ebook img

Corwin Von Amber PDF

229 Pages·2016·0.58 MB·German
Save to my drive
Quick download
Download
Most books are stored in the elastic cloud where traffic is expensive. For this reason, we have a limit on daily download.

Preview Corwin Von Amber

ROGER ZELAZNY Corwin von Amber WILHELM HEYNE VERLAG MÜNCHEN Vorlage für dieses eBook: Roger Zelazny: Die Prinzen von Amber – Fünf Romane in einem Band Sonderausgabe HEYNE SCIENCE FICTION & FANTASY Band 06/4275 Titel der Originalausgabe: NINE PRINCES IN AMBER Übersetzung aus dem Amerikanischen von Thomas Schluck 2. Auflage Redaktion: Friedel Wahren Copyright © 1970 by Roger Zelazny Copyright © 1977 der deutschen Ausgabe und der Übersetzung by Wilhelm Heyne Verlag GmbH & Co. KG, München ISBN 3-453-31271-6 Diese eBook ist nur für den Privatgebrauch und NICHT zum Verkauf bestimmt. 1 Nach einer Zeit, die mir wie eine Ewigkeit vorkam, zeich- nete sich das Ende ab. Ich versuchte die Zehen zu bewegen, erfolgreich. Ich lag in einem Krankenhausbett, und meine Beine waren von Gipsverbänden umschlossen, doch sie gehörten immer noch mir. Ich kniff die Augen zusammen und öffnete sie dreimal. Das Zimmer hörte auf zu schwanken. Wo zum Teufel war ich? Dann verzog sich der Nebel allmählich, und etwas von dem, was Gedächtnis genannt wird, kehrte zurück. Ich er- innerte mich an Nächte, Nachtschwestern und Nadeln. Und jedesmal, wenn ich ein bißchen klarer im Kopf wurde, er- schien jemand auf der Bildfläche und stach mich. So war es bisher gewesen. Doch jetzt fühlte ich mich wieder eini- germaßen. Jetzt mußte Schluß sein. Oder würde man sich nicht darauf einlassen? Blitzartig kam mir der Gedanke: Vielleicht nicht. Eine natürliche Skepsis hinsichtlich der Reinheit menschlicher Motive legte sich mir schwer auf die Brust. Plötzlich wurde mir klar, daß ich Überdosen von Beruhi- gungsmitteln erhalten hatte. So wie ich mich fühlte, war das ohne guten Grund geschehen, und es gab nun eigentlich auch keinen Grund, damit aufzuhören, falls man dafür be- zahlt worden war. Also ruhig bleiben und sich schläfrig stellen, sagte eine Stimme, die mein schlimmstes, aller- dings auch klügeres Ich vertrat. Und danach handelte ich denn auch. Etwa zehn Minuten später steckte eine Schwester den Kopf durch den Türspalt, während ich – natürlich – dicke Bäume zersägte. Sie verschwand wieder. Inzwischen hatte ich mir einige Bruchstücke der Ereig- nisse zusammengesucht. Ich erinnerte mich vage, in einen Unfall verwickelt gewe- sen zu sein. Was danach geschehen war, konnte ich noch nicht recht erfassen, und die Ereignisse davor waren mir völlig entfallen. Aber ich war zuerst in einem Krankenhaus gewesen und dann in dieses Haus gebracht worden. War- um? Ich wußte es nicht. Meine Beine fühlten sich allerdings ganz brauchbar an. Jedenfalls konnte ich wohl notfalls darauf stehen, wenn ich auch nicht wußte, wie alt die Brüche waren – ich war si- cher, daß sie gebrochen gewesen waren. Ich richtete mich also auf. Da meine Muskeln erschlafft waren, kostete mich die Bewegung große Anstrengung. Draußen war es dunkel, und eine Handvoll Sterne schim- merte klar vor dem Fenster. Ich erwiderte ihr Blinzeln und schob die Beine über die Bettkante. Zuerst war mir schwindlig, doch nach einer Weile beru- higte ich mich und stand auf, wobei ich mich am Kopfende des Bettes festhielt. Dann machte ich meine ersten Schrit- te. Gut. Ich stand wieder. Theoretisch war ich also fit, diesen Laden zu verlassen. Ich tastete mich zum Bett zurück, legte mich nieder und überlegte. Ich schwitzte und zitterte. Die Trauben hingen hoch ... Etwas war faul im Staate Dänemark ... Es war ein Autounfall gewesen, fiel mir plötzlich ein. Ein ziemlich schwerer Unfall ... Im nächsten Augenblick öffnete sich die Tür, Licht fiel herein. Durch die gesenkten Wimpern sah ich eine Schwe- ster mit einer Injektionsspritze in der Hand. Sie näherte sich dem Bett, ein gut gebautes Mädchen mit dunklem Haar und kräftigen Armen. Als sie heran war, richtete ich mich auf. »Guten Abend«, sagte ich. »Oh – guten Abend«, erwiderte sie. »Wann komme ich hier raus?