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Das Skelett im Wald. Unbekannte und vergessene Mordfälle aus der DDR PDF

446 Pages·2005·3.751 MB·German
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1 Hans Girod Das Skelett im Wald Unbekannte und vergessene Mordfälle aus der DDR Das Neue Berlin 2 Impressum ISBN eBook 978-3-360-50011-3 ISBN Print 978-3-360-01259-3 © 2005 Verlag Das Neue Berlin, Berlin Umschlagentwurf: Atelier für Gestaltung Frank Eilenberger, Leipzig Verlag Das Neue Berlin, Berlin Neue Grünstraße 18, 10179 Berlin Die Bücher des Verlags Das Neue Berlin erscheinen in der Eulenspiegel Verlagsgruppe. www.das-neue-berlin.de 3 Vorbemerkung Eigentlich sollte die Buchreihe über ungewöhnliche Gewalt- verbrechen, die sich in der DDR zugetragen haben, mit dem Band »Blutspuren« abgeschlossen werden. Jedoch lassen viele Anfragen und Diskussionen ein nicht erloschenes Leserinte- resse an kriminalistischen Sachbüchern, vor allem an speziel- len Berichten über die Gewaltkriminalität im Land des Sozia- lismus, erkennen. Auch wenn der Autorenkreis, der sich mit der fallbezogenen Retrospektive auf die DDR-Kriminalität be- schäftigt, inzwischen größer geworden ist, besteht offenbar noch immer ein ungebrochenes Informationsbedürfnis der ehemaligen DDR-Bürger, endlich über jene Fälle aufgeklärt zu werden, über die wenig oder überhaupt nichts bekannt ist, und die dennoch zu den Realien desDDR-Alltags zählten. Deshalb wurde die Anregung des Verlages aufgenommen, dem kleinen Pitaval über die ungewöhnlichen Gewaltverbrechen in der DDR einen weiteren Band hinzuzufügen. Auch diesmal geht es um verschwiegene, vergessene, zumin- dest kaum bekannte Kapitaldelikte. Es wird über die krimino- gene Entwicklung innerhalb zwischenmenschlicher Konflikte und ihre unvernünftigen, absurden Lösungen berichtet, über Unfälle, die aus Angst verschleiert werden und damit weitaus größere rechtlicheKonsequenzen nach sich ziehen, über tatre- 4 levante ungestüme Gemütsaufwallungen und die sich aus ihnen ergebenden psychiatrisch-rechtlichen Probleme, über tödliche Habgier und die kriminellen Folgen sexueller Trieb- haftigkeit, aber auch über die Gründe, die Unschuldige rasch in den Strudel einer Beschuldigung geraten lassen: Ein Familienvater vergewaltigt eine junge Frau, tötet sie aus Angst vor einer Anzeige und vergräbt ihren Leichnam im Wald. Fast scheint der Fall vergessen, bis Kinder die sterbli- chen Überreste finden und so die polizeilichen Ermittlungen in Gang setzen. Ein anderer verstrickt sich sukzessive in einem Geflecht aus Lügen und selbstverschuldeten Konflikten und bestätigt mit einem Doppelmord den Grundsatz von der kri- mininologischen Gleichförmigkeit, nach dem viele Täter in Konfliktsituationen vor vernünftigen, einfacheren Lösungen zurückschrecken. Stattdessen bevorzugen sie falsche, oft irrati- onale Bewältigungsstrategien, die verheerende Auswirkungen zeigen. Wieder ein anderer tötet seine Ehefrau, vergräbt ihre Leiche, täuscht erfolgreich einen Suizid vor und lebt fast zwan- zig Jahre unbehelligt und in neuer Ehe, bis ihm ein zufälliger Knochenfund zum Verhängnis wird.Ein Jugendlicher tötet aus tiefem Haß seine Mutter, die ihn von kleinauf auf abscheuliche Weise sexuell mißbraucht. Da hält ein unbekannter Serientä- ter, der Frauen überfällt, beraubt und beinahe tötet, jahrelang eine ganze Stadt in Atem und die Polizei auf Trab, ehe man seiner habhaft werden kann ... 