ebook img

Der Adler fliegt allein PDF

83 Pages·2007·0.67 MB·German
Save to my drive
Quick download
Download
Most books are stored in the elastic cloud where traffic is expensive. For this reason, we have a limit on daily download.

Preview Der Adler fliegt allein

C.H.GUENTER Der Adler fliegt allein ERICH PABEL VERLAG GMBH, 7550 RASTATT. 1. Eine Stunde nach Sonnenuntergang öffneten sich die haushohen Hangartore. Eines der größten Geheimnisse dieses Jahrzehnts, ganz in mattem Schwarz, rollte heraus. Noch hatte der Fernbomber die Flügel eng an den Rumpf angelegt. Dadurch wirkte er wie ein Pfeil, und nicht wie ein zweihundert Tonnen schweres Monster aus Titan, Waffenstahl, Elektronik und Kunststoff. Während der Achtradschlepper die B-1B zum Startpunkt zog, sagte einer der wenigen Auserlesenen, der dieses Flugzeug bewachen durfte, zu seinem Kameraden: „Sie fliegt nur nachts. Schade, Ich würde sie gerne einmal bei Tageslicht sehen.“ „Niemand soll sie zu Gesicht bekommen.“ „Und keiner ihre Spur verfolgen können.“ „Deshalb sind Start und Landebasis immer verschieden.“ Der ältere der zwei Posten nahm den Schäferhund straffer an die Leine. „Möchte wissen, was so geheim daran ist. Ich habe schon 'ne Menge Sachen bewacht, Weltraumraketen, den neuen Kampfpanzer und Atom-U-Boote, nie gab es solch ein Theater, und das über Jahre hinweg.“ „Man sagt“, der andere senkte die Stimme, „man sagt eine Maschine dieses Typs sei in der Lage, allein einen Krieg zu entscheiden.“ „Sagt man“, bemerkte der ältere zweifelnd. Sie gingen weiter und trennten sich. Wenig später startete das Ungetüm. Ein rauher Ton, der alles bohrend durchdrang, erfüllte das weite Wüstental. Die Männer der US- Luftwaffenbasis Nellis trugen Speziallärmschutz auf den Ohren. Trotzdem mußten sie sich abwenden, als der Geisterbomber unter dem vollen Schub seiner vier Triebwerke an ihnen vorbeidonnerte, abhob und gen Himmel stieg. Angeblich war der Start einer B-1B noch in Las Vegas, zwanzig Meilen weiter südlich, zu hören. Und zwar so stark, daß die Spieler einen Augenblick mit Würfeln und Pokern innehielten, weil sie glaubten, ein Gewitter sei im Anzug. Mit doppelter Schallgeschwindigkeit folgte der Bomber der Sonne auf ihrem Weg. Irgendwo über China würde er sie eingeholt haben, und ehe der Tag anbrach, würde er auf einem Hangar in der Türkei Unterschlupf finden. Aber noch hatte er 25 000 Kilometer vor sich. Die Flugabwehrspezialisten der US Air­ force saßen indessen in ihren Stationen. Von Kalifornien über Hawaii bis Okinawa blickten sie während der nächsten Stunden gebannt auf ihre Radarschirme. Gelegentlich tauchte dort ein schwacher Schimmer auf. Nach herkömmlicher Erfahrung stammte er von einem großen Vogel, aber nicht von einem Flugzeug. Und das befriedigte sie außerordentlich. Denn laut Geheim-Telex wußten sie, daß sie wieder einmal von Amerikas neuem unsichtbaren Vergeltungsbomber überflogen worden waren. Sie nannten ihn Ghostfighter, Geisterkämpfer. „Sie überfliegen uns schon seit einem Jahr fast jede Nacht“, sagte einer der Radarexperten. „Immer rund um die Welt.“ „Und der Witz ist, daß es dieses Flugzeug offiziell noch gar nicht gibt.“ „Hast du es etwa gesehen? Ich nicht.“ „Bis mal eines runterfällt“, meinte ein dritter, der mit der Kaffeekanne zu ihnen kam. Einer der Offiziere lächelte überheblich. „Sie haben den Bomber gebaut, damit uns nicht noch einmal passiert, was uns mit der U-2 widerfuhr oder den Israelis im letzten Nahostkrieg, nämlich daß eine Rakete ihn vom Himmel putzt. Wo nichts ist, finden auch Raketen nichts.“ „Und wie macht er das?