Das »Gesellschaftlich-Komische« Zu Komik und Komödie am Beispiel der Stücke und Bearbeitungen Brechts INAUGURAL-DISSERTATION zur Erlangung des Grades eines Doktors der Philosophie dem Fachbereich Germanistik der Freien Universität Berlin vorgelegt von PETER CHRISTIAN GIESE aus Friedland (Niederlausitz) Berlin 1972 ISBN 978-3-476-99936-8 ISBN 978-3-476-99935-1 (eBook) DOI 10.1007/978-3-476-99935-1 Referenten: Prof. Dr. Heinz Hillmann Prof. Dr. Anke Bennholdt-Thomsen Tag der mündlichen Prüfung: 13. März 1973 INHALT Vorbemerkung . 1 Literaturbericht. Problemstellung. Thesen 3 Brechts frühe Einakter 21 Valentin-Einfluß? - Zum Formtypus Einakter - Der Bettler oder Der tote Hund: ein zur Szene gestreckter Witz - Der Fischzug: ein naturalistischer Schwank - Er treibt einen Teufel aus: eine Farce - Lux in Tenebris: eine Kabarettnummer - Die Kleinbürgerhochzeit. Analyse des Komödiencharakters. Zum Personal. Die Komik des anständigen Benehmens. Spätbürgerliche Familie und frühbürgerliche Idylle. Das Motiv der zerfallenden Möbel. Zum Problem Satire - Zusammenfassung. Komisdies, Komödie und verwandte Phänomene bei Brecht . 38 I. Zum Problem des Grotesken und Absurden . 38 Das Groteske ist nicht das Absurde - Die groteske »Nummer« als spezifische Er scheinungsform des Komischen - Die Clownsnummer im Badener Lehrstück - Der Montageakt in Mann ist Mann - Die·Groteskszenen in Mahagonny - Die Ausnahme: Groteske als Zustandsschilderung in Furcht und Elend - Rein funktio naler Charakter des Grotesken in den Faschismus-Stücken - Die Groteske als Ver kürzung der Komödie (Dürrenmatt). Komödie durch gesellschaftliche Perspektive (Brecht). II. Zum Problem des Tragikomischen . 50 Das Schreckliche, Ernste, Traurige etc. ist nicht das Tragische - Die ernsten Szenen heben die Intention Komödie nicht auf ( Arturo Ui). III. Notizen zu einzelnen Problemen 55 Zum Verhältnis von Komik und Verfremdung - Illusionsdu;chbrechung - Histo risierung - Parodie, Travestie· - Humor - Satire. Ihre perspektivische Diffe- renz zur Komödie - Trommeln in der Nacht. Komödie. Mann ist Mann. Lust- spiel: Lustspiel oder Komödie? Das »Gesellsdiaftlich-Komische«. Motive und Szenen . 71 I. Autonomie und Funktion einer komischen Szene: Die Familienfeier (Verlobung und Hochzeit) . 71 Analyse der entsprechenden Szenen in: Trommeln in der Nacht - Kuhle Wampe - Im Dickicht der Städte - Die Dreigroschenoper - Der kaukasische Kreidekreis - Der gute Mensch von Sezuan - Herr Puntila und sein Knecht Matti. II. Komik und »Materialismus« . 86 Brechts Begriff des »primitiven Materialismus«. Seine Funktion in der Dreigro schenoper - Der hedonistische Impetus. Baal und das Glücksgott-Fragment - Primitiver Materialismus als negativ-komisches Motiv. VI Inhalt III. »Entfremdung« als komisches Motiv. Die Doppelrolle 91 Die »Normalität« der Prostitution als komisches Motiv - Die Doppelrollen in: Der gute Mensch von Sezuan - Die sieben Todsünden der Kleinbürger - Herr Puntila und sein Knecht Matti - Das wirkliche Leben des Jakob Geherda. IV. Das komische Exempel . 100 Zum Charakter des komischen Exempels allgemein - Besondere Motive: Rechtspre dmng - Konformismus - Künstler und Intellektuelle in der bürgerlichen Gesell schaft - Andere komische Exempla - Zusammenfassung. Moliere - Lenz - Brecht. Komödie, Bearbeitung, Brecht-Komödie 112 1. Komödie und Bearbeitung . 