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Das Reich Gottes auf Erden. Utopie und Wirklichkeit. Eine Untersuchung zu Butzers “De Regno Christi” und zur englischen Staatskirche des 16. Jahrhunderts PDF

216 Pages·1928·43.483 MB·German
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ARBEITEN ZUR KIRCHENGESCHICHTE HERAUSGEGEBEN VON EMANUEL HIRSCH UND HANS LIETZMANN 10 DAS REICH GOTTES AUF ERDEN UTOPIE UND WIRKLICHKEIT EINE UNTERSUCHUNG ZU BUTZERS „DE REGNO CHRISTI" UND ZUR ENGLISCHEN STAATSKIRCHE DES 16. JAHRHUNDERTS VON Lie. THEOL. WILHELM PAUCK ASSISTANT-PROFESSOR DER KIRCHENGESCHICHTE AM CHICAGO THEOLOGICAL SEMINARY, CHICAGO, ILL. BERLIN UND LEIPZIG 1928 VERLAG VON WALTER DE GRUYTER & CO. Druck von Walter de Gruyter & Co., Berlin W 10 Inhalt Einleitung i I. Der Zweck des Buches »De regno Christi« 4 1. Der Begriff des regnum Christi 5 2. Reich Gottes und Kirche 13 3. Reich Gottes und Staat 19 II. Wertung und Charakterisierung der Gedanken Butzers in Bezugnahme auf tatsächliche englische Verhältnisse 68 III. Religion und Politik im elisabethanischen England . . 115 1. Die Stellung der Religion und der Kirche in der Politik der Tudors 115 2. Die Stellung der anglikanischen Theologie zum Staate 141 3. Die Ausbildung eines religiös-nationalen Selbstbewußtseins durch die Staatskirche 174 Schluß 199 Namen- und Sachverzeichnis 205 Einleitung. Der Einfluß der Reformation auf die Bildung des moder- nen Geistes ist ein in unseren Tagen vielumstrittenes Thema. In Deutschland handelt es sich besonders um das Verhältnis des deutschen Idealismus zur Reformation. Das Problem geht hier im wesentlichen die Geisteswissenschaft und die Philo- sophie an, wenngleich die von diesen beiden Mächten bestimmte Weltanschauung sich auch auf allen andern Lebensgebieten, besonders in der Einstellung zur Politik, charakteristisch aus- wirkt. Anders liegt es in den angelsächsischen protestantischen Ländern. Es ist freilich keine Frage, daß die Leistung der Engländer für die Philosophie, namentlich im 17. Jahrhundert, auf welcher die moderne westeuropäische Weltanschauung beruht, ohne den Calvinismus nicht hätte vollbracht werden können. Aber mehr als in Deutschland ist in England der Pro- testantismus auf das politisch wirtschaftliche Verhalten wirk- sam gewesen. Von vornherein waren ja in England in höherem Maße als in irgendeinem andern Lande politische und kirchlich- religiöse Fragen miteinander verknüpft. In diese Anfänge des Protestantismus in England soll diese Untersuchung hineinführen. Sie sind bisher wenig beachtet worden.- Wenn man vom englischen Protestantismus redet, hat man zumeist die calvinistischen Sekten im Sinn. Man darf aber nicht vergessen, daß die erste sich zum Protestantismus stellende englische Kirchenschöpfung die ecclesia anglicana war, die Staatskirche. In ihr nimmt die moderne englische Geschichte ihren Anfang. Die englische Staatskirche des 16. Jahrhunderts soll Gegenstand dieser Untersuchung sein. Aber von einem besonderen Gesichtspunkt aus soll sie ins Licht treten. An der Ausbreitung der Reformation in England sind mannigfache festländische Einflüsse beteiligt; sie kommen Pauck, Reich Gottes. 1 2 Einleitung. im Anfange stark von Luther, später vorwiegend aus dem pro- testantischen Zentrum der Schweiz, Zürich, und aus Genf. Viele Engländer haben sich auf dem Festlande die Kräfte und Kenntnisse für die Neugestaltung ihrer Kirche erworben, aber nur wenige Festländer sind selbst in England für die Reforma- tion tätig gewesen. Einer dieser wenigen und gewiß der be- deutendste war der Straßburger Reformator Martin Butzer «. Sein Aufenthalt in England währte kaum zwei Jahre, und sein späterer Einfluß war gering. Sein Wirken wurde durch Krank- heit gehemmt. Aber ein Denkmal, hohen Ruhmes wert, hat er für seine Absichten und Ziele, die er für England hegte, hinter- lassen: sein oft gerühmtes, aber kaum durchgearbeitetes Werk »De regno Christi«2, das er dem jungen König Eduard VI. als einen Reformvorschlag für das kirchliche und