Das Cbronicon Beneventani monasterii S. Sophiae. (Teil I und Anhang.) INAUGURAL-DISSERTATION ZUR ERLANGUNG DER DOKTORWÜRDE GENEHMIGT VON DER PHILOSOPHISCHEN FAKULTÄT DER FRJEDRICH-WILHELMS-UNIVERSITÄT ZU BERLlN. Von Wilhelm Smidt aus Hannover. -------- Tag der Promotion: 11. Mai 1910. Referenten: Professor Dr. Tangl. Professor Dr. Schaefer. Mit Genehmigung der hohen Fakultät kommt hier nur Teil I der ganzen Arbeit (mit Anhang) zum Abdruck. Der Rest, Teil li, wird in Kürze erscheinen. ISBN 978-3-642-51254-4 ISBN 978-3-642-51373-2 (eBook) DOI 10.1007/978-3-642-51373-2 UniTersitäts-Buchdruckerei von Gustav Schade (Otto Francke) in Berlin K. Linienstr. 158. Meinem Vater und dem Andenken meiner Mutter. Inhaltsverzeichnis. Seite Einleitung . . . . . . . . ~ Kapitel I. · Das Chronicon Beneventani monasterii S. Sophiae in der historischen Literatur des 17. bis 20. Jahrhunderts 17 Kapitel II. Seine abfällige Beurteilung durch K. Vo igt und R. Poupardin . . . . . . . . . . . . . . . 47 Kapitel III. Beweis seiner Zuverlässigkeit . . . . . 70· Schluß. Das Ergebnis und die Kritik der Chartulare 103 Anhang. I. Berichtigungen und Ergänzungen 1. zu dem "Catalogue des actes des princes de Benevent et de Capoue" von R. Poupardin . . . . . . . . 111 2. zu den "Langobardischen Regesten" von L. Beth mann und 0. Holder-Egger . . . . . . . . . . . 134 3. zu Abschnitt II der "Tabellarischen Übersicht" im An hang der "Untersuchungen über die langobardischen Königs- und Herzqgsurkunden" von A. Chroust 141 li. Verzeichnis der nach der Vatikanischen Handschrift ge- druckten Urkunden des Chronicon S. Sophiae 145 Der zweite Teil der Arbeit soll den Nachweis erbringen, daß vier - mit Ausnahme der im folgenden an letzter Stelle genannten, sämtlich im Chronicon S. Sophiae überlieferte - beneventer Fürsten urkunden, die bisher als echt galten, gefälscht worden sind, und zwar 1. das - der Reihenfolge im Chronicon S. Sophiae nach - zweite der beiden Privilegien Landolfs V. und Pandolfs III. für das Kloster S. Marciani in Benevent von April 1028 (siehe Anhang I 1 n. 150) unter Benutzung des ersten. Während es nämlich mit diesem in seinem übrigen Inhalt - von einigen, sachlich unbedeu tenden, Einzelheiten abgesehen - vollständig, zum grÖßten Teil auch wörtlich übereinstimmt, weist es einerseits eine, in jenem fehlende, Stelle von nicht kanzleigemäßer Fassung auf, die in den Zusammenhang gar nicht hineinpaßt und die Verleihung wichtiger Vorrechte an S. Marcianus enthält, welche dessen Charakter als eines in fiskalischem Eigentum stehenden Klosters widersprechen, und übergeht andererseits die Bestimmungen über die Mitwirkung der 5 Fürsten bei der Abtswahl, die in der ersten Urkunde stehen. Daraus trgibt sich zugleich als Grund der Fälschung die Absicht, für eine Umwandlung des fürstlichen Eigenklosters in ein unabhängiges Kloster eine rechtliche Unterlage zu gewinnen (Kapitel I). 2. Das Privileg Pandolfs III. und Landolfs VI. für das Spital S. Michaelis in Benevent von Juli 1050 (siehe Anhang I 1 n. 157), welches sich dadurch als unecht kennzeichnet, daß es einmal ver schiedentlich und in auffälligster Weise gegen den Kanzleibrauch verstößt, ferner bezüglich des Gegenstandes der Verleihung sich selbst widerspricht und schließlich einer, uns auch aus anderen Quellen bekannten, Persönlichkeit einen Titel beilegt, ·welchen diese zur Zeit der Ausstellung der Urkunde nachweislich nicht mehr führte (Kapitel II). 