Das Geheimnis der transzendenten Zahlen Fridtjof Toenniessen Das Geheimnis der transzendenten Zahlen Eine etwas andere Einführung in die Mathematik Autor Prof. Dr. Fridtjof Toenniessen Hochschule der Medien Stuttgart Nobelstr. 10 70569 Stuttgart [email protected] Wichtiger Hinweis für den Benutzer Der Verlag und der Autor haben alle Sorgfalt walten lassen, um vollständige und akkurate Informatio- nen in diesem Buch zu publizieren. Der Verlag übernimmt weder Garantie noch die juristische Ver- antwortung oder irgendeine Haftung für die Nutzung dieser Informationen, für deren Wirtschaftlichkeit oder fehlerfreie Funktion für einen bestimmten Zweck. Der Verlag übernimmt keine Gewähr dafür, dass die beschriebenen Verfahren, Programme usw. frei von Schutzrechten Dritter sind. 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Springer ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media springer.de © Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg 2010 Spektrum Akademischer Verlag ist ein Imprint von Springer 10 11 12 13 14 5 4 3 2 1 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und straf- bar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspei- cherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Planung und Lektorat: Dr. Andreas Rüdinger, Bianca Alton Herstellung: Crest Premedia Solutions (P) Ltd, Pune, Maharashtra, India Satz: Autorensatz Umschlaggestaltung: SpieszDesign, Neu–Ulm Titelbild: © Yang MingQi / Fotolia.com Fotos/Zeichnungen: Thomas Epp und der Autor ISBN 978-3-8274-2274-3 Geleitwort DasGeheimnisdertranszendentenZahlenzulüftenunternimmtderAutorFridtjof Toenniessen in seinem Buch. Mit anderen Worten: Er erklärt, was es mit der Schwierigkeit der Quadratur des Kreises auf sich hat. Bekanntlich versteht man unter dem Problem der Quadratur des Kreises das schon im Altertum von grie- chischen Mathematikern aufgestellte Problem, aus einem gegebenen Kreis nur unter Zuhilfenahme von Zirkel und Lineal ein Quadrat zu konstruieren, das den- selbenFlächeninhaltwiederKreishat.Dieswarüber2000Jahrelangeinoffenes Problem, bis Ferdinand Lindemann 1882 die Unmöglichkeit einer solchen Kon- struktion bewies. WashatdieQuadraturdesKreisesmittranszendentenZahlenzutun?DieVerbin- dung wird hergestellt durch die Kreiszahl π =3,14159265..., welche die Fläche eines Kreises mit Radius 1 darstellt (und gleichzeitig auch den halben Umfang diesesKreises).WäredieseZahlrational,d.h.derQuotientzweierganzerZahlen, so wäre es ein leichtes, eine Konstruktion der Quadratur des Kreises durchzufüh- ren. Die Zahl π ist aber nicht rational, d.h. irrational. Dies ist schon schwierig genug zu beweisen (siehe Kap. 16 dieses Buches), aber reicht no√ch nicht aus, die Unmöglichkeit der Quadratur des Kreises zu zeigen. So ist z.B. 2, die Quadrat- w√urzelaus2,ebenfallsirrational(waseinfachzubeweisenist),trotzdemlässtsich 2alsLängederDiagonaleeinesQuadratsmitSeitenlänge1leichtkonstruieren. √ √ Was macht den Unterschied von π und 2 aus? Die Zahl 2 ist algebraisch (sie ist Nullstelle des Polynoms P(x)=x2−2); aber die Zahl π ist nicht algebraisch, sielässtsichnichtalsNullstelleirgendeinesPolynoms(auchhöherenGrades)mit rationalen Koeffizienten darstellen. Zahlen, die nicht algebraisch sind, nennt man transzendent.WäredieQuadraturdesKreisesmöglich,würdedurchNachvollzie- hen der Konstruktion mittels Gleichungen folgen, dass π algebraisch ist. Um zu beweisen,dassdieQuadraturdesKreisesunmöglichist,genügtesalsozu zeigen, dass π transzendent ist. Der Autor setzt sich in diesem Buch nun das Ziel, ausgehend vom Schulwissen Mathematik, die Transzendenz von π und weitere damit zusammenhängende in- teressante Resultate über transzendente Zahlen vollständig zu beweisen. Dies ist keine leichte Aufgabe, bietet aber die Gelegenheit, gleichzeitig eine motivierte Einführung in verschiedene Gebiete der Höheren Mathematik zu geben. So enthält das Buch unter anderem eine gründliche Darstellung des Zahlbegriffs, ausgehend von den natürlichen Zahlen, über die ganzen, rationalen und reellen ZahlenbishinzudenkomplexenZahlen;manfindeteineEinführungindieAlge- bra,indiereelleAnalysis(stetigeFunktionen,Differenzial-undIntegralrechnung) sowie die Theorie der Funktionen einer komplexen Veränderlichen. All dies fließt schließlichindenTranszendenzbeweisfürπein,derauchdieTranszendenzderbe- rühmtenEulerschenZahlemitbeweist.DieschwierigeMateriewirdaufgelockert vi durch historische Einleitungen und Angaben zu den Mathematikern, denen man die Theoreme verdankt. Auch spart der Autor nicht an aufmunternden Worten an die Leserinnen und Leser, wenn wieder ein wichtiger Meilenstein erreicht ist. BesondersnützlichzumVerständnissinddieanverschiedenenStelleneingefügten Nachbetrachtungen zu Beweisen, in denen noch einmal über die zugrunde liegen- den Ideen und springenden Punkte diskutiert wird. Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern eine anregende Lektüre. München, September 2009 Otto Forster Vorwort Beim ersten Blick auf dieses Buch werden Sie sich vielleicht gewundert haben. Zum einen sind die transzendenten Zahlen als Teil der Zahlentheorie ein äußerst anspruchsvolles und schwieriges Gebiet der Mathematik. Andererseits besagt der Untertitel, dass es sich um eine Einführung in die Mathematik handelt, also kei- nerlei Vorkenntnisse erwartet werden. Wie passt das zusammen? DasBuchistinersterLinieeineEinführungindieMathematik.Eingrundlegender Text, der nur die Kenntnis der natürlichen Zahlen und den elementaren Umgang miteinemZirkelundeinemLinealvoraussetzt.DieseEinführungistabergetragen von dem Gedanken, Mathematik nicht als bloßes Regelwerk für den praktischen Gebrauch zu vermitteln, sondern als ein geistiges Abenteuer. Wie in einem rich- tigen Abenteuer geht es darum, am Ende einen geheimnisvollen Schatz zu finden – und auf demWegdahin vieleHindernisseundFallstrickezuüberwinden.Nicht weniger als etwa 2300 Jahre haben Mathematiker nach diesem Schatz gesucht, nach Antworten auf die großen mathematischen Fragen der griechischen Antike. DieseFragenführenschließlichzudentranszendentenZahlen,diedenWegdurch das Buch weisen. Sie erfahren in den ersten sieben Kapiteln etwas über den Auf- bau des Zahlensystems und sammeln dabei wertvolles Rüstzeug für die weitere Expedition. Danach wird der Weg schwieriger, wir durchstreifen die Schulmathe- matik und wagen uns manchmal auch darüber hinaus, um eine Sehenswürdigkeit zubestaunen.IndenletztenvierKapitelnbegleiteichSieindiegefährlichenTie- fen des Zahlenreichs – dorthin, wo der Jahrtausende alte Schatz verborgen liegt. SelbstwennSiedieBeweisenichtganzbiszumgroßenFinaleimDetailverfolgen – die Pfade werden zum Teil unwegsam – hoffe ich, dass Sie das Buch dennoch mit Gewinn lesen und ein wenig von der Faszination in der Mathematik erleben. DieArbeitandemBuchhatmirgroßeFreudebereitet.Jeweitersiefortgeschrit- ten war, desto mehr wurde mir bewusst, dass ich dieses Buch eigentlich für mich selbst geschrieben habe. Für mich vor über 25 Jahren. Damals suchte ich in ge- spannter Erwartung meines ersten Semesters vergeblich ein Buch, welches einen breit angelegten und dennoch fundierten Einblick in die Hochschulmathematik gewährt, teils zur Vorbereitung und Einstimmung auf das, was mich erwartete, teils um während der ersten Semester einen Überblick über das große Ganze zu bekommen. Vielleicht geht es Ihnen gerade ähnlich. Mein Dank gilt Andreas Rüdinger für die genaue und fachkundige Durchsicht aller Kapitel, Bianca Alton für das Lektorat, Thomas Epp für die Arbeit an den Bildern sowie Otto Forster und Stefan Müller-Stach für die freundlichen Worte und manchen Hinweis. Und nicht zuletzt meiner Familie, die viel Verständnis für die langen Abende des Vaters am Laptop aufbringen musste. Stuttgart, im September 2009 Fridtjof Toenniessen Inhaltsverzeichnis 1 Vorgeschichte ............................................ 1 Die Anfänge der Mathematik als Wissenschaft.................. 1 Geometrische Konstruktionen in der Antike .................... 2 2 Die natürlichen Zahlen ................................... 11 Die vollständige Induktion ................................... 15 Primzahlen ................................................ 17 Das Pascalsche Dreieck .................................... 21 Zahlenfolgen ............................................... 23 3 Elemente und Mengen ................................... 25 Allgemeine Begriffe ......................................... 25 Die Russellsche Antinomie ................................. 27 Grundlegende Mengenoperationen ............................ 29 Das Produkt von Mengen.................................... 31 Relationen................................................. 32 4 Die ganzen Zahlen ....................................... 35 Die Konstruktion der ganzen Zahlen .......................... 35 Beweise für die Primzahlvermutungen ......................... 41 Die Anordnung von Z auf dem Zahlenstrahl ................... 