gesamte soziale, wirtschaftliche und kulturelle Leben seines Landes auf der Grundlage des Protestantismus überreichte. Dieses Buch stellt auf Grund einer überraschend genauen Kenntnis engli- scher Verhältnisse den Versuch dar, zu zeigen, wie die Reforma- tion in England vom Staate aus als die das ganze Volksleben erneuernde geistige Macht zur Geltung gebracht werden könne. Weil in dieser Schrift die Anknüpfung an die gegebene Sachlage in England vollzogen ist, bietet sie besonders vorteil- haft die Möglichkeit, die englische Geschichte der ersten nach- reformatorischen Periode vom protestantischen Standpunkt ') Über die Tätigkeit Butzers in England vgl. E. Harvey, Bucer in England. Marburg 1906. >) Vgl. die Bemerkungen über »De regno Christi« in: F. W. Hassen- kamp, Hessische Kirchengeschichte. Marburg 1851/55", Bd. II, 1, S. 330 ff., bes. S. 382 ff. — W. Baum, Capito und Bucer. Elberfeld 1860, S. 564. (Ähnlich Joh. Ficker in seinem Butzer-Büchlein, Straßburg 1917, S. 18.) — A. Lang, Der Evangelienkommentar Martin Bucers. Leipzig 1900, S. 366 ff. — E. Harvey, Bucer in England. Marburg 1906, S. 77 ff. — G. Klingenburg, Das Verhältnis Calvins zu Butzer auf Grund der wirtschaftsethischen Bedeutung beider Reformatoren. Bonn 1906 (passim).—G. Anrieh, Martin Bucer, Straßburg 1914. (Vgl S.11 ff.) — G. Schrenk, Gottesreich und Bund im älteren Protestantismus vor- nehmlich bei Coccejus, Gütersloh 1923, S. 160 f. Vgl. auch Otto Ritsehl, Die reformierte Theologie des 16. u. 17. Jahrh. Göttingen 1926, S. 122 ff. Einleitung. 3 aus zu verfolgen. Die Untersuchung wird jedoch diesem Aus- gangspunkt entsprechend (denn das Thema Butzers ist der »christliche Staat«) eingeschränkt auf eine Darstellung des Verhältnisses von Politik und Religion und von Staat und Kirche im Zeitalter der Elisabeth. Sicherlich ist aber damit der entscheidende Punkt in dieser für die Geschichte Englands so wichtigen Epoche getroffen. 1* Erster Hauptteil. Der Zweck des Buches »De regno Christi«1. Butzer legt seinem Werke eine Zweiteilung zugrunde: im ersten Buche will er das Wesen des Reiches Gottes erklären und dabei die Notwendigkeit herausstellen, daß alle Gedanken und Wünsche der Menschen sich darauf richten; im zweiten die Mittel und Wege zeigen, wie die Könige es in ihren Landen zur Durchführung bringen können (Praefatio). In diesem letzten liegt der eigentliche Zweck seines Unternehmens: in England soll das Reich Gottes gegründet werden. In dem Schlußabschnitt bringt Butzer das auch deutlich zum Ausdruck: Hic finem est imponere susceptae indicationi et admonitioni potius quam des- criptioni atque justae explicationi earum viarum et rationum qui- bus (ut aeterno, et solo salutari verbo docemur) S. M.T. Christiani- que reges, Principes, rerumque publicarum moderatores omnes et possint et debeant beatum filii Dei et unici sospicatoris nostri regnum populis suis solide restituere: hoc est, cum religionis, tum reliquae Reipublicae universae administrationem ex Christi servatoris nostri et regis summi sententia evocare, instaurare et confirmare (S. 164). Der eigentümliche Charakter des Buches kommt in diesen Sätzen klar zum Ausdruck. Es handelt sich darin um die Frage, wie die Religion im öffentlichen Leben zur Geltung gebracht werden kann. Noch war es zu Butzers Zeit nicht so weit, daß die Gesellschaft, oder gar der Einzelne, eine ihr Leben selbst bestimmende Macht war wie heute; sie wurde geführt von den regierenden Gewalten. So versucht Butzer in deutlicher Anlehnung an seine Straßburger Erfahrun- gen in diesem für den König Englands bestimmten Buche, den Fürsten die Wege zu weisen, wie das Reich Gottes in ihren ') Scripta anglicana fere omnia, Basel 1577, S. 1—170. i. Der Begriff des regnum Christi. 