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Das Narrativ von der Wiederkehr der Religion PDF

367 Pages·2018·4.83 MB·German
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Politik und Religion Holger Zapf · Oliver Hidalgo Philipp W. Hildmann Hrsg. Das Narrativ von der Wiederkehr der Religion Politik und Religion Herausgegeben von Antonius Liedhegener, Luzern, Schweiz Ines-Jacqueline Werkner, Heidelberg, Deutschland In allen Gesellschaften spielte der Zusammenhang von Politik und Religion eine wichtige, häufig eine zentrale Rolle. Auch die Entwicklung der modernen west- lichen Gesellschaften ist ohne die politische Auseinandersetzung mit den traditio- nellen religiösen Ordnungskonzepten und Wertvorstellungen nicht denkbar. Heute gewinnen im Westen – und weltweit – religiöse Orientierungen und Differenzen erneut einen zunehmenden gesellschaftlichen und politischen Einfluss zurück. Die Buchreihe „Politik und Religion“ trägt dieser aktuellen Tendenz Rechnung. Sie stellt für die Sozialwissenschaften in Deutschland, insbesondere aber für die Poli- tikwissenschaft, ein Publikationsforum bereit, um relevante Forschungsergebnisse zum Zusammenhang von Politik und Religion der wissenschaftlichen Öffentlich- keit vorzustellen und weitere Forschungsarbeiten auf diesem Gebiet anzuregen. Sie ist deshalb offen für verschiedene disziplinäre und interdisziplinäre, theoretisch- methodologische und interkulturell-vergleichende Ansätze und fördert Arbeiten, die sich systematisch und umfassend mit politikwissenschaftlich ergiebigen Frage- stellungen zum Verhältnis von Politik und Religion befassen. Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit „Politik und Religion“ soll damit in ihrer ganzen Breite dokumentiert werden, ohne dass die Herausgeber dabei mit den jeweilig bezoge- nen Positionen übereinstimmen müssen. Herausgegeben von PD Dr. Ines-Jacqueline Werkner Prof. Dr. Antonius Liedhegener Universität Heidelberg Universität Luzern Deutschland Schweiz Weitere Bände in der Reihe http://www.springer.com/series/12407 Holger Zapf · Oliver Hidalgo Philipp W. Hildmann (Hrsg.) Das Narrativ von der Wiederkehr der Religion Herausgeber Holger Zapf Philipp W. Hildmann Göttingen, Deutschland München, Deutschland Oliver Hidalgo Regensburg, Deutschland ISSN 2510-4748 ISSN 2510-4756 (electronic) Politik und Religion ISBN 978-3-658-18450-6 ISBN 978-3-658-18451-3 (eBook) DOI 10.1007/978-3-658-18451-3 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National- bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer VS © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2018 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informa- tionen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Lektorat: Jan Treibel Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Springer VS ist Teil von Springer Nature Die eingetragene Gesellschaft ist Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Holger Zapf, Oliver Hidalgo und Philipp W. Hildmann ,Rückkehr der Religionen‘ und ,Säkularisierung‘ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 Über die Verwobenheit zweier scheinbar gegensätzlicher Narrative Oliver Hidalgo Das Recht als „locus problematicus“ zwischen säkularem Metanarrativ und dem Narrativ von der Wiederkehr der Religionen . . . 35 Markus Krienke Über Ursprünge und Aktualität der Politischen Theologie . . . . . . . . . . . . 61 Andreas Nix Philosophischer Paulinismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 Von einem neuen messianischen Ton im politischen Denken Jochen Bohn Deutungen von Religion in der liberalen Position . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 Johannes Fioole Liberale Signaturen der Rede über Religion und der Islamismus . . . . . . 135 Kritische Perspektiven entlang der Dekonstruktion Jacques Derridas Michael Reder und Hanna Pfeifer V VI Inhaltsverzeichnis Öffentlicher Bedeutungsgewinn von Religion und doch Säkularisierung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 Gert Pickel Die Rückkehr von Religion in die Öffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 Zur Analyse von Grenzverschiebungen zwischen Religion und Politik am Beispiel Frankreichs und Italien. Anja Hennig, Michael Minkenberg und Zeynep Yanasmayan Vom Beobachter zum Teilnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 Europäische Mediendiskurse über Religion in bewaffneten Konfl ikten Maximilian Overbeck The Radical Right and Religious Discourse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 The Independent Greeks, the Lega Nord and the Sweden Democrats Compared Maria Grazia Martino and Konstantinos Papastathis Zwischen „Ende der Geschichte“ und „Postdemokratie“ . . . . . . . . . . . . . 