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Das Unsagbare: Die Arbeit mit Traumatisierten im Behandlungszentrum für Folteropfer Berlin PDF

315 Pages·2002·4.235 MB·German
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Das Unsagbare Die Arbeit mit Traumatisierten im Behandlungszentrum fur Folteropfer Berlin Springer-Verlag Berlin Heidelberg GmbH A. Birck C. Pross J. Lansen (Hrsg.) Das Unsagbare Die Arbeit mit Traumatisierten im Behandlungszentrum für Folteropfer Berlin Festschrift zum lOjährigen Bestehen des Behandlungszentrums für Folteropfer Berlin , Springer Dr. phil. Angelika Birck Dr. med. Christian Prass Dr. med. Johan Lansen Behandlungszentrum für Folterapfer e. V. Klinikum Westend Spandauer Damm 130 14050 Berlin e-mail: [email protected] http://www.folteropfer.de Mit freundlicher Unterstützung der Ärztekammer Berlin und der Firma Gambro ISBN 978-3-642-62864-1 Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Das Unsagbare: die Arbeit mit Traumatisierten im Behandlungszentrum für Folteropfer Berlin/Hrsg.: Angelika Birck ... - Berlin; Heidelberg; New York; Barcelona; Hongkong; London; Mailand; Paris; Tokio: Springer, 2002 ISBN 978-3-642-62864-1 ISBN 978-3-642-56086-6 (eBook) DOI 10.1007/978-3-642-56086-6 Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesonde re die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf ande ren Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur aus zugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwider handlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. http://www.springer.de © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2002 Originally published by Springer-Verlag Beriin Heidelberg New York in 2002 Softcover reprint of the hardcover 1s t edition 2002 Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in die sem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Produkthaftung: Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewähr übernommen werden. Derartige Angaben müssen vom je weiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Einbandgestaltung: de'blik, Berlin Gedruckt auf säurefreiem Papier SPIN 10973530 26/3111 5 4 3 2 1 Geleitwort zur Festschrift aus Anlass des zehnjahrlqen Bestehens des Behandlungszentrums fur Folteropfer Das Behandlungszentrum fur Folteropfer feiert sein zehnjahriges Bestehen. Das Zentrum hat sich in diesem Zeitraum ein hohes MaBan Anerkennung erworben. Die Verleihung des Annette-Barthe1t-Preises, die Besuche und vielfaltige Unter stiitzungdurch prominentePersonlichkeitensind dafiirsichtbareZeichen. DasBehandlungszentrum fur Folteropferbietet Opfem organisierter staatIicher Gewalt bei korperlichen Leiden, seelischen Langzeitschaden und psychosomati schen Storungen umfassende Hilfen an. Die betreuten Menschen kommen vor al lem ausderTiirkei einschlieBlichKurdistan, dem Biirgerkriegsgebietdes ehemali gen Jugoslawien und aus dem Iran und Libanon. Die Arbeit im BZFO, die Forderung durch die Bundesregierung und andere Institutionen,aber auch die pri vaten Spenden zeigen Solidaritat mit Menschen aus allen Landern der Welt. Die verdienstvolle Arbeit im Behandlungszentrum fur Folteropfer istein vorbildliches Beispiel fur das Engagement gegen die Unmenschlichkeit und den Terror unde mokratischer,extremistischer politischer Systeme. Durch die Bereitstellung der notigen finanziellen Starthilfe im Jahre 1992 konnte der Bund nicht unwesentIich zur