5 Staaten gegründet werden solle. Man hat das Buch eine christ- liche Politik genannt und damit ganz richtig seinen Charakter gekennzeichnet. Daß eine solche christliche Politik unter dem Titel »De regno Christi« geschrieben wurde, nimmt alle unsere Aufmerksamkeit in Anspruch. Denn obwohl auch uns der Ge- danke sehr geläufig ist, daß das Reich Christi im Diesseits wirk- lich werden müsse, empfinden wir doch seine ganze Schwierig- keit, denn es erhebt sich hier die schwere Frage nach dem Ver- hältnis von Staatsgedanken und Reich Gottes. Wir lesen also das Butzersche Buch unter dem Gesichtspunkt, wie es zu dieser Frage steht. Unser Hauptinteresse liegt zunächst in dem in ihm dargestellten Begriff vom Reiche Gottes, auf den schon der Titel hinlenkt. Erster Abschnitt. Der Begriff des regnum Christi. i. Der König des regnum Christi ist selbstverständlich Christus. »Rex et Servator« (S. 55), »Dominus et Rex«, »Ma- gister et Gubernator« (S. 55), Rex coelestis (S. 5) sind seine sehr häufig begegnenden Titel. Christus-Herrschaft also be- deutet das Reich Christi. Christus allein, dem der Vater alle Gewalt übergeben hat (S. 16), soll herrschen, um den Menschen das Heil (salus) zu vermitteln. Dieser Herr ist nach seinen eigenen Worten bei den Seinen bis ans Ende der Welt; und er ist es selbst, der alles sieht, bewirkt und schafft, was zu ihrem Heile dient. Unmöglich kann dieser in völlig selbstherrlicher Machtfülle regierende König einen Statthalter (vicarius) haben, wie sonst die Könige dieser Welt (S. 5). Aber Werk- zeuge freilich muß er gebrauchen. Das sind die Apostel und die ministri der Kirche. Durch sie lehrt er die Seinen im Wort den rechten Weg (S. 5), er selbst aber bewirkt erst den Erfolg (S. 12), denn er schenkt den Geist. Er übt nämlich seine Herr- schaft aus durch den Geist und das Wort (S. 4); die sie ver- mittelnden Werkzeuge sind die Diener seiner Kirche. Sie sind 6 I. Der Zweck des Buches »De regno Christi«. seine nur durch ihn wirksamen Organe; sie sind Haushalter seiner Geheimnisse, aber ein regimen spirituale besitzen sie nicht. Das gehört Christus allein (De vera cura, Script. S. 271). Die Kirche ist der vornehmliche Bereich dieser Herrschaft (ibid. S. 273). An sie und ihr ministerium wird das ganze Heil gebunden. Regnum Christi und ecclesia sind identisch miteinander (S. 33). Aber zunächst nur in begrenztem Sinne: Wir haben das regnum Christi als die Herrschaft Christi zu erklären, die sich nur in den wahren Christen auswirkt, denen Christus den Geist verleiht. Die Kirche ist das regnum coelorum, sofern sie ge- bildet wird von der Schar der electi, der Geistbegabten. Der Geist, der hinter allen Institutionen der Kirche steht, macht diese erst wirksam für die, welche mit ihm begnadet sind. Der Geist macht für die Auserwählten erst Kirche und Wort leben- dig. »Wir werden gelehrt«, sagt Butzer, »daß überhaupt keine Lehre, keine Zeremonie, keine Disziplin, dem Könige Christus und seinem Reiche, welches die Kirche ist, zugeschrieben werden kann, wenn sie nicht angeordnet ist und hervorgeht aus dem heiligen Geiste, durch den die Kinder Gottes getrieben werden. Dieser Geist aber leitet die Seinigen, sowohl durch seine Schriften wie durch heimliche Antriebe zu aller Wahrheit und führt sie an zu jedem guten Werk« (S. 13). Wenn man annehmen möchte, daß durch solche Betonung der Geist- wirkung die eigentlichen Ämter der Kirche, Predigt, Sakra- mentsverwaltung und die Zucht, an Wert verlieren, so läßt Butzer doch solche Meinung nicht zu. Das Wort, das den Grund der Kirche legt, und der Geist, der sie lebendig macht, gehören zusammenAlle Vorschriften und Regeln, die nicht durch ') W. Sohm macht in seinem Buche über die Schule Joh. Sturms und die Kirche Straßburgs (München 1912, S. 127 f.) aus Archiven in- teressante Mitteilungen über Verhandlungen auf einer Straßburger Synode von 1533, in der es zu einer Disputation zwischen dem Helfer von St. Peter und Butzer über den Unterschied von äußerem und in- nerem Wort kam, den der Helfer ablehnte. Butzer antwortete ihm: »Das weder wort noch sacrament des Herrn jemand on den geyst und glauben Christi nützen mögen, durch welchen geyst das inwendig ziehen, leren und einschreiben des göttlichen gesetzes ins Herz vollbracht

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