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Das Verhältnis von Partei und Staat im Sowjetsystem PDF

61 Pages·1982·1.319 MB·German
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Rheinisch-Westfalische Akademie der Wissenschaften Geisteswissenschaften Vortrage . G 259 Herausgegeben von der Rheinisch-WestfaIischen Akademie der Wissenschaften BORIS MEISSNER Das Verhaltnis von Partei und Staat im Sowjetsystem Westdeutscher Verlag 266. Sitzung am 21. April 1982 in Dusseldorf CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Meissner, Boris: Das Verhaltnis von Partei und Staat im Sowjetsystem / Boris Meissner. -Opladen: Westdeutscher Verlag, 1982_ (Vortrage / Rheinisch-Westfalische Akademie der Wissenschaften: Geisteswiss_: G259) ISBN-13: 978-3-531-07259-3 e-ISBN-13: 978-3-322-89397-0 DOl: 10.1007/978-3-322-89397-0 NE: Rheinisch-Westfalische Akademie der Wissenschaften <DUsseldorf): Vortrage / Geisteswissenschaften © 1982 by Westdeutscher Verlag GmbH Opladen Herstellung: Westdeutscher Verlag ISSN 0172-2093 ISBN-13: 978-3-531-07259-3 Inhalt 1. Der Einparteistaat als neuer Staatstypus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 2. Entstehung und theoretische Begriindung der bolschewistischen Partei .. 9 3. Die Machtergreifung der bolschewistischen Partei in der Oktoberrevolu- tion ........................................................... 15 4. Entwicklungsphasen des sowjetkommunistischen Einparteistaats . . . . . . . 18 4.1. Die Schaffung der Grundlagen des Einparteistaats unter Lenin. . . . . . 18 4.2. Der Funktions- und Strukturwandel der Einparteiherrschaft unter Stalin...................................................... 25 4.3. Die Festigung der Einparteiherrschaft und Reformbestrebungen unter Chruscev ............................................. 32 4.4. Die Wiederherstellung des dualistischen Aufbaus des Einparteistaats unter Breznev. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 35 5. Das verfassungsrechtliche Verhaltnis von Partei und Staat ............. 37 5.1. Die verfassungsrechtliche Stellung der KPdSU ................... 37 5.2. Die Beteiligung der Partei an der Ausiibung von Staatsfunktionen. .. 44 5.3. Die Partei als Trager der Souvedinitat im Staate .................. 52 6. Entwicklungsperspektiven des sowjetkommunistischen Einparteistaats .. 54 1. Der Einparteistaat als neuer Staatstypus Das weltpolitische Geschehen im 20. Jahrhundert ist wesentlich dadurch be stimmt worden, daB aus dem revolutionaren Umbruch in Ru61and mit dem bol schewistischen Einparteistaat ein bis dahin unbekannter Staatstypus hervorgegan gen ist. Seine Eigenart ist dabei weniger in dem au6eren Erscheinungsbild einer Sowjetrepublik und dam it eines Ratesystems zu sehen, als vielmehr in der perm a nenten Diktatur durch eine straff organisierte politische Gruppe, die sich als eine "Partei neuen Typus" bezeichnet. Ein Parteienstaat auf demokratischer Grundlage geht von einer Herrschaft auf Zeit aus, die in bestimmten Abstanden einen Machtwechsel zwischen den einzel nen Parteien erlaubt. In einem Einparteistaat wird in einem in der fernen Zukunft angestrebten Ziel hauptsachlich die Rechtfertigung und damit die Legitimitat fur eine ununterbrochene diktatorische Herrschaft gesehen I. In einem Mehrparteien system sehen sich die einzelnen miteinander konkurrierenden Parteien, unabhan gig von ihrer Gro6e, als Reprasentanten bestimmter Teile des Volkes an. In einem Einparteisystem erhebt dagegen die herrschende Partei den Anspruch, das ge samte Yolk allein zu verkorpern und damit in Vertretung der Gesellschaft dem Staat ubergeordnet zu sein. 