtschau, beschreibt die Geschichte eines widersprüch lichen Lebens. Diese Biographie liest sich wie ein Roman, obwohl sie sich ganz auf Tatsachen beschränkt. Der Autor entziffert die vielen Rätsel im Leben Nietzsches, geht dem häufigen Scheitern von Freundschaften nach, ergründet den lebenslangen Wettkampf mit Wagner, das Werben um Lou Andreas-Salome und die »Wollust-Hölle« der Einsamkeit. Der Grundkonflikt zwischen der Kühnheit seines Denk-Abenteuertums und der Lebensangst seiner fast kindlich sensiblen Natur bestimmte Nietz sches Leben, das in den Wahnsinn als letzten Ausweg aus dieser unerträglich gewordenen Spannung mündete. Der Autor Werner Ross, 1912 in Uerdingen/Krefeld geboren, studierte Romanistik und Germanistik und promovierte 1938 bei Ernst Robert Curtius. Er lebte viele Jahre in Italien, zuletzt als Leiter der Deutschen Schule in Rom. 19li4-1972 war er Direktor des Goethe-Instituts. 1978 wurde Werner Ross zum Honorarprofessor für vergleichende Uteraturwissenschaft und Literaturkritik an der Universität München ernannt. Werner Ross: Der ängstliche Adler Friedrich Nietzsches Leben Deutscher Taschenbuch Verlag Im Text ungekürzte Ausgabe Februar 1984 Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München © 1980 Deutsche Verlags-Anstalt GmbH, Stuttgart ISBN 3-421-o1976-2 Umschlaggestaltung: Celestino Piatti Umschlagabbildung: Munch-Museum, Oslo (Nietzsche-Porträt von Edvard Munch) Gesamtherstellung: C. H. Beck'sche Buchdruckerei, Nördlingen Printed in Germany · ISBN 3-42J-10230-6 Der ängstliche Adler 5 Inhalt Vorwort 7 ERSTER TEIL URSPRÜNGE: NAUMBURG, PFORTA 13 Vorspiel: Königsgeburtstag 14 1. Die schwarz-rot-goldene Revolution 21 2. Der kleine Pastor 28 3· Quasi una fantasia 35 4· Das Kloster 46 5· Sendung mit siebzehn 58 6. »Ein Kämpfen und Wogen« 67 7· Geschichte einer Krankheit 76 ZWEITER TEIL WERDEN: DIE JAHRE IN SONN UND LEIPZIG 85 1. Der flotte Fuchs 86 2. Der junge Gelehrte 114 3· Der Geheimberuf und der Pariser Plan 130 4· Leipziger »große Welt« 141 5· Jüngerschaft I-Schopenhauer 156 6. Jüngerschaft II - Richard Wagner 168 7· Der philosophierende Kanonier 178 DRITTER TEIL BERUF: DIE ERSTEN BASLER JAHRE 187 1. Die Berufung 188 2. Der Herr Professor und die Basler 197 3· Freundschaft in der Wüste 212 4· Die Kampagne in Frankreich 2 37 5· Meister, Jünger, Meisterin 251 6. Porträt des Künstlers als junger Mann 269 7· Die Geburt der Tragödie-die Tragödie einer Geburt 283 6 Inhalt VIERTER TEIL GRÖSSE: DIE BASLER GROSSE ZEIT: 1872/73 309 1. Der Widerpart. Die seltsame Freundschaft mit Jacob Burckhardt 310 2. Dreimal Scheitern 320 3· Nietzsche als Erzieher 345 4· Tiefenphilosophie 370 FttNITER TEIL DIE LEIDEN DER WAHRHAFriGKEIT: ABSCHIED VON BASEL UND BAYREUTH 38 5 1. Ein Jahr in der Schwebe 386 2. Bayreuth - ein Anfang und ein Ende 416 SECHSTER TEIL ABSTIEG IN DIE SCHATTENWELT 475 1. Sorrent 476 2. Heiraten oder Hochgebirge 489 3· Menschliches, Allzumenschliches 513 4· Der dunkle Winter in Naumburg 537 SIEBENTER TEIL DIE JüNGERIN UND DER PROPHET 551 Vorbemerkung für geduldige Leser 552 1. Die Große Genesung 554 2. Lou oder Der Widerspenstigen versuchte und mißlungene Zähmung 602 3· Zarathustra oder Der verschmähte Prophet 65 7 ACHTER TEIL ZARATHUSTRAS UNTERGANG 691 1. Wachsen eines Wahns 692 2. Turiner Himmelfahrt 726 3· Abschied 784 Epilo~: Nietzsches Wahnsinn 789 ANHANG 797 Bibliographie 798 Quellennachweise, Anmerkungen, Nachträge 805 Personenregister 825 Der ängstliche Adler 7 Vorwort •Auf die ewige Lebendigkeit aber kommt es an: was ist am >ewigen Leben< und überhaupt am Leben gelegen!