« wollte ich wissen. »Da muß ich den Arzt fragen.« »Tun Sie das«, sagte ich. »Bitte rollen Sie den Ärmel hoch.« »Nein danke.« »Ich muß Ihnen eine Injektion geben.« »Nein. Brauche ich nicht.« »Das muß wohl leider der Arzt entscheiden.« »Dann schicken Sie ihn her, damit er´s entscheiden kann. Aber bis dahin lasse ich es nicht zu.« »Ich habe leider meine Anweisungen.« »Die hatte Eichmann auch – und Sie wissen ja, was mit dem passiert ist.« Ich schüttelte langsam den Kopf. »Also gut«, sagte sie. »Ich muß natürlich Meldung ma- chen ...« »Bitte tun Sie das«, sagte ich, »und melden Sie auch gleich, daß ich beschlossen habe, die Klinik morgen früh zu verlassen.« »Unmöglich! Sie können ja nicht mal gehen – und Sie haben innere Verletzungen ...« »Das werden wir sehen«, sagte ich. »Gute Nacht.« Sie verschwand wortlos. Ich lag in meinem Bett und überlegte. Offenbar befand ich mich in einer Art Privatklinik – es mußte also jemanden geben, der für die Pflege aufkam. Wen kannte ich? Doch ich vermochte mich an keine Verwandten zu erinnern. Auch nicht an Freunde. Was blieb dann noch? Feinde? Ich überlegte eine Zeitlang. Nichts. Niemand, der mir so wohlgesonnen war. Plötzlich fiel mir ein, daß ich mit dem Wagen über Klip- pen in einen See gerast war. Aber an mehr erinnerte ich mich nicht. Ich war ... Ich versuchte mich zu erinnern und begann von neuem zu schwitzen. Ich wußte nicht mehr, wer ich war. Um mich zu beschäftigen, richtete ich mich auf und wik- kelte alle Bandagen ab. Darunter schien alles in Ordnung zu sein; offenbar machte ich nichts falsch. Den Gips an meinem rechten Bein zerbrach ich mit einer Metallstange, die ich vom Kopfteil des Bettes löste. Ich hatte das vage Gefühl, daß ich mich beeilen mußte, daß es dringend etwas zu erledigen gab. Ich bewegte mein rechtes Bein. Keine Probleme. Ich zerschlug den Gipsverband am anderen Bein, stand auf und ging zum Schrank. Keine Kleidung. Dann hörte ich die Schritte. Ich kehrte zum Bett zurück und deckte die zerbrochenen Gipsstücke und abgelegten Bandagen zu. Wieder schwang die Tür auf. Im nächsten Augenblick war ich in Licht gebadet, und ein stämmiger Bursche in einer weißen Jacke stand vor mir, die Hand am Schalter. »Was höre ich da, Sie machen der Schwester das Leben sauer?« »Keine Ahnung«, sagte ich. »Was haben Sie denn ge- hört?« Das beschäftigte ihn einen Augenblick lang, wie sein Stirnrunzeln andeutete. Dann: »Es ist Zeit für Ihre Spritze.« »Sind Sie Arzt?« fragte ich. »Nein, aber ich bin befugt, Ihnen eine Spritze zu geben.« »Und ich lehne das ab«, sagte ich, »wie es mir dem Ge- setz nach zusteht. Was nun?« »Sie bekommen Ihre Spritze«, sagte er und ging zur lin- ken Seite des Bettes hinüber. In der Hand hielt er eine Spritze, die er bis zu diesem Augenblick hinter sich ver- steckt hatte. Es war ein gemeiner Tritt, etwa zehn Zentimeter unter die Gürtelschnalle. Er ging sofort in die Knie. »...!« sagte er nach einer Weile, ganz grün im Gesicht. »Wenn Sie mir noch einmal zu nahe kommen«, sagte ich, »können Sie sich auf eine Überraschung gefaßt ma- chen.« »Wir wissen, wie man Patienten wie Sie zur Räson bringt«, keuchte er. Da wußte ich, daß die Zeit zum neuerlichen Handeln ge- kommen war. »Wo ist meine Kleidung?« fragte ich. »...!« wiederholte er. »Dann muß ich Ihre Sachen nehmen. Ziehen Sie sich aus.