1m Grunde genommen widerspricht ein solcher An spruch dem Wesen einer Partei. Diese mag entscheidend an der politischen Wil lensbildung im Staate mitwirken. Sie kann aber niemals als T eil das Ganze ersetzen2• Seit dem Epochenjahr 1917 haben sich viele Einparteistaaten in der Welt heraus gebildet, die sich nach ihren ideologischen Grundlagen und der damit verbunde nen Legitimitatsdoktrin sowie den von ihnen verfolgten langfristigen politischen Zielsetzungen unterscheiden. Sie weisen aber in starkerem oder schwacherem Ma6e bestimmte gemeinsame Strukturmerkmale auf, die sich zuerst in Ru61and herausgebildet haben. 1 Die permanente Einparteidiktatur liiBt sich als eine moderne Form der Autokratie charakterisieren, die den Gegentypus zur konstitutionellen oder rechtsstaatlichen Demokratie bildet. Vgl. K. Loewen stein: Verfassungslehre, 2. Aufl., Tiibingen 1969, S. 26ff. 2 Vgl. H. Kriiger: Allgemeine Staatslehre, Stuttgart 1964, S. 185ff. 8 Boris Meissner Der emigrierte russische Historiker Michail Heller erblickt in der Einpartei herrschaft nicht nur den entscheidenden Faktor zum Verstandnis des besonderen Wesens des Sowjetstaates, sondern auch die Ursache flir den Bruch, der in der ge schichtlichen Entwicklung RuBlands eingetreten ist3• Die These Hellers von einem geschichtlichen Nullpunkt ist ebenso libertrieben wie der von ihm zu Recht zurlickgewiesene Versuch, eine direkte Verbindungs linie von dem Zaren Iwan dem Schrecklichen bis zu Stalin und seinen Nachfol gern herzustellen. Unbestritten ist jedoch, daB sich die Entstehung des ersten Ein parteistaates in der Geschichte nieht nur auf die Entwicklung RuBlands, sondern auch der librigen Welt entscheidend ausgewirkt hat. Sind doch damit neuartige Formen der Machtkonzentration in den Handen der Herrschenden geschaffen worden, die in bis dahin ungeahntem MaBe die Lenkung und Mobilisierung der beherrschten Volksmassen ermoglichten. Auf der anderen Seite sind auch die Schwachen eines Einparteisystems deutlich geworden, die hauptsachlich durch die ungenligende rechtliche Begrenzung der staatlichen Allmacht, die Ausschaltung jeder organisierten Opposition und den daher fehlenden demokratischen Konsens bedingt sind. Eine wachsende Kluft zwischen Staat und Gesellschaft sowie die ab nehmende Leistungsfahigkeit des Gesamtsystems sind die Folge4• Beides konnte im FaIle des sowjetkommunistischen Einparteistaates festgestellt werden. Seine Entstehung ist das Ergebnis einer bestimmten historischen Konstel lation und zugleich einer besonderen geistesgeschichtlichen Entwicklung ge wesen. Die Einparteiherrschaft entsprach den Folgerungen, die sich aus dem Par teikonzept Lenins ergaben. Sie hat sich aber erst nach der Oktoberrevolution, die im wesentlichen sein Werk war, herausgebildets. Ihre volle Auspragung soUte sie erst in der von Stalin herbeigeflihrten "Revolu tion von oben" finden. Das besondere Verhaltnis von Patei und Staat, das sich da- 3 Vgl. M. Heller: Geschichte der Sowjetunion, Erster Band; 1914-1939, Konigstein/Ts. 1981, S. 2f. 4 Auf diesen Zusammenhang ist vgn vielen osteuropaischen Reformern und sowjetischen Dissidenten hingewiesen worden. Z. B. o. Sik: Das kommunistische Machtsystem, Hamburg 1976 und A. D. Sacharow: Stellungnahmen, Wien 1974. 5 Vgl. R. Lowenthal: Der Einparteistaat als Vorbild, Merkur, 21 (1967), S. 906ff. 6 Vgl. E. Oberlander: Die Rolle der politischen Parteien, in: G. Katkow, E. Oberlander, N. Popper, G. v. Rauch (Hrsg.): RuBiands Aufbruch ins 20. Jahrhundert. Politik-Gesellschaft-Kultur 1894-1917, Olten 1970, S. 63ff. Die wichtigsten Parteiprogramme finden sich bei P. Scheibert (Hrsg.): Die russischen politischen Parteien von 1905 bis 1917. Ein Dokumentationsband, Darm stadt 1972. 