289 Der Fall PEGIDA als quasireligiöse ,Sonderform‘ eines nostalgischen Identitätsbedarfs Christo Karabadjakov Narrative von der Rückkehr des Islam in Politik und Öffentlichkeit . . . . 315 Der postrevolutionäre Diskurs in Tunesien Said AlDailami und Holger Zapf Säkularisierung und Wiederkehr der Religion in China . . . . . . . . . . . . . . 343 Ein kurzer Einblick in den Anfang des Prozesses Cai Tingjian Autorenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365 Einleitung Holger Zapf, Oliver Hidalgo und Philipp W. Hildmann 1 Der unklare Status des Narrativs von der ,Wiederkehr der Religionen‘ Die gesellschaftliche Rolle der Religion wird heute unter widersprüchlichen Vor- zeichen behandelt. Einerseits hält sich nach wie vor die modernisierungstheoreti- sche Vorstellung vom Siegeszug der Säkularisierung, der zufolge die Bedeutung von Religion für die Gesellschaft insgesamt abnimmt, während Glaube und reli- giöse Praxis zunehmend aus der Öffentlichkeit verschwinden und zur Privatsache werden.1 Andererseits wird behauptet, dass die Säkularisierung ein Mythos ist, der sich einer notorischen Unterschätzung der Beharrungs- und Wandlungsfähigkeit von Religion verdankt.2 Beide Zeitdiagnosen sind von normativen Ideen durch- setzt: Das Beharrungsvermögen der Religion wird zum Teil jubilatorisch begrüßt, sofern sie als Garant für diejenigen individuellen Wertorientierungen gilt, die eine Integration der Gesellschaft erst ermöglichen – ihre Widerständigkeit gegenüber Säkularisierungstendenzen ist aus dieser Perspektive gleichbedeutend mit der Wi- derständigkeit von Gesellschaft gegen ihre Desintegration und der Rettung der vorpolitischen Grundlagen der Demokratie. Auf der anderen Seite ist mit dem Pro- zess der Säkularisierung die Hoffnung auf eine ebenfalls sozialintegrativ wirkende 1 Für eine differenziert-affirmative Sicht auf dieses modernisierungstheoretische Grund paradigma siehe v. a. Inglehart und Welzel 2005. 2 Zur Kritik an einer solchen Stilisierung der Säkularisierung als ,Mythos‘, welche zugleich einen fundierten Überblick über die Bandbreite der entsprechenden Ansätze impliziert, siehe bereits Pollack 2003. Zur weiteren Vertiefung zudem Pollack 2009 und 2016. © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2018 1 H. Zapf et al. (Hrsg.), Das Narrativ von der Wiederkehr der Religion, Politik und Religion, DOI 10.1007/978-3-658-18451-3_1 2 Holger Zapf, Oliver Hidalgo und Philipp W. Hildmann Universalisierung von Normen verbunden, die durch die Persistenz von Religion und ihre partikularistischen, antiaufklärerischen und dogmatischen Geltungsan- sprüche mit einschlägig fundamentalistischer Tendenz behindert wird. Mit beiden Diagnosen ist das derzeit häufi g anzutreffende Narrativ von der Wiederkehr der Religionen auf überraschende Weise kompatibel. Für Anhänger der Säkularisierungsthese mag es sich um einen zeitlich begrenzten backlash handeln, vielleicht gar um die Agonie des Religiösen, die sich in einem weithin sichtbaren fundamentalistischen Furor Bahn bricht, der in seiner Eindrücklichkeit jedoch nur verdeckt, dass der Prozess der Säkularisierung im Hintergrund un- aufhaltbar voranschreitet – ist doch gerade der religiöse Fundamentalismus letzt- lich der die Säkularisierung begleitende Totengräber traditioneller Religion (Roy 2011, S. 223). Diese Sichtweise scheint jedoch die einer Minderheit zu sein (vgl. schon Casanova 1994, S. 11.). Spiegelbildlich können die Anhänger der These von der Widerständigkeit von Religion argumentieren, dass in der Vergangenheit ein modernisierungstheoretischer bias dazu geführt hat, die Beharrungskraft von Re- ligion systematisch zu unterschätzen, wohingegen nun endlich deutlich wird, dass es sich tatsächlich um eine verzerrte Wahrnehmung gehandelt hat und Religion so wichtig ist wie eh und je – ihre Wiederkehr wäre dann nur scheinbarer Na- tur. Nimmt man diese Möglichkeit verzerrter Wahrnehmung ernst, dann setzt das Narrativ von der ,Wiederkehr der Religion‘ nicht einmal notwendig voraus, dass Religion tatsächlich auf dem Rückzug befi ndlich war und dass wirklich Säkulari- sierung stattgefunden hat. Genauso wenig setzt es auf