« Da es beim drittenmal schon etwas langweilig wurde, warf ich ihm nur das Bettzeug über den Kopf und schlug ihn mit der Metallstrebe bewußtlos. Nach etwa zwei Minuten war ich von Kopf bis Fuß in Weiß gekleidet. Ich schob den Burschen in den Schrank und blickte durch das Fenstergitter. Ich sah den Neumond über einer Pappelreihe. Das Gras funkelte silbrig. Die Nacht kämpfte ein Rückzugsgefecht gegen die Sonne. Ich fand keinen Hinweis darauf, wo die Klinik lag. Ich schien mich im zweiten Obergeschoß des Gebäudes aufzuhalten. Weiter unten zur Linken leuchtete ein helles Viereck im Erdgeschoß, wo noch jemand wach zu sein schien. Ich verließ das Zimmer und sah mir den Flur an. Links endete der Gang an einer Wand mit einem Gitterfenster; in dieser Richtung waren vier weitere Türen zu sehen, zwei auf jeder Seite. Wahrscheinlich Krankenzimmer. Ich ging nach links, blickte aus dem Fenster und sah noch mehr Grasflächen und Bäume, noch mehr Nacht – nichts Neues. Schließlich machte ich kehrt und wanderte in die andere Richtung. Zahlreiche Türen, kein Licht darunter zu sehen; das ein- zige Geräusch kam von meinen großen geborgten Schu- hen. Die Armbanduhr des Bulligen verriet mir, daß es Viertel vor sechs war. Die Metallstange, die ich unter dem weißen Krankenpflegerjackett in den Gürtel gesteckt hatte, scheu- erte mir beim Gehen gegen den Hüftknochen. Etwa alle fünf Meter leuchtete eine schwache Deckenlampe. Ich erreichte eine Treppe, die zur Rechten in die Tiefe führte. Ich ging hinab. Die Stufen waren mit Teppichboden ausgelegt. Die erste Etage sah identisch aus – reihenweise Zim- mer. Ich marschierte weiter. Als ich das Erdgeschoß erreichte, wandte ich mich nach rechts und suchte nach der Tür mit dem Lichtstreifen. Ich fand sie fast am Ende des Korridors und machte mir nicht die Mühe anzuklopfen. Der Bursche saß in einem schreiend bunten Morgen- mantel hinter einem großen polierten Tisch und sah eine Art Kontobuch durch. Dies war kein Stationszimmer. Er sah mich an; seine Lippen dehnten sich zu einem Schrei, der nicht kam – was wohl an meinem entschlossenen Ge- sichtsausdruck lag. Hastig stand er auf. Ich schloß die Tür hinter mir und trat vor. «Guten Morgen«, sagte ich. »Machen Sie sich auf gehö- rige Schwierigkeiten gefaßt.« Wenn es um Schwierigkeiten geht, sind die Leute immer neugierig; nach den drei Sekunden, die ich benötigte, um das Zimmer zu durchqueren, wollte er wissen: »Was mei- nen Sie?« »Ich meine«, fuhr ich fort, »daß Sie einen Prozeß an den Hals bekommen, weil Sie mich hier meiner Freiheit beraubt haben, einen zweiten Prozeß wegen unsachgemäßer Füh- rung der Klinik, insbesondere wegen des unverantwortli- chen Einsatzes von Betäubungsmitteln. Ich habe bereits Entziehungserscheinungen und wäre durchaus fähig, ge- walttätig zu werden ...« Er stand auf. »Verschwinden Sie!« sagte er. Ich entdeckte eine Packung Zigaretten auf seinem Tisch und griff zu. »Setzen Sie sich und halten Sie die Schnauze. Wir haben einiges zu besprechen.« Er setzte sich, aber meinem guten Rat, die Schnauze zu halten, kam er nicht nach. »Sie übertreten hier mehrere Vorschriften«, maulte er. »Dann sollten wir das Gericht entscheiden lassen, wer dafür zu belangen ist«, erwiderte ich. »Ich möchte meine Kleidung und meine persönlichen Wertsachen zurückha- ben. Ich verlasse die Klinik.« »Ihr Zustand erlaubt nicht ...« »Niemand hat Sie um Ihre unmaßgebliche Meinung ge- beten. Tun Sie, was ich Ihnen sage – oder verantworten Sie sich vor dem Gesetz!« Er versuchte einen Knopf auf dem Tisch zu drücken, doch ich wischte seine Hand zur Seite. »Also wirklich!« sagte ich. »Den hätten Sie drücken sol- len, als ich hereinkam. Jetzt ist es zu spät.« »Mr. Corey, Sie stellen sich höchst widerborstig an ...« Corey? »Ich habe mich hier nicht eingeliefert«, sagte ich, »aber ich habe das verdammte Recht, von hier zu verschwinden. Und jetzt ist der richtige Moment dafür gekommen. Also los!« »Ihr Zustand erlaubt es nicht, diese Anstalt zu verlas- sen«, sagte er. »Ich kann es nicht zulassen. Ich werde jetzt jemanden rufen, der Sie in Ihr Zimmer zurückbegleitet und ins Bett bringt.« »Versuchen Sie das lieber nicht«, sagte ich, »sonst be- kommen Sie nämlich zu spüren, in welchem Zustand ich bin! Zunächst habe ich mehrere Fragen. Wer hat mich hier eingeliefert, wer zahlt für mich?« »Also gut«, seufzte er, und sein winziger, sandfarbener

See more

The list of books you might like

Most books are stored in the elastic cloud where traffic is expensive. For this reason, we have a limit on daily download.