7 Russisch: Rossijskaja Social-Demokraticeskaja Rabocija Partija, wortlich ubersetzt: "RuBiandische Sozialdemokratische Arbeiterpartei", abgekurzt: RSDRP. 8 Aus der zeitweiligen Mehrheit (Russisch: bol'sinstvo) auf dem Parteitag ergab sich fur die Anhanger Lenins die Bezeichnung bol'siviki (Bolschewisten). Die von Martov gefuhrte Minderheit (Russisch: men'sistvo) erhieit entsprechend die Bezeichnung men'siviki (Menschewisten). Zur Entwicklung der beiden Flugel der russischen Sozialdemokratie vgl. J. L. H. Keep: The Rise Das Verhaltnis von Partei und Staat im Sowjetsystem 9 bei herausbildete, hat nach seinem Tode in der Sowjetunion selbst nur geringfu gige Veranderungen erfahren. Dafur hat die Entwicklung auBerhalb der Sowjet union gezeigt, daB ein Einparteisystem unter bestimmten Voraussetzungen wand lungsfahig ist und daB die Einparteiherrschaft sehr verschiedene Formen aufwei sen kann. 2. Entstehung und theoretische Begrundung der bolschewistischen Partei Ein funktionierendes Mehrparteiensystem hat sich in Ru61and urn die Jahrhun dertwende und in Verbindung mit der Revolution von 1905, die den Auftakt fur die Februar- und die Oktoberrevolution von 1917 bilden sollte, herausgebildet6• Den Anfang machte die Sozialdemokratische Arbeiterpartei Ru61ands7, die 1898 auf dem I. ParteikongreB in Minsk als marxistische Partei gegrundet wurde. Auf dem II. ParteikongreB in Brussel und London 1903 kam es zur Spaltung der SDAPR in einen radikalen bolschewistischen und einen gemaBigten menschewi stischen Flugel8• Die endgultige organisatorische Verselbstandigung und Tren nung der beiden Parteigruppen, deren Mitglieder haupsachlich Arbeiter und An gehorige der Intelligenz waren, erfolgte erst 1912. Bei den Boischewisten wurde es seitdem ublich, durch die Hinzufugung ihrer speziellen Bezeichnung zum bisheri gen Parteinamen - abgekurzt SDAPR (B) - den eigenstandigen Charakter ihrer Parteiorganisation hervorzuheben. Aus der Bewegung der N arodniki (Volksfreunde, Volkstumler)9 mit ihrem star ken anarchistischen Einschlag ging 1901 die Partei der SozialrevolutionarelO her vor, die sich spater in die gemaBigten "rechten Sozialrevolutionare", mit denen die of Social Democracy in Russia, Oxford 1963; D. Geyer: Lenin in der russischen Sozialdemokratie. Die Arbeiterbewegung im Zarenreich als Organisationsproblem der revolutionaren Intelligenz 1890--1903, KOin 1962; Bertram D. Wolfe: Lenin, Trotzkij, Stalin. Drei, die eine Revolution machten, Frankfurt a. M. 1965; D. Lane: The Roots of Russian Communism. A social and historical Study of Russian Social Democracy 1889-1907, Assen 1969; A. Ascher (Hrsg.): The Mensheviks in the Russian Revolution, London 1976. Aus sowjetischer Sicht vgl. den Band I: Die Grundung der Bolschewistischen Partei (1883-1903) der offiziellen, yom Institut fur Marxismus-Leninismus her ausgegebenen, sechsbandigen "Geschichte der Kommunistischen Partei der Sowjetunion", Moskau o. J.; B. N. Ponomarev (Red.): Istorija Kommunisticeskoj Partii Sovetskogo Sojuza (Geschichte der Kommunistischen Partei der Sowjetunion), 5. Aufl., Moskau 1980, S. 30ff. 9 Vgl. G. Stakl: Russische Geschichte von den Anfangen bis zur Gegenwart, 2. Aufl., Stuttgart 1965, S. 567ff.; A. Yarmolinsky: Road to Revolution. A Century of Russian Radicalism, London 1957; St. R. Tompkins: The Russian Intelligentsia. Makers of the Revolutionary State, Norman 1957. 