5 In zehn Kapiteln werden fünfzehn authentische Fälle behan- delt, die aus jeweils unterschiedlichem Blickwinkel weitere Einblicke in die Erscheinungsformen und Begehungsweisen dieser speziellen Deliktkategorie vermitteln, aber auch das kriminalistische Vorgehen auf dem mitunter langen und stei- nigen Weg zur Wahrheit skizzieren. Erneut bestätigt sich, wie brüchig die Fassade menschlicher Beziehung sein kann, wenn psychosoziale Verwahrlosung und enthemmender Alkoholgenuß, aber auch Egoismus, Eitelkeit oder Habgier ihre destruktive Wirkung entfalten, und wie Tä- ter und Opfer im Konfliktstrudel gleichermaßen untergehen. Sämtliche Fälle wurden durch die jeweils zuständige Mord- kommis sion untersucht und als versuchte oder vollendete Tö- tungsdelikte zur Anklage gebracht, obgleich sie vom Gericht mitunter anders beurteilt wurden. Der Leser wird mit den teilweise trostlosen Lebenswegen der Täter bekanntgemacht, die – bei aller Unterschiedlichkeit der Taten – in vielen Fällen auffällig ähnlich verlaufen und von fragwürdigem Erziehungsmilieu, Verhaltensstörung, ausge- kühlter Emotionalität, mangelhafter sozialer Integration und Bindung ebenso geprägt sind wie von Alkoholismus, Agressi- vität und fehlender normgerechter Lebensperspektive. Neben den Psychogrammen der Täter und der Beschreibung der jeweiligen Tatentwicklung steht das erfolgreiche untersu- chungsmethodische Vorgehen der Kriminalpolizei bei der Be- 6 weiserlangung im Vordergrund, wobei spurenkundliche Spe- zialitäten nicht zu kurz kommen sollen. Aber auch Fehlschläge in der Untersuchung sind Gegenstand de Buches. An realen Vorkommnissen wird gezeigt, wie leicht durch verschleiernde Täterhandlung verbrecherische Hinter- gründe bei Vermißtenfällen verkannt und dadurch die Ermitt- lungsprozesse beeinträchtigt werden, ehe – zumeist zufallsbe- dingt – Korrekturen möglich sind. Bei anderen geht es um die fallspezifischen Gründe für falsche Beweise oder irrige Tatsa- chenbewertungen, die sehr rasch zu fatalen rechtlichen Ent- scheidungen führen und Unschuldige hinter Gitter bringen. Gewöhnlich nennt man sie Justizirrtümer, die überall dort vorkommen können, wo Recht gesprochen wird, deren Keim- zellen aber fast immer im polizeilichen Ermittlungsverfahren liegen. Andere Fallschilderungen widmen sich den unterschiedlichen tatrelevanten Affekten, deren Beurteilung schon zu allen Zei- ten moderner Rechtsprechung besonders hohe Ansprüche an Sachverständige und Richter stellt. Insgesamt wurden solche Fälle ausgewählt, die kriminalistisch und kriminologisch Ungewöhnliches in sich vereinen, die aber auch durch einen kurzen Blick auf den herrschenden Zeitgeist die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen widerspiegeln, in denen sich die beschriebenen Verbrechen ereigneten. 7 Zum Schutz der Persönlichkeitsrechte von Tätern, Opfern, Hinterbliebenen und Zeugen wurden die meisten Namen ge- ändert. Das gilt auch für die anderen Akteure, die keinesfalls erfundene Figuren sind. Um Überdehnungen zu vermeiden, wurden gelegentlich bestimmte, vor allem tathergangsbezoge- ne Abläufe gestrafft, andere wiederum auf das kriminologisch Typische konzentriert. Die für eine auflockernde, plastische Darstellung der Berichte erforderlichen Dialoge wurden nach den Vernehmungsprotokollen rekonstruiert und nachemp- funden, bleiben aber sachund persönlichkeitsbezogen. Ganz bewußt