3. Das Judikat Landolfs VI. von Juni 1061 (siehe Anhang I 1 n. 158a). Diese Urkunde, die inhaltlich, von geringfügigen Einzel heiten abgesehen, durchaus, zum größten Teil auch wörtlich mit einer solchen übereinstimmt, welche gleichfalls im Chronicon S. Sophiae überliefert und - ebenso wie angeblich auch jene, auf einer im Juni 1061 zu Benevent abgehaltenen Synode - von dem Erzbischof Udalrich ausgestellt ist, soll mit dem Siegel des Fürsten Landolf versehen wordeJ;I sein, der nach ihrer Behauptung auf ·ersterer zu gegen war, in dem Teilnehmerverzeichnis der erzbischöflichen Urkunde jedoch seltsamerweise gar nicht genannt wird. Zudem weist das an gebliche Judikat verschiedene Widersprüche auf. die sich nur damit erklären lassen, daß es, unter Benutzung von jener, zu dem Zweck gefälscht wurde, das Einverständnis des Fürsten mit dem, zugunsten des Sophien-Klosters ausgefallenen, Spruch der Synode darzutun (Kapitel III). 4. Das Privileg Pandolfs III. und Landolfs VI. für das Kloster S. Columbae im Gebiet von Banneoli von März 1050 (siehe An hang I 1 n. 156). Ist es schon auffällig, daß dieses Diplom Zu widerhandlungen gegen die in ihm getroffenen Bestimmungen mit dem Fluch des beneventer Erzbischofs bedroht und von dem Fürsten Pandolf persönlich dem Empfänger soll überreicht worden sein, und muß es direkt verdächtig erscheinen, daß es - neben einem Fehler in der Datierung - den Erzbischof Alfanus, der nachweislich im Jahre 1045 starb, als im Jahre 1050, zur Zeit der Ausstellung der Urkunde, noch lebend nennt, so wird es vollends durch die in ihm begegnenden zahlreichen Verstöße gegen den Kanzleibrauch als unecht erwiesen (Anhang). Verzeichnis der mit Abkürzungen zitierten Werke. Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde Archiv. Archivio storico per le province Napoletane = Arch. stor. Nap. L. Bethmann und 0. Holder-Egger, Langobardische Regesten in Neues Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichts kunde. B. III (1878) S. 225-818. = Holder-Egger. Ph. Ja:ffe, Regesta pontificum Romanorum. Ed. 2 cur. S. Loewenfeld, F. Kaltenbrunner, P. Ewald. Lips. 1881-88. 2 Bde. = Jaffe-L. = = Monomenta Germaniae historica M.G. Diplomata DD. Scrip tores= SS. Neues Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde = Neues Archiv. K. F. Stumpf, Die Reichskanzler, vornehmlich des X., XI. und XII. Jahrhunderts. Innsbruck 1865 :ff. = Stumpf. C. Troya, Codice diplomatico longobardo. Vol. III, IV (Storia d'Italia nel medio evo. Vol. IV parte 3, 4). Napoli 1853 f. = Troya. F. Ughelli, Italia sacra. Ed. II ed. Coleti. Venetiis 1717-22. = Ughelli. Die Regesten zu den langobardischen Herzogs- und Fürstenurkunden von Chroust bzw. Poupardin und Voigt (siehe das Literaturverzeichnis} sind mit den Namen der Verfasser und den betreffenden Nummern angeführt worden. Literaturverzeichnis. J. S. Assemani, Italicae historiae scriptores. Vol. II. Rom 1751. U. Balzani, Le cronache Italiane nel medio evo. Seconda edizione. Milano 1901. St. Borgia, Memorie istoriche della pontificia cittil. di Benevento dal secolo VIII. al secolo XVIII. Vol. 1-III. Rom 1763-69. H. Breßlau, Handbuch der Urkundenlehre für Deutschland nnd Italien. Bd. I. Leipzig 1889. B. Capasso, Le fonti della storia delle provincie Napolitane dal 568 al1500, Arch.stor.Nap.I (1876) 8.1-32, con note ed un copioso indice alfabetico del Dr. E. Oreste Mastrojanni. Napoli 1902. lndicazione delle fonti della storia delle provincie Napoletane dal 1>68 al 1077, Arch. stor. Nap. V (1880) S. 437-469. G. Cappelletti, Le chiese d' Italia. Vol. 111. XIX. Venezia 1845. 64. E. Caspar, Petrus Diaconus und die Monte Cassineser Fälschungen. Berlin 1909. A. Chroust, Untersuchungen über die langobardischen Königs- und Herzogsurkunden. Graz 1888. A. Dina, L' ultimo periodo del priucipato longobardo e 1' origine del dominio pontificio in Benevento. Benevento 1899. W. Erben, L. Schmitz-Kallenberg, 0. Redlich, Urkundenlehre I. Teil. München und Berlin 1907. H. Graßhoff, Langobardisch-Fränkisches Klosterwesen in Italien. Dissertation. Göttingen 1907. E. Mayer, Italienische Verfassungsgeschichte. 