Peter A. Berg (Hrsg.) Chronisches Müdigkeits- und Fibromyalgiesyndrom Springer-Verlag Berlin Heidelberg GmbH Peter A. Berg (Hrsg.) Chronisches Müdigkeits- und Fibromyalgiesyndrom 2., überarbeitete und ergänzte Auflage Mit 24 Abbildungen und 27 Tabellen , Springer Professor Dr. Peter A. Berg Universităt Tiibingen Medizinische Klinik und Poliklinik Abteilung Innere Medizin Otfried-Miiller-StraBe 10 72076 Tiibingen ISBN 978-3-540-44194-6 ISBN 978-3-642-19026-1 (eBook) DOI 10.1007/978-3-642-19026-1 Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation jnder Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet iiber <<http: //dnb.ddb.de>> abrufbar Dieses Werk ist urheberrechtlich geschiitzt. Die dadurch begriindeten Rechte, insbesondere die der Obersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfaltigung auf anderen Wegen und der Spei- cherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehal- ten. Eine Vervielfaltigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulassig. Sie ist grundsatzlich vergiitungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechts- gesetzes. http://www.springer.de/medizin © Springer-Verlag, Berlin Heidelberg 2003 Urspriinglich erschienen bei Auflage Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York 2003 Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten waren und daher von je- dermann benutzt werden diirften. Produkthaftung: Fiir Angaben iiber Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewahr iibernommen werden. Derartige Angaben miissen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit iiberpriift werden. Einbandgestaltung: deblik, Berlin Satz: Fotosatz-Service Kiihler GmbH, Wurzburg Gedruckt auf saurefreiem Papier 26/3160 SM - 5 4 3 210 Vorwort zur 2.Auflage Die in den letzten zwei Jahrzehnten erzielten Fortschritte auf dem Gebiet der Psychoneuroimmunologie haben wesentlich zu einem besseren Verständnis psychosomatischer Störungen beigetragen. Diese Forschungsrichtung befasst sich vor allem mit der reziproken Interaktion ("cross talk") zwischen autono- mem Nervensystem, endokrinologischem System und Immunsystem und den Störungen dieses Regelkreises unter äußeren Einflüssen wie Krankheit oder physikalischen bzw. physischen Stressoren. Auf dem Boden dieser Grundlagen- forschung eröffneten sich auch neue pathophysiologische Perspektiven in der Beurteilung so kontrovers diskutierter Krankheitsbilder wie dem chronischen Müdigkeitssyndrom (CFS) und dem Fibromyalgie-Syndrom (FMS). Wie funktionelle Untersuchungen der Hypothalamus-Hypophysen-Neben- nierenrinden (HPA)-Achse oder die Evaluierung verschiedener Neurotrans- mitter (z. B. Serotonin, Substanz P) und Hormone (Wachstumshormone, Schilddrüsenhormone) nahelegen, scheint bei CFS/FMS-Patienten die Fähig- keit zu einer adäquaten adaptiven Stressantwort nachhaltig gestört zu sein. Dieses Konzept wird auch belegt durch Daten an Patienten mit "posttrauma- tic stress-dis order" (PTSD) oder "major depression" (MD), die eindeutig entweder eine Korrelation zu einer hyporeaktiven (PTSD) oder hyperreak- tiven (MD) HPA-Achse aufdeckten und auch Funktionsstörungen im lim- bischen System mittels neuerer bildgebender Verfahren (Positronen-Emis- sions-Tomographie) (PET) nachwiesen. Geht man also von einer zerebralen Regulationsstörung aus mit Alteration der Kerngebiete im limbischen Sys- tem, die vor allem für die Verarbeitung von Emotion (Angst) und Motivation sowie die Kontrolle immunologischer und hormoneller Funktionen ver- antwortlich sind, dann lassen sich viele der oft sehr inkohärent auftre- tenden klinischen Manifestationen wie erhöhte Infektanfälligkeit, Unver- träglichkeitsreaktionen, aber auch Gedächtnisstörungen, Antriebsschwäche sowie erhöhte Schmerzempfindlichkeit und das gehäufte Auftreten von allergischen oder autoimmunen Prozessen bei diesen Patienten relativ leicht erklären. Ein wichtiges Anliegen dieser zweiten Auflage war es daher, diese neurobio- logische Sichtweise in der Deutung funktioneller körperlicher Beschwerden noch gezielter als bisher auf den Symptomenkomplex der CFS/FMS-Patienten zu übertragen. Dies bedeutet gleichzeitig den Versuch, von den eher deskripti- ven Kriterien Abstand zu nehmen, die seinerzeit von dem US Center for Disease Control1988 für CFS und von der American College of Rheumatology 1990 für FMS erarbeitet wurden. VI Vorwort zur 2. Auflage Eine grundlegende Überarbeitung erfuhren deshalb die beiden Kap. 1 und 2 zur Ätiopathogenese; aber auch die Abschnitte über die Diagnose und die Asso- ziation von CFS/FMS zu anderen, vorwiegend psychosomatisch definierten Syndromen wurden aktualisiert (Kap. 3, 4, 5, 8 und 9). Eine Darstellung des "Multiple Chemical Sensitivity" Krankheitskonzepts (MCS) (Kap. 6) und des ,Übertrainings' -Syndroms (Kap. 7) ist neu hinzugekommen, ferner die Analyse einer Fragebogenaktion an CFS- und FMS-Patienten (Kap. 10 und ll). Unter den Naturheilverfahren (Kap. l2) ist jetzt auch die Chinesische Medizin aufgeführt (Kap. 13). Die Patienten-Kasuistiken wurden aktualisiert (Kap. 14), die Synopsis ergänzt durch einen Ausblick auf die zukünftige CFS- bzw. FMS-Forschungs- richtung (Kap. 15). Das eingefügte Glossar ist insbesondere als Hilfe zum besse- ren Verständnis der dargestellten komplexen neurobiologischen Zusammen- hänge gedacht. Versucht wurde also, möglichst umfassend die Krankheitsbilder CFS/FMS unter Einbeziehung auch anderer bekannter Syndrome zu analysieren, um aus der Darstellung der Ähnlichkeiten ihrer klinischen Manifestationen ein einheit- 1iches ätiopathogenetisches Konzept ableiten zu können. Inwieweit dieser An- satz richtig ist, ist keineswegs schlüssig zu beantworten. Ungelöst ist z. B., ob die Leitsymptome Müdigkeit (beim CFS) und Schmerz (beim FMS) unterschied- liche Ursachen haben. In Zukunft dürfen jedoch wichtige Fortschritte erwartet werden vor allem von den neurobiologischen Forschungsrichtungen, insbesondere der Bio- psychologie und der Neuroimmunologie. So ist zu hoffen, dass diese Diszipli- nen zur Weiterentwicklung zuverlässiger diagnostischer Kriterien und kausal bezogenen Therapiekonzepten führen. Unbestritten ist jedoch schon heute, dass eine sinnvolle Stressbewältigung nach wie vor zu den wirksamsten Strate- gien zur Vermeidung CFS und FMS-relevanter Symptome gehört. Danken möchte ich zum Schluss allen Autoren - sowohl denen der ersten Auflage als auch den jetzt neu hinzugekommenen - für ihre zuverlässige und kompetente Mitarbeit. Dieser Dank gilt in gleichem Maße auch dem Springer- Verlag und insbesondere Frau Dr. Dorothee Guth, deren nachhaltiger Zuspruch mir die Entscheidung zur zweiten Auflage erleichtert hat, sowie Frau Sylvia Kröning vom Lektorat. Die hervorragende Gestaltung und Gliederung der Texte ist Frau Dr. Christiane Grosser (Copy-Editing) zu verdanken. Frau Meike Seeker (Herstellung) stand mir wie schon bei der ersten Auflage großzügig und nach- sichtig bei den letzten Korrekturen vor der endgültigen Drucklegung zur Seite. Tübingen, im Dezember 2002 Peter A. Berg Vorwort zur 1. Auflage In den letzten Jahren sind eine Fülle von Beiträgen zu dem Thema Fibromyal- giesyndrom (FMS) und chronisches Müdigkeitssyndrom (CFS) erschienen. Vor allem angloamerikanische Autoren haben versucht, diagnostische Kriterien aufzustellen, um die Zuverlässigkeit klinischer Studien zu verbessern und auch günstigere Voraussetzungen für die Forschung auf diesem Gebiet zu schaffen. Eine frühzeitige Erkennung dieses Beschwerdekomplexes in der Praxis ist aber nicht immer einfach, zumal anfangs die Symptome oft nur transient auf- treten oder die Leitsymptome wie die für CFS typische gesteigerte und lang an- haltende Erschöpfbarkeit bzw. die für FMS relevante polytope Insertionstendo- pathie nicht im Vordergrund stehen müssen. Oft sind sie auch überlagert durch die gleichzeitig bestehenden vegetativen und funktionellen Störungen. Subfebrile Temperaturen, Infektneigung, Schwindelattacken, Seh- und Hörstö- rungen, Herzrasen, Parästhesien, Verdauungsstörungen mit Durchfällen und Obstipationen, Nahrungsmittelunverträglichkeiten, Reizblase, Phobien und Ängste vor Belastung mit Umweltstoffen, Stimmungsschwankungen bis hin zur Depression, Arthralgien sowie Konzentrationsstörungen und Panikattacken spiegeln das Spektrum der mit CFS und FMS assoziierten unterschiedlichen Befindlichkeitsstörungen wider und machen das "Doctor-shopping" bei dieser Patientengruppe verständlich. Insofern ist die Kenntnis dieses differential-dia- gnostisch so anspruchsvollen Beschwerdekomplexes gerade auch im Hinblick auf seine schillernde und schwer erkennbare Erstmanifestation für alle medizi- nischen Fachdisziplinen von besonderer Wichtigkeit. Je besser es dem Arzt gelingt, den Überblick über die Zusammengehörigkeit dieser früher unter der Diagnose Neurasthenie zusammengefassten Symptomenkomplexe zu behalten, und er sich auch durch die Einbeziehung einer sorgfältigen Familienanamnese von der bei diesem Krankheitsbild so offensichtlich genetischen Disposition überzeugt, desto sicherer kann er die Diagnose stellen unter Verzicht auf um- fangreiche laborchemische und apparative Diagnostik. Damit verbindet sich auch eine günstige Ausgangslage für therapeutische Maßnahmen, die dann eventuell den eigentlichen Ausbruch der Erkrankung zu verhindern helfen. Auf diese Komplexität aufmerksam zu machen und sie aus der Sicht ver- schiedener Fachdisziplinen unter Einbeziehung von typischen FMS- und CFS- relevanten Kasuistiken zur Darstellung kommen zu lassen, ist ein Ziel dieser Abhandlung. Zu den möglichen Ursachen wird Stellung genommen, und gleichzeitig werden immunologische wie auch neuroendokrinologische Aspek- te diskutiert und therapeutische Ansätze aufgezeigt. Einfühlungsvermögen und Geduld sind gerade bei diesen Patienten gefordert, berücksichtigt man ihre VIII Vorwort zur 1. Auflage ängstliche Grundstimmung und kritische Einstellung zum Arzt. Aber je kennt- nisreicher der Arzt ihnen gegenübertritt, desto besser wird ihm die diagnosti- sche und therapeutische Führung dieser Patienten gelingen. Die Anregung zu diesem Buch verdanken wir einer Veranstaltung der Ärzte- kammer Nordwürttemberg, bei der im Rahmen des 32. Kongresses für aktuelle Medizin 1997 in Stuttgart in einer Vormittagssitzung über CFS/FMS ein Teil dieser Beiträge präsentiert wurde. Alle Kapitel sind von Kollegen geschrieben, die über eine große und langjährige klinische Erfahrung verfügen und auf dem Boden ihrer Kenntnisse als Fachspezialisten ihren eigenen Zugang zu diesem facettenreichen Krankheitsbild beschreiben. Es ist der Wunsch aller Autoren, dass die Weitergabe derartiger aus der Praxistätigkeit gewonnener Erfahrun- gen Ärzten wie betroffenen Patienten zugute kommen möge. Für die gute Zusammenarbeit und Hilfe während der Drucklegung des Buches danke ich den Mitarbeitern des Springer-Verlages, insbesondere Herrn Victor Oehm, Frau Lindrun Weber und Frau Meike Seeker. Tübingen,im November 1998 Peter A. Berg Inhaltsverzeichnis Teil I Chronisches Müdigkeits- und Fibromyalgiesyndrom - Manifestationen einer Dysbalance zwischen Nervensystem, Hormonsystem und Immunsystem 1 Chronisches Müdigkeits- und Fibromyalgiesyndrom - Manifestation einer generalisierten neuror egulativen Funktionsstörung? . . . . . . 3 PETER A. BERG 2 Mit chronischem Müdigkeits- bzw. Fibromyalgiesyndrom assoziierte Manifestationen: Ausdruck einer Dysbalance im neuroendokrinoimmunologischen Regelkreis? 25 REINHILD KLEIN Teil 11 Beschwerdekomplexe im Spektrum funktionell somatischer Systeme 3 Diagnostik und Therapie des chronischen Müdigkeitssyndroms und des Fibromyalgiesyndroms . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 AXEL HOFFMANN 4 Das chronische Müdigkeitssyndrom: eine Form der somatisierten Angstneurose . . . . . . . . . 77 MECHTHILDE KÜTEMEYER 5 Reizdarmsyndrom und Fibromyalgiesyndrom 89 HARALD PLASS 6 Multiple Chemikaliensensitivität (MCS) 103 DIETEREIS 7 Chronisches Müdigkeitssyndrom und Sport . . . . . . . . . . 119 DIETER ]ESCHKE, CARSTEN SCHMID, KARLHEINZ ZEILBERGER 8 Das Restless-Iegs-Syndrom (RLS) . . . . . . . . . . . . 131 ]ULIANE WINKELMANN, THOMAS-CHRISTIAN WETTER und CLAUDIA TRENKwALDER X Inhaltsverzeichnis 9 Patienten mit chronischem Müdigkeits- bzw. Fibromyalgiesyndrom in der Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 143 PETER SPIEGEL,MARTHA SPIEGEL Teil 111 Auswertung von Patientenangaben und psychiatrische Therapieansätze 10 Chronische Erschöpfung aus Sicht der Patienten - eine Telefoninterviewstudie mit Mitgliedern einer Selbsthilfeorganisation CFS-Betroffener . . . . . . . . . . . .. 151 MONIKA BULLINGER,JAN EUJEN 11 Psychosomatische Genese der Fibromyalgie und therapeutische Konsequenzen - ein Erfahrungsbericht 167 ANIL BATRA, GABRIELE LEITLEIN, MARTINA DÜRR Teil IV Möglichkeiten und Grenzen alternativer Naturheilverfahren 12 Therapeutische Konzepte bei Patienten mit chronischem Müdigkeits- bzw. Fibromyalgiesyndrom unter besonderer Berücksichtigung von Naturheilverfahren ..................... 185 CHRISTOPH VON KEUDELL, FELEGE WORKU, GEORG R. MEIER, DIETER JESCHKE 13 Das Fibromyalgiesyndrom und die chinesische Medizin 199 CHRISTIAN SCHMINCKE TeilV Kasuistiken und Synopsis 14 Ausgewählte Kasuistiken von Patienten mit Fibromyalgie- und chronischem Müdigkeitssyndrom .......... . 215 PETER A. BERG 15 Synopsis und Ausblick .......................... 227 Peter A. Berg Glossar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 235 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 249