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Chemie und Chemische Technologie Radioaktiver Stoffe PDF

359 Pages·1918·15.205 MB·German
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CHEMIE UND CHEMISCHE TECHNOLOGIE RADIOAKTIVER STOFFE VON DR. FERDINAND HENRICH PROFESSOR AN DER UNIVERSITAT ERLANGEN MIT 57 TEXTABBILDUNGEN UND 1 OBERSICHT BERLIN VERLAG VON JULIUS SPRINGER 1918 ISBN-13: 978-3-642-89831-0 e-ISBN-13: 978-3-642-91688-5 DOl: 10.1007/978-3-642-91688-5 Aile Rechte, insbesondere das der t7bersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten. Copyright by Julius Springer 1918. Softccover reprint of the hardcover 1s t edition 1918 Vorwort. Dies Buch soll den Leser in das Gebiet der Radioaktivitat ein fiihren und fum den augenblicklichen Stand der Radiochemie vor Augen fiihren. Es bringt darum von dem ailgemeinen Gebiet der Radioaktivitii.t nur das Wesentlichste und verweist fUr Spezialfragen auf die ausfiihrlichen Werke von Rutherford, "Radioaktive Sub stanzen und ihre Strahlungen" 1913 und von Stefan Meyer und E. von Sch weidler, "Radioaktivitat" 1916 sowie auf die Litera ~ur. In erster Linie ist in diesem Buche der Standpunkt des Che mikers beriicksichtigt, und darum sind die MeBmethoden der Radioaktivitat im einzelnen ausfiihrlicher, aber im allgemeinen mit Beschrii.nkung abgehandelt. Besondere Riicksicht wurde auf Apparate (besonders Elektroskope) genommen, die im Instru mentenhandel zu haben sind. Einige apparative Anordnungen, die mch bei meinen Arbeiten iiber radioaktive Wasser und Gase bewii.hrt haben, sind hier zum ersten Male beschrieben. FUr wertvolle Mitteilungen danke ich auch an dieser Stelle den Herren Kollegen Prof. F. Giesel in Braunschweig und Prof. Dr. Stefan Meyer in Wien. Auch der Verlagsbuchhandlung fiihle ich mich fUr ihr weitgehendes Entgegenkommen und fur die Beschleuni gung, mit der sie die Drucklegung des Werkes besorgte, verpflichtet. Mochte das Buch dem wundervollen, fUr die Erkenntnis der Konstitution der Materie so iiberaus fruchtbaren Gebiete neue Freunde werben. Erlangen. im Juli 1918. F. Henrich. Inhaltsiibersicht. BlDleJtong. Geschichte der Entdeckung der radioaktiven Sub stanzen. Fluorescenzerscheinungen bei Rontgenrohren. Bec querels Untersuchungen iiber die Strahlen £luorescierender Korper. Entdeckung der Uranstrahlen durch Becquerel und analoger Strahlen beim Thorium durch C. G. Schmidt und Frau Curie. Quantitative Untersuchungen des Ehepaars Curie und deren Resultat. Merkwiirdige Unstimmigkeiten bei Uranmineralien. Chemische Zerlegung von Uranpecherz im groBen und Entdeckung des Poloniums und Raaiums durch das Ehepaar Curie. Begriff der Radioaktivitiit. Sil' ist eine Eigenschaft der Atome. Entdeckung weiterer Radio elemente ~urch De bierne, Giesel, K. Hofmann, Bolt- wood, Rutherford, O. Hahn u. a. . . . . . . . . .. 1--8 Die Stl'ahlongen radioaktfver K6rper. Die Eigenart der Strahlen, die von radioaktiven Korpern ausgehen. Die Strahlung ist komplex und hnn durch eineD Elektromagneten in drei Teile zerlegt werden. tX-, fl- und ,..~Strahlerrund deren Eigen schaften) Reichweite, Streuung, Bremswirkung, Szintillieren n. a.). Die tX-Strahlen sind bewegte Hdiumatome mit dop pelter positiver elektrischer Ladung. Die fJ-Strahlen sind bewegte Elektronen. Die ,..-Strahlen diirften wie die Rontgen strahlen elektromagnetische Storungen des Xthers sein. ~-Strahlen sind Sekundiirstrahlen. Dil' Rogenannte RiickstoB- strahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 9--lN Die Theorie des Atomzerfalls. Energieabgabe radioaktiver Korper und schein barer Widerspruch mit den Grundlagen der Physik. RutheIford und Soddy zeigen, daB auf Grund der An nahme eines Atomzerfalls (Atomzerfallshypothese, Desaggrl' gationstheorie) dieser Widerspruch schwindet. Abtrennung der Aktivitiit v!