“ Darauf wußte niemand eine Antwort. „Man sagt, er sei ziemlich flach, habe keine Ecken, nur Rundungen, an denen alle Radarstrahlen praktisch abgleiten. Dazu hat er eine Tarnbeschichtung. Sie verschluckt einfach die Radarstrahlen.“ „Sie sollen so weit gehen“, ergänzte der Offizier, „daß sie den Ausstoß der Triebwerke mit flüssigem Stickstoff kühlen. Dadurch ist auch Infrarot machtlos.“ „Hoffentlich fällt keiner über Rußland runter“, sagte der mit der Kaffeekanne. „Oder noch schlimmer, aufs Pentagon, wo alle die Erleuchteten sitzen und sich solche Milliardendinger ausdenken.“ „Die haben doch Köpfe aus Beton und gepanzerte Ärsche“, sagte ein Sergeant, und alle lachten. Sieben Stunden später verging es ihnen. Der wetterunabhängige Geheimbomber, sonst auf die Sekunde computerpünktlich, landete weder auf der NATO-Basis Anatolien noch auf dem Ausweichplatz Ramstein in Deutschland. „Ghostfighter Zero!“ gab das Luftwaffenoberkommando an alle. „Ghostfighter Zero!“ Nie zuvor war dieser Alarm über die Funkbrücken gelaufen. Eingeweihte wußten, noch ehe die Erklärung Ghostfighter vermutlich über Afghanistan notgelandet aus Washington durchkam, was es bedeutete. Zunächst sah alles nicht ganz so schlimm aus, und doch war es noch bei weitem schlimmer. Die B-1B war nicht im sowjetisch besetzten Afghanistan heruntergekommen, sondern in Pakistan, allerdings dicht an der Grenze, in jenem heißen Vierländereck, wo Rußland, China, Indien und Pakistan zusammenstießen. Und der Bomber war nicht nur notgelandet, sondern abgestürzt. Wenig später meldeten Aufklärer steppenbrandartiges Feuer über mehrere Quadratkilometer. Noch mehr Einzelheiten waren nur hohen Offizieren im Pentagon bekannt. „Zwar ist der Bomber nur noch ein Wrack mit Dutzenden von Trümmern, trotzdem, wer sie hat, findet genug, um einen technischen Rückstand von zwölf Jahren aufzuholen.“ „Dann darf man sie niemals finden.“ „Die Russen werden alles daransetzen.“ „Wir auch.“ „Nur sind ihre schweren Transporthelikopter schon unterwegs, während unsere noch nicht einmal betankt sind. Die Russen haben hundert Meilen zu fliegen, wir aber tausend Meilen. Und wer, zum Teufel, hat sie so schnell informiert?“ „Immerhin liegt das Wrack auf pakistanischem Territorium.“ „Das kümmert sie in diesem Fall vermutlich wenig.“ „Dann müssen wir sie an jeder Aktion hindern.“ Der General dachte realistisch. „Und wie, bitte, wenn ich fragen darf? Die Inder werden uns was husten. Sie sind Freunde der Russen und werden selbst versuchen, das Wrack zu kriegen. Unsere nächsten Kampfflugzeuge stehen auf einem Träger der Siebten Flotte im Persischen Golf.“ „Geben wir trotzdem Alarm“, riet der Admiral. „Wollen Sie Persien überfliegen und einen Zwischenfall mit Khomeini vom Zaume brechen?“ „Wir fliegen außen herum.“ „Das ist zu weit. Wir haben nur tausend Meilen Eindringtiefe.“ Sie waren ratlos. Alle blickten sie auf den General. Er trug drei Sterne. Die bekamen nur wirklich erstklassige Strategen. Wenn er drei Sterne hatte, mußte er auch einen Dreisterne-Vorschlag bereit haben. Der General steckte sich eine Zigarre an. Er atmete den Rauch tief ein, atmete ihn wieder aus und sagte dann: „Gentlemen, schätze, wir kommen nicht drumherum.“ Sie schienen zu erschrecken. „Das äußerste Mittel, Sir?“ „Es war Sabotage.“ „Unmöglich, Sir.“ „Dann war es Verrat.“ „Von wem, Sir?“ „Wie ist es ohne Verrat möglich, daß die Russen schon unterwegs sind. Den genauen Ort kennen doch nur wir hier.“ „Sie horchten den Funk ab.“ „Und kennen unseren Royal­ Code, he?“ Der General hatte Spott in der Stimme. „Sie können den Royal-Code nicht kennen, es sei denn, er wurde verraten.“ Es war nicht die Zeit, jetzt Mutmaßungen anzustellen. „Das äußerste Mittel“, befahl der General. „Geben Sie Order für Ghostfighter's death.