112 Die »Vermittelte« Aktualität. Zur Problematik des Bearbeitungstypus und der Brechtschen Komödie - Zum Problem der Tradition. »Kulturelles Erbe« und/ versus »heitere Verabschiedung der Vergangenheit«. II. Molieres »Dom ]uan« und Brechts Bearbeitung 126 Komödiencharakter und gesellschaftlicher Gehalt des Moliereschen Dom fuan. Comedie de caractere. Ideologie der noblesse de cour - Brechts Kommentare zu Moliere - Zur Charakterisierung Don Juans bei Moliere und bei Brecht. Kritik der Brechtschen Konzeption eines feigen Don Juan. Das »Gesellschaftlich-Komische« der Moliereschen Dom Juan-Figur. Kleiner Exkurs zur Bettlerszene - Don Juans Relation zu den Adligen - Don Juans Relation zu den unteren Ständen - Das Herr-Knecht-Verhältnis, mit einem Exkurs zu den Dienern in der europäischen Ko mödie - Zur Möglichkeit positiver Aspekte der Don Juan-Figur - Die Don fuan Bearbeitung als Brecht-Komödie. III. »Der Hofmeister«. Komödie von Lenz - Komödie von Brecht. 160 Zur Besonderheit und Wirkung des Brechtschen Hofmeisters - Die Gattungsfrage, von Brecht her gesehen. Der Begriff der »deutschen Misere« - Das Gattungspro- blem, von Lenz her gesehen. Lenzens theoretische Äußerungen zur Komödie - Zu Titel .und Personenverzeichnis des Lenzschen Hofmeister - Analyse des Komödien charakters und des gesellschaftlichen Gehalts des Lenzschen Hofmeister. Erziehung als Komödienthema. Zur Rolle des Geldes. Der Geheime Rat ist nicht die »große Ausnahme«. Zur Figur des Wenzeslaus. Das demonstrative happy ending und die bürgerliche Utopie vom Klassenkompromiß - Kritik der spätbürgerlichen Hof meister-Interpretation. Die Legende von Tragikomödie und ihr ideologischer Ge- halt - Die Hofmeister-Bearbeitung als Brecht-Komödie. Die typischen.Motive. IV. Die »Deutsche Misere« - Das geheime Leitmotiv von Komik und Komödie bei Brecht 211 Zum historischen Standort und zum politischen Gehalt des Komischen bei Brecht. Die tabuisierte »deutsche Misere«: die spezifische Relation zur Vergangenheit in der Brechtschen Komödie contra offizielles Geschichtsbild und Kulturpolitik der DDR. Anmerkungen . 226 Literaturverzeichnis 272 Register 282 Wenn die Philosophie ihr Grau in Grau malt, dann ist eine Gestalt des Lebens alt geworden, und mit Grau in Grau läßt sie sich nicht verjüngen, sondern nur erkennen; die Eule der Minerva beginnt erst mit der einbrechenden Dämmerung ilKen Flug. G. W. F. HEGEL In den Zeiten der Umwälzung, den furchtbaren und fruchtbaren, fallen die Abende der untergehenden Klas sen mit den Frühen der aufsteigenden zusammen. Dies sind die Dämmerungen, in denen die Eule der Minerva ihre Flüge beginnt. BERTOLT BRECHT Die Geschichte ist gründlich und macht viele Phasen durch, wenn sie eine alte Gestalt zu Grabe trägt. Die letzte Phase einer weltgeschichtlichen Gestalt ist ihre Komödie. Die Götter Griechenlands, die schon einmal tragisch verwundet waren im gefesselten Prornetheus des Jtschylus, mußten noch einmal kornisch sterben in den Gesprächen Lucians. Warum dieser Gang der Geschichte? Damit die Menschheit heiter von ihrer Vergangenheit scheide. KARL MARX Alle beseitigbaren gesellschaftlichen Unvollkommenheiten gehören nicht in die Tragödie, sondern in die Komödie. BERTOLT BRECHT In der bürgerlichen Gesellschaft herrscht also die Vergan genheit über die Gegenwart, in der kommunistischen die Gegenwart über die Vergangenheit. MARX/ENGELS Die Probleme von heute sind vorn Theater nur soweit erfaßbar, als sie Probleme der Komödie sind. Alle an deren entziehen sich der direkten Darstellung. Die Ko mödie läßt Lösungen zu, die Tragödie, falls man an ihre Möglichkeit überhaupt noch glaubt, nicht. BERTOLT BRECHT VORBEMERKUNG Die Untersuchung gilt dem »Gesellschaftlich-Komischen«, das am Beispiel von Komik und Komödie bei Brecht dargestellt werden soll. Dabei geht es weder um irgendeine neue Wesensbestimmung des Komischen überhaupt noch um ein Pro blem sogenannter »Gattungstheorie«. Bewußt wird davon abgesehen, das Komische als etwas Allgemeines vorauszusetzen, als wäre