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Christentum und Gnosis. Aufsätze PDF

152 Pages·1969·12.401 MB·German
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Christentum und Gnosis Aufsätze herausgegeben von Walther Eltester Verlag Alfred Töpelmann Berlin 1969 Beiheft zur Zeitschrift für die neutestamentliche Wissenschaft und die Kunde der älteren Kirche Herausgegeben von Walther Eltester Beiheft 37 © 1969 by Alfred Töpelmann, Berlin 30, Genthiner Straße 13 Alle Rechte des Nachdrucks, der photomechanischen Wiedergabe, der Übersetzung, der Herstellung von Mikrofilmen und Photokopien, auch auszugsweise, vorbehalten. Printed in Germany Satz und Druck: Walter de Gruyter Sc Co., Berlin 30 Archiv-Nr. 3825682 Vorwort Dieses Heft verdankt seine Entstehung keinem bestimmten Plan, sondern dem zufälligen, fast gleichzeitigen Eintreffen mehrerer Auf- sätze zur Gnosis bei der Redaktion. Zur Entlastung der Zeitschrift selbst sollen sie hier, vermehrt um weitere Beiträge zum Thema, von deren Vorhandensein ich Kenntnis erhielt, in einem Beiheft vor- gelegt werden. Dem Titel des ersten Aufsatzes gemäß erhält es die Überschrift „Christentum und Gnosis". In irgendeiner Weise kommt die spannungsvolle Problematik zwischen diesen beiden Größen in jedem der folgenden Aufsätze zum Ausdruck, so sehr sie im einzelnen ihre eigenen Wege gehen und gerade damit die Ausdehnung des hier von der Wissenschaft betretenen Gebietes bezeugen. Hans-Friedrich Weiß fragt nach dem Paulusverständnis der Gnosis. War doch der Heidenapostel der erste, vor dem sich die gnostische Häresie in undeut- lichen Umrissen erhob, und muß es von Interesse sein zu wissen, wie ihn seine Gegner selber verstanden haben. Das Ende des in dem Heft berührten Zeitraums wird von dem Aufsatz von Reinhart Staats mar- kiert. Hier geht es in der Auslegung des Gleichnisses von den Törichten Jungfrauen durch den Messalianer Symeon noch immer um eine Nach- wirkung des antignostischen Kampfes. Die Beiträge von Alexander Böhlig und von Jacques Menard gelten den durch die Funde von Nag Hammadi bekannt gewordenen gnostischen Evangelien, die Ernst Haenchen seinerseits mit den kanonischen vergleicht. Luise Schottroff behandelt in ihrem großen Aufsatz das Zentralproblem des gnostischen Denkens, die himmliche Herkunft des Gnostikers. Die Gnosisforschung hat seit Ferdinand Christian Baur die Arbeit am Neuen Testament wie ihr Schatten begleitet. In unserem Jahr- hundert erhielt sie mächtige Impulse durch die religionsgeschichtliche Einordnung der neutestamentlichen Schriften und die theologische Auswertung der sich aus ihr ergebenden Parallelen. Seit den Funden von Nag Hammadi ist die Basis quellenmäßig außerordentlich er- weitert worden. Aber die alten Fragen sind, wie mir scheint, gebheben. Dies geht auch aus den mannigfachen Vorträgen auf dem Messina- Kongreß 1966 hervor, die in seinen Akten unter dem Titel »Le origini dello Gnosticismo« von Ugo Bianchi 1967 herausgegeben worden sind. Besonders charakteristisch aber für die Unterschiede in der Beurteilung der Gnosis ist es, daß der Kongreß es für nötig gehalten hat, Vorschläge für die Terminologie der einschlägigen Forschung zu machen. Mit VI Vorwort freundlicher Erlaubnis des Herausgebers erscheint am Schluß des Heftes ein Abdruck der deutschen Fassung dieser Vorschläge von Carsten Colpe aus den Akten des Kongresses. In ihnen und in der spürbaren Reserve des Übersetzers zittert noch die lebhafte Diskussion nach, die diese Vorschläge bei ihrer Aufstellung durch eine Kommission des Kongresses und ihrer Annahme durch das Plenum ausgelöst haben. Im wesentlichen geht es um die Frage nach dem vorchristlichen Ur- sprung der Gnosis, wenn man verschiedene Stadien der Entwicklung wahrnehmen