Dietrich Geyer Das russische Imperium Dietrich Geyer Das russische Imperium Von den Romanows bis zum Ende der Sowjetunion Herausgegeben von Jörg Baberowski und Rainer Lindner ISBN 978-3-11-066499-7 e-ISBN (PDF) 978-3-11-066840-7 e-ISBN (EPUB) 978-3-11-066500-0 Library of Congress Control Number: 2020932492 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Angaben sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2020 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Karten: Peter Palm, Berlin Umschlagabbildung: „Porträt Peters I. (1672–1725)“, Jean-Marc Nattier, 1717 (Copyright: gemeinfrei) Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck www.degruyter.com Vorwort DiesesBuchisteindoppeltesZeitzeugnis:ZumeineneineGeschichteRusslands vom Aufstieg bis zum Untergang des Russischen Imperiums. Der deutsche Ost- europahistoriker Dietrich Geyer hat in seiner letzten Tübinger Vorlesung noch einmaldieGeschichteRusslandsvonderThronbesteigungIwansdesSchreckli- chen bis zum Zerfall der Sowjetunion durchschritten. Zum anderen eine Erzäh- lung: entstanden in der Tübinger Gelehrtenrepublik am Institut für Osteuropäi- sche Geschichte und Landeskunde, die das Imperium aus der Perspektive des ZerfallsunterdemEindruckderuntergegangenenSowjetunionanalysiert. ÜbervierSemestervon1992bis1994hinwegzogGeyerseineSchüler,Hörer undGästenocheinmalinseinenBann.MitderihmeigenenSprachgewalt,dem KenntnisschatzausfünfJahrzehntenRusslandforschungundeinergroßenText- disziplin führte der Hochschullehrer durch vier Jahrhunderte europäischer und russischer Geschichte. Mit dem Begriff der „Gesellschaft als staatlicher Veran- staltung“ hatte Geyer bereits früh eine Formel für das russische Staatsmodell geliefert. Zahlreiche Historiker haben sich daran orientiert. Bis heute hat diese prägnante Analyse russischer Staatlichkeit nichts von ihrer Aktualität verloren. In seiner Vorlesung fasst der Autor auch seine Forschungen zur Sozialge- schichte des Imperiums, zum russischen Imperialismus, zur Oktoberrevolution und zur Außenpolitik zusammen. Geyer hat Russland immer als europäische Macht wahrgenommen und diesen Blick auch in öffentlichen Debatten immer wiedereingefordert. Die nüchterne Sicht auf das Schlüsseljahr 1917,die vergeb- lichen Hoffnungen auf die Weltrevolution und eine schonungslose Charakteri- sierungdes Stalinismus werden gleichermaßen sichtbar. Das Buch ist ein Lehr- stück erzählter Geschichte. Die Vorlesungen, die Geyer stets formvollendet mit „Guten Morgen, meine Damen und Herren!“ einleitete,verdichten sich, einmal aufgeschrieben,zueinemhistorischenEssay,zueinemgroßenSpätwerk,dasjetzt erscheint. Der Autor geht den großen Linien und Knoten der russischen Ge- schichte nach,verliert sich nicht in Details und lässt dennoch die Zeitgenossen aufimposanteWeisezuWortkommen. WieausderVorlesungeinBuchwurde,isteineeigeneGeschichte.AlsDiet- rich Geyer an der Tübinger Universität seine Vorlesungen hielt, bat ihn Rainer Lindner – damals Student am Institut für Osteuropäische Geschichte und Lan- deskunde–darum,dieLektionenmitschneidenzudürfen.DieAufnahmen–fast 100Kassettenmitrund150StundenMaterial–sindeineigenes,hörbuchtaugli- chesDokument.AusdiesemTonmaterialentstanddurchdieakribischeAbschrift vonFrauBirgitWanner(Gerlingen)unddurcheinintensivesLektoratvonRainer LindnerdievorliegendeFassungdergroßenRussland-Erzählung.DietrichGeyer https://doi.org/10.1515/9783110668407-001 VI Vorwort selbstgriffimVerlaufderRedaktionnocheinmalbehutsamindenTextein,ließ aberdemgesprochenenWortseinRecht.JörgBaberowskihatdasAbschlusslek- toratübernommenundineinemNachwortdenTextindasGesamtwerkDietrich GeyersunddieRusslandhistoriographieeingeordnet. Auf eine Aktualisierung oder Fortschreibung der russischen Geschichte in nachsowjetischerZeitwurdebewusstverzichtet.DieÖffnungderrussischenAr- chivesetztezumZeitpunktderVorlesungengeradeerstein.WenneineVorlesung nicht mehr als Tonvorlage verfügbar war – wie im Fall der innersowjetischen Entwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg bis zu Stalins Tod – wurde von einer Rekonstruktion abgesehen. Der Text ist sodann auch als Quellentext zu lesen, nämlich die Sicht eines bedeutenden deutschen Historikers auf das russische ImperiumunterdemunmittelbarenEindruckderuntergegangenenSowjetunion. DieGliederungdesBuchesentsprichtzumgrößtenTeildenVorlesungenselbst. ObgleicheinigeKürzungennotwendigwaren,bliebderArgumentationsbogendes