“ „Ghostfighters Tod!“ wiederholte einer der Stabsoffiziere zutiefst betroffen. Man versuchte noch zu retten, was möglich war. Das Weiße Haus nahm Kontakt zur Regierung in Lahore auf. Dort bedauerte man. Das Absturzgebiet sei gebirgig und schwer zugänglich, die nächste Garnison aber zwei Tagesmärsche entfernt. Man könnte unmöglich rechtzeitig zur Stelle sein. Fernaufklärer und hochfliegende Awac-Maschinen bestätigten, daß sowjetische Kranhubschrauber bereits beim Wrack des B-1B-Bombers gelandet seien. Die Russen hatten blitzschnell reagiert und vier Mi-6-Helikopter, den schwersten Transporthubschrauber der Welt, zwei davon in Kranausführung, eingesetzt. Diese Kranhelikopter hatten sich über die kompaktesten Trümmer des abgestürzten Geheimbombers gesetzt, so wie Adler, wenn ihre Fänge in einen Hasen schlugen, um ihn hoch in die Luft zu ihrem Horst zu tragen. Techniker und Experten begutachteten die herumliegenden Kleinteile, um sie einzusammeln. Unter anderem hatten sie einen Vierradbagger mitgebracht. Mit seiner hydraulischen Zange griff er sich jedes größere Wrackstück und beförderte es in die Laderäume der wartenden Hubschrauber. Nach wenigen Stunden lagen nur noch drei schwere Teile herum. Ein Motor, eine der schwenkbaren Flächen und das Rumpfmittelstück, von dem Cockpit und Heck abgerissen waren. Auf Motor und Fläche wollten sie verzichten. Davon hatten sie schon je ein Stück geborgen. Das Rumpfmittelstück jedoch war selbst für die Kranhubschrauber zu sperrig. Die sowjetischen Ingenieure erwogen zwei Möglichkeiten der Bergung. Entweder sie zerschnitten das Rumpfstück, oder sie weideten es aus. Die Halbierung mit Hilfe der Trennscheiben ging wohl schneller. Vier Mann, jeder mit einer preßluftgetriebenen Turbinen-Flex ausgestattet, machten sich ans Werk. Obwohl hochfliegende sowjetische Abfangjäger die Bergungsstelle sicherten, wurde dies alles von einem US-Aufklärer beobachtet. Die Meldung des Piloten an seine Relaisstation lautete: „Aufräumkommando bei der Arbeit. Die ersten Hubschrauber sind rückstartklar. In einer Stunde sind alle weg. Luftraum von MiG-31 gesichert. Rechne mit Angriff. Muß abdrehen.“ „Auslösen!“ kam es nach Sekunden von der weit entfernten Bodenstelle. Der F-15-Pilot aktivierte den extrem starken Sender für die Fernzündung. Es galt, eine ziemlich komplizierte Prozedur in kürzester Zeit durchzuziehen. Eine Reihe von Kippschaltern mußten in bestimmter Folge umgelegt werden, ein Code mußte eingetippt, eine Art Safeschlüssel eingeführt und nach links gedreht werden. Erst als sämtliche Kontrollampen von Grün auf Rot umsprangen, konnte der Pilot die Klappe vom letzten Knopf hochdrücken, »Achtung ich zünde!« gab er durch. Doch vorher schaltete er die Nachbrenner seiner zwei Triebwerke, ein. Sie katapultierten die F-15 auf zweieinhalbfache Schallgeschwindigkeit. Damit war sie für die sowjetischen Abfangjäger uneinholbar. Ebenso wie für den Donner der Detonation in dem fernen Himalajatal. Aber nicht für den Blitz. Es sah so aus, als ob irgendwo im Norden eine zweite Sonne aufgehen würde. Doch das war immer so, wenn nukleare Energien freigesetzt wurden. Jede B-1B war mit einer Selbstzerstörungsanlage in Form einer Mini-Atombombe versehen. Die hatte der F-15-Pilot in diesem Moment ausgelöst. Vierundzwanzig Stunden später meldeten Fernaufklärer, daß in dem Hochtal nichts Außergewöhnliches zu sehen sei. Was sich im Augenblick der Kernexplosion dort an Menschen und Material befunden hatte, war zu Staub geworden. Lediglich die Radioaktivität der Luft über dem Gebirge betrug etwa das Neuntausendfache ihres Normalwertes. 