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Demokratisierung in Ostdeutschland: Verfassungspolitische Weichenstellungen in den neuen Ländern und Berlin PDF

433 Pages·2013·3.112 MB·German
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Astrid Lorenz Demokratisierung in Ostdeutschland Verfassungspolitische Weichenstellungen in den neuen Ländern und Berlin Demokratisierung in Ostdeutschland Astrid Lorenz Demokratisierung in Ostdeutschland Verfassungspolitische Weichenstellungen in den neuen Ländern und Berlin Astrid Lorenz Universität Leipzig Leipzig, Deutschland OnlinePLUS Material zu diesem Buch finden Sie auf www.springer.com/springer vs/medien/book/978-3-658-03186-2 + Gefördert mit Mitteln der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur. ISBN 978-3-658-03186-2 ISBN 978-3-658-03187-9 (eBook) DOI 10.1007/978-3-658-03187-9 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer VS © Springer Fachmedien Wiesbaden 2013 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Lektorat: Verena Metzger, Monika Mülhausen Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Springer VS ist eine Marke von Springer DE. Springer DE ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media www.springer-vs.de Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung ............................................................ 1 2 Theoretisch-konzeptionelle Herangehensweise. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 2.1 Demokratisierung als Forschungsgegenstand ......................... 7 2.2 Auswirkungen der parlamentarischen Kräfteverhältnisse auf die Ausgestaltung der neuen Ordnung .................................. 12 2.2.1 Auswirkungen auf die Struktur inhaltlicher Konflikte ........... 13 2.2.2 Auswirkungen auf das Verfahren der Verfassungsgebung. . . . . . . . 20 2.2.3 Auswirkungen auf die Konfliktbewältigung und die neue Ordnung als Verhandlungsergebnis .......................... 25 2.3 Methodik der Untersuchung ....................................... 29 3 Voraussetzungen der Demokratisierung: Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Fälle ............................................. 41 3.1 Gleiche Ausgangslage: Kollaps der DDR und Ländergründung .......... 41 3.1.1 Dynamiken des Systemzerfalls ............................... 41 3.1.2 Gründung der neuen Länder ................................ 59 3.2 „Halbes neues Land“ mit Verfassungscoup: Berlin ..................... 68 3.2.1 Zweiteilung und Entfremdung ............................... 68 3.2.2 Einheit Berlins ............................................. 74 3.3 Der Unterschied: Parlamentarische Kräfteverhältnisse nach den Gründungswahlen ............................................ 84 4 Auswirkungen der parlamentarischen Kräfteverhältnisse auf die Struktur inhaltlicher Konflikte ......................................... 97 4.1 Rechte der Bürger und politische Zielvorgaben für den Staat ............ 99 4.2 Politische Beteiligung der Bürger und Vertretung ihrer Rechte .......... 112 4.3 Einhegung der Regierung durch Parlament bzw. Opposition ........... 129 4.4 Umgang mit dem alten System und seinen Trägern. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 4.5 Verhältnis zwischen Staat und Religion/Kirche ....................... 156 V VI 5 Auswirkungen der parlamentarischen Kräfteverhältnisse auf die Festlegung der Verfassungsgebungsverfahren ............................ 169 5.1 Geringer Kompromissbedarf – ungewisse Beteiligung ohne rechtliche Gewähr ................................................ 179 5.2 Mittlerer Kompromissbedarf – erhöhte Beteiligung teils mit rechtlicher Gewähr. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 5.3 Hoher Kompromissbedarf – breite Beteiligung mit früher rechtlicher Gewähr. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 5.4 Berlin: Kampf um die Auslegung rechtlicher Garantien ................ 209 6 Auswirkungen der parlamentarischen Kräfteverhältnisse auf die Konfliktlösung und die neue Ordnung .................................. 217 6.1 Geringer Kompromissbedarf – selektive Änderungen am wertegeleiteten Verfassungsentwurf ................................. 237 6.1.1 Konfliktverlauf ............................................ 237 6.1.2 Ergebnisse nach Konfliktfeldern .............................. 247 6.2 Mittlerer Kompromissbedarf – Beharren auf Kernanliegen, erweiterte Oppositionsrechte und Pakethandel ....................... 253 6.2.1 Konfliktverlauf ............................................ 253 6.2.2 Ergebnisse nach Konfliktfeldern .............................. 287 6.3 Hoher Kompromissbedarf – regelungsintensive Kompromisse, viele Oppositionsrechte und gemeinsame Neuschöpfungen ............. 303 6.3.1 Konfliktverlauf ............................................ 