44 Die Abzählbarkeit unendlicher Mengen ........................ 46 Die algebraische Struktur von Z.............................. 47 5 Die rationalen Zahlen .................................... 55 Die Konstruktion der rationalen Zahlen ....................... 55 Der absolute Betrag und die Division in Q ..................... 58 Der binomische Lehrsatz .................................... 63 Die Folge der Fibonacci-Brüche............................... 65 Die Dezimaldarstellung rationaler Zahlen, Teil I ................ 67 x Inhaltsverzeichnis Folgen, Reihen, Konvergenz und Grenzwerte ................... 69 Die Dezimaldarstellung rationaler Zahlen, Teil II ............... 76 6 Die reellen Zahlen........................................ 81 Die Konstruktion der reellen Zahlen........................... 82 Die Vollständigkeit der reellen Zahlen ......................... 86 Sind die reellen Zahlen abzählbar? ............................ 93 Potenzen mit rationalen Exponenten .......................... 95 Das Geheimnis der Fibonacci-Bruch-Folge .................... 96 Algebraische Zahlen in R .................................... 100 Ein Beweis für die Existenz transzendenter Zahlen .............. 102 7 Die komplexen Zahlen.................................... 107 Die Konstruktion der komplexen Zahlen ....................... 107 Irreduzible Polynome und maximale Ideale..................... 108 √ Die imaginäre Einheit i= −1............................... 111 Die komplexe Zahlenebene................................... 113 Glückwunsch! Das Zahlensystem ist komplett................... 115 8 Elemente der linearen Algebra ........................... 117 Vektorräume............................................... 118 Lineare Unabhängigkeit, Basis und Dimension.................. 120 Die Dimension algebraischer Erweiterungen von Q .............. 124 Eine mysteriöse Frage ....................................... 131 Basen und Dreiecksmatrizen ................................. 134 Der Hauptsatz über elementarsymmetrische Polynome .......... 137 9 Funktionen und Stetigkeit................................ 151 Funktionen ................................................ 151 Die Stetigkeit von Funktionen................................ 153 Die Exponentialreihe........................................ 161 Potenzen mit reellen Exponenten ............................. 172 Der natürliche Logarithmus .................................. 173 Inhaltsverzeichnis xi Das Wachstumsverhalten von exp und ln ...................... 176 Einige Anwendungen von exp und ln .......................... 177 10 Elemente der klassischen Algebra ........................ 181 Die Irreduzibilität von Polynomen ............................ 181 Der Fundamentalsatz der Algebra ............................ 185 Nachbetrachtungen zum Beweis .............................. 193 Anwendungen des Fundamentalsatzes ......................... 194 11 Die ersten transzendenten Zahlen ........................ 199 Diophantische Approximationen .............................. 200 Das Ergebnis von Liouville................................. 204 Die erste transzendente Zahl ................................. 209 Kettenbrüche .............................................. 212 Kettenbrüche und transzendente Zahlen ....................... 221 Abschließende Bemerkungen ................................. 222 12 Die Exponentialfunktion im Komplexen .................. 225 Komplexwertige Funktionen.................................. 226 Wo liegen die Punkte ez für z ∈C? ........................... 228 Die Kreiszahl π ............................................ 232 Trigonometrische Funktionen................................. 235 Polarkoordinaten ........................................... 237 13 Konstruktionen mit Zirkel und Lineal .................... 239 Elementare Konstruktionsschritte nach Euklid ................ 241 Intermezzo: Körpererweiterungen von Q ....................... 243 Ein Kriterium für die Konstruierbarkeit eines Punktes in C ...... 247 Die Konstruktion regelmäßiger n-Ecke......................... 261 Ausblick................................................... 271 14 Differenzialrechnung ..................................... 277 Historische Entwicklung ..................................... 277 Differenzierbarkeit .......................................... 278
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