>m Uran (U X) und Regenerierung dieser Aktivitiit. Korrespondierende Zcrsetzung und Regenerierung der Aktivitiit beim Uran. Analoge GesetzmiiJ3igkeiten beim Th und Th X. Die Emanationen. Zusammenhang der radio aktiven Zersetzungsprodukte untereinander bis 1904. Mog lichkeit eines Atomzerfalls. Unterschied zwische'll Zersetzung von Molekiilen und von Atomen. Erkliirung der radioaktiven Erscheinungen durch die Atomzerfallshypothese. Das Gesetz des Atomzerfalls. Radioaktivitiitskonstante, mittlere Lebens dauer, Halbwertszeit. Zusammenhang der Radioelemente untereinander. Die Zerfallsreihen des Radiums, Actiniums und Thoriums. Analogien in die sen Reihen . . . . . .. 25-4i fteorie der Ionisation nnd MeBmethoden der Radloaktivitit. Radioaktive SubstanZl'n machen die Luft fiir Elektrizitat VI Inhaltsiibersicht. Selte leitend, was man durch Spaltung der Luftmolekiile in positiv und negativ geladene Teilchen (Ionen) erklart. Sattigungs- spannung und Sattigungsstrom. Deren Wichtigkeit fiir exakte MesBungen der Radioaktivitat.. Sogenannte StoBionisation.. 4(i-51 Allgemeines oud Spezielles iiber Messong ond Bereebnong der Radioaktivitat. Zahlenbeispiel. Die MeBapparate fiir Radio aktivitiit bestehen aus Elektrometer resp. Elektroskop und aus der lonisierungskammer. Formen der lonisierungskammer. Einfache Elektroskope von Wilson fiir ex-, p- und y-Strahlen messung. Das von Elster und Geitel verbesserte Exner sehe Elektroskop und das sog. Glockenelektroskop. Das Engler -Sievekingsche Elektroskop fiir feste Substan~en. Das Elektroskop von W. H. Schmidt. Das Quar~fadcnelek­ trometer von Th. Wulf. Eichung von Elektrometern; der Harmssche Kondensator. Kontrolle der Eichungstabelle ge lieferWr Instrumente. Bestimmung der Luftzerstreuung oder des Normalverlustes. VorsichtsmaBregeln bei den Messungen; Zahlenbeispiel. Die eigentlichen Elektrometer. Das Qua drantenelektrometer. Methode der konstanten Ablenkung. Kompensationsmethoden. Allgemeine Priifung einer Sub stanz auf Radioaktivitat bei festen, fliissigen und gasformigen Korpern. Priifung auf ex-, p- und y-Strahlung. Messung von Substanzen, welche Emanation ausgeben. Speziclle Apparate zur Bestimmung der Radioaktivitat von Wassern. Fontakto skope von Engler und Sieveking, Fontaktometer von Mache und Stefan Meyer. Der Universalapparat von H. W. Schmidt. Bestimmung dcr Radioaktivitat von Gasen (Emanationen) mit Beispiel. Messung der Aktivitat von Pra paraten mit unbekannter Menge Radioelement durch Ver gleich mit solchen von bekanntem ·Gehalt (sog. Standard Messungen). Die RadiumnormalmaBe. Vergleichsmessungen nach der y-Strahlenmethode und nach der Emanations methode. Quantitative Bestimmung kleiner Radiummengen inGesteinen und Mineralien. - Dber elektrische MaBsysteme. - Herstellung und Untersuchung von aktiven Niederschlagen' aus Emanationen. Bestimmung der Radioaktivitatskonstan ten l. - Rdchweite der ex-Strahlen und Bestimmung der aelben. Allgemeines iiber die Absorption von Strahlen durch versehiedene Korper. Bestimmung der Absorption von ex-Strahlen durch feste Materien. Isolierung reiner Radio elemente durch RiickstoBstrahlung. Bestimmung der Ab- sorption von fl- und y-Strahlen . . . . . . . . . . . . . 51-138 Die Cbemie der Radioelemente. Die chemischen Eigenschaften der Radioelemente. Ihr Verhalten bei Fallungen und die daraus abgeleiteten GesetzmaBigkeiten. Die elektrochemi lichen Reaktionen der Radioelemente und ihr Verhalten bei der Elektrolyse. Isotope Elemente, Plejaden. Die SteHung der Radioelemente im periodischen System. Die sog. Ver schiebungssatze. Die Endprodukte des radioaktiven Zerfalls und ihre e~perimentene Untersuchung. Die Kernladungszahl und ihre Ubereinstimmung mit der Ordnungszahl der Ele mente. Neuformulierung des pcriodischen Gesetzes. Die von Fajans aufgdundenen Beziehungen zwisrhen Atomgewicht Inhaltsiibersicht. VII SeI$e und Lebensdauer der Glieder einer Plejade. Seine .Ansicht iiber die Genesis der Elemente. Neue Definition des BegI'iffs eines Elementes. Elemente und Mischelemente. Der Element typllB. Die Eigenschaften der Elemente und Isotopen mit Riicksil,ht auf das Rutherford -Bohrsche Atommodell. - Austallsch der Atom€' zwischen fester und fliissiger Phase. Dichtebestimmung bei Isotopen zur Feststellung des relativen Atomgewichts. Zusammenhang zwischen Atomvolumen und Radioaktivitat; die Atomvolumenkurve von Stefan Meyer. ErhOhung der Genauigkeit analytischer Methoden durch Ver wendung rad.