« Nietzsche, Hadesfahrt (Vermischte Meinungen und Sprüche 408) HEIDEGGERS ZWEIBÄNDIGES WERK über Nietzsche beginnt mit dem la pidaren Satz: »>Nietzsche<- der Name des Denkers steht für die Sache seines Denkens.« Auf den vielen hundert Seiten, die folgen, kommt Er nicht mehr vor, sondern nur noch Es: sein Philosophieren. Nietzsche hat das Unglück gehabt, nur als Philosoph fortzuleben - obwohl er manches andere hätte werden wollen, Apostel oder Artillerie offizier, Lyriker oder Komponist, Umstürzler oder Reformator, und zuletzt Hanswurst oder Gott. Ein Unglück in der Tat, denn so lebt er fort als das, was er gerade nicht sein wollte, was seine Lehre ein für allemal außer Kraft setzen wollte: als reiner Geist statt als runde Figur. Philosophen verflüchtigen oder verfestigen sich zu Ideensystemen, das ist ihr Schicksal. Sie zeugen sich als Ideen fort, Wort entspringt aus Wort, wie es im Johannesevangelium heißt. Nietzsche entschied sich gegen den Wahrheitsanspruch jedweder Lehre, sogar seiner eigenen. Dafür ersehnte er Wirkung, eine Veränderung aller Verhältnisse, die Abschaffung des Christentums, den Beginn einer neuen Zeitrechnung. Er wollte die Ge schichte der Menschheit in zwei Hälften schießen. Stattdessen ist er ein geordnet, wird in Lehrbüchern behandelt wie Leibniz und Kant. II AUF DEM HöHEPUNKT seines Selbstbewußtseins, seines »Größen wahns«, hat er angenommen, die bloße Verkündigung seiner Lehre wer de die Gesetzestafeln unserer Zivilisation zusammenstürzen lassen wie einmal die israelitischen Trompeten die Mauern von Jericho. Aber es bebte die Erde nicht, keine Sonne verfinsterte sich, als er in den ersten Ja nuartagen des Jahres :1889 wahnsinnig wurde. Doch große Wirkungen brauchen Zeit. Wie wenige andere trug er dazu bei, das zu zerstören, wo nach heute mancher sich zurücksehnt: die »Grundwerte«. Er hielt sich für Dynamit, aber Sprengungen sind im Endeffekt Kinderspiele gegen die 8 Vorwort Langzeitwirkung der Erosion. Er brachte keinen Umsturz zustande, aber das Klima schlug um. Wer mit Nietzsche-geschärftem Auge über die unmittelbare Zukunft hinausblickt, weiß, daß die letzten Illusionen der Fortschrittslehre bald verschwunden sein werden, welche zwei Jahrhunderte mit Hoffnung und Zuversicht erfüllt haben. Gewiß, auch sein Zarathustra, sein Über menschentraum sind längst auf den Abfallhaufen der Geschichte gewor fen, sein Antidemokratismus und Antisozialismus sind undiskutabel ge worden, und das Christentum hat seinen »Antichrist« überlebt. Aber sei ne unerbittlichen Unheils-Prophezeihungen halten stand, seine Visionen übersetzen sich zusehends in Zeitgeschichte, und kleinere Propheten ru fen schon »Apocalypse now«. Kaum ein Aufsatz, kaum ein Buch, in dem er nicht genannt wird. Auf unheimliche Weise ist er »aktuell«. III IM GLEICHEN JAHR, in dem er ins Irrenhaus eingeliefert wurde, wurde er über Nacht berühmt. Aber sofort verschwand die Person hinter dem Werk, hinter der gepredigten und bekämpften Lehre. An ihm schieden sich die Geister, er setzte die neue Epoche in Bewegung, er lieferte die Stichworte. Die Nietzsche-Literatur breitete sich aus in Für und Wider: »Aristokratischer Radicalismus« (Brandes 