will und den Gnostizismus als die christliche Erschei- nungsform im zweiten Jahrhundert von einer „Praegnosis" o. ä. als ihrer älteren und allgemeineren Vorstufe zu unterscheiden sucht. Gegenüber diesem Begriff aber erhebt sich sofort wieder die Frage nach dem, was wir darunter uns zu denken haben. Ist damit nur der sehr dehnbare Gedanke an eine allgemeine Weltanschauung — hier schon fast im Verständnis von »Weltschmerz« — gemeint und in welchen Kreisen soll man sich sein Auftreten vorstellen ? Es ist daher sehr zu begrüßen, daß der Kongreß zum Schluß seiner Vorschläge der zukünftigen For- schung die Vertiefung der »kultischen und soziologischen Aspekte des Gnostizismus« aufgibt, von der freilich gerade auch die sog. Praegnosis profitieren müßte. Für dieses neue Stadium der Forschung aber wäre es sehr zu wünschen, daß dabei die von Hermann Dörries etwa gleich- zeitig mit dem Erscheinen der Akten des Messina-Kongresses heraus- gegebenen »Aufsätze zur Gnosis« Hermann Langerbeck's auf das stärkste zur Geltung kämen. Der früh vollendete Verfasser war wohl in dem Deutschland der Gegenwart der klassische Philologe mit der stärksten inneren Beteiligung an der Theologie. Sein nachdrückliches Eintreten für die legitime Rolle des Piatonismus bei der Ausbildung der frühchristlichen Theologie, ja schon bei Paulus sollte gegenüber dem üblich gewordenen Überwiegen religionsgeschichtlicher Ge- sichtspunkte zumal in der deutschen neutestamentlichen Wissenschaft nicht unbeachtet bleiben. Bei Langerbeck meldet sich eine gesunde Reaktion der Interpretatio graeca des Neuen Testaments zu Worte und sucht es seiner Überfremdung durch orientalische Parallelen zu entreißen. Nicht umsonst begegnet bei ihm der Name Harnacks wieder, dessen These von der Hellenisierung des Christentums er in einer sehr persönlichen Weise aufgreift und gegen den Vorwurf verteidigt, als handle es sich bei diesem Vorgang um ein Mißverstehen und Verbiegen des ursprünglichen Ansatzes. Aber auch ein zweiter charakteristischer Zug der Aufsätze Langerbecks verdient unsere volle Aufmerksamkeit. Ich denke dabei an seine Wendung gegen so ungreifbare Größen wie »Gemeinde« und »Gemeindetheologie« als der Wiege christlicher Über- lieferung. Für ihn steht am Anfang immer die schöpferische Persön- lichkeit und bestimmt mit ihrer prägenden Kraft die Entwicklung. Das meint er gerade auch bei den christlichen Gnostikern nachweisen Vorwort VII zu können. Valentinus und Basilides, im besonderen Sinne auch Marcion, sind Schulhäupter, und an ihnen läßt sich daher das Wesen des Gnostizismus am reinsten studieren, nicht an dem breiten Schwärm ihrer Nachfolger. Aber dann ist es wieder das griechische Erbe, das in diesen Systemen als das eigentliche und ursprüngliche Element anzu- sehen ist und eine Spielart der christlichen Theologie neben der kirch- lichen ausdrückt. Zum Schluß unterziehe ich mich der angenehmen Pflicht des Dankes an Herrn cand. phil. Reinhard Schlieben in Tübingen. Er hat sich neben der Hilfe bei der Korrektur dieses Heftes nicht vor der Mühe gescheut, ein Register der Namen, Begriffe und Quellen anzu- fertigen, dessen Fehlen bei früheren Beiheften gelegentlich von den Rezensenten beanstandet worden ist. Tübingen, im Juli 1968 W. Eltester Inhaltsverzeichnis Seite ELTESTER, WALTHER: Vorwort V BÖHLIG, ALEXANDER : Christentum und Gnosis im Ägypterevange- lium von Nag Hammadi 1 HAENCHEN, ERNST: Neutestamentliche und gnostische Evan- gelien 19 MENARD, JACQUES: Das Evangelium nach Philippus und der Gnostizismus 46 MENARD, JACQUES : Die Erkenntnis im Evangelium der Wahrheit 59 SCHOTTROFF, LUISE : Animae naturaliter salvandae, zum Problem der himmlischen Herkunft des Gnostikers 65 STAATS, REINHART: Die törichten Jungfrauen von Matthäus 25 in gnostischer und antignostischer Literatur 98 WEISS, HANS-FRIEDRICH : Paulus und die Häretiker, zum Paulus- verständnis in der Gnosis 116 COLPE, CARSTEN: Vorschläge des Messina-Kongresses von 1966 zur Gnosisforschung 129 REGISTER 133 Christentum und Gnosis im Ägypterevangelium von Nag Hammadi1 Von Prof. Dr. Dr. Alexander Böhlig (7400 Tübingen, Wolfgang-Stock-Str. 24) In memoriam Carl Schmidt *26. 