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„das Wort will Fleisch werden“: Körper-Inszenierungen bei Heinrich Heine und Friedrich Nietzsche PDF

312 Pages·2011·3.227 MB·German
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1682 J.B.METZLER Heine-Studien Herausgegeben von Sabine Brenner-Wilczek Heinrich-Heine-Institut der Landeshauptstadt Düsseldorf Simon Wortmann „das Wort will Fleisch werden“. Körper-Inszenierungen bei Heinrich Heine und Friedrich Nietzsche Verlag J. B. Metzler Stuttgart · Weimar Bibliografi sche Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografi e; detaillierte bibliografi sche Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar. ISBN 978-3-476-02391-9 ISBN 978-3-476-05195-0 (eBook) DOI 10.1007/978-3-476-05195-0 Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfi lmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Sys temen. © 2011Springer-Verlag GmbH Deutschland Ursprünglich erschienen bei J. B. Metzler’sche Verlagsbuchhandlung und Carl Ernst Poeschel Verlag GmbH in Stuttgart 2011 Zugl.: Berlin, Humboldt-Univ., Diss., 2009 www.metzlerverlag.de [email protected] Meinen Eltern Vorwort Die vorliegende Studie ist durch ein Stipendium der FAZIT-Stiftung großzügig gefördert worden. Dr. Sabine Brenner-Wilczek danke ich für die Aufnahme meiner Dissertation in die »Heine- Studien«. Für eine sowohl fachlich als auch menschlich ausgezeichnete Betreuung bedanke ich mich bei meinem Doktorvater Prof. Dr. Roland Berbig und meiner Zweitgutachterin Prof. Dr. Dr. h. c. Erika Fischer-Lichte. Prof. Dr. Günter Abel bin ich mit Blick auf viele gewinnbringende Gespräche über Nietzsche sehr zu Dank verpfl ichtet. Prof. em. Dr. Klaus Briegleb danke ich für hilfreiche Anregungen zu Heine. Für kluge und motivierende Kommentare im Rahmen unseres »Mini-Kolloquiums« bin ich Frank Wessels ausgesprochen dankbar. Meinen Großeltern Anni und Albrecht Wortmann, die die Publikation nicht mehr erleben können, und meinen Eltern danke ich für die großzügige fi nanzielle Unterstützung während der Promotion. Für die sorgfältige und produktive Korrektur des gesamten Textes danke ich meiner Mutter sehr. Eva, dir danke ich für den vielen Zuspruch und die Geduld mit mir bei der Arbeit. Düsseldorf im Frühjahr 2011 Simon Wortmann Inhaltsverzeichnis Einleitung ............................................................................................................................... 1 I Inszenierung als Strategie bei Heine und Nietzsche ...................................................... 15 1 »Solches Accompagnement ist vom größten Effekt«: Heines Symbiose als Regisseur und Augenzeuge .............................................................................................................. 15 1.1 Die Aufführung als Mitteilungsform ........................................................................ 15 1.2 Das Potenzial der Inszenierung im Zeichen der Krise ............................................. 32 1.3 Die paradigmatische Realisierung des Schauspielertypus ....................................... 47 2 »Einer, der die Wahrheit erst schafft«: Nietzsches Inszenierung des Weisen .................. 59 2.1 Die Aufführung als Dimension des Textes »Also sprach Zarathustra« ................... 59 2.2 »die erste Sprache für eine neue Reihe von Erfahrungen«: Die Inszenierungen des Verkünders im Zeichen der Krise ...................................................................... 74 2.3 Das Schauspieler-Problem Zarathustras .................................................................. 88 II Das sprachliche Potenzial der Körper-Inszenierungen .............................................. 99 1 Zur Analyse der narrativen Strategien des Text-Mediums ............................................... 99 2 Grundlegende Aspekte der sprachlichen Regiearbeit Heines und Nietzsches ................. 105 2.1 »das Wort will Fleisch werden«: Präsenzeffekte in Heines Schreibart .................... 105 2.2 »der Stil soll leben«: Präsenzeffekte in Nietzsches Schreibart ................................ 114 III Die Analyse der literarischen Körper-Inszenierungen .............................................. 127 1 Zwischen Maskieren und Entlarven ................................................................................ 127 1.1 Der Leib als Agent der Emanzipation bei Heine ...................................................... 127 1.1.1 Die Macht der Ansteckung in »Die Stadt Lukka« ........................................ 127 1.1.2 Die Maske als Medium der Krise in den »Französischen Zuständen« ......... 143 1.2 Verkündigung und Maskerade.................................................................................. 155 1.2.1 Wahrsagen im Zeichen der Maske ................................................................ 155 1.2.2 Das Zerbrechen des Zauberers ...................................................................... 166 2 Zwischen Ernst und Lachen ............................................................................................ 