303 6.3.2 Ergebnisse nach Konfliktfeldern .............................. 316 6.4 Berlin: Abweichende Rahmenbedingungen, ähnliche Konfliktlösung .... 325 6.4.1 Konfliktverlauf ............................................ 325 6.4.2 Ergebnisse nach Konfliktfeldern .............................. 342 7 Demokratisierung durch Parlamente – Wirkungsmechanismen und Schlussfolgerungen ............................................... 349 7.1 Zehn zentrale Befunde und die systematischen Unterschiede der neuen Ordnungen ............................................. 350 7.2 Schlussfolgerungen für die Verfassungs- und Demokratietheorie ........ 358 7.3 Schlussfolgerungen für die deutsche Einheit und den Föderalismus ...... 372 Anhang ................................................................. 383 Literatur- und Quellenverzeichnis ......................................... 391 Abbildungsverzeichnis Abb. 3.1 Die neuen Bundesländer und die ehemaligen DDR-Bezirke ......... 66 Abb. 4.1 Intensität vorgesehener Verfassungsvorgaben für die Richtung staatlichen Handelns nach Urhebern ............................. 112 Abb. 4.2 Intensität vorgesehener Verfassungsbeschränkungen der Regierungsmehrheiten durch Bürger nach Urhebern ............... 128 Abb. 4.3 Intensität vorgesehener Verfassungsbeschränkungen der Regierungen durch Parlamente nach Urhebern .................... 140 Abb. 4.4 Intensität vorgesehener Verfassungsbeschränkungen der Regierungsmehrheiten durch die parlamentarische Opposition nach Urhebern ..................................... 142 Abb. 4.5 Intensität vorgesehener Verfassungsbeschränkungen politischer Akteure beim Thema Vergangenheit nach Urhebern ............... 156 Abb. 4.6 Intensität vorgesehener Verfassungsbeschränkungen politischer Akteure im Verhältnis Staat – Kirche/Religion nach Urhebern ....... 167 VII Tabellenverzeichnis Tab. 2.1 Erwartete verfassungspolitische Konflikte ......................... 20 Tab. 3.1 Organisatorische Vorbereitung der Ländergründung ............... 65 Tab. 3.2 Theoretischer Kompromissbedarf in den Verfassungsverhandlungen ..................................... 94 Tab. 4.1 Intensität vorgesehener Verfassungsvorgaben für die Richtung staatlichen Handelns nach Ländern ...................... 111 Tab. 4.2 Intensität vorgesehener Verfassungsbeschränkungen der Regierungsmehrheiten durch Bürger nach Ländern ............. 127 Tab. 4.3 Intensität vorgesehener Verfassungsbeschränkungen der Regierungen durch das Parlament nach Ländern ............... 139 Tab. 4.4 Intensität vorgesehener Verfassungsbeschränkungen der Regierungsmehrheiten durch die parlamentarische Opposition nach Ländern ....................................... 141 Tab. 4.5 Intensität vorgesehener Verfassungsbeschränkungen politischer Akteure beim Thema Vergangenheit nach Ländern ...... 157 Tab. 4.6 Intensität vorgesehener Verfassungsbeschränkungen politischer Akteure im Verhältnis Staat – Kirche/Religion nach Ländern ................................................. 166 Tab. 5.1 Übersicht über Regeln des verfassungspolitischen Verfahrens. . . . . . . . 175 Tab. 6.1 Zustimmung zur Verfassung in den Landesparlamenten ............ 229 Tab. 6.2 Ergebnisse der Verfassungsvolksentscheide ....................... 232 Tab. 6.3 Bilanz der verfassungsrechtlichen Regelungsintensität in Konfliktfeldern, Sachsen ........................................ 248 Tab. 6.4 Bilanz der verfassungsrechtlichen Regelungsintensität in Konfliktfeldern, Thüringen, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern ..................................... 288 Tab. 6.5 Bilanz der verfassungsrechtlichen Regelungsintensität in Konfliktfeldern, Brandenburg ................................... 317 Tab. 6.6 Bilanz der verfassungsrechtlichen Regelungsintensität in Konfliktfeldern, Berlin ......................................... 343 Tab. 7.1 Regelungsintensitäten der Verfassungen in den Konfliktfeldern ...... 354 IX Einleitung 1 Die friedliche Revolution in der DDR von 1989 und der Beitritt der DDR zur Bundesrepublik gingen als „Sternstunden“ deutscher Geschichte in die Lehrbücher und die gesamtdeutsche Erinnerungskultur ein.1 Unzählige Bücher und Rückblicke von Zeitzeugen widmen sich der Entmachtung der DDR-Eliten, der Etablierung neuer Herrschaftsregeln und der Neuformie- rung der Gesellschaft der DDR.2 Die ergreifendsten Bilder hat heute wohl jeder Deutsche verinnerlicht: Prager Botschaft, Montagsdemonstrationen, Maueröffnung, deutsche Einheit. Die kollektive Erinnerung endet erstaunlicherweise mit diesem Datum. Weit weniger als über den Zusammenbruch der DDR und die Einheit wissen wir über den politischen Neuan- fang im Osten, der damals schon vorstrukturiert wurde, aber danach erst so richtig