Autorsunangetastet.DerwissenschaftlicheApparat,denTabeaNasaroff(Berlin), sorgfältigbearbeitethat,wurdebewusstknappgehalten.Nachgewiesenwerden nurZitateundjeneBuchverweise,diederAutorimRahmenderVorlesungselbst gegebenhat. Vor uns liegt eine erzählte Geschichte Russlands, die sich in die großen Vorlesungstexte deutscher Geschichtsschreibung einreihen wird. Beide Heraus- geberdanken ihrem akademischen Lehrer Dietrich Geyer,dass er die Veröffent- lichungdesTextesvertrauensvollinihreHändegelegthat.HerrnDr.FrankSuder, Vorstand der Fritz Thyssen Stiftung, ist für die großzügige Unterstützung der Abschriften,Herrn Raimund Förster(Potsdam)fürdiegeneröseÜbernahme der DruckkostenderDrucklegungundHerrnMartinRethmeiervomVerlagDeGruyter OldenbourginMünchenfürdie Aufnahme in das Verlagsprogramm zu danken. RainerLindner Konstanz,imJanuar2020 Inhalt Erster Teil Autokratie und Imperium 1547–1855 Grundbegriffe und Orientierungen 3 . Einleitung 3 . Herrschaft, Staat, Imperium 6 . Sozialverfassung im Wandel 11 . Russland in Europa 19 . Zerreißproben russischer Identität 28 Autokratie und Absolutismus 37 . Historische Voraussetzungen 37 . Iwan IV. und die Entstehung der Autokratie 42 . Von der Autokratie zum neuzeitlichen Absolutismus 48 . Grundlagen der Herrschaft Peters des Großen 55 . Peter und Sankt Petersburg 59 . Das Dilemma der Erben 67 Gesellschaft als staatliche Veranstaltung 74 . Katharina II. und der aufgeklärte Absolutismus 74 . Staatsausbau und Adelsgesellschaft 80 . Bauern und Leibeigenschaft 87 . Städtewesen und Bürgertum 92 . Kirche und Klerus 99 . Aufklärung und Fundamentalkritik 104 Reichsbildung durch Expansion 112 . Expansion und Raumerschließung 112 . Livländischer Krieg und Kosaken-Ukraine 119 . Die baltischen Provinzen 126 . Das Ende der polnisch-litauischen Adelsrepublik 133 Von den Napoleonischen Kriegen zum Krimkrieg 142 . Die Erben des aufgeklärten Absolutismus 142 . Grenzen des gouvernementalen Liberalismus 150 . Vaterländischer Krieg und Heilige Allianz 157 VIII Inhalt . Dekabristen und Geheimbünde 166 . Nikolaj I. und die Schaffung der Geheimpolizei 174 Zweiter Teil Zwischen Reform und Revolution 1855–1917 Autokratie und Emanzipation 183 . Umrisse des Reformproblems 183 . Das Ende der Leibeigenschaft 187 . Dorfgemeinde und Bauernverwaltung 194 Sozialstruktur und Industrialisierung 201 . Gesellschaft im Übergang: Adel und Semstwo- Gesellschaft 201 . Städteordnung und Urbanisierung 207 . Verkehrsausbau und verzögerte Modernisierung 214 . Finanzpolitik und industrielle Expansion 221 Opposition und revolutionäre Bewegung 229 . Grenzen des Liberalismus: Zum Problem der Intelligenzija 229 . Populismus im späten Zarenreich – Das Narodnitschestwo 236 . Marxismus und Sozialdemokratie 242 Außenpolitik und russischer Imperialismus 251 . Auswärtige Politik und panslawische Mobilisierung 251 .. Vom Balkankrieg zum Wechsel der Bündnisse 261 .. Zentralasiatische und fernöstliche Expansion 267 .. Russland und China: Aspekte „friedlicher Durchdringung“ 274 Zwei Fronten: Krieg und Revolution 1905 280 .. Der Russisch-Japanische Krieg 280 .. Krieg und Revolution 1905 285 Dritter Teil Russland unter kommunistischer Herrschaft 1917– 1991 Oktoberrevolution und Bürgerkrieg 295 . Der Zusammenbruch des Zarenreiches 297 Inhalt IX . Von der Februarrevolution zum Roten Oktober 302 . 1917 und die Grenzen der weltrevolutionären Mobilisierung 310 . Bürgerkrieg und Reconquista 318 Von Lenins Weltrevolution zum Stalinismus 327 . „Neue Ökonomische Politik“ 327 . Nationsbildung im sowjetischen Vielvölkerstaat 332 . Stalins „Revolution von oben“ 340 . Terror und ideologische Abrichtung 345 Die Sowjetunion und der Große Vaterländische Krieg 354 . Außenpolitik und Kominternstrategie 354 . Der Weg zum Hitler-Stalin-Pakt 362 . Deutsch-sowjetische Kumpanei 368 . „Großer Vaterländischer Krieg“ 374 Spätstalinismus und Kalter Krieg 383 . Die sowjetische Europapolitik und die Bedingungen des Friedens 383 . Die Entstehung des sozialistischen Blocks 385 . Das poststalinistische Imperium 395 . Systemkrisen und Kosten der Weltpolitik 403 Das lange Ende der Sowjetunion 410 . Dissens und politische Opposition unter Breschnew 410 . Anspruch und Scheitern der Perestrojka 416 . Sowjetische Agonie und das Ende des äußeren Imperiums 425 Epilog 436 Nachwort: Gesellschaft als staatliche Veranstaltung. Dietrich Geyer schreibt Geschichte (von Jörg Baberowski) 447 Anmerkungen 453 Ausgewählte Publikationen zur Geschichte Russlands und der Sowjetunion von Dietrich Geyer 462 Personenregister 463