1891), »Friedrich Nietzsche und seine philosophischen Irrwege« (Türck 1891), »Nietzsches neue Moral« (Ed. v. Hartmann 1891), »Friedrich Nietzsche in seinen Werken« (Lou An dreas-Salome 1894), »Friedrich Nietzsche, ein Kämpfer gegen seine Zeit« (RudolfSteiner 1895), »Von Darwin bis Nietzsche« (Iiiie 1895), »Friedrich Nietzsche, der Künstler und der Denker« (Riehl1897), »La philosophie de Nietzsche« (Lichtenberger 1898), »Zarathustra-Kommentar« (Naumann, 1899 -1901). Das Philosophenschicksal ereilte ihn. Die Philosophen und Philosophie professoren bemächtigten sich seiner; im Todesjahr 1900 erschienen die erste Abhandlung über seine Lehre von der Ewigen Wiederkehr (Hornef fer) und über seine Ästhetik (Zeitler), Hans Vaihinger schrieb über Nietz sche als Philosoph (1902), Georg Simmel über Nietzsche und Schopenhau er(1907). Lou Andreas-Salome, die ihn immerhin aus beispielloser Nähe erlebt hatte, stellte ihn nur »in seinen Werken« dar, und Heinrich Köse litz-Peter Gast, der vertrauteste Schüler und Freund, verschloß, ver schwieg, vernichtete seine Erinnerungen. Nur Schwester Elisabeth mach te sich an eine große, dreibändige Biographie, die nach Lage der Dinge nichts anderes werden konnte als ein Beitrag zur Heiligenlegende. Zu sei nem Ableben setzte sie ein furchtbares Gewitter in Gang, und als sein letztes Wort verzeichnete sie ihren eigenen Namen (»rief er freudig >Eiisa- beth<«). Und sie schloß ihre Biographie mit Gasts Wort an Nietzsches Grab: »Heilig sei dein Name allen kommenden Geschlechtern!« Gerade Elisabeths unverdrossenes Bemühen, Fälschungen nicht scheuend das Denkmal eines neuen Luther aufzurichten, rief freilich Är ger und Widerspruch hervor, kritische Korrekturen vor allem aus Basel. Nietzsches letzter Freund, Franz Overbeck, vermachte seinen Nachlaß nicht Elisabeths »Nietzsche-Archiv«, sondern der Basler Universitätsbi bliothek. Es gab Streit, Proteste und Prozesse, Elisabeth schrieb eine Bro schüre »Das Nietzsche-Archiv, seine Freunde und Feinde« (1907), und der Overbeck-Schüler Carl Albrecht Bernoulli setzte ihren Verdächtigungen eine breit angelegte und sorgfältig fundierte Darstellung der Freund schaft Overbecks und Nietzsches entgegen (19<JS). Dieses zweihändige, unförmige, vollgestopfte Werk ist der Anfang einer kritischen Nietzsche Philologie - oder doch der Versuch, ihn der Heiligtumsverwalterin Elisa beth zu entreißen. N »WAS NIETZSCHE bei totem Geist und doch lebendigem Leibe an seinem eigenen Nachlaß zu erleben bekam, bildet sicher ein einzigartiges Kapitel der deutschen Literaturgeschichte«, so hat es Bernoulli zurückhaltend for muliert. Das Archiv in Weimar war ein Tempel, Elisabeth behauptete das Monopol, verfügte über die Quellen. Nur ein Franzose, Daniel Halevy, war weit genug vom Schuß, um das Konkurrenzunternehmen einer Bio graphie zu wagen (1909). Er reiste zu alten Bekannten Nietzsches, trug zu sammen, was erfahrbar war, seine Biographie ist heute noch anregend. Wie entzückt wäre Nietzsche gewesen, hätte er erfahren, daß sein Bio graph der Sohn jenes Ludovic Halevy war, der zusammen mit Meilhac die Libretti für seinen geliebten Offenbach und für seine geliebteste Oper, »Carmen«, verfaßt hatte! Im übrigen herrschte die Formel »Leben und Werke« vor, mit dem Ak zent auf »Werke« als dem Eigentlichen, bei dem das Leben nicht ausge spart werden konnte -auch in den beiden