2. Der Einsatz des BND-Agenten Robert Urban, genannt Mister Dynamit, wurde von hoher Ebene gefordert. Genaugenommen gab es weltweit betrachtet keine höhere. Der Mann, der ihn begrüßt hatte, war hochgewachsen, hager, immer noch recht gutaussehend, aber wohl schon weit über siebzig. Der dritte Mann in dem merkwürdig oval geformten Raum hatte Urban an den dutzend Kontrollen regelrecht vorbeigeschmuggelt und inzwischen Platz genommen. Außer ihnen gab es keine weiteren Zeugen für das Gespräch. Der Hagere war hinter seinen Schreibtisch zurückgekehrt und stand nun, die Flagge des Landes und das Wappen im Rücken, aufrecht da. Er stemmte die Fäuste auf die Tischplatte, schien lange nachzudenken, und begann dann im gemäßigten Ton eines Radiosprechers: „Mister Urban, wir haben Sie ausgewählt. Aus besonderen Gründen.“ Urban war neugierig. Mehr ließ sich seine Neugier kaum noch steigern. Er hatte nicht die geringste Ahnung, weshalb er über den Nordatlantik hierher geflogen war. Auch seine Dienstvorgesetzten in Deutschland, Sebastian, der Operationschef, der BND-Präsident, der Minister in Bonn, hatten nichts anzudeuten vermocht. Sie waren lediglich dem merkwürdigen Wunsch ihres großen Alliierten gefolgt und hatten Urban freigestellt. Für eine Sonderaufgabe, wie es hieß. „Weil wir Vertrauen zu Ihnen haben“, fuhr der Hagere fort. „Auch wenn Sie nicht immer und in allen Fällen rückhaltlos auf unserer Seite standen, so standen Sie doch zweifellos immer auf Seiten des Westens, der NATO, des Friedens und ...“ Der dritte Mann im Oval-Office, nuckelte an seiner kalten Pfeife und ergänzte: ,,... der Freiheit.“ Der Hagere blickte zuerst den Sitzenden und dann Urban an, der immer noch stand. Sie mochten beide etwa gleich groß sein und von ähnlichem Gewicht. Beide trugen sie maßgeschneiderte Kleidung. Die von Urban hatte mehr englischen Touch, sie war in der Saville Row genäht. Die des Hageren hingegen verriet einen erstklassigen Hollywoodschneider. „Ja, wir haben Sie ausgewählt, Colonel Urban.“ „Wozu, Sir?“ erlaubte sich Urban jetzt zu fragen. Schließlich bestand zwischen ihnen weder ein Dienst noch ein Abhängigkeitsverhältnis. Mit lockerer Bewegung seiner Rechten, das aussah, als ob er die Hand trockenschütteln wollte, wandte sich der Hagere an den Mann im Clubsessel. „Unterbreiten Sie es ihm, George. Es war Ihre Idee.“ Sie nahmen nun in den hellen Velourssesseln Platz. Urban, an den Umgang mit Kaisern und Königen, mit Häuptlingen und Bossen gewöhnt, kam sich trotzdem ein wenig verloren vor. Immerhin saß er zwischen dem Chef des amerikanischen Geheimdienstes CIA und dem Präsidenten der Vereinigten Staaten. Aus Geheimhaltungsgründen hatte der CIA-Direktor auf Vorbereitung und Mitnahme eines Aktenhefters verzichtet. Er zog einen einfachen Briefumschlag, der mehrere Fotos enthielt, aus seiner Sakkotasche. Kommentarlos legte er sie auf den Tisch. Urban sah ein Flugzeug, schwarz, flach wie eine Flunder, auf hohen stelzenartigen Beinen. Vier Düsentriebwerke saßen nahe dem Rumpf, vermutlich ein Schwenkflügler, was die Maschine stark gepfeilt wirken ließ. Der CIA-Direktor ließ ihm Zeit. „Was sehen Sie?“ fragte er dann im Ton eines Oberlehrers. „Die Rockwell B-1B.“ „Nun, Leuten wie Ihnen bleibt nichts aus der Szene unbekannt“, fuhr der behäbige CIA-Chef fort. „Was sehen Sie auf dem letzten Foto?“ „Trümmer. Vermutlich in einem hochgelegenen Gebirgstal.“ „Und Ihre Querschlüsse?“ „Es läuft auf den Absturz Ihres Tarnbombers letzte Woche in Pakistan hinaus.“ „Woher wissen Sie davon?“ Urban blickte erstaunt. „Sir, das weiß man, oder man hat den falschen Job.“ „Was“, fragte der Präsident dazwischen, „wissen Sie noch?