2 Bde. Leipzig 1909. A. di Meo, Annali critico-diplomatici del regno di Napoli della mez zana etil.. 12 Bde. Napoli. 1795-1819. Alfonso Meomartini, I comuni della provincia di Benevento. Bene vento 1907. Almerico Meomartini, Benevento dalle origini sino al presente. Sunto storico. Benevento 1901. Benevento, con 144 illustrazioni, Collezione di Monografie illustrate. Serie Ia. Italia•artistica 44. Bergamo 1909. 8 J. v. Pflugk-Harttung, Iter ltalicum. Stattgart 1883. - Acta pontificum Romanorum inedita. 3 Bde. Stattgart 1884-1888. R. Poupardin, Etude sur Ia diplomatique des princes Iombards de Benevent, de Capoue et de Salerne, Melanges d'archeo logie et d'histoire de l'Ecole fran~aise de Rome. XXI. annee s. 1901 115-180. Etudes sur l'histoire des principautes Iombardes de l'Italie meridionale et de leurs rapports avec l'empire franc. Paris 1907. Les institutions politiques et administratives des priocipautes Iombardes de l'ltalie meridionale (IXe-XIe siecles). Etude suivie d'un catalogue des actes des princes de Benevent et de Capoue. Paris 1907. F. P. Pugliese, Arechi principe di Benevento e i suoi successori. · Foggia 1892. F. Scandone, Storia di Avellino dalle origini alla fine della domi nazione longobarda. Napoli 1905. E. Steindorff, Zur Geschichte Benevents unter Heinrich 111. in Jahr bücher des Deutschen Reiches unter Heinrich 111. Bd. II Ex kurs IV. Leipzig 1881. K. Vo igt, Beiträge zur Diplomatik der langobardischen Fürsten von Benevent, Capua und Salerno (seit 774). Dissertation. Göt tingen 1902. Die königlichen Eigenklöster im Langobardenreiche. Gotha 1909. Nicht zugänglich waren mir: E. Robiony, Le guerre dei Franchi contro i principi di Benevento. Napoli 1901. G. Seminatore, I documenti del monastero di S. Modesto di Benevento. Caltanissetta 1908. Einleitung. Das sogenannte Chronicon Beneventani monasterii S. Sophiae, das Chartular des Sophienklosters zu Benevent•), das, im Jahre 1119 angelegt, sich heute 1) Dies Kloster, das im Jahre 774 von Herzog Ariehis II., nach dem Vorbild der •Hagia Sophia in Konstantinopel zu Ehren der göttlichen Weisheit, gegründet worden war (vgl. Pugliese, Arechi principe di Benevento S. 33. Almerico Meomartini, Benevento dalle origini sino al presente S. 18. Benevento con illustrazioni S. 109), nennt Graßhoff, Langobardisch-Fränkisches Klosterwesen S. 59, fälsch lich "S. Sophia bei Benevent, während er das außerhalb der Stadt - in Ponticello - gelegene gleichnamige Kloster, welches ein Abt Zacharias bereits im 7. Jahrhundert zu Ehren der Hl. Sophia erbaut hatte (vgl. Graßhoff a. a. 0. S. 43. Voigt., Königliche Eigenklöster S. 132), einmal (a. a. 0. S. 43) ebenfalls als "S. Sophia bei Benevent", ein anderes Mal (a. a. 0. S. 65) irrtümlich als "S. Sophia in Benevent bezeichnet (daß auch in letzterem Falle S. Sophia in Ponticello gemeint ist, ergibt sich aus den a. a. 0. S. 65 N. 2 angeführten Ur kunden). Ebenso heißt die Gründung des Zacharias bei Chroust 8, 10, 12, 21, 22, 23 unrichtigerweise "S. Sophia in Benevent", während sie von Holder-Egger infolge der in den einzelnen Urkunden wechselnden Bezeichnung bald - n. 69, 71, 75, 87, 137, 140, 153, 154 - kurz "S. Sophia", bald - n. 74, 76, 161, 166- "S. Sophia ad Ponticellum" genannt wird. Um Verwechslungen zu vermeiden, unterscheidet man am besten mit Vo igt, Eigenklöster S. 36, 37 u. a. "S. Sophia in Ponticello" und "S. Sophia in Benevent". Über die verschiedene Lage der beiden Klöster hat ausführlich gehandelt di Meo, Annali di Napoli XII S. 169-174; vgl. auch Borgia, Memorie di Benevento I S. 240. Troya, Codice diplomatico longobardo III S. 89 N. 2. Alm. Meoma~tini, Benevento dalle origini S. 14, 18.