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Das Théâtre du Soleil: Ariane Mnouchkines Ästhetik des Theaters PDF

272 Pages·1992·51.034 MB·German
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Simone Seym Das Théâtre du Soleil Ariane Mnouchkines Ästhetik des Theaters Das Theatre du Soleil Simone Seym Das Theatre du Soleil Ariane Mnouchkines Asthetik des Theaters J.B. Metzlersche Verlagsbuchhandlung Stuttgart DieDeutscheBibliothek- CIP-Einheitsaufnahme SimoneSeym: Das Theatredu Soleil.ArianeMnouchkinesAsthetikdesTheaters/ Simone Seym.- Stuttgart:Metzler,1992 ISBN978-3-476-00833-6 ISBN978-3-476-03408-3(eBook) DOI 10.1007/978-3-476-03408-3 DiesesWerk einscWieBlichallerseinerTeile isturheberrechtlich geschiitzt.JedeVerwertungauBerhalbder engenGrenzendes Urheber rechtsgesetzesistohne Zustimmungdes Verlages unzulassigund strafbar. Das gilt insbesonderefur Vervielfaltigungen,Ubersetzungen, Mikroverfilmungenunddie EinspeicherungundVerarbeitung in elektronischenSystemen. ©AbbildungenvonMartineFranck/Magnum:MartineFranck/Magnum © 1992Springer-VerlagGmbHDeutschland Urspriinglicherschienenbei1.B.MetzlerscheVerlagsbuchhandlungundCarlErnst PoeschelVerlagGmbHinStuttgart 1992 Mein Dank gilt ... Herrn Professor Dr. Jan Knopf fur den anregenden wissenschaftlichen Dialog, Herrn Professor Dr. Jacob Steiner fur seinen hilfreichen fachlichen Rat, meinen Hochschullehrern, dem Theatre du Soleil mit Ariane Mnouchkine. Inhaltsverzeichnis Seite 1 Einleitung 18 20 Jahre Theatre du Soleil: 1964 - 1984 19 1960- 1964: A.T.E.P. - Neues Studententheater in Paris 20 Jean-Paul Sartre: Theater als Aktion und Sprache 24 Gengis Khan - Ariane Mnouchkines erste Inszenierung 26 Anregungen von Planchons »Shakespeare«, Strehlers »Commedia- und dem Berliner Ensemble 28 Mnouchkines Begegnung mit fernostlichen Theaterformen Kathakali - No - Kabuki 42 1964- 1968: Griindung und Vagabundenzeit 43 Les Petits Bourgeois - Improvisationen nach Stanislavski 46 Le Capitaine Fracasse - Erste Elemente von Jahrmarktstheater und Commedia dell'arte 50 La Cuisine von Wesker Mnouchkines »hyperrealistisches- Spiel 56 Le Songe d'une nuit d'et« - Poetischer Shakespeare und Kindertheater 63 Arbeitsferien im Frankischen Jura - L'imagination au pouvoir 66 1969- 1975: Creations Collectives 66 Les Clowns - Collage von Einzelszenen 71 1789- 1793 86 Macht-Krise innerhalb des Solei! - Anforderungen einercreation collective 87 Die Cartoucherie als Ort der Solidaritat 91 L'Age d'or 100 1976- 1984: Von Moliere zu Shakespeare 101 Moliere - Ein Filmprojekt Ariane Mnouchkines 103 Mephisto - Riickkehr zur Guckkastenbiihne 108 Volkstheatertradition in Frankreich 109 Friihe Formen des Theatre Populaire 109 Farce und sottie 110 Commedia dell'arte - comedie italienne Inhaltsverzeichnis Seite 112 Theatre de la foire 114 Der Weg zum Theatre du Peuple wiihrend der Fransosischen Revolution 117 Theorie und Praxis eines Theatre du Peuple his zum Durchhruch des Faschismus in Europa 117 Theatre du Peuple in Bussang, Belleville und Clichy 121 Grundlagen und Bedingungen eines Theatre du Peuple zu Beginn des 20.Jahrhunderts 123 Gemier - Copeau - Le Cartel 126 Der Kampfum ein Theatre du Peuple zwischen