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Das Leben des Propheten Muhammad PDF

396 Pages·2007·2.06 MB·German
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Das Leben des Propheten Muhammad (s.a.s.) nach M. H. Haikal ISBN: 3-980-1560-0-1 1 INHALTSVERZEICHNIS: 1. Muhammad (s.a.s.) und die Entstehung des Islam 2. Arabien vor dem Islam 3. Mekka, die Kaba und die Kuraisch - Die geographische Lage Mekkas 4. Muhammad (s.a.s.): Von seiner Geburt bis zu seiner Heirat - Abdullahs Heirat mit Amina 5. Von der Heirat bis zur Prophetenberufung 6. Von der Entsendung bis zu Umars Annahme des Islam 7. Die Geschichte von den Kranichen 8. Die Schlechtigkeiten der Kuraisch 9. Von der Aufhebung des Schriftstücks bis Al Isra 10. Die zwei Abkommen von Al Akaba 11. Die Auswanderung des Gesandten 12. Die Anfangszeit in Jathrib 13. Die ersten Expeditionstrupps und Gefechte 14. Zwischen Badr und Uhud 15. Der Feldzug von Uhud 16. Die Auswirkungen von Uhud 17. Die Frauen des Propheten 18. Die beiden Kriegszüge von Chandak und Banu Kuraiza 19. Von den beiden Kriegszügen bis Al Hudaibija 20. Das Abkommen von Al Hudaibija 21. Chaibar und die Gesandten an die Könige 22. Die vereinbarte Umra 23. Der Kriegszug von Muta 24. Die Einnahme Mekkas 25. Hunain und At Taif 26. Ibrahim und die Frauen des Propheten 27. Tabuk und der Tod Ibrahims 28. Das "Jahr der Delegationen" und die Pilgerreise Abu Bakrs mit den Leuten 29. Die Abschiedswallfahrt 30. Krankheit und Tod des Propheten 31. Die Bestattung des Gesandten 2 Muhammad (s.a.s.) und die Entstehung des Islam Die wahre Größe des Propheten ist in der westlichen Welt so gut wie unbekannt. Ursache hierfür sind nicht nur alte Vorurteile, sondern auch die Tatsache, dass es für einen Nicht-Muslim schwer ist, die Rolle eines geistig-religiösen Archetyps zu verstehen, der sich auch auf sozialem, politischem und wirtschaftlichem Gebiet betätigte. Muhammad (s.a.s.) beschränkte sich nicht nur darauf, unter großen Schwierigkeiten mit seinem Leben Zeugnis abzulegen für die Wahrhaftigkeit der von Allah (t.) empfangenen Offenbarung, den Qur´aan. Er selbst wurde sein getreuer Botschafter, übte aber gleichzeitig auch das Amt des Gesetzgebers und Führers der muslimischen Gemeinschaft, der Umma, aus. Über ihn wurde folgendes geschrieben: "Nie übernahm ein Mensch je freiwillig oder unfreiwillig eine erhabenere Aufgabe, eine Aufgabe, die übermenschlich war: den Aberglauben auszuschalten, der sich zwischen die Schöpfung und den Schöpfer gestellt hat, Gott den Menschen und die Menschen Gott zurückzugeben, den nationalen und heiligen Gedanken der Gottheit im Chaos der materialisierten und entstellten Götter der Idolatrie wiederherzustellen. Wohl nie unternahm ein Mensch mit so geringen Mitteln ein derart die menschlichen Kräfte übersteigendes Werk, wobei zu bedenken ist, dass ihm bei der Konzeption und Ausführung eines so großen Planes keine anderen Werkzeuge zur Verfügung standen als er selbst und eine Handvoll Barbaren in einem verlassenen Fleck der Wüste. Ebenso gelang es keinem Menschen je, eine so große und dauerhafte Revolution in der Welt zu verwirklichen; bereits weniger als zwei Jahrhunderte, nachdem er gepredigt hatte, regierte der Islam teils durch Bekehrung, teils durch Waffengewalt nicht nur die drei Teile Arabiens, sondern hatte auch Persien, Khorassan, Transoxanien, Spanien und einen Teil Galliens, sowie den Kaukasus, das westliche Indien ... erobert. Nimmt man den Umfang des Planes, die Geringfügigkeit der Mittel und das ungeheure