Volker Teichert Das informelle Wirtschaftssystem Studien zur Sozialwissenschaft Band 125 Für Susanne Volker Teichert informelle Das Wirtschaftssystem Analyse und Perspektiven der wechselseitigen Entwicklung von Erwerbs- und Eigenarbeit Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Teichert, Volker: Das informelle Winschaftssystem: Analyse und Perspektiven der wechselseitigen Entwicklung von Erwerbs- und Eigenarbeit / Volker Teichert. - Opladen: Westdt. Ver!., 1993 (Studien zur Sozialwissenschaft; Bd. 125) ISBN 978-3-531-12444-5 ISBN 978-3-322-93607-3 (eBook) DOI 10.1007/978-3-322-93607-3 NE:GT D34 Alle Rechte vorbehalten © 1993 Springer Fachmedien Wiesbaden Ursprünglich erschienen bei Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen 1993 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts gesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikrover filmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Umschlaggestaltung: Christine N üsser, Wiesbaden Gedruckt auf säurefreiem Papier ISBN 978-3-531-12444-5 VORWORT Die Wirtschaftswissenschaften beschäftigen sich naturgemäß vorwiegend mit dem formellen Bereich der Wirtschaft. Erst in jüngerer Zeit ist eine wachsende und ausführliche Diskussion zu den informellen, nicht geldlich entlohnten Be reichen der Ökonomie entstanden, die in der vorliegenden Arbeit in systemati scher und analytischer Weise zusammengefaßt und interpretiert wird. Die Un terscheidung von formeller und informeller Sphäre innerhalb der Ökonomie er scheint vor allem für die Arbeitswelt sinnvoll, aber auch bei den ökologischen Konflikten in der Wirtschaft könnte diese Betrachtung wichtig sein, weil die formelle Erfassung der Naturwirklichkeit nicht ausreicht, um das gesamte Na turgeschehen innerhalb der Wirtschaftsprozesse zu verstehen. Die vorliegende Arbeit wurde Anfang 1992 vom Fachbereich Wirtschaftswis senschaften der Universität-Gesamthochschule Kassel als Dissertation ange nommen. Die Idee zu dieser Dissertationsschrift reicht einige Jahre zurück: Sie wurde im Rahmen meiner Beschäftigung mit der Dual- und Alternativökono mie geboren. Damals mußte ich eine große begriffliche Verwirrung bei dem feststellen, was als informelle Ökonomie bezeichnet wird. Mir erschien es in dem Zusammenhang wichtig, in dieser Arbeit besonders die Grundlagen und die Bedeutung der informellen Ökonomie herauszuarbeiten. Dabei wurde das ausgeprägte Wechselverhältnis zwischen formeller und informeller Ökonomie deutlich. Diese Erkenntnis könnte letztlich dazu führen, in der Ökonomie den gesamten Wirtschaftsprozeß wesentlich mehr vom Aspekt der Reproduktion anzugehen. Der bisherige Weg wird vor allem dadurch charakterisiert, daß vom produzierenden System ausgehend die sich ergebenden Unzulänglichkei ten und Mängel erfaßt und korrigiert werden. Diese "Korrekturmaßnahmen" stoßen allerdings langfristig an ihre Grenzen, so daß es notwendig erscheint, die informelle Reproduktion in die Wirtschaftswissenschaft zu integrieren. In dem Augenblick wäre gewährleistet, daß der informelle Sektor trotz seiner Vielschichtigkeit den ihm angemessenen Platz in der wissenschaftlichen und praktischen Ökonomie einnehmen könnte. Wenn hierüber in nächster Zukunft eine Diskussion beginnen würde, hätte ich mit meiner Arbeit ein wesentliches Ziel erreicht. 5 Diese Schrift wurde maßgeblich durch Herrn Prof. Dr. Hans G. Nutzinger unterstützt, der sie auch in den entscheidenden Phasen kritisch begleitet hat. Ohne seine Fürsorge und seine Betreuung wäre es mir nicht gelungen, eine so umfassende und ausgereifte Publikation vorzulegen. Dafür gilt ihm mein auf richtiger Dank. Ebenso möchte ich Herrn Prof. Dr. Hans Irnmler für die Er stellung des Korreferates danken. Außerdem sei an dieser Stelle auch den kriti schen Kommentaren und Anmerkungen von Dr. Thomas Baumgartner (Bel fort), Dr. Hans Diefenbacher (Heidelberg) und Frieder Rubik (Heidelberg) zu verschiedenen Versionen der Arbeit gedankt; sie waren mir eine wertvolle Hil fe. Mein Dank gebührt ferner Herrn Rainer Lang für das sorgfältige Erstellen des reproduktionsfähigen Manuskripts. Neckargemünd, im August 1992 Volker Teichert 6 INHALTSVERZEICHNIS Verzeichnis der Tabellen ....................................................................... 