fehlen in diesem Buch die bisher gewohnten bildlichen Darstellungen. Durch den Verzicht auf spektakuläre Tatortfotos und Bilddokumente nimmt die Authentizität der Vorgänge aber keinen Schaden. Daß sie in den früheren Bü- chern dieser Reihe erfolgten, lag vor allem in der Absicht, dem Außenstehenden einen kleinen bildlichen Einblick in eine ab- artige und gräßliche Realität zu gestatten, der sich die an der Untersuchung Beteiligten im Interesse der Wahrheitsfindung nicht entziehen können. Der sensible Leser wird allein mit der verbalen Beschreibung der verbrecherischen Vorgänge schnell an die Grenzen des Vorstellund Zumutbaren geführt. Da sich das Buch an die Liebhaber kriminalistischer Sachlite- ratur wendet, wurden in die Fallschilderungen gegentlich 8 kurzgefaßte kriminologische, forensische oder rechtliche Ex- kurse eingefügt. Sie sind durch ein anderes Schriftbild deutlich gemacht. Diese kommentierenden Einschübe sollen als Erläuterungen verstanden werden, erheben aber keinen Anspruch auf Voll- ständigkeit. Überhaupt ist das Buch nicht als wissenschaftliche Monogra- phie anzusehen, weshalb sich auch die Literaturangaben nur auf grundsätzliche Quellenhinweise beschränken. Bleibt noch anzumerken: Am Ende des Buches findet sich ein Glossar zu den wichtigsten Fachbegriffen und Abkürzungen. Die Nen- nung der Aktenzeichen soll dem beruflich Interessierten den Zugang zum Originalmaterial erleichtern. Und schließlich: Die kritische Rückbesinnung auf Vergange- nes sollte für einen Blick in die Zukunft genutzt werden. Der allerdings gibt wenig Anlaß zu Optimismus: Zur Zeit wird der Medienmarkt mit realen und erdachten Schauergeschichten über menschliche Gewaltakte regelrecht überschwemmt, was zu schädlicher Adaptation und Desensibilisierung, ja sogar nachweislich zur Nachahmung führt. Zugleich wird ein schön- gefärbtes, aber wirklichkeitsfremdes Bild über die Polizei und ihre Arbeit vermittelt.Am Ende siegt immer das Gute, so en- den die meisten Märchen. 9 Wahrheit jedoch ist: Das in der Gesellschaft herrschende Ge- waltpotential bildet mit Egoismus, Habgier und Sucht eine un- heilvolle Allianz und kann kaum noch gezügelt werden. Auf diesem Nährboden gedeiht die Gewaltkriminalität weiter, hat längst internationale Formen erreicht, ihr bisheriges Erschei- nungsbild verändert und hinterläßt ein gewaltiges Dunkelfeld. Inzwischen ist das Verbrechen finanziell, technisch und mora- lisch oftmals besser ausgestattet als die Institutionen, die es bekämpfen. Es ist unbestritten, die moderne Kriminalistik verfügt über be- stechende Erkennntnismöglichkeiten. Doch die vorhandenen rechtlichen Rahmenbedingungen, unter denen die Aufde- ckung und Aufklärung der gewaltsamen Todesfälle erfolgt, sind antiquiert und verkrustet – eine längst bekannte Tatsache. Aber der Ruf nach gesetzgeberischen Innovationen verhallt im exklusiven Ambiente der Volksvertretungen. Stattdessen be- droht eine rigorose Einsparpolitik die Existenz der für die Verbrechensbekämpfung dringend erforderlichen forensi- schen Disziplinen. Selbst die Tätigkeit der Ordnungshüter ist vielerorts längst zu bloßer Kriminalitätsverwaltung und Ab- wicklung versicherungsrechtlicher Fragen verkommen. Und das bei stetem Anstieg der Ermittlungsverfahren. Es gibt also reichlichen Stoff für künftige Wortmeldungen. Altdorf/Ndb., im Dezember 2004 Hans Girod 10

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