Ausmaß des Erfolges als Maßstab für das Genie eines Menschen, wer wagt es dann, auf menschlicher Ebene eine bedeutende Persönlichkeit der Geschichte mit Muhammad (s.a.s.) zu vergleichen? Die berühmtesten Männer haben sich darauf beschränkt, Heere, Gesetze, Kaiserreiche zu erschüttern, oder (wenn sie als Gründer auftraten) nur materielle Machtbereiche zu schaffen, die oft noch vor ihnen zusammenbrachen. Muhammad (s.a.s.) hingegen erschütterte Heere, Gesetzgebungen, Kaiserreiche, Völker, Dynastien, Millionen von Menschen auf einem Drittel der bewohnten Welt; hinzu kommt, dass er Altäre, Götter, Religionen, Ideen, Überzeugungen, Seelen ins Wanken brachte. Er hat auf einem Buch, von dem jeder Buchstabe Gesetz geworden ist, eine geistige Nation gegründet, die Völker aller Sprachen und Rassen umfasst; er hat als unauslöschliche Eigenschaft dieser muslimischen Nation den Hass gegen die falschen Götter sowie die Leidenschaft für den Einen Allah (t.) erweckt. Ein solcher Patriotismus und der Wille, die Entweihung des Himmels zu rächen, waren Tugenden der Erben Muhammads (s.a.s.): die Eroberung eines Drittels der Erde war ein Wunder, aber wahrscheinlich nicht so sehr ein durch einen Menschen, sondern mehr durch eine Idee bewirktes Wunder. Einmal ausgesprochen, wirkte die Idee von dem Einen Gott wie eine Explosion, die die Tempel der Idole in Brand setzte und ein Drittel der Welt mit ihrem Schein erfüllte. 3 Sein Leben, seine innere Sammlung, seine heroischen Verdammungen gegen den Aberglauben in seinem Land, der beim Angriff der Götzendiener bewiesene Mut, die Ausdauer, sie fünfzehn Jahre in Mekka zu dulden, das Akzeptieren der Rolle des öffentlichen Ärgernisses und praktisch des Opfers unter seinen Landsleuten, schließlich die Flucht, das unaufhörliche Predigen, der ungleiche Krieg, der Glaube an den Erfolg, der ganz auf eine Idee und sicher nicht auf Macht gerichtete Ehrgeiz, das Gebet ohne Ende, das mystische Gespräch mit Gott, der Tod und der Sieg über das Grab hinaus... Philosoph, Redner, Apostel, Gesetzgeber, Eroberer von Ideen, Wiederhersteller von Dogmen, Gründer zwanzig irdischer Imperien und eines geistigen Reiches, das ist Muhammad (s.a.s.). Welcher Mensch ist ... erhabener als er?" Diese leidenschaftliche Huldigung stammt nicht von einem Muslim, sondern von Alphonse de Lamartine (1790-1869), niedergeschrieben in seiner "Histoire de la Turquie". Diese Huldigung macht gleichzeitig deutlich, warum nach über dreizehn Jahrhunderten alle Muslime mit Dankbarkeit in ihren Gebeten den Abgesandten Allahs ins Gedächtnis rufen. Sie rufen ihn ins Gedächtnis, sie rufen ihn nicht an, denn das Gebet ist nur für Gott bestimmt. Arabien vor dem Islam Die Wiege der menschlichen Kultur Die Erforschung von Ursprung und Geschichte der Menschheit ist bis heute noch nicht abgeschlossen. Lange nahm man an, dass Ägypten vor mehr als sechstausend Jahren die Wiege der menschlichen Kultur gewesen sei. Alles Davorliegende weise auf ein vorgeschichtliches Zeitalter hin, dessen genaue wissenschaftliche Erforschung nicht möglich sei. Derzeit haben Archäologen im Irak und in Syrien jedoch erneut mit Ausgrabungen begonnen, um den Ursprung der mesopotamischen und phönizischen Kultur zu entdecken. Aber auch, um das Alter beider Kulturen vergleichen zu können und, insbesondere, um festzustellen, ob sie länger als die pharaonische ägyptische Kultur existierten und auf sie einwirkten oder umgekehrt. Wie auch immer die Resultate der archäologischen Forschungen über diese geschichtliche