Volksfront und Okkupation 128 Agitproptheater: Le Groupe Octobre 130 Grand'Peur et Miseres du Troisieme Reich 132 Neue Wege eines Theatre Populaire von 1945 - 1968 134 1954: Das Berliner Ensemble erstmals in Paris/ Krieg in Algerien 136 Theatre Populaire im Brechtfieber 137 Brechts Bedeutung als Modell und Gegen-Modell 143 Sprach-Formen des Theaters: Schnelle Sprache (Sartre) Gestische Sprache (Brecht) - Kbrperliche Sprache (Artaud) 154 Integrale Aspekte des Shakespeare - Zyklus 154 Zusammen.Spiel der Spiel-Elemente 156 Die gestaltete Lokalitat, Buhne und Zuschauerraum als Konstanten des Shakespeare-Zyklus 159 Die Biihnengestaltung 160 Das Musikfoyer 161 Vom Umstimmen der Instrumente oder Klangmetamorphosen durch Funktionstransformation 164 Die literarische Textgrundlage - Der Dramentext 164 Chronologie 165 Gattungen - Inhalte - Deutungen 169 Textbearbeitung fur die Buhne: Ubersetzung/ Ubertragung 169 Der englische Text 171 Der deutsche Text 173 Derfranzosische Text 175 Der Umgang mit dem Text: Mnouchkines Henry IV 175 Textprasentation 177 Vergleich der Ubersetzungspraktiken: Hugo - Mnouchkine Inhaltsverzeichnis Seite 177 A: 1,Henry IV, 1.2.132-142 181 B: 1,Henry IV, 1.2.187-209 187 Die Asthetik des Shakespeare - Zyklus Richard II • La Nuit des Rois • Henry IV 188 Das Theatre du SoieH im Friihjahr 1984 193 Streitlichterder asthetischen Dimension des Shakespeare-Zyklus 193 Der Shakespeare-Zyklus, inspiriert von No, Kabuki und Kathakali 194 RichardII 199 La Nuit desRois 210 Henry N, PremierePartie 219 Aufgaben- und Rollendisposition innerhalb des Shakespeare - Zyklus 219 Richard II 221 La Nuit des Rois 222 Henry IV 224 Chronologie der Inszenierungen des Theatre du Soleil 227 Abkiirzungsverzeichnis 229 Namenregister 235 Werkregister 237 Literaturverzeichnis 1 Ariane Mnouchkineim GesprachmitJean-Michel Deprats:-Alleskommt von denWorten,aberdieWorte Einleitung miissenausdem,wasder SchauspielerimSpielge staltet,hervorgehen.« Vgl.Deprats,1982a,10. Dans le theatre, ce sont toujours ConstantinSergejewitsch plusieurs histoires qui se racontent. Stanislavski beschreibtdie Il ny a pas de spectacle de theatre senVorgangals-handeln sans histoire du theatreit l'interieur. mit denWorten-,wodurch diewichtigste Eigenschaft Ariane Mnouchkine der SpracheShakespeares, dieAktivitiit,erhaltenbleibe; und Jean-Paul Sartrenennt diesesPhanomenausdrama turgischer Sicht dieschnelle Shakespeares poetischer Dramentext SprachederElisabethaner. als Partitur fur das Theater Vonbeidennimmt Mnouch kinewichtigeAnregungen auf,urnihreeigeneTheater theorieauseinerworkin Das Theater sei nicht tot, weil es Shakespeares Stucke gabe, au progresszuentwickeln. Bert Ariane Mnouchkine programmatisch im Spatsommer 1982. Vgl.Stanislavski(Stanislaws Seine Personen seien nicht mit Psychologie beladen und lieBen kij),1958,118undSartre, den Schauspielern deshalb viel Raum, ihre Rollen theatralisch zu 1979,47.S.hierzu44/45und 145. gestalten. Ihre Aufgabe bestehe darin, die vorziigliche Sprache DieLiteraturverweisewer Shakespeares aus ihrem Spiel notwendig hervorgehen zu lassen: dengemiiJlder sichinder »Tout vient des mots mais les mots doivent venir de ce que neueren Forschunginterna tionalimmereindeutiger l'acteur produit comme jeu.