8. 1868 Eine Schrift, die als »Evangelium« bezeichnet wurde oder werden konnte, muß auf jeden Fall zunächst einmal das Interesse der Neu- testamentler auf sich ziehen. Das ist beim Evangelium des Thomas, des Philippus und der Wahrheit auch insoweit der Fall gewesen2, als diese »Evangelien aus dem Nilsand«3 von Neutestamentlern zum Gegenstand ihrer Studien gemacht wurden. Beim Ägypterevangelium von Nag Hammadi liegt das anders, besonders wenn man sich meine im folgenden begründete These zu eigen macht, daß die Anklänge an das Neue Testament in dieser Schrift der Auseinandersetzung mit dem Christentum dienen bzw. Umgestaltungen neutestamentlicher Gedanken darstellen. Damit wäre dann die Schrift dem kirchenhisto- rischen Bereich zugewiesen und für den neutestamentlichen nicht sonderlich interessant, geschweige denn »relevant«. Aber der wissenschaftliche Arbeitsvorgang, der der Schrift ihren Platz in der Geschichte der alten Christenheit zuweist, ist interessant genug. Außerdem ist ein solches Evangelium schon durch seinen Titel, selbst wenn dieser sekundär ist, ein Teil der neutestamentlichen Apo- kryphen. Für eine fruchtbare Behandlung des Neuen Testaments ist die Problematik der Apokryphen und der Entstehung des Kanons ständig im Auge zu behalten. Oder will man immer noch oder wieder aufs neue eine Philologia sacra betreiben ? Auch die religionsgeschicht- liche Betrachtung sollte nicht vernachlässigt werden. In einer Zeit, 1 Die Textausgabe des Ägypterevangeliums nach den beiden Versionen des Codex III und IV von Nag Hammadi wird von Alexander Bölilig und Pahor Labib in den Abhand- lungen des Deutschen Archäologischen Instituts Kairo (Koptische Reihe) erscheinen. Vgl. ferner meinen Aufsatz »Die himmlische Welt nach dem Ägypterevangelium von Nag Hammadi« in Le Mus6on 80, 1967, 6—26 u. 366—377. 2 Die ziemlich reichhaltige Literatur zu den genannten Evangelien braucht an dieser Stelle nicht aufgezählt zu werden. Genaue Angaben bietet Jean Simon in seiner jährlich in den Orientalia erscheinenden Bibliographie Copte (Rom, seit 1949). 3 Unter diesem Titel hat Willem Cornelis van Unnik einen allgemeinverständlichen Uberblick über die ersten bekannt gewordenen Nag-Hammadi-Texte mit Uber- setzungen unter Mitwirkung anderer Gelehrter gegeben (Frankfurt 1960). Christentum 1 2 Christentum und Gnosis in der Rudolf Bultmann's Neutestamentliche Theologie4 einen zen- tralen Platz in der neutestamentlichen Wissenschaft einnimmt, muß man gerade den »ersehnten« Originaldokumenten der Gnosis um so mehr Aufmerksamkeit widmen. Bultmann und seine Schule hatten besonders mit den relativ späten Quellen des Mandäismus und Mani- chäismus das gnostische Denken zu erschließen versucht. Müssen wir nun nicht aufs stärkste daran interessiert sein, die Texte von Nag Hammadi aufmerksam in ihrer Beziehung zum Neuen Testament zu studieren, weil hier nachweisbar vorirenäische Mythologumena und Theologumena erhalten sind? Die Traditionsstücke, aus denen die Schriften zusammengearbeitet sind, können aber durchaus noch frü- her sein. Berücksichtigt man, daß auch gewisse neutestamentliche Schriften erst im 2. Jh. verfaßt sind, so kommen gnostizistische Lite- ratur und Neues Testament sich zeitlich doch ziemlich nahe. Dazu kommt noch eines. Erst der Gnostizismus, d. h. die schulmäßige Dar- stellung