Epoche ansehen mögen, ein Faktum, das nie durch eine Forschung in China oder im Fernen Osten bezweifelt wurde, bleibt bestehen: die Wiege der ersten menschlichen Kultur, ob nun in Ägypten, Phönizien oder Mesopotamien, stand in Verbindung mit dem Mittelmeer. Und Ägypten als mächtigstes Zentrum gab diese Kultur an die Griechen und Römer weiter. Selbst die heutigen Kulturen der Welt sind noch immer eng mit jener ersten verknüpft. Die Forschung im Fernen Osten über die Kulturgeschichte jener Region kann bislang keinen bestimmten Einfluss auf die Kulturen Ägyptens, Griechenlands und Mesopotamiens nachweisen. Es ist gar keine Frage, dass diese Kulturen und ihre Entfaltung von der Kultur des Islam beeinflusst wurden. Sie wirkten aufeinander ein und formten sich gegenseitig. Und die Kultur der Welt, die die Menschheit gegenwärtig beherrscht, ist das Erbe jener wechselseitigen Einflussnahme. 4 Die Becken des Mittelmeeres und des Roten Meeres Jene Kulturen, die sich vor einigen Jahrtausenden über die Mittelmeerküste bzw. über das anliegende Ägypten, Mesopotamien und Griechenland erstreckten, standen in einer Blüte, die selbst heute noch die Verwunderung und das Erstaunen der Welt hervorruft; sei es auf dem Gebiet der Wissenschaft, des Handwerks, der Landwirtschaft, des Handels, der Kriegsführung oder irgendeines sonstigen Zweiges menschlicher Aktivitäten. Immer war die Religion der Boden, aus dem die Kulturen entstanden und ihre Stärke bezogen. Gewiss wandelte sich diese Grundlage von der Dreieinigkeitslehre des alten Ägypten, wie sie in den Mythen von Osiris, Isis und Horus des Weiterbestehens des Lebens im Tod und Wiederauferstehens und der ewigen Fortdauer durch die Generationen hindurch geprägt war, bis zum griechischen Heidentum, das in der empfindsamen Darstellung von Wahrheit, Güte und Schönheit, die der Beobachtung der Schönheit im Dasein entsprang, zum Ausdruck kam; die sich danach aber derart veränderte, dass sie in den Zeiten des Zerfalls ins Weltliche absank. Trotz allem blieb die Religion stets Grundlage dieser Kulturen, die das Schicksal der Welt bestimmten; und sie wirkt auch auf unsere Zeit deutlich ein. Unsere Zivilisation versucht zwar, sich zuweilen von der Religion loszusagen und ihr mit Nachdruck entgegenzutreten; dennoch wendet sie sich ihr von Zeit zu Zeit wieder zu. Und wer weiß! Vielleicht wird sie früher oder später einmal erneut in ihr aufgehen. In diesem Lebensraum, den die Menschen seit Tausenden von Jahren mit der Religion als Grundlage bewohnten, traten die Verkünder der Botschaft mit den bis heute wohlbekannten Religionen auf. In Ägypten erschien Moses; er wurde im Haus des Pharao aufgezogen und unterrichtet. Unter der Obhut seiner Priester und der Religionsgelehrten Ägyptens lernte er die göttliche Einheit und die Geheimnisse des Seins kennen. Als Allah (t.) * ihn zur Rechtleitung seines Volkes im Land, in dem er lebte, aufrief, erklärte Pharao seinen Untertanen: "Ich bin euer höchster Herr." ** Moses stritt unaufhörlich mit Pharao und seinen Zauberern, bis er dann schließlich gezwungen war, mit den Kindern Israels nach Palästina auszuziehen. Dort erschien Jesus, der Geist Allahs (t.) und SEIN Wort, das ER der Maria gegeben hatte. Als Allah (t.) Jesus, den Sohn der Maria, zu sich erhoben hatte *** , riefen seine Jünger weiter zum Christentum, das er verkündet hatte, auf. Die Jünger und ihre Anhänger gerieten jedoch in schwerste Bedrängnis. Als Allah (t.) das Christentum sich schließlich verbreiten ließ, nahm sich der Kaiser von