Arbeitsaufnahme des Behandlungszent rums fur Folteropfer beitragen. Die Forderung durch den Bund lauft seither un vermindert. Auch das be1egtdie Wertschatzung, die der Bund dieser unentbehrli chen Arbeit entgegenbringt. Geld ist sicherlich eine wichtige Voraussetzung fur die Arbeit des Behandlungszentrums. Aber ohne das hohe personliche Engage ment der hier arbeitenden Menschen waren die heute erkennbaren Leistungen nicht moglich gewesen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Behandlungs zentrumshaben durch ihr Engagementund durch ihren Einsatzdie Arbeitgepragt, vielen Menschen Hilfe geboten und ihnen dadurch wieder Mut zum Leben gege ben.Ihnen mochte ichdaflirganzbesondersdanken Organisierte staatliche Gewalt gegen Schwache gibt es auch heute noch in vie lenTeilen derWelt. Folteristeine der schrecklichstenVerhaltensweisen, zudenen Menschen gegeniiber Menschen fahig sind. Die Opfer solcher Gewalt sind an Korper und Seele verwundet. Ihre Behandlung und die Auseinandersetzung mit dem Leiden fuhrt auch zu groBen psychischen Belastungen der Helferinnen und Helfer. Auch deshalb verdient ihreArbeithohe Wertschatzung, Einrichtungen wie das Behandlungszentrum fur Folteropfer helfen nicht nur den Opfern,sondem setzen auch Signale im Kampfgegen die Folter. Die Stiftung zur Forderung der Arbeit des Behandlungszentrums fur Folteropfer zu grunden und damit Finanzierungsmoglichkeiten aus nichtoffentlichen Quellen zu erschlie- vi Ben,war ein richtiger Schritt, urn den Kreis derjenigen stetig wachsen zu lassen, dieUnterstiitzung aus Solidaritatleisten wollen. Ich wtinsche dem Behandlungszentrum fur Folteropfer und damit allen Mitar beiterinnen und Mitarbeitem weiterhin viel Kraft fur die verdienstvolle und er folgreiche Arbeit imSinne aktiver Humanitat undSolidaritat. Dr.Christine Bergmann Bundesministerin furFamilie,Senioren,Frauen undJugend Vll Zum Geleit Zehn Jahre Behandlungszentrum fur Folteropfer in Berlin Gewohnlich sind Jubilaen Anlass zu Freude und larmender Frohlichkeit der das Jubilaum feiernden und sich mitdiesen verbundenfuhlenden Menschen. Auch das zehnjahrige Bestehen des Behandlungszentrums und das ungebandigte Engage ment seiner Mitarbeiterinnen, Mitarbeiter und Mitglieder, die schon lange vor der Eroffnung des Zentrums im Januar 1992 auf dem Gelande des DRK-Klinikums Westend in Berlin entschieden fur die Belange der gefolterten Menschen in aller Welt eintraten, bietet allen Grund zur Freude tiberdas Geschaffene angesichts der Probleme und Widerstande, die es vor und nach der Grtindung gab und die durch aus auch gegenwartig noch zu tiberwinden sind. In diesem Buch, das Sie, lieber Leser, inder Hand halten,istmanches dartiber zuerfahren. Die Freude tiberdas Geschaffene und immernoch nicht Selbstverstandliche er fahrtjedoch eine ganzlich andere Qualitat angesichts der Wurzeln, aus denen das Behandlungszentrum fur Folteropfer und der entschiedene Einsatz seiner Mitar beiterinnen und Mitarbeiter und aller Untersttitzer erwachsen ist. Sind es doch Menschen als Opfer von politischer Verfolgung, Folter und Krieg, die es irgend wie geschafft haben, sich der Gewalt zu entziehen und nach entbehrungsreicher und schmerzlicher Flucht aus der Heimat zumindest vortibergehend Schutz vor weiterer Verfolgung in der Bundesrepublik Deutschland zu finden, welche ein derartiges Zentrumerforderlich machen! EinEnde dieser Erfordernisse istnicht zu erkennen und angesichts