10 Russisch: Partija Socialistov Revoljucionerov, abgekurzt PSR, auch Esery genannt. Zur Entwick lung der Sozialrevolutionaren Partei und ihrer einzelnen Gruppierungen vgl. M. Hildermeier: Die Sozialrevolutionare Partei RuBiands 1900--1914, Kaln 1978; Oberlander (N. 6), a. a. 0., S. 65 ff. Zur Rolle des russischen Anarchismus vgl. P. Avrichs: The Russian Anarchists, Princeton, N. J. 1967. 10 Boris Meissner "Arbeitsgruppe" 11 verbunden war, und die radikalen "linken Sozialrevolutionare" spaltete. Bei den Sozialrevolutionaren Uberwog das stadtische Kleinbiirgertum und das Bauerntum. Die 1905 gegrUndete liberale Konstitutionell-Demokratische Partei, abgekUrzt "Kadetten"l2, vertrat den groBeren Teil der Intelligenz und den radikal-liberalen Teil des aufstrebenden BUrgertums. Hinter der Union des 17.0ktober13, die sich auf den Boden des Oktobermanifestes des Zaren gestellt hatte, standen die als "Oktobristen" bezeichneten liberal-konservativen Teile des Adels und des BUrgertums. Daneben gab es mehrere nationalistische Rechtspar teien14 und die rechtsradikale "Union des russischen Volkes". Den verfassungsrechtlichen Rahmen fUr die Entwicklung des Mehrparteiensy stem, deren Bestandteil die SDAPR war, bildete die yom Zaren nach der Revolu tion von 1905 oktroyierte Verfassung yom 23. April 1906l5, die ein Zweikammer system vorsah, bestehend aus der Staatsduma als Unterhaus und dem Staatsrat als Oberhaus. Sie bedeutete nur eine begrenzte Beschrankung der Autokratie, hatte aber einem parlamentarischen System durchaus Entfaltungsmoglichkeiten gebotenl6, wenn das Wahlrecht fUr die Volksvertretung 1907 nicht verfassungs widrig geandert worden warel7. Erst von diesem Zeitpunkt an traf die Beurteilung der Verfassungslage als "Scheinkonstitutionalismus" durch Max Webetl8 bedingt zu. In der ersten Duma fiel der von der Konstitutionell-Demokratischen Partei re prasentierten linken Mitte, in der zweiten Duma den Linksparteien der Sozialde- 11 Russisch: Trudovaja gruppa, auch "trudoviki" genannt. Zu ihr gehorte auch Kerenskij, der Gegen. spieler Lenins in der Revolution von 1917. 12 Russisch: "Konstitucionno·Demokraticeskaja Partija". Sie ist zunachst als "Partija Narodnoj Svobody" (Partei der Volksfreiheit) gegriindet worden. Zum russischen Liberalismus und der Ent wicklung der Konstitutionell-Demokratischen Partei vgl. V. Leontovitsch: Geschichte des Libe ralismus in RuBland, Frankfurt a. M. 1957; G. Fischer: Russian Intelligentsia, Cambridge, Mass. 1958; S. Galaj: The Liberation Movement in Russia 1900-1905, Cambridge 1973; Oberlander (N. 6), a.a.O., S. 74f. 13 Russisch: Sojuz 17. Oktjabrja. Zur Entwicklung der "Oktobristen" vgl. E. Birth: Die Oktobristen 1905-1913. Zielvorstellungen und Struktur, Stuttgart 1974; Oberlander (N. 6), a.a.O., S. 75f. 14 Vgl. H. Jablonowski: Die russischen Rechtsparteien 1905-1917, in: RuBland-Studien. Gedenk schrift fUr O. Hoetzsch, Stuttgart 1957, S. 43-62; H. Rogger: The Formation of the Russian Right 1900-1906, in: California Slavic Studies, Bel. ill, 1964, S. 66-94. 15 Zur Beurteilung der Verfassung von 1906 vgl. L. Schultz: Das Verfassungsrecht RuBlands, in: RuBlands Aufbruch ins 20. Jahrhundert (Nr. 6), a.a.O., S. 47ff.; Leontovitsch (Nr. 12), a.a.O., S. 341ff. Zum Wortlaut der Verfassung siehe A. Palme: Die russische Verfassung, Berlin 1910; Auszug in: B. Dennewitz, B. Meissner (Hrsg.): Die Verfassungen der modernen Staaten, Bd. I, Hamburg 1947, S. 154-163. 