“ „Daß die Trümmer der B-1B vermutlich durch eine Nuklearexplosion atomisiert wurden. Es gab genug Proteste gegen die oberirdische Zündung eines solchen Sprengsatzes.“ „Welche Gerüchte laufen sonst noch um?“ „Einmal, daß das Bergungskommando mit der Atombombenladung an Bord der B-1B unvorsichtig verfuhr. Schlußfolgerung: Es waren Russen, die es eilig hatten, mit den Trümmern jenseits ihrer Grenze zu verschwinden. Möglichkeit Nummer zwei: Die USA haben per Funk einen Selbstzerstörungssprengsatz auf atomarer Basis gezündet, weil sie nicht mehr rechtzeitig zur Absturzstelle kommen konnten und nicht eine einzige Schraube in die Hände der Russen fallen durfte.“ Mit unerwarteter Offenheit sagte der Präsident: „Schlußfolgerung zwei ist korrekt. Ich habe die Zerstörung befohlen.“ Die Gründe dafür brauchte er einem Mann wie Urban, erfahren auf allen Gebieten der Agentenarbeit, der Spionage und deren Abwehr, nicht zu nennen. Der CIA-Chef bohrte weiter: „Warum, glauben Sie, waren wir dazu gezwungen?“ „Sagte ich bereits“, antwortete Urban. „Die Sowjets waren schneller.“ „Wie konnten sie schneller sein?“ „Sie hatten von ihren Basen in der kirgisischen SSR oder in Pamir nur wenige hundert Meilen.“ „Aber wie haben sie von dem Absturz überhaupt etwas erfahren?“ „Gute Frage, Sir“, räumte Urban ein. „Die B-1B ist ein Tarnbomber, also nicht mit Radar ortbar. Wovon man nichts sieht, davon kann man auch, keinen Absturz registrieren Erst recht nicht im Himalaja und bei dem unzureichenden Frühwarnsystem der Russen m Asien.“ „Also?“ mischte sich nun der Präsident ein. „Ein wenig Verrat, Gentlemen“, spielte es Urban herunter, „wird wohl dabeigewesen sein.“ „Wer konnte verraten?“ „Leute, die im Moment des Absturzes über die automatische Telemetrie oder den Notfunk davon erfuhren“ „Das lief alles auf Geheimfrequenzen.“ „Ferner“, entgegnete Urban, „gibt es genug Leute bei Ihnen und bei anderen Diensten, die in solchen Fällen alarmiert werden, zum Beispiel im Pentagon, beim Oberkommando der Air-force, auf den Basen rund um die Erde, bei der NATO und und und ...“ „Nicht genug damit“, fuhr der CIA-Direktor fort, „daß irgendeiner der wenigen Männer, die Zugang zu solchen Informationen haben, es sofort den Russen steckte, er informierte Moskau auch über den genauen Absturzort, den nur wir allein mit Hilfe der telemetrischen Loran-Werte zu ermitteln in der Lage waren.“ Der Präsident hob die Hand. „Wann, Mister Urban, haben Sie von der Katastrophe erfahren?“ „Beim Frühstück“, erinnerte sich Urban. „Wann genau nach Zulu-Zeit?“ „Die Minute weiß ich jetzt nicht mehr“, erwiderte Urban. „Ich muß zugeben, daß ich gerade mit anderen Sachen befaßt war.“ „Angenommen, Sie wären nicht mit anderen Sachen befaßt gewesen.“ „Sie meinen, nur mit dem B-1B-Tarnbomber.“ „Ja, das meine ich.“ „Das wäre eine grundlegend andere Situation“, versicherte Urban, ohne nachzudenken. Die Amerikaner blickten sich an. „Der Mann, der es nach Moskau gemeldet hat, war damit befaßt. Er hatte Zugang zu solchen Meldungen und bewegte sich mithin auf hoher Geheimdienstebene. Er ist ein Verräter, ein Maulwurf. Was hat er schon alles verraten, und was verrät er künftig noch?“ Urban wußte jetzt, weshalb man ihn ins Weiße Haus gebeten hatte „Eine Menge“, befürchtete er. Der CIA-Direktor nahm noch ein zusammengefaltetes Blatt im amerikanischen Briefformat aus dem weißen Umschlag. Ehe er es öffnete, erklärte er: „Dies ist kein NATO-Auftrag, Colonel Urban.“ Der deutsche Geheimagent hatte inzwischen die Hintergründe durchschaut. „Es läuft an der NATO vorbei?“

See more

The list of books you might like

Most books are stored in the elastic cloud where traffic is expensive. For this reason, we have a limit on daily download.