der Entwicklungen in aller Welt gewiss auch nicht zu erwarten. So istdieFreude tiberdas zehnjahrigeBestehendes Behandlungszentrums eher verhalten, umso mehr, als die Rahmenbedingungen zur Therapie und Betreuung seiner Patienten noch immer als mangelhaft bezeichnet werden mtissen. Mit die semerntichterndenBefund istzunachst nicht einmal die hochst unsichere und sich von Haushaltsjahrzu Haushaltsjahrschleppende Finanzierung der tiberaus wichti gen Arbeit des Zentrums angesprochen; zu beklagen ist hier vielmehr das Fehlen der wichtigsten Voraussetzungen fur ein Weiterleben der Patienten nach erlitte nem und noch nicht tiberwundenem Trauma: sichererAufenthalt am Zufluchtsort, Zukunftsperspektive fur den Betroffenen und dessen Familie sowie die Moglich keit einer neuen und Autonomie verheiBenden Existenz ohne Furcht vor Abschie bung, erneuterVerfolgung und neuerlichemLeiden. Uberhaupt istFreude im eigentlichenWortsinneerst dann angebracht, wenn ei ne Einrichtung wie das Behandlungszentrum fur Folteropfer, das sich tibrigens den Noten der Betroffenen gehorchend langst weiter entwickelthat,ja weiter ent- viii wickeln musste zueinerStelle,der auch die Aufgabeder Beratungvon Politik und Rechtspflege zugefallen ist, iiberfliissig ware. Erst wenn es keine Menschen mehr gabe,die hier Hilfe in Anspruch nehmen miissen, wenn Leid und Elend, Drangsa lierung, Gewalt und Folterendlich ein Ende hatten, konnte sich Freude ausbreiten iibereine neue, menschlichgewordeneWelt. Doch die Verhaltnissesind nicht so! Und so wird es auch weiterhin die Notwendigkeit des entschiedenen Eintretens fur die Belange der Verfolgten und Gequalten auf unserer Erde geben mit dem Ziel der weltweiten Achtung menschenverachtender Gewalt und - wenn dem Grauen schon kein Ende gesetzt werden kann - der Linderung der unmenschli chen Folgenvon FolterundTraumatisierung. Aus all diesen Grunden betrachte ich das zehnjahrige Bestehen des Behand lungszentrums fur Folteropfer und die Herausgabe dieser Schrift nicht als ein zu bejubelndes Ereignis. Sehr wohl jedoch ist das Bestehen des Behandlungszent rums fur FolteropferAnlass und Herausforderung zugleich fur die Vertiefung des Verstandnisses in Gesellschaft und Politik fur die Bedeutung des Engagements gegen das menschliche Leid, das durch die Folter verursacht wird. Dieses Enga gement, das sich auf der Ebene der volkerrechtlichen Verpflichtungen (wie etwa die Erklarungen der Vereinten Nationen und der Europaischen Gemeinschaft),die auch die Bundesrepublik Deutschland ratifiziert hat, ebenso vollzieht, wie in der tagtaglichen Arbeitaller Mitarbeiterinnenund MitarbeiterinpsychosozialenBera tungs- und Behandlungszentren fur Folteropfer, fordert zugleich breiteste Unter stutzungund Forderungdurch alle gesellschaftlichenKrafte inunseremLande. Nach den Grundsatzen der weltweit gespannten Bewegung des Roten Kreuzes und des Roten Halbmondes gilt es, menschliches Leiden iiberall und jederzeit zu verhiiten und zu lindem, der Wiirde des Menschen Achtung zu verschaffen und menschenunwurdige Situationen zu beseitigen. Dies alles fordert nicht nachlas sendes Engagement ohne Gewalt und Waffen fur eine menschliche Welt. Wir werden in unseren Anstrengungen keinesfalls nachlassen und daher in solidari scher und engagierter Gemeinschaft mit allen Menschen, die sich fur Gefolterte und Drangsalierte einsetzen, auch weiterhin entschieden fiirderen Belange eintre ten- weit tiberdas