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Das Problem der theoretischen Terme: Eine Kritik an der strukturalistischen Wissenschaftstheorie PDF

252 Pages·1993·4.122 MB·German
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Thomas Zoglauer Das Problem der theoretischen Terme Wissenschaftstheorie Wissenschaft und Philosophie Gegriindet von Prof. Dr. Simon Moser, Karlsruhe J. Herausgegeben von Prof. Dr. Siegfried Schmidt, Siegen H. Reichenbach: Der Aufstieg der wissenschaftlichen Philosophie (lieferbar als Band 1 der Hans Reichenbach Gesammelten Werke) 2 R. Wohlgenannt: Was ist Wissenschaft? (vergriffen) 3 S. J. Schmidt: Bedeutung und Begriff (vergriffen) 4 A.-J. Greimas: Strukturale Semantik (vergriffen) 5 B. G. Kuznecov: Von Galilei bis Einstein (vergriffen) 6 B. d'Espagnat: Grundprobleme der gegenwartigen Physik (vergriffen) 7 H. J. Hummell, K. D. Opp: Die Reduzierbarkeit von Soziologie auf Psychologie (vergriffen) 8 H. Lenk (Hrsg.): Neue Aspekte der Wissenschaftstheorie (vergriffen) 9 I. Lakatos, A. Musgrave (Hrsg.): Kritik und Erkenntnisfortschritt (vergriffen) 10 R. Haller, J. Gotschl (Hrsg.): Philosophie und Physik 11 A. Schreiber: Theorie und Rechtfertigung 12 H. F. Spinner: Begriindung, Kritik und Rationalitat 13 P. K. Feyerabend: Der wissenschaftstheoretische Realismus und die Autoritat der Wissenschaften 14 I. Lakatos: Beweise und Widerlegungen (vergriffen) 15 P. Finke: Grundlagen einer linguistischen Theorie 16 W. Balzer, A. Kamiah (Hrsg.): Aspekte der physikalischen Begriffsbildung 17 P. K. Feyerabend: Probleme des Empirismus 18 W. Diederich: Strukturalistische Rekonstruktionen 19 H. R. Maturana: Erkennen: Die Organisation und Verkoperung von Wirklichkeit 20 W. Balzer: Empirische Theorien: Modelle - Strukturen - Beispiele 21 H. von Forster: Sicht und Einsicht 22 P. Finke, S. J. Schmidt (Hrsg.): Analytische Literaturwissenschaft 23 J. F. Ihwe: Konversationen iiber Literatur 24 E. von Glasersfeld: Wissen, Sprache und Wirklichkeit 25 J. Kliiver: Die Konstruktion der sozialen Realitat Wissenschaft: Alltag und System 26 Ch. Lumer: Praktische Argumentationstheorie 27 P. Hoyningen-Huene: Die Wissenschaftsphilosophie Thomas S. Kuhns 28 W. Stangl: Das neue Paradigma der Psychologie 29 W. Krohn, G. Kiippers (Hrsg.): Selbstorganisation. Aspekte einer wissenschaftlichen Revolution 30 E. Matthies,J. Baecker, M. Wiesner: Erkenntniskonstruktion am Beispiel der Tastwahrnehmung 31 M. Borg-Laufs, L. Duda: Zur sozialen Konstruktion von Geschmackswahrnehmung 32 R. Paslack: Urgeschichte der Selbstorganisation 33 G. Schiepek: Systemtheorie der Klinischen Psychologie 34 A. Kertesz: Die Modularitat der Wissenschaft 35 H.-M. Zippelius: Die vermessene Theorie 36 A. Ziemke: System und Subjekt 37 G. Schlosser: Einheit der Welt und Einheitswissenschaft 38 H.-J. Niemann: Die Strategie der Vernunft 39 Th. Zoglauer: Das Problem der theoretischen Terme Thomas Zoglauer Das Problem der theoretischen Terme Eine Kritik an cler strukturalistischen Wissenschaftstheorie I I Vleweg Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Zoglauer, Thomas: Das Problem der theoretischen Terme: eine Kritik an der strukturalistischen Wissenschaftstheorie I Thomas Zoglauer. - Braunschweig, Wiesbaden: Vieweg, 1993 (Wissenschaftstheorie, Wissenschaft und Philosophie; 39) Zugl.: Stuttgart, Univ., Diss., 1991 ISBN 978-3-528-06539-3 NE:GT Aile Rechte vorbehalten © Friedr. Vieweg & Sohn Verlagsgesellschaft mbH, Braunschweig/Wiesbaden, 1993 Softcover reprint of