großartigsten und geschlossen sten Gesamtdarstellungen: Charles Andlers dreibändigem Werk »Nietz sche, sa vie et sa pensee« (1920 -1931) und Karl Jaspers' »Nietzsche, Ein führung in das Verständnis seines Philosophierens« (1936, 41974), denen als drittes gelungenes Unternehmen Walter Kaufmanns »Nietzsche, Phi losopher, Psychologist, Antichrist« (Princeton 1950) angefügt werden kann. Aus dem Kreis der Mitarbeiter um die Historisch-kritische Gesamtausga be, deren erster Band 1934 erschien, ging endlich der Plan einer umfas senden Nietzsche-Biographie hervor; sie wurde von Richard Blunck wäh- rend des Zweiten Weltkrieges in Angriff genommen. Die Herrseherin des Archivs war 1935 verstorben; Hitler hatte ihr noch einen Besuch ge macht und Nietzsches Stöckchen als Gabe mitgenommen. Blunck hatte Pech: die gesamte Auflage seines ersten Bandes, Anfang 1945 fertig gedruckt, wurde bei Luftangriffen zerstört, der Band konnte erst 1953 erscheinen. Über der Arbeit an den weiteren Bänden starb Blunck, 19)€2. Curt Paul Janz, von Hause aus Orchestermusiker, aber in Basel in strenger Philologie geschult, hat Bluncks Arbeit fortgesetzt. Ihr Ergebnis ist die dreibändige Biographie, die 1978/79 im Münchner Han ser Verlag erschienen ist - eine in ihrer Gewissenhaftigkeit großartige Zusammenstellung aller Lebensfakten und biographischen Umstände, der ich für meine Arbeit viel verdanke. V Es BLEIBT DIE AUFGABE, die Fülle des heute vorliegenden Materials vom Nachlaß in der neuen Kritischen Gesamtausgabe von Giorgio Colli und Mazzino Montinari bis zu den Briefen von und an Nietzsche in der gleichen Ausgabe und zu den Tagebüchern Cosima Wagners-wieder auf die Person zurückzuspiegeln. Immer wieder ist Nietzsches Leben als >Hintergrund< zu seinem Werk, als eine jeweils hinzuzunehmende Erläu terung verstanden worden. Dagegen gilt es Ernst zu machen mit Nietz sches Satz: »Das Produkt des Philosophen ist sein Leben (zuerst, vor seinen Werken).« Sein erster Studiengegenstand waren die »Leben der Philoso phen« des alten Diogenes Laertius, und die Bücher der Philosophen hat er so unzureichend studiert, daß ihm die Basler den freigewordenen Lehr stuhl für Philosophie nicht anvertrauen mochten. Immer deutlicher wuchs in ihm das Gefühl des »Werde, der, du bist«, des sich entfaltenden Schicksalsvollzuges, des sich selbst gestaltenden Lebenskunstwerkes-ge genüber der Bruchstückhaftigkeit der in den Werken festgehaltenen Ge danken. Die SelbstEindung war das Ziel. Die Angst vor der SelbstEindung gab diesem Leben seine Dramatik. Der Wahnsinn wurde der letzte Befrei ungsakt. Einmal hat Nietzsche diese Dramatik in zwei Sätzen beschrieben: »Sein heller Kopf trieb ihn oft auf einsame Bahnen, wo er die Menschen los war; aber sein Herz war zu ängstlich dafür und schlug unerträglich dabei ge gen seine Rippen. Gab er dem Herzen nach, so mischte er sich wieder un ter die Menschen, und nun war sein Kopf elend.« Darum habe ich als Titel für diese Biographie »Der ängstliche Adler« gewählt. Das Leben als Produkt des Philosophen hat Nietzsche selbst vorgezeichnet - ich habe nichts anderes versucht, als diese Linien nachzuziehen. Allen Versuchungen, der Darstellung seines Lebens eine neue Dimension, sei es

See more

The list of books you might like

Most books are stored in the elastic cloud where traffic is expensive. For this reason, we have a limit on daily download.