Rom **** , damaliger Weltherrscher, seiner an. Das Römische Reich bekannte sich zur Religion Jesu, und das Christentum breitete sich nach Ägypten, Syrien und Griechenland aus. Von Ägypten kam es nach Abessinien und nahm durch Jahrhunderte ständig an Einfluss zu. Wer auch immer den Schutz Roms suchte und nach seinem Zeitstil sowie nach guten Beziehungen mit ihm trachtete, stellte sich in den Schutz des Christentums. * "Allah" als der Name des Einen Gottes wird in der Übersetzung beibehalten, da er im Gegensatz zu dem Begriff "Gott" auf kein anderes Wesen als diesen Einen Gott anwendbar ist. ** Qur´aan, Sura 79, Aya 24. *** Im Qur´aan heißt es: "Und ihre Rede: "Wir haben den Messias Jesus, den Sohn der Maria, den Gesandten Allahs , gewiss getötet; sie haben ihn aber nicht getötet, und sie haben ihn nicht gekreuzigt, vielmehr ist es ihnen nur so erschienen. Fürwahr, jene, die darum uneins sind, sind gewiss darüber im Zweifel. Sie besitzen darüber kein Wissen, sondern folgen bloß einer Vermutung; sie haben ihn mit absoluter Sicherheit nicht getötet. 5 Allah hat ihn vielmehr zu SICH erhoben; und Allah ist allmächtig und allweise. " (Qur´aan, Sura 4, Ayat 156-157). **** Der Ausdruck "Ar Rum", der in der vorislamischen Zeit als auch später verwendet wurde (Qur´aan, Sura 30, Aya 2), bezieht sich auf Rom, dem römischen Imperium und dem oströmischen Reich bzw. auf Byzanz. Arabische Historiker sagen "Rom", wenn sie "Byzanz meinen. Christentum und Mazdaglaube * Dieser christlichen Religion, die sich im Schutz und Einflussbereich Roms ausbreitete, stand der Mazdaglaube Persiens gegenüber, gestärkt durch die moralische Kraft des Fernen Ostens und Indiens. Assyrien und die Kultur Ägyptens, die sich bis Phönizien ausdehnte, hatten viele Menschenalter hindurch verhindert, dass die Glaubensvorstellungen und Kulturen des Westens und Ostens aufeinander trafen. Die Annahme des Christentums durch Ägypten und Phönizien ließ dieses Hindernis jedoch verschwinden; und das Christentum des Westens und den Mazdaglaube des Ostens unmittelbar aufeinandertreffen. Jahrhundertelang standen Ost und West miteinander in Verbindung, ohne dabei die eigene Religion mit der der anderen Seite zu vermischen. Jeder empfand vor der Religion des anderen eine solche Furcht, dass eine moralische Schranke die alte, die von den Kulturen der alten Mittelmeerländer errichtet worden war, ersetzte. Deshalb wurde jede Seite gezwungen, sich in Ihren geistigen Anstrengungen auf sich selbst zu beschränken. In keinster Weise trat einer dem Aufruf des anderen zu seinem Glauben und seiner Kultur entgegen, wenn auch zwischen ihnen im Lauf der Jahrhunderte zahlreiche Kriege stattfanden. Obwohl Persien über Rom den Sieg davontrug sowie Syrien und Ägypten beherrschte und vor den Toren Byzanz" stand, dachten seine Könige niemals an die Ausbreitung des Mazdaglaubens oder daran, das Christentum zu übernehmen. Vielmehr respektierten sie die Religionen der Beherrschten und halfen ihnen, ihre Gotteshäuser, die der Krieg zerstört hatte, wiederaufzubauen. Ferner ließen sie ihnen die Freiheit, ihre religiösen Bräuche zu verrichten. Alles, was Persien unternahm, war lediglich, das "Heilige Kreuz" zu beschlagnahmen und bei sich aufzubewahren, bis sich der Krieg gegen sie wandte und die Römer es von ihnen zurückgewannen. So blieben die geistigen Errungenschaften des Westens auf den Westen beschränkt und die des Ostens auf den Osten. Die moralische Schranke war somit gleichermaßen wirksam wie die geographische und sicherte die