the hardcover 18t edition 1993 Der Verlag Vieweg ist ein Unternehmen der Verlagsgruppe Bertelsmann International. Das Werk einschliefilich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschutzt. Jede Verwertung auBerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzuHissig und strafbar. Das gilt insbesondere fur Vervielfaltigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeiche rung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. ISSN 0939-6268 ISBN 978-3-528-06539-3 ISBN 978-3-322-85272-4 (eBook) DOI 10.1007/978-3-322-85272-4 Inhaltsverzeichnis Vorwort VII Einleitung 1. Das Problem der theoretischen Terme 10 1.1 Das empiristische Modell 10 1.2 Das Zweistufenmodell 15 1.3 Kritik am Zweistufenmodell 19 1.4 Theoriengeladenheit von Beobachtungen 23 2. Die strukturalistische Wissenschaftstheorie 29 2.1 Sneeds Definition theoretischer Terme 29 2.2 TheoretiziUit in der Newtonschen Mechanik 31 2.3 Kritik an Sneeds Theoretizitatskriterium 40 2.4 Der Non-Statement-View 46 2.5 Strukturalistische Axiomatik 54 2.6 Die strukturalistische Rekonstruktion der Newtonschen Mechanik 64 2.7 Kritische Bemerkungen zum strukturalistischen Theoriemodell 72 2.8 Reduktion in der strukturalistischen Wissenschaftstheorie 83 2.9 Theoriendynamik bei Kuhn und StegmUller 96 2.10 Die Inkommensurabilitatsthese 107 3. Theorie und Erfahrung 128 3.1 Systeme 129 3.2 Modelle 137 3.3 Theorie der Messung 146 3.4 Theorieabhangigkeit der Messung 156 3.5 Erganzende Bemerkungen zur T-Theoretizitiit 163 4. Ansitze zu einer holistischen Wissenschaftstheorie 179 4.1 Holismus bei Duhem. QUine und StegmUller 180 4.2 Das holistische Theoriemodell 192 4.3 Immunitat von Theorien 205 4.4 Folgerungen fUr die Theoriendynamik 212 4.5 Erkenntnistheoretische Perspektiven 219 Anhang 1. Erganzungen zu Kap. 2.6 228 2. Erganzungen zu Kap. 3.3 231 Llteratur 232 Vorwort Die Wissenschaftstheorie versucht, die Grundlagen unseres Wis sens zu erforschen und den methodischen Gang wissenschaftlicher Erkenntnis zu rekonstruieren. Traditionell wird das Fundament der empirischen Wissensenschaften in der sinnlichen Erfahrung gesehen, weshalb sich die Wissenschaftstheorie bisher bevorzugt am Empiris mus orientiert hat. Allein, daB all unsere Erkenntnis mit der Erfah rung anfangt heiBt noch nicht, daB sie stets auf Erfahrung zurtick ftihrbar ist. Aus dies em Grund muBte in der Wissenschaftstheorie jene kopernikanische Wende erst noch vollzogen werden, die in der Erkenntnistheorie von Kant eingeleitet wurde. Man begann einzuse hen, daB unsere Erfahrung in starkem MaBe von Hypothesen und Theorien geleitet und geformt wird. 1m Brennpunkt der Auseinander setzung urn das Verhaltnis von Theorie und Erfahrung steht das Pro blem der theoretischen Terme, bei dem es urn die Frage geht, ob und inwieweit man zwischen einem empirischen und einem theoriegelei teten Anteil unserer Erkenntnis unterscheiden kann. Will man sich diesem Problem nahern, so muB man sich zunachst mit den Losungs ansatzen auseinandersetzen, die in der Wissenschaftstheorie bisher angeboten und diskutiert wurden. Dabei stoBt man unweigerlich auf die von Sneed und StegmUller begrUndete strukturalistische Wissen schaftstheorie, die in den letzten Jahrzehnten die wissenschaftstheo retische Diskussion in Deutschland maBgeblich beeinfluBt hat und die den Anspruch erhebt, eine Antwort auf jene wichtigen Grundla genprobleme geben zu konnen. Je mehr ich mich allerdings mit der strukturalistischen Wissenschaftstheorie beschaftigte, desto