12 Verzeichnis der Schaubilder. .................................................................. 15 1 EIN.LEITUNG ................................................................... 17 1.1 VERHÄLTNIS VON ERWERBS- ZU EIGENARBEIT .................... 17 1.2 ZIELSETZUNG UND AUFBAU DER ARBEIT ............................ 19 1.2.1 Ziele .................................................................................. 19 1.2.2 Aufbau der Arbeit. ................................................................. 22 2 ZUR THEORIE FORMELLEN UND INFORMELLEN WIRTSCHAFTENS ............................................................ 25 2.1 URSACHEN INFORMELLER AKTIVITÄTEN ............................ 25 2.2 MODELLE INFORMELLER ÖKONOMIE .................................. 28 2.2.1 Entwicklungstheoretische Modelle .............................................. 28 2.2.1.1 Die Drei-Sektoren-Hypothese von J. Fourastie ............................... 28 2.2.1.2 D. BeIls "Informationsgesellschaft " ............................................. 31 2.2.1.3 Auf dem Weg in die" Selbstbedienungsgesellschaft"? ....................... 34 2.2.1.4 Die "Prosumenten-Ökonomie" als Verbindung von formeller und informeller Ökonomie ...................... 38 2.2.1.5 H. Bravermans "universelle Marktgesellschaft" .............................. 39 2.2.2 Duale Modelle ...................................................................... 41 2.2.2.1 Ursprung des Begriffes "informelle Ökonomie" ............................. .41 2.2.2.2 Informelle Ökonomie: J. Gershunys Übertragung auf industrielle Gesellschaften ................................................... 41 2.2.2.3 Formen institutioneller Abgrenzung informeller Ökonomie ................ 45 2.2.2.4 C. Handys "Farben-Typologie" ................................................. 48 2.2.2.5 Parallele und formelle Wirtschaft ............................................... 50 7 2.2.2.6 Informelle Ökonomie als "Überlebensstrategie"? ............................ 52 2.2.2.7 Kolonisierung des informellen Sektors? ........................................ 53 2.2.2.8 A. Gorz' "Dienstbotengesellschaft" ............................................. 54 2.2.2.9 Informelle Ökonomie als System von "Abwanderung" und "Widerspruch" ................................................................ 56 2.2.3 Schattenwirtschaftliche Modelle ................................................. 58 2.3 ABGRENZUNG UND ERSCHEINUNGSFORMEN INFORMELLER ÖKONOMIE ................................................. 62 2.4 ZUSAMMENFASSUNG ......................................................... 68 3 ZUR ENTWICKLUNGSGESCmCIITE DER INFORMELLEN ÖKONOMIE ............................................ 70 3.1 DIE SOZIALFORM DES "GANZEN HAUSES" IN DEN VORINDUSTRIELLEN GESELLSCHAFTEN .............................. 70 3.1.1 Das großbäuerliche "ganze Haus" ............................................... 70 3.1.2 Die "große Haushaltsfamilie " des städtischen Handwerksmeisters ........ 71 3.2 DER HEIMARBEITERHAUSHALT .......................................... 73 3.3 DER BÜRGERLICHE FAMILIEN-HAUSHALT ........................... 80 3.4 DER PROLETARISCHE FAMILIEN-HAUSHALT ........................ 83 3.5 ZUSAMMENFASSUNG ......................................................... 87 4 FUNKTION UND STRUKTUR PRIVATER HAUSHALTE ..... 89 4.1 ZUM BEGRIFF DES PRIVATEN HAUSHALTS .......................... 89 4.2 STRUKTURELLER WANDEL IN HAUSHALT UND FAMILIE ...... 92 4.3 ZUSAMMENFASSUNG ......................................................... 96 8 5 ENTWICKLUNG DER FORMELLEN ÖKONOMIE IN DER BUNDESREPUBLIK .............................................. 97 5.1 ZUM ZUSAMMENHANG VON FORMELLER ERWERBSWIRTSCHAFT UND INFORMELLER ÖKONOMIE ....... 97 5.2 WANDEL IN DER DIENSTLEISTUNGSPRODUKTION ................ 