Gleichartigkeit der beiden Kräfte in geistiger Hinsicht und verhinderte ihr Zusammenprallen. * Beim Mazdaglauben handelt es sich um die altpersische Religion, die vom Zarathustra gegründet worden war Byzanz, der Erbe Roms Diese Situation blieb bis zum sechsten nachchristlichen Jahrhundert unverändert. In der Zwischenzeit verstärkte sich die Rivalität zwischen Rom und Byzanz. Rom, dessen Herrschaft sich viele Generationen lang über die Gebiete Europas bis nach Gallien und England erstreckte und das vor der Welt unkblässlich mit dem Zeitalter Julius Caesars prahlte, begann nach und nach seinen Ruhm einzubüßen. Byzanz übernahm schließlich allein die Herrschaft und wurde somit zum Erben des in seiner 6 Ausdehnung gewaltigen römischen Imperiums. Durch den Angriff der barbarischen Vandalen und die Übernahme der Macht verschlechterte sich die Lage Roms, was sich natürlich auf das Christentum, das sich im Schöße Roms entwickelt hatte, auswirkte. Unter jener Herrschaft mussten die, die an Jesus glaubten, unter größten Opfern Tyrannei ertragen. Die christlichen Sekten Die Glaubensrichtungen dieses Christentums begannen immer zahlreicher zu werden, und jede dieser Glaubensschulen spaltete sich im Laufe der Zeit in Sekten und Parteien, wovon jede andere Vorstellungen über die Prinzipien der Religion und ihre Grundlagen hatte. Diese Gruppierungen stritten sich heftig aufgrund ihrer unterschiedlichen Ansichten, was sich zu persönlicher Feindschaft auswuchs, wo auch immer Charakterschwäche und Mangel an Verstand sich in ihre Seelen einschlichen. Und schnell wurden daraus Einschüchterung, blinder Fanatismus und mörderische Verhärtung. Unter den christlichen Gruppierungen gab es zu jener Zeit einige, die bestritten, dass Jesus einen Körper besessen habe, der mehr war als ein Scheinbild, durch das er sich den Menschen zeigte. Andere stellten zwischen seiner Person und seiner Seele eine geistige Verbindung her, die zu begreifen es einer gewaltigen Anstrengung der Vorstellungskraft und des Geistes bedarf. Wieder andere beteten Maria an, während einige leugneten, dass sie nach der Geburt Christi noch Jungfrau geblieben war. So spiegelte die Auseinandersetzung unter den Anhängern Jesu das Stadium der Auflösung wieder, wie sie in jeder Nation und jedem Zeitalter auftritt: sie gründete sich auf Aussprüche und Aufzählungen, denen Bedeutungen und Geheimnisvolles zugeschrieben und die mit Vorstellungen angereichert wurden, denen es an Logik mangelte und die nur endlose sophistische Diskussionen erlaubten. Einer der Mönche der Kirche berichtete: "Sämtliche Außenbezirke der Such waren voll von Auseinandersetzungen; man konnte dies auf den Märkten beobachten, bei den Verkäufern von Bekleidung, den Geldwechslern und den Lebensmittelhändlern. Man möchte ein Stück Gold eintauschen und findet sich bei einer Auseinandersetzung darüber wieder, was erschaffen wurde und was nicht. Man erkundigt sich nach dem Brotpreis, und der Gefragte gibt Antwort: "Der Vater ist dem Sohn unterlegen, und der Sohn ist ihm untergeordnet. Man fragt nach seinem Bad und ob das Wasser warm ist, und der Diener gibt zur Antwort: "Der Sohn wurde aus dem Nichts erschaffen"" Diese Auflösung, die dem Christentum plötzlich widerfuhr und bewirkte, dass es in Gruppen und Sekten zersplitterte, blieb jedoch ohne merkliche Auswirkung auf den politischen Bestand des Römischen Reiches. Es blieb mächtig und gefestigt, während die Sekten unter seinem Schutz weiter in einer Art Wettstreit lebten, mit Wortstreitereien und