der gegenüberliegenden Sei- te voraus, dass der Prozess der Säkularisierung faktisch zum Stillstand gekommen wäre. Das Narrativ von der ,Wiederkehr der Religionen‘ ist vielmehr grundsätzlich mit völlig unterschiedlichen Annahmen über die Wirklichkeit vereinbar, und zwar selbst dann, wenn sein eigentlicher Aussagegehalt – dass de facto und im engen Sinne eine „Wiederkehr der Religion“ stattfi ndet – abgelehnt wird. Will man nun unabhängig von verzerrten Wahrnehmungsweisen von einer ,Wiederkehr der Religion‘ sprechen, wird man sich wenigstens einen Teil der Sä- kularisierungsthese aneignen müssen – denn erst, wenn Religion tatsächlich in einer bestimmten Manier ,verschwunden‘ war, ist eine Rückkehr möglich. In die- ser Hinsicht könnte man das besagte Narrativ als Fortschreibung eines ihm vor- gelagerten, dann aber negierten Säkularisierungsnarrativs auffassen (Koschorke 2013). In diesem Fall wird vorausgesetzt, dass tatsächlich Säkularisierung stattge- funden hat. Geht man hiervon aus, bleibt allerdings immer noch unbestimmt, von welcher Art von Säkularisierung dabei die Rede ist. Dies aber ist entscheidend, falls geklärt werden soll, welche Art der ,Wiederkehr von Religion‘ gemeint ist – zumindest, wenn nicht einfach davon ausgegangen werden soll, dass die Wieder- kehr der Religion unabhängig von einer genauen Defi nition von ‚Säkularisierung‘ Einleitung 3 oder ‚Säkularität‘ die für liberale Demokratien charakteristischen „twin tolera- tions“ gefährdet, also insbesondere die Entscheidungsbefugnis demokratisch ge- wählter Regierungen in Frage stellt (Stepan 2000). Da solch eine These mit der Empirie allzu brachial umgehen müsste, bleibt nur, die unterschiedlichen Nuan- cen des Säkularisierungsbegriffs zu refl ektieren, um möglichen Bedeutungen der ,Wiederkehr von Religion‘ auf die Spur zu kommen. Die unterschiedlichen Bedeutungen von Säkularität (verstanden als Ergebnis eines Prozesses) bzw. Säkularisierung (verstanden als der Prozess selbst) sind in der Literatur vielfach thematisiert worden. In den Sozialwissenschaften haben besonders die Überlegungen von José Casanova und Charles Taylor Resonanz erzeugt. Casanova hat vorgeschlagen, drei Aspekte der Säkularisierungstheo- rie auseinanderzuhalten: Säkularisierung als das Schwinden von religiösem Glauben und religiöser Praxis in modernen Gesellschaften; Säkularisierung als Privatisierung von Religion, d.h. umgekehrt Rückzug der Religion aus der Öffentlichkeit; und Säkularisierung als Ausdifferenzierung unterschiedlicher gesellschaftlicher Bereiche (wie Politik, Wirtschaft oder Wissenschaft), die sich jeweils vom Einfl uss der Religion emanzipieren (Casanova 1994, S. 19–39; Casanova 2006, S. 7). Der dritte Aspekt stellt den Kern der Säkularisierungs- theorie dar, unter dem die anderen beiden Aspekte jeweils subsumiert werden können (Casanova 1994, S. 19f.). Festzuhalten ist jedoch, dass die vorangehende relative Privatisierung von Religion eine notwendige Bedingung für die Beob- achtung darstellt, dass religiöse Akteure sich bewusst zum Ziel setzen, dieser Privatisierung eine „Deprivatisierung“ entgegenzusetzen (Casanova 1994, S. 5.), was einen zentralen Ansatzpunkt für das Narrativ von der ,Wiederkehr der Re- ligion‘ darstellt. Taylor unterscheidet seinerseits drei Bedeutungen von Säkularität: Einerseits bezeichnet sie eine Situation, in der in der Öffentlichkeit keine Referenz auf Gott oder „letzte Realitätsgründe“ nötig ist – öffentliche Institutionen funktionieren dann ohne solche Bezugnahmen (Taylor 2012, S. 13). Diese Semantik überschnei- det sich mit dem zweiten (Privatisierung) und dritten Aspekt (Differenzierung), die von Casanova angeführt werden. Auf der anderen Seite fällt Säkularität bei Taylor in eins mit dem ersten Aspekt, den Casanova anbringt – sie steht für einen Rückgang individueller Religiosität bzw. für den Schwund an (institutionalisier- ten) religiösen Bindungen einerseits und religiöser Praxis andererseits. Die dritte Bedeutung, die Taylor für Säkularität veranschlagt, hat dagegen deutliche Paralle- len zur Religionsfreiheit unter Bedingungen des Pluralismus: Sie ist dann gegeben, wenn der religiöse Glaube in einer Gesellschaft bloß eine unter mehreren Optionen ist, die Individuen haben (Taylor 2012, S. 14f.). Bemerkenswert ist in diesem Kon- text freilich Taylors Diagnose, dass sich die Religion der Vielzahl von alternativen

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