dann nur dessen Besonderungen bei Brecht nachzuspüren. Auch wird darauf verzichtet, jene Stücke ausführlich zu be handeln, die - wie z.B. Mann ist Mann oder Puntila - der landläufigen Vorstel lung von Komödie ohnehin schon nahekommen. Der Autor Brecht soll nicht auf Traditionspfaden wie Charakterkomödie oder Volksstück ertappt werden; er ist kein Komödienautor im »genremäßigen« Sinn. Beabsichtigt ist dies: am Beispiel Brechts das historisch-gesellschaftliche Moment des Komischen hervorzuheben, um damit indirekt eine gewisse Unzulänglichkeit bisheriger »Komik-Theorie« zu korrigieren, sowie die geschichtsphilosophisch-poli tische Intention von Komödie zu verdeutlichen, die dann auch - über das Beispiel hinaus - einen Ansatz zum genaueren Verständnis anderer Komödien bzw. ande rer Werke mit komödischen Zügen aus Vergangenheit und Gegenwart liefern könnte. In der Literaturwissenschaft ist der Terminus »Gesellschaftskomödie« bekannt. Mit diesem hat der Begriff des »Gesellschaftlich-Komischen« nichts zu tun [1], der hier gleich zu Beginn umrißweise zu erläutern bzw. zu rechtfertigen ist, denn er ist sprachlich wenig glücklich, steht hier aber mangels eines besseren. Die Anführungs zeichen, mit denen er versehen wird, dokumentieren nun kein ständig mitlaufendes Unbehagen an ihm, sondern besagen, daß es sich um ein Zitat handelt. Die Fund stelle ist der mit dem Titel »Das Gesellschaftlich Komische« überschriebene Abschnitt im Band Theaterarbeit (Berlin 21961). Zwar wird der Begriff dort in direktem Bezug auf den Puntila verwandt und wird überdies im Inhaltsverzeichnis unter der Rubrik »Schauspielerisches« geführt, als sei er nur von der Aufführung bzw. von der Art der Darstellung herleitbar, doch schließt das ja die Möglichkeit nicht aus, ihm generelle Bedeutung abzugewinnen. Der erste Teil des Abschnitts sei zitiert: Das Gesellsdtaftlidt Komisdte Für Stüdte wie den Puntila wird man nidtt allzuviel in der Rumpelkammer des „Ewig Komisdten« finden. Zwar hat audt das »Ewig-Komisdtec - der mit großem Aplomb ausmarsdtierende Clown fällt auf die Nase - ein gesellsdtaftlidtes Element, jedodt ist dieses verloren gegangen, so daß der Clownsturz als etwas sdtledtthin Biologisdtes, als bei allen Mensdten in allen Situationen Komisdtes ersdteint. Die Sdtauspieler, die Herr Pun- 2 Vorbemerkung tila und sein Knecht Matti spielen, müssen die Komik aus der heutigen Klassensituation ziehen, selbst wenn dann die Mitglieder der oder jener Klasse nicht lachen. (Theaterar beit, S. 42) Zu diesem Text sei vorläufig nur soviel gesagt: Das »Gesellschaftlich-Komische« ist parteilich konstruiert und vollendet sich in entsprechend parteilicher Rezeption. Die Intention zielt also auf kein vermeintlich allgemeinmenschliches Phänomen Lachen, sondern richtet sich auf die Heiterkeit eines Publikums, dem im Blick zu rück seine historisch-soziale Überlegenheit bewußt gemacht werden soll. Das »Ge sellschaftlich-Komische« ist für Brecht fast durchweg identisch mit der objektiv vorhandenen Komik ( d. h. der geschichtlichen überholtheit und falschen Lebendig keit) der bürgerlichen Gesellschaft, wie sie aus sozialistischer Perspektive sichtbar wird. Es wäre demnach bestimmbar als eine besondere Form des historischen Wi derspruchs zwischen alter und neuer Gesellschaft, der vom Standpunkt der letzte ren aus bewertet wird. Dieser Widerspruch ist also realiter stets vorgegeben - nur ist er wegen seines tatsächlichen Vorhandenseins nicht auch schon als komischer wahrgenommen und muß deshalb akzentuiert, hervorgekehrt werden. Die vorliegende Untersuchung interessiert sich vor allem für das Inhaltliche, die Themen und Motive, in denen das »Gesellschaftlich-Komische« erscheint. Nach