99 5.2.1 Zur Struktur der einzelnen Wirtschaftsbereiche .............................. 99 5.2.2 Auslagerung der Dienstleistungswirtschaft in die informelle Ökonomie? .......................................................... 10 1 5.2.3 Beschäftigungsentwicklung im tertiären Sektor ............................. 112 5.3 VERKÜRZUNG DER ERWERBSARBEITSZEIT ........................ 118 5.4 WEIBLICHE ERWERBSTÄTIGKElT UND DIE WIRT- SCHAFTLICHE SITUATION VON PRIVATHAUSHALTEN ......... 124 5.4.1 Frauen und Erwerbsarbeit ...................................................... 124 5.4.2 Statussicherung von Haushalten ............................................... 129 5.4.3 Wachsende Geld- und Sachvermögensbildung? ............................. 134 5.5 ARBEITSLOSIGKEIT IN DER (ERWERBS-)ARBEITS- GESELLSCHAFT ............................................................... 137 5.6 ZUSAMMENFASSUNG ....................................................... 143 6 SEKTOREN DER INFORMELLEN ÖKONOMIE IN DER BUNDESREPUBLIK ............................................ 145 6.1 HAUSHALTSWIRTSCHAFT ................................................. 145 6.1.1 Die Bedeutung der Hausarbeit ................................................. 145 6.1.2 Arbeitsteilung im Haushalt ..................................................... 147 6.1.2.1 Arbeitsumfang von Frauen ..................................................... 147 6.1.2.2 Arbeitsumfang von Männern ................................................... 157 6.1.3 Verteilung der Hausarbeit nach Erwerbsstatus und Alter ................. 162 6.1.4 Die Entwicklung der Hausarbeit nach dem Zweiten Weltkrieg .......... 164 6.1.5 Zusammenfassung ................................................................ 174 9 6.2 SELBSTVERSORGUNGSWIRTSCHAFT .................................. 175 6.2.1 Die Bedeutung von Do-it-yourse1f-Aktivitäten .............................. 175 6.2.2 Wohnungsrenovierung und Haus(um)bau durch Do-it-yourself-Aktivitäten der privaten Haushalte .......................... 178 6.2.3 Handwerkliche Eigenleistungen ............................................... 186 6.2.4 Gartenarbeiten .................................................................... 190 6.2.5 Zusammenfassung ................................................................ 192 6.3 SELBSTHILFEÖKONOMIE .................................................. 193 6.3.1 Die Bedeutung der Selbsthilfeökonomie ..................................... 193 6.3.2 Nachbarschaftshilfe .............................................................. 195 6.3.3 Selbsthilfevereinigungen ........................................................ 202 6.3.4 Ehrenamtliche Tätigkeiten ...................................................... 209 6.3.5 Bürgerinitiativen und politische Organisationen ............................ 216 6.3.6 Zusammenfassung ................................................................ 218 7 UMFANG UND ENTWICKLUNG DER INFORMELLEN ÖKONOMIE .......................................... 221 7.1 METHODEN ZUR ERFASSUNG DER INFORMELLEN ÖKONOMIE ...................................................................... 221 7.1.1 Der Ansatz des Statistischen Bundesamtes ................................... 221 7.1. 2 Der Ansatz des Gießener Instituts für Wirtschaftslehre des Haushalts und Verbrauchsforschung ..................................... 229 7.2 DIE INFORMELLE ÖKONOMIE UND DER VERSUCH IHRER ERFASSUNG UND BEWERTUNG ............................... 232 7.2.1 Schätzungen zur Wertschöpfung privater Haushalte in der Haushaltswirtschaft ...................................................... 232 7.2.2 Schätzungen zur Wertschöpfung privater Haushalte in der Selbstversorgungswirtschaft ............................................ 243 7.2.3 Schätzungen zur Wertschöpfung privater Haushalte in der Selbsthilfeökonomie ..................................................... 244 7.3 ZUSAMMENFASSUNG ....................................................... 248 10
Description: