Claudia Borchard-Tuch Computersysteme - Ebenbilder der Natur? Claudia Borchard-Tuch Computersysteme - Ebenbilder der Natur? Ein Vergleich der Informationsverarbeitung FACETTEN aI vleweg ISBN 978-3-663-09504-0 ISBN 978-3-663-09503-3 (eBook) DOI 10.1007/978-3-663-09503-3 Alle Rechte vorbehalten © Springer Fachmedien Wiesbaden, 1997 Ursprünglich erschienen bei Friedr. Vieweg & Sohn Verlagsgesellschaft mbH, BraunschweiglWiesbaden 1997. Softcover reprint of the hardcover 1s t edition 1997 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzuläs sig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Umschlaggestaltung: Schrimpf und Partner, Wiesbaden Gedruckt auf säurefreiem Papier ISSN 0949-1295 Vorwort Wir leben im Zeitalter der Information und glauben, daß wir mit dem Computer etwas völlig Neues geschaffen haben. Dem ist jedoch nicht so. Seit Millionen von Jahren bilden sich in der Natur informations verarbeitende Systeme, die weitaus komplexer als die von Menschen geschaffenen Systeme sind. Worin ähneln und worin unterscheiden sich biologische und künstliche Informationssysteme? Auf diese Frage soll hier eine Antwort gefunden werden. Hierzu werden Berei che der Informationsverarbeitung in natürlichen Systemen vorgestellt, zu denen es entsprechende in künstlichen Systemen gibt - Zelle und zellulärer Automat, natürliche und Softwareinfektion, Evolution und genetischer Algorithmus sowie Gehirn und Neuronale Netze. Der anschließende Vergleich läßt übergeordnete Zusammenhänge erken nen. Dieses Buch überschreitet Fachgrenzen - u.a. umfaßt es Bereiche der Informatik, der Medizin, der Biologie und der Biochemie und wendet sich in erster Linie an den interessierten Laien. Abschließend Dankeschön: Frau Dr. H. Schuster danke ich herz lich für die freundliche Durchsicht des Manuskriptes und ihre wert vollen Hinweise. Frau Dr. A. Schulz und dem Verlag Vieweg danke ich vielmals für ihr aufgeschlossenes Entgegenkommen und ihre Mit hilfe bei der Verwirklichung dieses Buches. Zusmarshausen, im März 1997 C. Borchard-Tuch V Inhaltsverzeichnis Vorwort ................................................................................................ V 1 Einleitung ......................................................................................... 1 1.1 Information ist überall ............................................................... 1 1.2 Aspekte des Informationsaustauschs ......................................... 8 1.3 Übersicht über das Folgende ................................................... 12 2 Zelle und Computer ...................................................................... 15 2.1 Die Zelle .................................................................................. 15 2.1.1 Die Umwelt .................................................................... 15 2.1.2 Der Informationsaustausch zwischen Zellen ................. 17 2.1.3 Kommunikationsmoleküle ............................................. 21 2.1.4 Die Informationsverarbeitung einer Zelle ...................... 25 2.1.5 Schlußfolgerung ............................................................. 29 2.2 Der Automat ............................................................................ 30 2.2.1 Was ist ein endlicher Automat? ..................................... 30 2.2.2 Die Informationsaufnahme eines endlichen Automaten ...................................................................... 30 2.2.3 Die Informationsverarbeitung eines endlichen Automaten ...................................................................... 32 2.2.4 Zelluläre Automaten ...................................................... 33 VI 2.2.5 Die Informationsverarbeitung eines zellulären Automaten ...................................................................... 34 2.2.6 Nachbarschaftliche Beziehungen ................................... 34 2.2.7 Das Spiel des Lebens ..................................................... 36 2.2.8 Wie das Spiel des Lebens einen Computer nachbildet ....................................................................... 38 2.2.9 Wie ein Computer einen zellulären Automaten nachbildet .................................................... 40 2.3 Computer ................................................................................. 42 2.3.1 Die Hardware ................................................................. 42 2.3.2 Zelle und Computer ...................................................... .44 2.3.3 Das Lösen von Problemen ............................................ .47 2.3.4 Die Zeit .......................................................................... 50 3 Information und Infektion ............................................................ 53 3.1 Was ist eine Infektion? ............................................................ 53 3.2 Die Informationsspeicher: Lebende Eindringlinge ................. 54 3.2.1 Würmer .......................................................................... 56 3.2.2 Bakterien ........................................................................ 58 3.2.3 Wie Bakterien genetische Informationen übertragen .... 60 3.2.4 Viren .............................................................................. 61 3.3 Die Informationsaufnahme: Das Eindringen der Schädlinge .. 63 3.3.1 Die Haut als Schutzwall ................................................. 63 3.4 Die Informationsverarbeitung: Der Kampf gegen die Eindringlinge ......................................................................... 66 3.4.1 Das Immunsystem .......................................................... 66 3.4.2 Das angeborene Immunsystem ....................................... 67 3.4.3 Das erworbene Immunsystem ........................................ 72 3.4.4 Die B-Zell-Abwehr ........................................................ 74 3.4.5 Die T-Zell-Abwehr ......................................................... 79 3.4.6 Das Zusammenspiel der Abwehrkräfte .......................... 82 VII 3.5 Computer und Infektion .......................................................... 84 3.5.1 Computer-Würmer ......................................................... 85 3.5.2 Trojaner .......................................................................... 88 3.5.3 Computer-Viren ............................................................. 90 3.6 Die Informationsaufnahme: Das Eindringen der Software- anomalien ............................................................................... 94 3.6.1 Schutzwälle .................................................................... 95 3.7 Die Informationsverarbeitung: Der Kampf gegen die Softwareanomalien ................................................................ 96 3.7.1 Vorbeugende Abwehrmaßnahmen ................................. 98 3.7.2 Überprüfung und Beeinflussung des Menschen .......... 100 3.8 Abschließende Betrachtungen ............................................... 101 4 Der genetische Code .................................................................... 10 3 4.1 Vom Nichtwissen zur Information: Die Entstehung genetischer Informationen ................................................... 103 4.2 Die Weitergabe genetischer Informationen .......................... 111 4.3 Evolutionäre Algorithmen: Entstehung und Weitergabe genetischer Informationen mittels Computerprogrammen ......................................................... 118 4.4 Die Übersetzung genetischer Informationen ......................... 127 4.4.1 Der genetische Code ...................................................... 128 4.4.2 Der Informationsfluß zum Protein ................................ 130 4.4.3 Regulationsmechanismen .............................................. 134 4.5 Die Übersetzung von Informationen im Computer ............... 138 4.6 Linguistische Theorien .......................................................... 139 5 Neuronale Informationsverarbeitung. ....................................... 153 5.1 Evolution: Die Entstehung von informations- verarbeitenden Systemen ..................................................... 153 5.2 Das Neuron: die Informationsverarbeitung ........................... 159 5.3 Kommunikationsmuster ........................................................ 168 vm 5.4 Anatomie des Gehirns: Makroskopisch sichtbare Informationssysteme ............................................................ 172 5.5 Gedächtnis: Die Speicherung von Informationen ................. 178 5.5.1 Kurzzeit- und Langzeitgedächtnis ............................... 180 5.5.2 Neuronale Mechanismen des Gedächtnisses ............... 183 5.6 Von natürlichen zu künstlichen Neuronalen Netzwerken ..... 190 5.6.1 Die Geschichte der Neuronalen Netze ......................... 191 5.6.2 Der Aufbau Neuronaler Netze ..................................... 202 5.6.3 Lernen: Wie nehmen Neuronale Netze Informationen auf? ....................................................... 208 5.6.4 Gedächtnis: Wie speichern Neuronale Netze Informationen? ............................................................. 218 5.7 Abschließende Betrachtungen ............................................... 219 Literaturverzeichnis .......................................................................... 221 Bildquellennachweis ........................................................................ 225 Sachwort- und Personen verzeichnis ................................................. 230 IX Kapitell Einleitung 1.1 Information ist überall "Information ist jeder Unterschied, der einen Unterschied macht" (Gregory Bateson). Weil Zeichen sich von ihrer Umwelt unterschei den, sind sie wahrnehmbar. Ihre Deutung läßt die Vorstellung von etwas Unterscheidbarem entstehen und erzeugt so erneut Unterschied und damit Information. Zeichen sind auf verschiedene Arten wahrnehmbar. Angefangen von Zellverbänden bis hin zu sozialen Systemen im Tierreich, ist der Austausch von Informationen Grundlage aller Lebensgemeinschaften. Im Laufe einer langen Evolutionsgeschichte entwickelte sich eine reiche Vielfalt der Informationsverarbeitung. Der Evolution selbst liegt die Veränderung einer bestimmten Art von Information, der genetischen, zugrunde. In ihr ist der gesamte Bauplan eines Individuums gespeichert. Jedes Lebewesen verfügt über eine eigene genetische Ausrüstung, die ihm seine Besonderheit und Individualität verleiht. Dennoch gibt es genetische Ähnlichkeit, so zum Beispiel zwischen Eltern und Kindern, weil die Elterngenera tion ihre genetische Information an die nachfolgende Generation weitergegeben hat. Erbanlagen sind Informationen, die Anweisungen für chemische Synthesen enthalten. Die Träger der genetischen Information sind die Nukleinsäuren, die sich in jeder Zelle eines Lebewesens finden. Nu kleinsäuren sind Fadenmoleküle, die aus vier verschiedenen Bau- 1