der Gnosis in speziellen Systemen, hat uns ausführliche Quellen geschenkt, in denen der Geist der Gnosis erhalten ist. Darum kann die Gnosis oder die »Praegnosis«5 nur an diesen Texten studiert werden. Die schwere Aufgabe besteht darin, in den verschiedenen gnostizistischen Texten nach dem Material zu suchen, das den neu- testamentlichen Autoren schon bekannt war, oder zu prüfen, wieweit diese Schriften in Auseinandersetzung oder Abhängigkeit gegenüber dem Neuen Testament standen. Das ist eine gemeinsame Aufgabe für die neutestamentliche, kirchenhistorische und religionsgeschichtliche Forschung. Von solchen Erwägungen ausgehend ist es durchaus sinnvoll, wenn man einen Text, der von gewissen antiken Lesern sogar als Evangelium bezeichnet wurde, nach seiner literarischen Form und seiner Beziehung zur neutestamentlichen Theologie behandelt, auch wenn sich herausstellt, daß er dem Neuen Testament gegenüber einen sekundären Charakter hat. Das Ägypterevangelium von Nag Hammadi hat mit dem bei Hennecke-Schneemelcher behandelten gleichnamigen apokryphen 4 Rudolf Bultmann: Theologie des Neuen Testaments. 5. Aufl. Tübingen 1965. 6 Die schwierigen Probleme einer Einteilung der Gnosis in verschiedene Stufen und einer dementsprechenden Terminologie hat zuletzt das internationale Colloquium über die Ursprünge des Gnostizismus in Messina im April 1966 behandelt. Vgl. dazu Ugo Bianchi, Le colloque international sur les origines du gnosticisme (Mes- sine, avril 1966), in: Numen 13 (1966) 151—160. Ich selber möchte hier darauf hinweisen, daß die Bezeichnung »vorchristliche Gnosis« nicht gleichzusetzen ist mit einer Gnosis ante Christum natum, sondern einer Gnosis, die der christlichen Gnosis des 2. Jh.s vorausgeht. Darüber sind sich offensichtlich Kritiker meiner Ausgabe der Adamapokalypse von Nag Hammadi nicht klar gewesen. [Vgl. zur Terminologie unten S. 129ff. Der Hrg.]. A. Böhlig, Christentum une Gnosis im Ägypterevangelium 3 Evangelium6 nichts zu tun. Die Bezeichnung »Ägypterevangelium« ist auch gar nicht der eigentliche Titel der Schrift7. Dieser — er steht am Schluß der Schrift8 — lautet vielmehr: »Das heilige Buch des großen unsichtbaren Geistes.« Drei Hauptpunkte sollen hier im Mit- telpunkt der Betrachtung stehen: 1. wie es zur Bezeichnung »Ägypterevangelium« gekommen sein mag, 2. wie in dieser Schrift eine enge Verbindung der gnostischen Sethspekulation mit der Christologie und zugleich unüberhörbare An- klänge an das Neue Testament vorliegen, 3. welchen Platz Buße und Taufe darin einnehmen. Zuvor noch ein Wort zur Überlieferung! Die Schrift findet sich in 2 Versionen, einer in Codex III 40—69 und einer in Codex IV 50—829. Leider fehlen von der ersteren 4 volle Seiten, andere sind zerstört. Viel schlimmer steht es freilich mit der 2. Version; der Codex IV bildet ein wüstes Durcheinander von stark zerstörten Sei- ten und kleinen und kleinsten Fragmenten. Das ist um so bedauer- licher, als diese 2. Version interessante Abweichungen bietet und eine schärfere Interpretation der 1. Version ermöglicht. Die 2. hat wesent- lich mehr Termini ins Koptische übersetzt. Beide Versionen bemühen sich um ein selbständiges Verständnis; die Abschreiber scheinen aber dem Inhalt des Textes nicht mehr voll gewachsen gewesen zu sein. Die Vorlage der koptischen Texte dürfte griechisch gewesen sein. Beiläufig sei erwähnt, daß ich das auch für das Evangelium Veritatis für wahrscheinlich halte; die Thesen von Peter Nagel10 glaube ich vollständig widerlegt zu haben11. Für unsere Texte seien für eine 8 Edgar Hennecke: Neutestamentliche Apokryphen. 3. Aufl. hrsg. v. Wilhelm Schnee- melcher. I. Band: Evangelien (Tübingen 1959) 109—117. 