einem kurzen Literaturbericht und einer Fixierung der Problemstellung werden zunächst Brechts frühe Einakter betrachtet, damit im chronologischen Vorgehen das »Gesellschaftlich-Komische« an einem wichtigen, immer wiederkehrenden Mo tiv (aus der Familien- und Moralsphäre) inhaltlich konkretisiert werden kann. Da die Brechtschen Einakter häufig mit den Attributen »grotesk« und »absurd« ver sehen wurden, ist diesen Phänomenen wie auch dem des »Tragikomischen« genauer nachzugehen, um die Begriffe Komik und Komödie als von ihIIen unterschiedene weiter einzugrenzen. Darauf sind wenigstens Hinweise zu solchen Problemen zu formulieren, die - wie Verfremdung, Parodie, Humor, Satire - in das hier ge stellte Thema hineinreichen. Das Hauptgewicht der Untersuchung liegt auf der Analyse von komischem Mo tiv und komischer Szene bei Brecht sowie auf den Komödienbearbeitungen, bei denen jeweils das Original als Komödie auch für sich eingehend behandelt werden soll. Die Deutungen des Moliereschen Dom ]uan und des Lenzschen Hofmeister er heben den Anspruch, gerade anhand des bei Brecht konstruierten Modells von Komödie wichtige Einsichten zum gesellschaftlichen Gehalt der Werke Molieres und Lenzens zu gewinnen. LITERATURBERICHT. PROBLEMSTELLUNG. THESEN Die Literatur zu Komik und Komödie hat einen beträchtlichen Umfang, quanti tativ gewichtig ist auch die zu Brecht - doch beide überschneiden sich selten. Läßt man zudem jene Komik-Theorien beiseite, denen es vornehmlich um das Lachen und um dessen Erklärung zu tun ist, und versucht man, auch die Untersuchungen auszusparen, die im Werke Brechts meist da ansetzen, wo der Autor in seinen theo retischen Schriften schon vorformuliert hat, so schrumpft der Gesichtskreis merklich zusammen. Das Gebiet Komik und Komödie bei Brecht ist zwar ein »weites Feld«, aber vor allem ein wenig bebautes. Diese Tatsache ist - unabhängig von ihrer Be wertung als Vorteil oder Nachteil für die vorliegende Arbeit - zunächst einfach überraschend. Denn allzu deutlich scheinen Komödienliteratur und Brecht-Theater einen gemeinsamen Schnittpunkt zu bilden, den zu analysieren nicht allein für das Verständnis vieler Brecht-Stücke wichtig wäre, sondern an dem die Entwicklung des Dramas bis hin zu Brecht und, klarer noch, seit Brecht als kontinuierliche dar gestellt werden könnte. Komödie, nicht dem Begriffe oder irgendeiner »Tradition«, sondern der Sache nach, zeigt sich als die seit langem aktuellste Form des Theaters. Es sei nur auf die in den sechziger Jahren zu verzeichnende Sternheim-Renaissance oder auf die Hor vath-»Entdeckung« verwiesen, wie denn die zeitgenössische lnszenierungspraxis überhaupt mit Vorliebe Komödien auswählt oder geschichtliche Stoffe »komödisch« darbietet. [2] Unmittelbar einsichtig hätte sein sollen, daß Brecht Spuren hinter lassen hat, auf denen man nahezu direkten Weges zur Komödie gelangt. Ein kur zer überblick mag das verdeutlichen. Erwin Strittmatter, Helmut Baierl, Peter Hacks, Hartmut Lange sind Verfasser von Komödien eines Typus', der dem Brecht-Theater deutlich verpflichtet ist. Strittmatters Katzgraben wurde noch unter Brechts Mithilfe geschrieben, von ihm im Berliner Ensemble inszeniert (1953) und mit Anmerkungen versehen (Katzgra ben-Notate), die wesentlich zum Verständnis auch seiner eigenen Stücke beitragen. Katzgraben zeigt sozusagen das, was im Puntila noch nicht zu sehen war: Land leben, das Großgrundbesitzer schon nicht mehr kennt. Brecht begriff das Bauern schauspiel als »eine historische Komödie« (GW 16, 780), während Manfred Wek werth es als eines der »Zwei Zeitstücke« bezeichnet, die das Berliner Ensemble her ausgebracht hat. [3] Das andere ist