179 2.1 Heines unheilvolles Lachen .................................................................................... 179 2.1.1 Das Lachen in der Szene der Verführung .................................................... 179 2.1.2 Die Narren der Kunst .................................................................................... 190 2.2 Lachen als die Sehnsucht des Weisen ...................................................................... 202 2.2.1 Das Lachen in der Szene des Wahrlachers und Tänzers ............................... 202 2.2.2 Wie der Augenschein lehrt: Zarathustras parodistisches Beispiel des Narren ..................................................................................................... 218 X Inhaltsverzeichnis 3 Zwischen Überwinden und Überwältigen ....................................................................... 231 3.1 Heines Tanz-Inszenierungen als Wiederverzauberungen der Welt .......................... 231 3.1.1 Die Kunst verführt das Leben: Der Tanz der Laurence ................................ 231 3.1.2 Die Lebensgröße der Dämonen in »Lutezia« ............................................... 245 3.2 Das unlösbare Rätsel der Selbstüberwindung .......................................................... 259 3.2.1 Die ewige Wiederkunft der Aufführung........................................................ 259 3.2.2 Der Dichter Zarathustra als Schauspieler der Gesundheit ............................ 269 IV Methodisches Fazit ........................................................................................................ 287 Literatur .................................................................................................................................. 295 Einleitung Heinrich Heine und Friedrich Nietzsche gehören sowohl ihren theoretischen Überlegungen als auch ihrer ästhetischen Praxis nach unbestritten zu den großen Fürsprechern des Körpers im 19. Jahrhundert. Beide Autoren beziehen auf geradezu unerhörte Weise Stellung, sobald sie in ihren Texten von leiblichen Phänomenen reden machen. Das von ihnen gemeinsam geteilte Schicksal, die eigene Autorschaft nicht ohne den existenziellen Zustand einer persönlich erlittenen Krankheit auffassen zu können, scheint, wenn überhaupt, nur einen möglichen Grund für ihren literarischen Ansatz abzugeben, Körperlichkeit als einen herausragenden Modus menschlicher Individualität zu thematisieren und darzustellen. Heine und Nietzsche sind jeweils zu ihrer Zeit aus unterschiedlichen Motiven als Außenseiter angegriffen oder überhaupt gar nicht erst beachtet worden. Jedoch wollen sie mit ihrem Schreiben entschieden mehr als durch den Schein der Kunst ein berechnendes Rezeptionsinteresse für das exzeptionelle Einzelschicksal eines Ichs im Text erregen. Vielmehr geht es ihnen darum, die jeweilige historische Gegenwart selbst in der Perspektive eines künstlerisch vorgeführten Ichs zu problematisieren und skeptisch zu hinterfragen. Bei aller Verschiedenheit der biografi schen und zeitgeschichtlichen Konstellationen verfolgen beide Denkkünstler die Intention, den Leser für das Erfahrungspotenzial des Körpers im Zeichen einer allgemeinen und grundlegenden Krise zu sensibilisieren und ihn auf die von ihnen beiden angenommene historische Misere der verdrängten menschlichen Sinnlichkeit aufmerksam zu machen. Diese literaturwissenschaftliche Arbeit untersucht in der methodischen Perspektive der »Ästhetik des Performativen«1 von Erika Fischer-Lichte die literarischen Körper-Inszenierungen bei Heine und Nietzsche. Wenn bei diesen Autoren grundsätzlich eine »Umwertung der Anthropologie von einer Geist-Anthropologie in eine Leib-Anthropologie«2 Walter Gebhard zufolge konstatiert werden kann, ist aus literaturwissenschaftlicher Sicht insbesondere nach ihrer spezifi schen literarischen Verfahrensweise zu fragen, durch die sie versuchen, ihrer künstlerisch- konzeptionellen Aufgabe als Fürsprecher des Körpers gerecht zu werden. Denn die literarische Fürsprache des Körpers wird prinzipiell konfrontiert mit dem »theoretische[n] Skandalon: daß er selber sprachlos bleibt im Reden über ihn.«3 Wenn man den berühmten und viel zitierten Worten Nietzsches aus »Ecce homo« Glauben schenken will, verfügen beide Autoren jedenfalls über die Mittel von Sprachartisten, die ihresgleichen suchen: »Man wird einmal sagen, daß Heine und ich bei weitem die ersten Artisten der deutschen Sprache gewesen sind – in einer unaussprechlichen Entfernung von allem, was blosse Deutsche mit ihr gemacht haben.« (KSA VI, 286) Nicht zuletzt sind es Lobeshymnen des späten Nietzsche wie diese, die die Aufmerksamkeit 1 Erika Fischer-Lichte, Ästhetik des Performativen, Frankfurt a. M. 2004. 2 Walter Gebhard, Heine und Nietzsche – Historische und literarische Formen der Aufklärungsarbeit, in: Zhang Yushu [Hg.], Heine gehört auch uns, Peking 1998, 301. 3 Christiaan L. Hart Nibbrig, Die Auferstehung des Körpers im Text, Frankfurt a. M. 1985, 18.

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