mehr wuchsen in mir die Zweifel, ob sie eine Losung dieser Probleme zu leisten vermag. Vielmehr scheinen mir durch den formalistischen An satz jene epistemologischen Grundprobleme eher verdeckt zu werden als daB sie einer Klarung zugefUhrt werden. Es stellte sich mir da her die Aufgabe, das Problem der theoretischen Terme in seiner wis senschaftstheoretischen und erkenntnistheoretischen Dimension zu rekonstruieren, den strukturalistischen Losungsansatz kritisch zu UberprUfen und gegebenenfalls nach einem Ausweg aus dem Problem Ausschau zu halten. Einen vielversprechenden Ansatz bietet meines Erachtens die holistische Wissenschaftstheorie, die auf Duhem und Quine zurUckgeht und die von vornherein auf eine strikte Trennung von theoretischen und nicht-theoretischen Termen verzichtet. Diese Arbeit wurde 1991 von der Fakultat fUr Philo sophie der Un i versiUit Stuttgart als Dissertation angenommen. Die vorliegende Fassung unterscheidet sich nur unwesentlich vom Text der Disser tation. Der Text wurde in einigen Punkten Uberarbeitet und erganzt. Mein Dank gilt vor aHem Herrn Prof. Dr. Klaus Kornwachs. der die Dissertation engagiert betreute. Bei Herrn Prof. Dr. G. Bien. an dessen Institut die Arbeit angefertigt wurde. bedanke ich mich fUr die von ihm gewahrte UnterstUtzung und die Ubernahme des Mitbe richts. Einen wesentlichen Beitrag leis tete auch Prof. Jerrold Aron son von der State University of New York at Binghamton. mit dem ich wahrend eines USA-Aufenthalts zentrale Thesen meiner Arbeit diskutieren konnte. Ferner bin ich auch Herrn Prof. Dr. S. J. Schmidt zu Dank verpflichtet fUr sein Interesse und seine hilfreichen Anmer kungen. die bei der Uberarbeitung berUcksichtigt wurden. Remseck. im November 1992 Thomas Zoglauer Einleltung Aufgabe der Erkenntnistheorie ist es schon immer gewesen, das Verhl:iltnis von Theorie und Erfahrung zu explizieren. Der Mensch als theoretisierendes Wesen entwirft Hypothesen tiber die Welt, in der er lebt, und versucht diese an hand des sinnlichen Materials, das ihm gegeben ist, zu tiberprtifen, d.h. entweder zu bestlitigen oder zu ver werfen. Nach dem traditionellen Verstlindnis naturwissenschaftlicher Theorien sind unsere empirischen Hypothesen Beschreibungen realer Sachverhalte, sie sind daher entweder wahr oder falsch, oder sie sind zumindest approximativ wahr. Unsere Theorien "reprlisentieren" dem nach Natur, sie bilden reale auf formale Strukturen ab und es ist die Aufgabe des Naturwissenschaftlers, dieses Reprlisentationsver hliltnis auf seinen Wahrheitsgehalt hin zu tiberprtifen. Der amerikanische Philosoph Willard van Orman Quine hat davon gesprochen, daB sich unsere Aussagen tiber die Welt vor dem "Tribu nal der sinnlichen Erfahrung·· zu bewlihren hlitten ([130], 45). Unsere Theorien treten im Experiment gleichsam vor den Richterstuhl der Natur und das Urteil wird durch den Ausgang des Experiments ge flillt. Die Frage ist allerdings, ob diese Metapher den Kern der Sache trifft. Kann dieser Richter tiberhaupt objektiv und neutral tiber unsere Theorien urteilen? Untersuchen wir QUines Richtermetapher etwas genauer. Der "An geklagte", tiber den zu urteilen ist, sind unsere Theorien. (Quine be tont, daB nicht einzelne Aussagen, sondern stets ein Kollektiv von Aussagen, nlimlich in der Regel eine ganze Theorie, vor Gericht steht.