«! Mnouchkine ermutigt die Schau durchsetzenden Bibliogra spieler immer wieder dazu, primar mit ihrem Korper zu »spre phierweiseangegeben:Autor/ chen- und sich nicht in Verbalakrobatik zu verlieren, die zu ei Herausgeber,Erscheinungs jahr der benutztenAusgabe, ner psychologischen Spielweise verleite. Der Text werde nur Seitenzahl. 1mLiteraturver dann zum tragenden Element einer Auffiihrung, wenn es den zeichnis erscheintfolglich Schauspielern geliinge, Biihnenpriisenz zu erreichen. Der Schliis auchdasErscheinungsjahr der benutztenAusgabe- bei sel hierfur liege in einem innovativen und phantasievollen Spiel erheblichen Abweichungen der Schauspieler. zurErstauflagewirddiesel Mnouchkines Ziel ist, ein asthetisch schones visuelles Theater bein Klammern vermerkt. AIleUbersetzungen,die zu entwickeln, das von den Realitiiten dieser Welt erzahlt. Sha nicht namentlichgekenn kespeares Texte, die sie urspriinglich nur zu Probenetuden der zeichnetsind,stammenvon Schauspieler einsetzt, erweisen sich als so spielfreudig, daB wah der Verfasserin. rend der Arbeit mit den Texten der Plan fur einen sechsteiligen 2 RichardII / LaNuitdes Rois/ lHenryN / 2Henry Shakespeare-Zyklus entsteht.f N / HenryV/ Peines Das Pariser Theatre du Soleil und seine Leiterin und Regis d'amourperdu. Diebeiden seurin Ariane Mnouchkine realisieren davon in den Spielzeiten Komodien solltenErnst und 1981 - 84 die beiden Historien Richard II und den ersten Teil Strenge der beidenHistori en-TetralogienurndieHau von Henry IV sowie die Komodie La Nuit des Rois als aufheitern serYorkundLancastermil des »Zwischenspiel- zu den Machtkiimpfen und kriegerischen dern. Auseinandersetzungen. Mnouchkine wahlt drei in Frankreich sel 3 RichardII:1947 Regie: ten gespielte Shakespeare-Dramen aus.3 Die Ubersetzungen aus JeanVilar zur Eroffnungdes erstenFestivalsinAvignon/ dem Englischen besorgt sie selbst." 1972 Regie:PatriceChereau, In der vierten Szene des zweiten Aktes im ersten Teil von HenryN (IrePartie):1957 Shakespeares Konig Heinrich IV. fordert Falstaff seinen Freund Regie:Roger Planchon, Villeurbanne (vielbeachtete Prinz Heinrich auf, sich auf die bevorstehende Rechtfertigung 2 Einleitung seines Lebenswandels gegenuber seinem Vater, Konig Heinrich IV., gut vorzubereiten. Der Prinz setzt diese verbale Aufforde rung spontan in die Tat um, indem er mit Falstaff den wahr scheinlichenVerlauf»durchzuspielen- beginnt: Inszenierung). Prince. Dothou standfor my father, and examine me 370 LaNuitdesRois:1914 upon the particulars ofmy life. Regie: Jacques Copeau, Falstaff. Shall I? content.This chairshall be my state, TheatreduVieuxColombier this dagger my sceptre, and this cushion my crown. (machtCopeauiiberdie Prince. Thy state is takenfor ajoined-stool, thy Grenzen Frankreichshinaus golden sceptre for a leaden dagger, and thy precious rich beriihmt)/1976 Regie:Terry Hands,ComedieFraneaise, crownfor a pitiful bald crown! Odeon. Falstaff. Well, an the fire ofgrace be not quite out of thee, now shaltthou be moved. Give me a cup ofsack 4 S.177-186. Dortwerdenineinempara to make my eyes look red, that it may be thought I have