unergiebigen Konferenzen, die zur Entscheidung der einzelnen Streitpunkte einberufen wurden. Keine dieser Gruppen verfügte über das nötige Durchsetzungsvermögen, um ihre Entscheidung den anderen aufzwingen zu können. Das Imperium schützte sie ausnahmslos und gewährte ihnen die Freiheit zur Auseinandersetzung, wodurch die Macht des Kaisers zunahm, ohne dass sein religiöses Ansehen geschmälert wurde. Jede Sekte stützte sich auf sein Wohlwollen und war davon überzeugt, dass er ihr Schirmherr sei. Diese Festigkeit im Bestand des Reiches war es, die es dem Christentum gestattete, sich bis in die entferntesten 7 Winkel auszubreiten. Vom römischen Ägypten gelangte es nach Abessinien, dem unabhängigen Verbündeten Roms, und gab dem Becken des Roten Meeres die gleiche Wichtigkeit wie dem des Mittelmeeres. Von Syrien und Palästina verbreitete es sich, nachdem es ihre Einwohner sowie die Araber von Ghassan, die dorthin ausgewandert waren, angenommen hatten, bis hin zu den Ufern des Euphrat. Dort bekehrte es die Einwohner von Hira und die Banu Lachm und Banu Mundhir. Letztere waren aus der unfruchtbaren Wüste dorthin eingewandert und hatten sich in den fruchtbaren und gedeihenden Städten niedergelassen. Nachdem sie zunächst unabhängig gewesen waren, wurden sie später von Persien und seinem Mazdaglauben beherrscht. Der Niedergang des Mazdaglaubens In Persien traf den Mazdaglauben inzwischen das gleiche Schicksal des Niedergangs wie das des Christentums im Römischen Reich. Wenngleich die Feueranbetung den Schein der Religion wahrte, so teilten sich seine Anhänger hinsichtlich der Götter des Guten und Bösen und ihrer Ehrerbietung doch in unzählige Sekten und Parteien. Die politische Stellung Persiens blieb trotz allem stark; die religiöse Auseinandersetzung über die Art und Weise sowie die allgemeinen Ansichten, die sich darum bewegten, hatten hierauf keinen Einfluss. Der persische Herrscher nahm die verschiedenen religiösen Gruppierungen alle unter seinen Schutz und gewann durch ihre Zerstrittenheit immer mehr an Macht; denn jetzt besaß er die Möglichkeit, sie gegeneinander auszuspielen, wenn er befürchten musste, dass eine von ihnen dem Königreich oder gegenüber einer anderen zu mächtig würde. Arabien zwischen den beiden Kräften Diese beiden aufeinandertreffenden Kräfte, das Christentum und der Mazdaglauben bzw. der Osten und der Westen, und die mit ihnen verbundenen sowie ihren Einflüssen unterliegenden Staaten, umschlossen zu Beginn des sechsten nachchristlichen Jahrhunderts die arabische Halbinsel. Jede der beiden Parteien hatte ehrgeizige Bestrebungen nach Kolonialisierung und Expansion, und natürlich unternahmen die Vertreter beider Religionen intensive Anstrengungen, ihren Glauben zu verbreiten. Die Halbinsel war jedoch mit Ausnahme einiger ihrer Randbezirke und weniger Stämme wie eine unzugängliche und kriegsgeschützte Oase, sicher vor der Verbreitung der religiösen Aufrufe des Christentums oder Mazdaglaubens. Diese Erscheinung wäre in der Geschichte ein offenbares Wunder, würde sie nicht erklärt durch die Lage und Natur Arabiens und den Einfluss, den diese auf das Leben seiner Bewohner und auf ihren Charakter, ihre Neigungen und ihre Einstellungen hatten. Die geographische Lage der Halbinsel Die arabische Halbinsel hat die Form eines unregelmäßigen Rechteckes. Nördlich von ihr liegen Palästina und die Wüste Syriens, östlich von ihr Al Hira, der Tigris, der Euphrat und der Persische Golf, südlich von ihr der Indische Ozean und der Golf von Aden und westlich von