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Das höchste Gut und das schlimmste Übel. De finibus bonorum et malorum. Lateinisch - deutsch PDF

472 Pages·1960·16.55 MB·German
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Tusculum-Bücherei Herausgegeben von H. Färber und M. Fattner M a r c us T u l l i us C i c er DE FINIBUS BONORUM ET MALORUM Das höchste Gut und das schlimmste Übel LATEINISCH und deutsch herausgegeben von Alexander Kabza MCMLX Ernst Heimeran Verlag Münche <ι·.~4· Tauscad · i960 · 296 Satz und Druck: C.Brügel&Sohn · Binden: Gebhardt, beide Ansbach Gedruckt auf Dünndruck Persia Qualität von Schoeller&Hoesch, Gernsbach INHALT Text und Ubersetzung Erstes Buch 6 Zweites Buch yz Drittes Buch 190 Viertes Buch 260 Fünftes Buch 536 Anhang Gctro und sein Werk 432 Inhalt der einzelnen Bücher 434 Zur Textgestaltung 447 Anmerkungen 448 Verzeichnis der Eigennamen 455 6 Liber primus LIBER PRIMUS I Non eram nescius, Brute, cum, quae summis in- ι geniis exquisitaque doctrina philosophi Graeco ser- mone tractavissent, ea Latinis litteris mandaremus, fore ut hie noster labor in varias reprehensiones incur- reret. Nam quibusdam, et his quidem non admodum indoctis, totum hoc displicet, philosophari. Quidam autem non tarn id reprehendunt, si remissius agatur, sed tantum Studium tamque multam operam ponen- dam in eo non arbitrantur. Erunt etiam, et hi quidem eruditi Graecis litteris, contemnentes Latinas, qui se dicant in Graecis legendis operam malle consumere. Postremo aliquos futuros suspicor, qui me ad alias litteras vocent, genus hoc scribendi, etsi sit elegans, personae tarnen et dignitatis esse negent. Contra quos omnis dicendum breviter existimo; 2 quamquam philosophiae quidem vituperatoribus satis responsum est eo libro, quo a nobis philosophia de- fensa et collaudata est, cum esset accusata et vitupe- rata ab Hortensio. Qui liber cum et tibi probatus vi- deretur et iis quos ego posse iudicare arbitrarer, plura suscepi, veritus ne movere hominum studia viderer, retinere non posse. Qui autem, si maxime hoc placeat, moderatius tamen id volunt fieri, difficilem quandam temperantiam postulant in eo, quod semel admissum coerceri reprimique non potest, ut propemodum ius- Erstes Buch 7 ERSTES BUCH Lieber Brutus ! Als ich mich entschloß, die mit größtem Scharf- sinn und gründlicher Gelehrsamkeit von den Philosophen in grie- chischer Sprache verfaßten Abhandlungen auch in die lateinische Literatur einzuführen, da wußte ich sehr wohl, daß ich mit dieser Arbeit auf mancherlei Widerspruch stoßen würde. Denn einige, und das sind unstreitig recht gelehrte Männer, wollen von der Philo- sophie überhaupt nichts wissen. Andere nehmen zwar keinen An- stoß an ihr, wenn sie in vernünftigem Umfange betrieben wird; sie sind aber der Ansicht, man dürfe dabei nicht so großen Eifer und soviel Arbeit einsetzen. Es werden auch noch solche auftreten, die ihre Gelehrsamkeit stets aus der griechischen Literatur geschöpft haben. Sie verachten das lateinische Schrifttum und wollen - wie sie sagen - ihre Mühe doch lieber auf die griechische Lektüre ver- wenden. Zuletzt werden vermutlich auch noch einige da sein, die mich zu anderen wissenschaftlichen Studien bringen möchten. Sie behaupten, diese Art der Schriftstellerei sei zwar voller Feinheit, aber nicht vereinbar mit meiner persönlichen Würde. Gegen sie alle muß nach meiner Meinung kurz etwas gesagt wer- den. Zwar ist den Verächtern der Philosophie schon die rechte Ant- wort durch meine Schrift erteilt worden, in der die Philosophie von mir verteidigt und ins rechte Licht gesetzt worden ist, nachdem sie von Hortensius angeschuldigt und beschimpft worden war. Da nun dieses Buch bei Dir und den Männern, denen ich ein Urteil zu- trauen durfte, beifallig aufgenommen wurde, habe ich die Bearbei- tung noch mehrerer solcher Schriften aufgenommen, um den An- schein zu vermeiden, als könnte ich zwar die wissenschaftliche Tätigkeit der Menschen anregen aber nicht wachhalten. Wer nun zwar Freude an der Philosophie hat, aber dann trotzdem verlangt, daß man sie nur mit besonderer Mäßigung betreiben soll, der for- dert eine schwer durchzuführende Einschränkung bei einer Be- schäftigung, die man nicht mehr einengen und hemmen kann, wenn man ihr einmal Raum gegeben hat. Ich möchte deshalb beinahe das 8 Liber primus tioribus utamur illis, qui omnino avocent a philoso- phia, quam his, qui rebus infinitis modum constituant in reque eo meliore quo maior sit mediocritatem de- siderent. Sive enim ad sapientiam perveniri potest, non pa- 3 randa nobis solum ea, sed fruenda etiam * est; sive hoc difficile est, tamen nec modus est ullus investi- gandi veri, nisi inveneris, et quaerendi defatigatio turpis