digmatischen Vergleichder wept-for I must speakin passion, and I will do it in 380 beidenUbersetzungsprak King Cambyses'vein. tiken vonFrancois-Victor Prince [bows].Well, here is my leg. HugoundArianeMnouch Falstaff. And here is my speech....Stand aside, nobility. (5) kinedieCharakteristikader MnouchkinschenUberset zungvorgefiihrt. Dieser Dialog zwischen dem Prinzen und Falstaffbildet den Auf 5 Wilson,1968,voI.17,1,370 takt zu einem als Spiel im Spiel gestalteten Stegreif, in dem die 383. DerenglischeTextwird beiden sukzessive die Rolle des Konigs und die Rolle des Prinzen inFolge,wennnichtanders spielen und improvisieren. Falstaff stattet sich fur die Rolle des ausgewiesen,immernach Konigs zunachst mit den drei wichtigen Insignien koniglicher dieserAusgabe,demNew CambridgeShakespeare Macht aus. Hierfur funktioniert er Gegenstande, die ihn umge (=NCS),zitiert:John Dover ben, zu Spielobjekten um: ein Stuhl dient ihm als Thron, ein Wilson,ed.(etal.),The Dolch als Zepter und ein Kissen als Krone. Der Prinz geht auf WorksOfShakespeare (=NewCambridgeShake diese theatralische Transformation nicht ein. Er sagt ihm gera speare),39vols.,Cambridge: dezu, daf man seinen Thron fur einen Armstuhl halte.f seinen UniversityPress, 1968.(Mit goldenen Zepter fur einen Dolch aus Blei und seine prachtige, jederSzeneneubeginnende Zeilenziihlung). reiche Krone fur einen bedauernswerten kahlen Kopf.7 Die Ko 6 DasOxfordEnglish nigsinsignien, mittels derer Falstaffversucht, seinen »Status- als Dictionary(=OED)verzeich Konig zu untermauern, erinnern gleichzeitig daran, daf der netfiirjointstooleinenvom Usurpator Henry Bolingbroke, der Richard II. einst unrechtma Tischlergeschreinerten Stuhl imGegensatzzueinem Big die Insignien abgenommen hat, auf den Thron genausowenig normalen Gebrauchsschemel Anspruch hat wie beispielsweise Falstaff. Falstaffs Geste, die zu einfacherer Qualitiit. nachst vollig »standesgemall- wirken soll, erweist sich somit 7 Shakespearespielthier gleichzeitig als ironisches Zitat und bissige Anklage der illegitim mitderDoppelbedeutung voncrown:a)Krone,b)Kopf, erworbenen Macht. Falstaff fahrt im Spiel fort und verspricht Haupt. dem Prinzen »Ruhrung- (shalt thou be moved/II.4.378). Er be 8 VermutlichspieltShake muht »gerotete Augen«, um den Eindruck zu erwecken, er habe speare hieraufJohn Pre geweint. Naturlich versteht er es vorzuglich, die Notwendigkeit stonsTragodieALamentable Tragedy, MixedFullofPlea geroteter Augen geschickt mit der »Notwendigkeit- eines »Be santMirth,Containingthe chers voll Wein- zu verbinden. SchlieBlich betont er, er musse LifeofCambises,Kingof »mit Leidenschaft sprechen- (l must speak in passionlII.4.380) Persiavon1569an.John Alldeverzeichnetsie1569no und zwar »im Ton des Konigs Cambyses«, jenes zu Tranen ruh imStationnersRegister. renden Konigs von Persien.f Die Ironie der Falstaffschen Schil EinekurzeDiskussiondes derung wird spatestens mit dem Cambyses-Vergleich deutlich. StiickesmiteinemHinweis Der Prinz seinerseits zeigt sich mit diesem Arrangement zufrie aufShakespearefindetsich beiFeldrnan,1951,98-100. den und spielt nun seine eigene Rolle.

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