Frau Flinz von Helmut Baierl, eine Komödie in drei Akten mit Prolog und Epilog (1961), deren Zentralmotiv eine Reverenz an Brecht darstellt, indem es die Kenntnis der Mutterfiguren in den Gewehren der Frau Carrar und der Mutter Courage voraussetzt: die Mutter, die, eigensinnig auf das Wohl ihrer Söhne bedacht, diese gleichwohl verliert, nur eben an die neue und 4 Literaturbericht. Problemstellung. Thesen bessere Gesellschaft. Katzgraben und Frau Flinz, sozialistisches Zeitstück mit Brechtschem Komödientypus in Einklang haltend, ließen die Gefahr eines Abglei tens in humoristische Erbauungsliteratur ahnen, was dann im Sinne der lächelnden Selbstkritik, des »positiven Helden« usw. für eine breite Strömung der Komödien literatur in der DDR Wirklichkeit wurde. Peter Hacks' Moritz Tassow (1962) und Hartmut Langes Marski (1963) bewie sen aber, daß die Entwicklung des Brecht-Modells nicht notwendig zu jener Schwundstufe der Komödie als Affirmation des erreichten Gesellschaftszustandes führen muß. Beide Autoren benutzen oft literarisch bekannte Fabeln - wie z. B. Hacks' Die Schlacht bei Lobositz (1953) nach Ulrich Bräker, Langes Die Gräfin von Rathenow (1969) nach Kleists Marquise von 0 - zur vergnüglii;hen Aufhel lung geschichtlicher Zusammenhänge. Sie lieben die Annäherung an einen poetischen Hochstil in kräftiger Verssprache und betonen den Spielcharakter der Komödie durch einen von Prolog und Epilog geschaffenen Rahmen. Beide Autoren setzen auch die Linie von Brechts Bearbeitungen fort, z. B. Hacks' Kindermörderin nach H. L. Wagner oder Langes Alchimist nach Ben Jonson, mit Eingriffen, die weni ger das Stoffliche ändern, als das Vergangene im Lichte geschichtlicher Erfahrung gesellschaftlich konkreter situieren wollen, damit - nach den Worten von Peter Hacks - die »Haltung des Publikums, also das Genre« verändert werde, denn: Der tödliche Schrecken der Ausbeuterwelt wird fremd dem, der ihr entkommen ist, und verfremdeter Schreck heißt Komik. [ 4] Eine Tendenz zur Komödie im weitesten Sinne ist aber auch bei Autoren nach weisbar, die Brechts ideologischer Position nicht im gleichen Maße nahestehen, wie das für die erwähnten Schriftsteller zutrifft, also etwa bei Max Frisch, Martin Walser oder auch Peter Weiss. Vor anderen indessen Friedrich Dürrenmatt hat sein Werk ganz auf von ihm Komödien genannte Stücke abgestellt und es mit Postula ten und Anmerkungen ebenso verallgemeinernder wie programmatischer Natur begleitet, die sich zu der einprägsamen Merkformel verdichten: in einer Zeit, da der Fall Antigone von Kreons Sekretären erledigt würde, komme »uns« nur noch die Komödie bei. [5] Indem Dürrenmatt allerdings den Gedanken pflegt, Komö die zum abstrakten Welttheater zu stilisieren, wobei ihm schnell der modische Be griff »Groteske« bei der Hand ist [ 6], berührt er sich ungewollt mit Intentionen des sog. absurden Theaters. Denn auch dieses hat oberflächlich, d. h. rein formal betrachtet, was den hohen Anteil von mimischen und pantomimischen Elementen betrifft, mit Komödie zu tun, und es setzt in dieser Hinsicht fort, was bei Piran dello, Giraudoux, Anouilh schon angelegt war; sogar die Stücke Becketts wären noch als Komödie interpretierbar: der Mensch als Clown spielt sich und seinen Partnern Existenz selbst als komische vor. Um einem Mißverständnis vorzubeugen: dies alles auf einen gemeinsamen Be griff Komödie bringen zu wollen und es dabei zu belassen, hieße dessen Konturen von vornherein allzu stark zu verwischen. Zumal der gesellschaftliche Gehalt fällt sehr unterschiedlich aus und trägt z. B. bei Dürrenmatt bürgerlich-resignative, bei den sog. Absurden deutlich reaktionäre Züge. Wenn man sich aber nicht an den