begann. Politikwissenschaftlich wird dieser politische Neuanfang nach den ersten freien Wahlen als Phase der Demokratisierung bezeichnet. Wer gestaltete die politischen Systeme der neuen Länder und Berlins? Welche Mate- rien wollten diese Gestalter dem Zugriff einfacher politischer Mehrheiten entziehen, indem sie sie in die Verfassung schrieben? Machten die Verfassungsgeber die Volksver- treter in den Parlamenten so stark wie in Bremen, wo dies die Gewaltenteilung teilweise durchbricht?3 Oder die Regierung so stark wie in Schleswig-Holstein bis 1990? Führten sie eine zweite Parlamentskammer ein, wie sie in Bayern bis zum Jahr 2000 existierte? Hatten sie vielleicht gar kein parlamentarisches, sondern ein präsidentielles System im Sinn, wie der damalige Staatsrat Theodor Eschenburg während der Verfassungsgebung 1 In einer repräsentativen Umfrage durch Allensbach nannten unlängst je mindestens 86 Prozent der Befragten in Ost- und Westdeutschland die Wiedervereinigung sowie die Öffnung der Grenze als besonders prägend, bedeutsam für die letzten 60 Jahre deutsch-deutscher Geschichte (IfD 2010). In repräsentativen Befragungen durch zwei Meinungsforschungsinstitute im Auftrag des ZDF im Frühjahr 2009 landeten beide Ereignisse nach der Erfindung des Buchdrucks auf Rang 2 und 3 von 100 zur Wahl gestellten „Sternstunden“ deutscher Geschichte (ZDF 2009; Knopp 2009). 2 Dies sind die drei definitorischen Merkmale einer Revolution (Reißig 1992: 37). 3 So die Formulierung des Bremer Staatsgerichtshofs, zit. in Lhotta/Ketelhut/Harms 2004: 236f. A. Lorenz, Demokratisierung in Ostdeutschland, DOI: 10.1007/978-3-658-03187-9_1, 1 © Springer Fachmedien Wiesbaden 2013 2 1 Einleitung in Baden-Württemberg?4 Oder folgten sie der Vision der DDR-Bürgerrechtler, indem sie auch Bürgerbewegungen ein Recht zur Gesetzesinitiative verliehen und den Staat dazu verpflichteten, alle Informationen an Bürger freizugeben, die ihre Anliegen betreffen? Warum unterschieden sich trotz ähnlicher Rahmenbedingungen der Politik deren Schlüsselentscheidungen in Bezug auf die Landesverfassungen? Diese Fragen zeigen schon: Der Beitritt der DDR zur Bundesrepublik am 3. Oktober 1990 gab dem Osten Deutschlands längst kein komplettes Ordnungssystem vor. Das Grundgesetz schreibt zwar in Artikel 28 mit dem sogenannten Homogenitätsgebot vor, dass die Länder republikanisch, demokratisch, sozial- und rechtsstaatlich im Sinne des Grundgesetzes verfasst sein müssen und gemäß Artikel 31 bricht Bundesrecht Landes- recht. Die neuen Länder verfügten aber – anders als die DDR-Bezirke – über eine eigene Verfassungshoheit, denn Deutschland West war ja eine Bundesrepublik, ein Bund von Ländern, die den Staat erst bildeten.5 Das Grundgesetz und seine Auslegung durch das Bundesverfassungsgericht ließen durchaus Raum für unterschiedliche Interpretationen und Normierungen hinsichtlich der Grundrechte oder der Staatsorganisation, aber auch des Wahlrechts, das in den alten Ländern höchst unterschiedlich umgesetzt ist.6 Wie sich die zumeist erstmals gewählten politischen Akteure entschieden, hatte ganz unmittelbare Konsequenzen für alle Bürgerinnen und Bürger in den neuen Ländern und in Berlin. Ab wann wurden sie politisch mündig und durften wählen? Mit 18? Schon mit 16? Wie oft erhielten sie die Gelegenheit, in Wahlen zu bestimmen, wer regiert? Alle fünf, alle vier Jahre? Sollten sie zwischen Wahlen direkt mitregieren dürfen? In welchen Materien? Welche Aufgaben muss der Staat (Bund und eben auch Länder) gegenüber seinen Bürgern erfüllen? Aber auch: Sollten christliche Werte als Leitkultur festgeschrie- ben sein? In diesen und anderen Fragen lassen das Grundgesetz und das europäische Recht Spielräume für unterschiedliche Ausgestaltungen in den Ländern – ob nun damals oder heute. Das Recht auf Verhängung der Todesstrafe in Artikel 21 der hessischen Verfassung ist ein vielzitiertes Beispiel dafür, dass es sogar dauerhaft Widersprüche zwischen dem Text des Grundgesetzes – das die Todesstrafe für abgeschafft erklärt – und dem der Landes- verfassungen geben kann. Im Zweifel obliegt die Rechtsauslegung den Gerichten. Diese achten darauf, dass alle Bundesbürger unabhängig von ihrem Wohnort in den Genuss der Rechte, Freiheiten und Garantien des Grundgesetzes kommen. Jedoch dürfen die Länder über diese Rechte, Freiheiten und Garantien hinausgehen oder sie auf unter- schiedlichem Wege gewähren und sie dürfen Staatsfundamentalnormen schaffen, die das Bundesverfassungsrecht gar nicht kennt.7 Auf diese Weise können sie zusätzlich zu Lan- desinitiativen im Bundesrat bundespolitisch Änderungsimpulse setzen. 4 Flick 2008: 164; Decker 2004: 4. 5 Magiera 1992. 6 Leunig 2007: 289f., 123ff. 7 Badura 2007; Stiens 1997.

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