16 Dbereinstimmend Th. H. von Laue: The Chance for Liberal Constitutionalism, Slavic Review, 23 (1964), S. 23ff. 17 Zu den Auswirkungen der Wahlrechtsanderung vgl. M. Szeftel: The Reform of the Electoral Law to the State Duma on June 3, 1907, in: Liber Memorialis Georges de Lagarde, London 1968, S.321-367. Das Verhaltnis von Partei und Staat im Sowjetsystem 11 mokraten und Sozialrevolutionare das Dbergewicht zu. Aus den Duma-Wahlen nach 1907 gingen die der rechten Mitte angehorenden "Oktobristen" und die Rechtsparteien als Sieger hervor. Die vierte Duma, die 1912 gewahlt wurde und eine ahnliche Zusammensetzung aufwies, bestand noch 1917, als die Februarrevo lution ausbrach 19. Die schicksalhafte Spaltung der russischen Sozialdemokratie ist hauptsachlich durch unterschiedliche Auffassungen in den Fragen des organisatorischen Auf baus und der prinzipiellen Haltung der Partei bedingt worden20• Die Menschewi sten unter Martov, zu den en sich spater Plechanov, der marxistische Lehrmeister Lenins, hinzugesellte, traten fUr eine demokratische Massenpartei nach dem Vor bild der west-und mitteleuropaischen Sozialdemokratie ein. Lenin forderte dage gen die Bildung einer straff organisierten Kampforganisation von meist intellek tuellen Berufsrevolutionaren, deren Zielsetzung von der revolutionaren Theorie bestimmt sein sollte. Diese Forderung war in der Parteilehre Lenins begriindet, die nicht nur eine marxistische, sondern auch eine russisch-revolutionare Wurzel aufwies. Vieles spricht dafiir, daB er bei seinem Parteikonzept durch die ihm bekannten radikalen Gedankengange eines Zaicnevskij, Necaev und Tkacev, die sich als "russische Ja kobiner" ansahen21, starker beeinfluGt war als durch die Vorstellungen von Marx und Engels, die von der Moglichkeit eines sozialistischen Mehrparteiensystems ausgingen22• Nach ihrer Auffassung sollte der Kommunistischen-Partei im Unter- 18 Vgl. M. Weber: RuBiands Ubergang zum Scheinkonstitutionalismus, in: Archiv fiir Sozialwissen schaft und Sozialpolitik, Bd. XXIII, 1906, Beilage, S. 249ff. 19 Zur Zusammensetzung und Tatigkeit der Staatsduma vgl. G. A. Hosking: The Russian Constitu tional Experiment. Government and Duma 1907-1914, Oxford 1973; W. B. Walsh: Political Parties in the Russian Dumas, in: The Journal of Modern History, Bd. XXII, 1950, S. 144-150. Vgl. aus sowjetischer Sicht auch die Monographie von A. Ja . Avrech: Stolypin i tret'ja duma (Stolypin und die dritte Duma), Moskau 1968. 20 Der Streit entbrannte hauptsachlich urn den Artikell des erst en Parteistatuts der SDAPR, der den Grad der Mitgliedspflichten regelte. Vgl. G. Brunner: Das Parteistatut der KPdSU 1903-1961, Kaln 1965, S. 16ff.; Wortlaut des "Organisationsstatuts": Ebenda, S. 107-108. Dagegen war das Parteiprogramm der SDAPR, dessen Entwurf von Lenin zusammen mit Plechanov erarbeitet worden war, weniger umstritten. Vgl. B. Meissner: Das Parteiprogramm der KPdSU 1903-1961, 3. Aufl., Kaln 1965, S. 20ff.; Wortlaut: Ebenda, S. 115-120. 21 Vgl. A. von Borcke: Die Urspriinge des Bolschewismus. Die jakobinische Tradition in RuBiand und die Theorie der revolutionaren Diktatur, Miinchen 1977. Auf den starken Einflu~, den die Gedankengange Necaevs und Tkacevs auf Lenin ausgeiibt haben, hat der bekannte russische Philosoph Berdiajew besonders nachdriicklich hingewiesen. Vgl. N. Berdiajew: Sinn und Schicksal des russischen Kommunismus, Luzern 1937, S. 69ff. Zu Necaev siehe noch Ph.,; Pomper: Sergej Necaev, Princeton, New Jersey, 1979, zu Tkacev von sowjetischer Seite: B. M. Sachmatov: P. N. Tkacev. Etjudy k tvorceskomu portretu (Skizzen flir ein schapferisches Portrat) Moskau 1981. Aus offizieller sowjetischer Sicht vgl. Bd. I der "Geschichte der Kommunistischen Partei der Sowjetunion" (N. 8), a.a. 0., S. 528ff. 22 Vgl. Karl Marx und Friedrich Engels: Ausgewahlte Schriften in zwei Banden, Bd. I, Stuttgart 1953, S.35.

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