est, cum id, quod quaeritur, sit pulcherrimum. Etenim si delectamur, cum scribimus, quis est tam invidus, qui ab eo nos abducat? sin laboramus, quis est, qui alienae modum statuat industriae ? Nam ut Terentianus Chremes non inhumanus, qui novum vicinum non vult fodere aut arare aut aliquid ferre denique (non enim ilium ab industria, sed ab illiberali labore deterret), sic isti curiosi, quos offendit noster minime nobis iniucundus labor. II lis igitur est difficilius satisfacere, qui se Latine 4 scripta dicunt contemnere. In quibus hoc primum est in quo admirer, cur in gravissimis rebus non delectet eos sermo patrius, cum iidem fabellas Latinas ad ver- bum e Graecis expressas non inviti legant. Quis enim tam inimicus paene nomini Romano est, qui Enni Medeam aut Antiopam Pacuvi spernat aut reiciat, quod se iisdem Euripidis fabulis delectari dicat, La- tinas litteras oderit ? Synephebos ego, inquit, potius Caecili aut Andriam Terenti quam utramque Me- nandri legam ? Erstes Buch 9 Urteil der Männer für richtiger halten, die überhaupt von der Philo- sophie abraten, als die Meinung derjenigen, die da Schranken er- richten wollen, wo es überhaupt keine Grenzen gibt, und die Ein- schränkung bei einer Betätigung verlangen, die um so wertvoller wird, je ausgedehnter sie ist. Wenn schon die Möglichkeit besteht, wirklich zur Weisheit zu gelangen, dann ist es auch unsere Pflicht, sie nicht nur zu gewinnen, sondern sie auch zu einem Genuß für uns zu machen. Ergeben sich dabei Schwierigkeiten, so darf man deshalb doch der Erforschung der Wahrheit nicht Halt gebieten, bis man sie gefunden hat. Ermü- dung gilt bei dieser Forschung als verwerflich, weil das Gesuchte ein so herrliches Gut ist. Wenn ich nun wirklich bei dieser schrift- stellerischen Tätigkeit echte Freude finde, wer ist dann wohl ein solcher Neidhammel, daß er mich davon abbringen möchte ? Und wenn ich mich dabei auch abrackere, wer will fremdem Fleiß eine Grenze setzen ? Denn wie jener Chremes bei Terenz es gar nicht unfreundlich meint, wenn er verhindern will, daß sein neuer Nachbar „grabe oder pflüge, oder sonst etwas auf sich nehme" . . . - er will jenen nicht etwa von jeder Tätigkeit abhalten, sondern nur von Knechtsarbeit -l), so sind auch jene nur allzu besorgt, die an meiner, mir keineswegs unangenehmen Beschäftigung, irgendwie Anstoß nehmen. Schwieriger ist es schon, diejenigen zufriedenzustellen, die offen aussprechen, daß sie dem lateinischen Schrifttum gar keinen Wert beimessen. Bei ihnen muß ich mich zunächst einmal wundern, war- um sie in den wichtigsten Dingen keine Freude an ihrer Mutter- sprache haben, während sie doch die Wort für Wort aus dem Grie- chischen ins Lateinische übersetzten kleinen Erzählungen so gern lesen. Wer kann sich denn so gut wie allem, was sich römisch nennt, derart feindselig gegenüberstellen, daß er die Medea des Ennius und die Antiopa des Pacuvius verschmäht und ablehnt, weil ihm angeblich dieselben Schauspiele des Euripides Vergnügen bereiten, während er die lateinischen Werke verachtet? Soll ich denn die „Jugendgenossen" des Caecilius und die „Andria" des Terenz lieber lesen, sagt er, als die beiden (gleichen) Stücke des Menander ? 10 Liber primus A quibus tantum dissentio, ut, cum Sophocles vel 5 optime scripserit Electram, tarnen male conversam Atili mihi legendam putem, de quo Licinius: „Fer- reum scriptorem", verum, opinor, scriptorem tamen, ut legendus sit. Rudem enim esse omnino in nostris poetis aut inertissimae segnitiae est aut fastidi deli- catissimi. Mihi quidem non illi satis eruditi videntur, quibus nostra ignota sunt. An Utinam ne in nemore nihilo minus legimus quam hoc idem Graecum, quae autem de bene beateque vivendo a Platone disputata sunt, haec explicari non placebit Latine ? Quid, si nos non interpretum fungimur munere, 6 sed tuemur ea, quae dicta sunt ab iis, quos probamus, eisque nostrum iudicium et nostrum scribendi ordi- nem adiungimus, quid habent, cur Graeca anteponant iis, quae et splendide dicta sint neque sint conversa de Graecis ? Nam si dicent ab illis has res esse trac- tatas, ne ipsos quidem Graecos est cur tam multos legant, quam legendi sunt. Quid enim est a Chrysippo praetermissum in Stoicis ? Legimus tamen Diogenem, Antipatrum, Mnesarchum, Panaetium, multos alios in primisque familiarem nostrum Posidonium. Quid ? Theophrastus mediocriterne delectat, cum tractat locos ab Aristotele ante tractatos ? Quid ? Epicurei num desistunt de isdem, de quibus et ab Epicuro scriptum est et ab antiquis, ad arbitrium suum scri- bere ? Quodsi Graeci leguntur a Graecis isdem de rebus alia ratione compositis, quid est, cur nostri a nostris non legantur ?

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