> Der Richter ist die Natur, genauer gesagt: unsere Erfahrung, und der Urteilsspruch liegt in Form von Beobachtungsdaten und MeBproto kollen vor. Diese Daten stimmen entweder mit den Voraussagen der Theorie tiberein oder nicht, sie sttitzen oder widerlegen sie. Die Neu tralitlit des Richters ist daher in der Unabhlingigkeit der Erfahrung von der Theorie begrtindet, denn nur unter dieser Voraussetzung kann er als unbestechlicher Schiedsrichter gelten. Aber diese Grundthese der empiristischen Erkenntnistheorie, nach der die Erfahrung vor jeder Theorie und unabhlingig von ihr gegeben ist, darf bezweifelt werden. Die Erfahrungsdaten sind nlimlich sehr wohl "theoriengeladen" und nicht frei von theoretischen Grundan nahmen, begrifflichen Setzungen oder unbewuBter Schematisierung und somit das Ergebnis einer durch Theorien gefilterten Interpreta tion der Sinnesreize. Daher kann der Richter so unbefangen gar nicht 2 Einleitung sein. Wenn diese Kritik zutrifft, dann ist der ProzeB der empirischen UberprUfung einer Theorie keine Frage der Korrespondenz von Tat sachen und Behauptungen, sondern ein sehr viel komplizierterer, zir kuHirer Vorgang. Jede Messung oder empirische UberprUfung einer Hypothese oder einer Theorie setzt ein gewisses theoretisches Vor verstandnis voraus, ein Vorverstandnis eben jener Theorie, die es zu UberprUfen gilt. Der Text der Natur, den zu lesen wir uns anschik ken, ist namlich nicht ganzlich theoriefrei. Vielmehr gehen in jede Textinterpretation bereits vorgangig theoretische Grundannahmen ein, die nach jedem prUfenden Durchgang entweder bestatigt oder verworfen werden. Keine Interpretation kann von einer theoriefreien Basis ausgehen. Dieses Phanomen ist in der Philo sophie als herme neutischer Zirkel bekannt. Dieser Zirkel ist in den Naturwissenschaf ten ebenso wirksam wie in den Geisteswissenschaften. Physikali sche Gesetze werden durch Messungen begrUndet. Aber jede Messung macht selbst wiederum von Gesetzen Gebrauch, die Teil der zu Uber prUfenden Theorie sind.! Theorie und Messung bedingen sich also gegenseitig. Darum muB das Verhaltnis von Theorie und Erfahrung neu Uberdacht werden. Der Gegensatz von Theorie und Empirie hat in mannigfachen Va riationen Eingang in die philosophische Tradition gefunden. So spiel te etwa die Unterscheidung von Sinneserkenntnis und Vernunfter kenntnis eine wichtige Rolle in der historischen Entwicklung der Dieser Zirkel der UberprUfung ist in der Wissenschaftstheorie schon seit langerem bekannt. Bereits 1934 schrieb Edgar Wind in seinem Buch "Das Experiment und die Metaphysik" [185] tiber die Zirkularitat physi kalischer Messungen: "AIle Kenntnis physikalischer Gesetze grtindet sich auf die Ergebnisse physikalischer Messung. Physikalische Messungen sind aber als physi kalische Vorgange den Gesetzen, die sie erschlieBen soIlen, selbst unter worfen. Daher kann der Physiker die Exaktheit eines Experiments nicht anders prUfen und begrUnden, als indem er die Gesetze, die in ihm er probt werden soIlen, bereits als bekannt voraussetzt. So benutzt z.B. die klassische Mechanik fUr die Bestimmung ihrer Gesetze MaBstabe und Uhren, von denen sie annimmt, daB ihre metrischen Eigenschaften sich in der Bewegung nicht verandern. Diese Annahme bezieht sich aber selbst auf ein mechanisches Gesetz, dessen Geltung sich gerade in der modernen Physik als auBerst fragwtirdig erwiesen hat." (Wind [185], 1) Dieses Beispiel der Uingen- und Zeitmessung wird in Kap. 3.4 und 3.5 ausfUhrlich untersucht und es wird nachgeweisen, daB jede Messung von Raum und Zeit notwendigerweise die Gesetze der Mechanik voraus setzen muB.

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