7 Mit dieser Begründung weist auch Henri-Charles Puech in: Hennecke3 I 270—271 auf die Trennung von dem anderen Ägypterevangelium hin. 8 In Nag Hammadi cod. III 69, 20—22. In Codex IV von Nag Hammadi ist der Titel am Schluß der Schrift nicht erhalten. Am Anfang der Schrift steht er ein wenig gewandelt in beiden Versionen: III 40, 12—13 = IV 50, 1—2 (stark ergänzt). Die Methode, ein Buch mit seinem Titel zu beginnen, war verbreitet; vgl. Johannes Leipoldt: Das »Evangelium der Wahrheit«, in: ThLZ 82 (1957) 831. 9 Der Codex III von Nag Hammadi wurde als erster des Fundes angekauft und von Togo Mina und Jean Doresse beschrieben: Togo Mina, Le papyrus gnostique du Musée Copte, in: Vig. Christ. 2 (1948) 129—136; Jean Doresse, Trois livres gnostiques inedits, in: Vig. Christ. 2 (1948) 137—160. Das Ägypterevangelium hat Jean Doresse zuletzt in: The secret books of the Egyptian Gnostics (London 1960) 177—181 noch einmal nach Codex III kurz skizziert. 10 Peter Nagel: Die Herkunft des Evangelium Veritatis in sprachlicher Sicht, in: OLZ 61 (1966) 5—14. 11 Alexander Böhlig: Zur Ursprache des Evangelium Veritatis, in: Le Muséon 79 (1966) 317—333. 1* 4 Christentum und Gnosis Übersetzung aus dem Griechischen folgende Argumente angeführt: Der Ubersetzer hat das Griechische schulmäßig beherrscht und in- folgedessen nur mechanisch und manchmal geradezu sinnlos übersetzt. 1. Cod. III 61, 2—-3 »die Sintflut wurde zu einem Typos für das Weltende (ouvteäeicx)«12. Wörtlich steht da: TYfTOC QA- (»Typos zu . . .«). Es gibt aber keine solche übertragene Bedeutung für das koptische 0)A-, während sie für das griechische eis existiert: pspiiiväv eis13. Ja, das griechische eis kann auch für die genitivische Verbindung verwendet werden, was für unsere Stelle ebenfalls denkbar wäre14. Noch einfacher wäre -rrpos c. acc. im Griechischen anzunehmen; so wird im NT irpös ije ÄEiToupyios durch TAGITOYPriA 6TO)OOn 6}AP0i wiedergegeben15. 2. Übereinstimmend wird in beiden Ver- sionen berichtet, daß die (jeTävoia »nach« dem Samen des Fürsten dieser Welt und »nach« dem Adams betete. Hier wußte der Kopte nicht, daß |i£Ta c. acc. auch »inmitten, unter« heißen kann16, was an diesen Stellen die sinnentsprechende Übersetzung ist. 3. Auch die im Codex IV so häufigen Lehnübersetzungen weisen auf eine Überset- zung aus dem Griechischen hin: ü)OPTT N6I für ttpoeXöeiv17, FIXllO 6B0A MMOH M AYA AM für au-royEviis18, ebenso NIXFiO N6QAX6 für Aoyoysvris19. 4. Der in Codex III 69, 6—18 erhaltene zweite Schluß ist so sehr eine wortwörtliche Interlinearübersetzung aus dem Grie- chischen, daß von einem wirklich koptischen Stil überhaupt keine Rede mehr sein kann. Das Ägypterevangelium gehört zu den sog. Sethschriften, von denen sich in Nag Hammadi eine beträchtliche Anzahl gefunden haben, und zeigt einerseits starke Anklänge an die Adamapokalypse des Codex V20, andererseits an das »Unbekannte altgnostische Werk« des Codex Brucianus21. Ausgehend vom unnennbaren Licht schildert der Verfasser die Erschaffung der Lichtwelt und des Kosmos, wobei interessanterweise die Erschaffung des Weltherrschers Saklas von der 12 Die Stelle ist in Codex IV zerstört. 13 Bauer, WB (5. Aufl. Berlin 1958) 998 s. v. 14 Bauer, WB 455. 16 TTpös c. acc. kann die Bedeutung »was . . . anbetrifft« haben (Bauer, WB 1409), was an der Stelle des Ägypterevangeliums gut passen würde. 18 Henry George Liddell—Robert Scott, A Greek-English Lexicon (2. Aufl. Oxford 1961) 1109. " IV 50, 3. 13. 29 u. ö. 18 IV 50, 18. 19 S. u. Anm. 78 und 79. 20 Alexander Böhlig—Pahor Labib, Koptisch-Gnostische Apokalypsen aus Codex V von Nag Hammadi im Koptischen Museum zu Alt-Kairo (Halle 1963) 86—117. 21 Carl Schmidt, Koptisch-Gnostische Schriften I. 3. Aufl. v. Walter Till (Berlin 1962) 335—367.

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