BestehendesBehandlungszentrumsfurFolteropferhinaus. In diesem Sinne ist die mit dieser Schrift vorgelegte Sammlung von Beitragen ein Aufruf gegen Unmenschlichkeit und zugleich der Versuch, den Phanomenen "politische Verfolgung" und .Folter" mehr Beachtung zu verleihen, nicht nur in der Fachoffentlichkeit! Ich wtinsche diesem Buch von Herzen die ihm gebiihrende Beachtung. Berlin, imJanuar2002 Soscha Grafinzu Eulenburg VizeprasidentindesDeutschenRoten Kreuzes Vorwort Ulrich Venzlaff Im Brockhauslexikon (1999) ist die Folterwie folgt definiert: .Auferlegenkorper licher Qualen urn Gestandnisse zu erzwingen;die Folterwurde am Ende des Mit telalters in Deutschland bei Prozessen gegen Hexen und Ketzer angewandt, im Laufe des 18. lahrhunderts als Mittel der Verbrechensaufklarung abgeschafft; in totalitaren Staaten und Militardiktaturen im 20.lahrhundertemeutverbreitet."Die Abschaffung der Folter im 18. lahrhundert ist mit zwei Namen verbunden: Die erste Amtshandlung Friedrich des GroBen war 1740 ein Dekret, das fur den Be reich des Konigsreiches PreuBen die Folter verbot. Etwas sparer erregten die Schriften des in Mailand wirkenden italienischenluristen Cesare Beccaria in ganz Europa Aufsehen,da er in ihnen sowohl die Folternicht nur als falsches Mittel zur Verbrechensaufklarung, sondem auch als inhuman anprangerte, auBerdem sich auch noch leidenschaftlich fur eine Abschaffung der Todesstrafe einsetzte. Im 19. lahrhundert wurde die Folter wie auch jede Form der Gefangenenmisshandlung zunachst im preuBischen Strafgesetzbuch von 1831 und dann im Reichsstraf gesetzbuch 1871 zum Straftatbestand.1mStrafgesetzbuch der BRD ist die Gefan genenmisshandlung als Korperverletzung im Amt im §340 des BGB ebenso straf bar wie die Aussageerpressung (343 StGB). Ais Aussageerpressung gilt hier die korperliche Misshandlung, die Anwendung von Gewalt, die Androhung von Ge walt aber auch seelisches Qualen mit dem Ziel, eine Aussage zu erzwingen. Die Strafandrohung reicht von einem bis zu zehn lahren Freiheitsstrafe. Die Aussage imLexikon, dass die Folterab Mitte des 18.lahrhunderts abgeschafftwurde, kann sich aber nur aufEuropa und die nordamerikanischen Staaten beziehen.Bis in die Mitte des 20. lahrhunderts gab es noch keine Mediengesellschaft, ebenso wenig Menschenrechts- oder Hilfsorganisationen, so dass im Dunkeln bleiben muss, in welchem Umfange Folter auch weiterhin im Orient, in Asien, in Afrika oderSiid amerikaangewandt wurde.Die Aussage tiberein Wiederaufleben der Folterin to talitaren Staaten oder Militardiktaturen im 20. lahrhundert nach einer Pause von fast 200 lahren muss aus diesem Grunderelativiert werden. Das Wiederaufleben von Folterpraktikenim westlichen Kulturkreis im 20. lahr hundert hat ausgerechnet in Deutschland einen makabren Vorlaufer.Die deutsche Heeresleitung im 1. Weltkrieg wurde mehr und mehr mit einem bis dahin unbe kannten Phanomen konfrontiert, das zunehmenddie Kampfkraftder Truppe zuun terminieren drohte, narnlich dem der .Kriegszitterer". Der Krieg war von seiner traditionellen Form der offenen Feldschlacht und des Kampfes Mann gegen Mann zur Materialschlacht iibergegangen, in der vor allem junge und in der Heimat nur wenige Wochen ausgebildete Soldaten hilflos dem tage- bis wochenlangen Trom melfeuer vor Verdun oder an der Somme ausgesetzt waren, so dass viele von ih nen unter diesem Druck mit neurotischen Konversionssyndromen (Zittem, psy chogene