ihr das Rote Meer. Somit ist sie im Westen und Süden durch 8 das Meer und im Norden und Osten durch die Wüste bzw. den Persischen Golf geschützt. Diese Unzugänglichkeit war nicht das Einzige, was sie vor kolonialistischem oder religiösem Eindringen bewahrte, vielmehr schützte sie gleichermaßen ihre unermessliche Weite: Die Länge der Halbinsel beträgt mehr als tausend Kilometer, und auch ihre Breite reicht an nahezu tausend Kilometer. Darüber hinaus schützte sie ihre Unfruchtbarkeit, eine Dürre, die jeden Eroberer seinen Blick abwenden ließ. Es gibt in diesem ausgedehnten Gebiet nicht einen einzigen Fluss und keine bekannten Regenzeiten, auf die Verlass wäre und auf die die Landwirtschaft ausgerichtet werden könnte. Mit Ausnahme des im Süden gelegenen Jemen, der sich durch die Fruchtbarkeit seines Bodens und die hohen Niederschlagsmengen auszeichnet, besteht Arabien aus Bergen, Hochlandebenen und Tälern ohne Bewuchs mit einem so harten Klima, das Sesshaftigkeit nicht leicht macht und zu keiner anderen Lebensweise ermutigt als der der Beduinen: mit dem Kamel als Wüstenschiff ständig auf Wanderschaft zu sein, stets von neuem auf der Suche nach Weiden für die Kamele, sich auf ihnen niederzulassen, bis die Kamele sie abgegrast haben, um dann wieder zu wandern und nach frischen Weiden zu suchen. Diese Weiden gedeihen im Umkreis von Quellen, die sich aus dem Regenwasser bilden, das in den steinigen Boden einsickert, und hier und da vereinzelt Vegetation aufkeimen lassen. Mit Ausnahme des Jemen ist die arabische Halbinsel unerforscht Für ein Land, das so beschaffen ist wie die große afrikanische Wüste, ist es natürlich, dass sich niemand auf Dauer dort niederlässt und dass menschliches Leben dorthin kaum vordringt. Und es ist auch natürlich, dass es demjenigen, der sich in dieser Wüste niederlässt, nicht um mehr geht, als um ihre Erforschung und seinen Schutz vor ihr. Davon ausgenommen sind die Bewohner jener wenigen Oasen, die Gras und Weideland hervorbringen. In der Regel blieben diese Oasen den Leuten unbekannt, von einer Minderheit abgesehen, die ihr Leben wagten, um sie zu erforschen. Mit Ausnahme des Jemen war Arabien jener Alten Welt praktisch unbekannt. Seine Lage schützte Arabien vor Verarmung und Entvölkerung. In jenen alten Zeiten waren die Menschen auf dem Meer noch nicht sicher genug, um n ihren Handel und ihre Reisen zu befahren. Dies geht aus uns überlieferten arabischen Redewendungen hervor, die uns mitteilen, dass die Furcht der Menschen vor dem Meer ihrer Furcht vor dem Tode gleichkam. Somit musste für den Handel ein anderer Weg als der des Meeres, der gefährlich war und gefürchtet wurde, gefunden werden. Der bedeutendste Handelsweg lag damals zwischen Rom im Westen und Indien im Osten und ihrem jeweiligen Hinterland. Von Ägypten bzw. (nach Überquerung der am Eingang des Persischen Golfs gelegenen Meerenge) vom Persischen Golf aus führte diese Handelsstraße durch Arabien. So wurden die Beduinen der arabischen Halbinsel natürlich die Herren der Wüste, so wie die Seeleute zu Herren der Meere wurden, als die Seewege an die Stelle der Landrouten traten. Und ebenso selbstverständlich legten die Herren der Wüste die Karawanenstraßen so fest, dass auf ihnen keine Gefahr zu befürchten war, so wie die Herren der Meere die Schiffsrouten so festlegten, dass sie weit entfernt von Meeresriffen und anderen Gefahrenquellen lagen. "Der Weg der Karawanen", sagt Heeren, "war keine Sache freier Wahl, sondern 9 durch Gewohnheiten bestimmt. In der weiten Steppe der Sandwüste, die die Karawanen zu durchqueren hatten, hatte die Natur dem Reisenden spärlich einige wenige, verstreute Ruhestätten zugeteilt, an denen der Händler und sein Lasttier sich unter dem Schatten von Palmbäumen und neben kühlen Brunnen erfrischen konnten. Solche Raststätten wurden zu Umschlagplätzen des Handels und nicht selten zu Stätten von Tempeln und Heiligtümern, unter deren Schutz der Händler seinen Handel durchführte und zu denen die Pilger strömten. Die beiden Karawanenstraßen Die arabische Halbinsel war kreuz und quer von Karawanenstraßen durchzogen, worunter sich zwei Hauptrouten befanden. Die erste verlief entlang des Persischen Golfs, dann entlang des Tigris * und durchquerte dann die Syrische Wüste bis nach Palästina. Wegen ihrer Nähe zu den Ländern des Ostens wurde sie die "östliche Straße" genannt. Die zweite grenzte ans Rote Meer und wurde deshalb die "westliche Straße" genannt. Über diese beiden Hauptstraßen wurden die Erzeugnisse des Westens mit den Erträgen des Ostens miteinander ausgetauscht. Sie belebten die Wüste und begründeten Wohlstand und sorgenfreies Leben. Dies vermehrte die Kenntnis der Bewohner des Westens über die Länder, durch die ihr Handel führte, jedoch keineswegs. Nur wenige von den Menschen des Ostens und des Westens hatten sie durchquert; denn ihre Durchquerung bedeutete eine Beschwerlichkeit, die nur jene ertrugen, die derartiges von frühester Jugend an gewohnt waren, oder Abenteuerlustige, die ihr Leben geringschätzten. Und viele von ihnen gingen sogar bei solch einer Mission in dieser Wüstenei zugrunde. Jemand, der den Komfort zivilisierter Städte und Dörfer gewohnt ist, kann die Mühsal dieser kargen Gebirgszüge, die vom Roten Meer nur durch den engen Korridor von Tihama ** getrennt werden, nicht auf sich nehmen. Wenn der Reisende sie in jenen Tagen, in denen als Fortbewegungsmittel nur das Kamel bekannt war, erreichte, dann musste er einen Gipfel nach dem anderen erklimmen, bis er zu den Anhöhen des Nedschd-Hochlandes herabkam. Und von jemandem, der ein politisches Ordnungssystem gewohnt ist, das allen Bürgern Sicherheit garantiert, kann kaum erwartet werden, den Fluch dieser Wüste zu ertragen, deren Bewohner keinerlei politisches Ordnungssystem kannten, sondern jeweils in Stämmen, Familien oder gar als Einzelpersonen lebten. Ihre Beziehungen zu anderen wurden durch nichts geregelt als die Bande der Familien oder Stammeszugehörigkeit, die Kraft eines Bündnisses oder den Schul/ der Nachbarschaft, von derber Schwache die Hilfe des Starken erhoffte. Das Wüstenleben war zu allen Zeiten ein Leben bar jeder Ordnung, wie sie die Zivilisation kennt. Es war ein Leben, das sich auf das Vergeltungsrecht stützte, die Beantwortung von Feindseligkeit mit Feindseligkeit und die Ermordung des Schwachen, der niemanden fand, der ihn unter seinen Schutz stellte. Nach solch einem Leben zu streben oder es im Detail kennenzulernen, ermutigt niemanden. Deshalb blieb die arabische Halbinsel der damaligen Welt unbekannt, bis die göttliche Vorherbestimmung nach dem Erscheinen Muhammads (s.a.s) gebot, durch auswandernde Bewohner die Informationen über sie den anderen Völkern zukommen zu lassen. *Möglicherweise meinte der Verfasser den Euphrat, denn es ist schwer zu verstehen, 10

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Schein erfüllte. 3 . Feueranbetung den Schein der Religion wahrte, so teilten sich seine Anhänger Wahhab An Naddschar meint in seinem Buch.
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