Lahmungen, Gleichgewichtsstorungen u.a.) psychisch dekompensierten. x UlrichVenzlaff 1916 entwicke1te der Arzt Kaufmann hiergegen die .Persuasionstherapie", eine Foltertherapie, bei der die gelahmten und zittemden G1iedmaBender Soldaten mit hoch-gespannten faradischen Stromen .hehandelt" wurden, und zwar unter der wenn auch unausgesprochenen - Vorstellung, das Kranksein noch schrecklicher zu machen als den Dienstbei der Truppe. Einem Menschen, der gefoltert wird,ist jedes Mittel recht, sich dieser zu entziehen, und hierauf beruhte der Effekt der Kaufmannschen Kur. Namhafte Psychiater wie Bonhoeffer, Goldstein oder Sim mel erhoben auch mehr und mehr Bedenken gegen diese Art der Behandlung, und sie hatte auch nach Ende des Krieges ein psychiatriehistorisch interessantes, von Eissler (1979) ausflihrlich dokumentiertes Nachspiel: Wagner von Jauregg, Ordi narius fur Psychiatrie in Wien, musste sich wegen der unmenschlichen Behand lung von Kriegsneurotikem in der Wiener Klinik 1920 vor einer Kommission zur Erhebung militarischer Pflichtverletzungen verantworten. Dass der Vorwurfdann doch gegen ihn fallen gelassen wurde, verdankteer tibrigens einem Gutachten von Sigmund Freud, das sich durch vomehme Zuruckhaltung ebenso auszeichnete wie durch zwischenden Zeilen zuerkennendeKollegialitat. Insgesamt kann man aber davon ausgehen, dass die Folter zumindest in der westlichen Welt im 19. und 20. Jahrhundert, nicht nur moralisch verdammt, son dem auch ein stratbarer Tatbestand war, was vielleicht der Grund dafur ist, dass man den psychophysischen Auswirkungen der Folter auf die Opfer keine Beach tung schenkte. Die Zeit nach dem 1.Weltkrieg war in der Psychiatrie von einer .Jierrschenden Lehre" tiberschattet, die z.B. nach den Grundsatzen von Kurt Schneider besagte, dass abnorme Erlebnisreaktionen (also seelische Reaktionen nach psychotraumatischen Einwirkungen) grundsatzlich nach Wochen bis Mona ten abklingen, weil namlich - wie der Wiener Psychiater A. Hoff es noch nach dem 2. Weltkrieg postulierte - die Belastbarkeit der menschlichen Seele im Un endlichen liege. Anhaltende und tiberdauemde .abnorme Erlebnisreaktionen" be ruhten daher angeblich grundsatzlich auf einer vorbestehenden psychopathischen Konstitution. Ein Wandel inder Beurteilung psychotraumatischerSchadenbahntesich erst in Deutschland und in Westeuropa nach dem 2.Weltkrieg an. Es waren ja nicht nur annahernd 50 Millionen Soldaten und Zivilisten Opfer der kriegerischen Ereignis se geworden, sondem es gab im Nazi-Regime schon Vorlaufer in den Gestapo Gefangnissen und den Konzentrationslagem. Haftlinge, insbesondere Regime gegner wurden unbeschadet der nach wie vor bestehenden Strafbestimmungen misshandelt und gefoltert.Die Konzentrationslagerwurden imKriege nicht nur zu einer entsetzlichen Totungsmaschinerie oder fur die Uberlebenden zu Einrichtun gen mit dem Ziele einerextremenAusbeutungder Arbeitskraft,sondem zuStatten einer extremen menschlichen Entwtirdigung, brutalster Behandlung unter extre men Lebensbedingungen, und in ihnen waren auch Misshandlungen und Folter praktiken an der Tagesordnung. Ab Mitte der 50er Jahre erschienen in Deutsch land, in den westeuropaischen Landern und dann auch in den USA zahlreiche Publikationen, die schwere psychische Dauerveranderungen nach Konzentrations 1agerhaft,aber auch bei den Uberlebenden von Praktiken der Gestapo beschrieben,

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