~oaktiver Elementf.'". Loslichkeitsbestimmung von Bleisulfid. Ubersicht iiber die chemischen Reaktionen der Radioelemente in Fallen, wo wagbare und unwagbare Mengen von Rlldioelementen vorhanden sind. . . . • • . . . . • 139--181 + Die Uran-Radiumreihe. Uran (UI UII). Vorkommen, Ent deckung, Salzbildung. Kom+p lexe Nlltur d~s Urans und deren Geschichte. U ra n X (U Xl U X2). Kurze Ubcrsicht liber seine wichti!\sten Eigenschaften. Entdeckung von UXz (Brevium), Darstellungsmethoden, Eigenschaften. Uran Y. Geschichte seiner Entdeckung und seine Bestatigung als Zweigprodukt der Uran-Radiumreihe, das vermutlich zur Actiniumreihe fiibrt. Ion i u m. Entdeckung, DarsteHung, Eigenschaften. R a diu m. Kurze Ubersicht iiber seine wichtigsten Eigenschaften. Vorkommen. Gehalt der Gesteine und Gewasser an Radium. Verhaltnis von Radium zu Uran bei den wichtigsten Uran mineralien. Grundziige der Radiumgewinnung aus Mineralien. Fraktionierte Krystallisation von Barium -Radiumsalzen. Technik des Arbeitens mit reinen Radiumsalzen. Veranderung von Radiumpraparaten mit der Zeit. Allgemeine Eigen schaften. Spektrum. Warmeentwicklung von Radiumpra. paraten. Strahlung und Lebensdauer des Radiums. Atom gewicht. Metallisches Radium. Radiumemanation. Ent deckung und Gewinnung. Abnorme Beobachtungen iiber fur Volum. Gewicht der Emanation, fur Dampfdruck und Spek trum. Loslichkeit der Radiumemanation in verschiedcnen Losungsmitteln, bes. Wasser. Der aktive Niederschlag der Radiumemanation. RaA und RaB nach furer Dar steHung und furen Eigenschaften. Radium C. Eigenschaften und Verzweigung von RaC' und RaC". Radium D. Ent deckung von Elster und Geitel im gewohnlichen BIei und von K. A. H of rna n n und Stra uB im Blei von Uranmineralien. Eigenschaften. Radium E. DarsteHung und Eigenschaften. Radium F (Polonium). Entdeckung, Identifizierung mit Radiotellur. Gewinnungsarten. Chemische und physikalische Eigenschaften. Radium G oder Radiumblei, das End- produkt der Uran-Radiumrefue und sein Atomgewicht. . • 184--240 Die Actiniumzerfallsreihe. Protacti ni urn. Entdeckung und Eigenschaften. Acti ni u m. Geschichte seiner Entdeckung und Eigenschaften. Radioactinium. Actinium X. Actiniumemanation. Der aktive Niederschlag des A cti n i u ms AcA, AcB, AcC und seine Verzweigul1gspro dukte AcC' und AcC". Actinium D und sein ZerfaHspro- dukt, das Endprodukt der Actiniumzerfallsrefue .....• 241-.25J Vlli Inhaltsiibcrsicht. 8e1te DIe Thoriumzerfallsrelhe. Entdeckung der radioaktiven Eigen sohaften des Thoriums. VorkOJ;nmen, Gewinnung der wich tigsten Thoriumealze. PhysikaJische und chemische Eigen sohaften. Quantitative Bestimmung. Mesothorium 1 und Mesothori um 2. Gewinnung, chemische, physikalische Eigenschaften und technische Bedeutung. Radiothorium. Thorium X. Thoriumemanation. Der aktive Tho riumniederschlag: ThA, ThB, The eamt Verzweigungs produkten The' und The". ThD als Endprodukt der Thorium- zerfallsreihe und sein Atomgewicht ........... 253-272 Die Radiutnaktivitat des Kali ums und Rubidi ums . . . . . 272-273 Die chemisohe Toohnologle .der Radioelemente. Einleitung. Die wirtschaftliche Bedeutung der Radioelemente. Praktische Verwendungen radioaktiver Karper. Radioaktive Diinge mitteL Radiumleuchtmassen. Radiumblitzableiter. - Analy tische Priifung und I Kontrolle radioaktiver Karper. Die PreisbemeBBUng radioaktiver Praparate. Statistisches. - Ausgangsmaterialien: Uranpecherz, Carnotit, Uranglimmer, KoIm, Monazit. Technische Darstellung des Radiums nach Debierne, Haitingerund Ulrich'und H. Paweok. Patente von E. Ebler, F. Ulzer'und R. Sommer. Neuere Verfahren und Versuohe von E. Ehler und W. Bender. Gehalts bestimmung des Radiums. Radiumemanation. Patente von L. Sarason, M. M. Book, der Radiogen.Gesellschaft, E. Sommer und F. L. Kohlrausoh,' Ettore Fenderl, John Landin, Curt Schmidt, F. Winkler. Gehalts· bestimmung der Emanation. Gewinnung von Polonium, Ionium und Actinium nach Auer von Welsbach. Her· stellung von Me80thorium und Thorium X. SchluJ3wort .. 274-345 Naohtrag einer neuesten Tabelle des periodischen Systems . . . 346 Personen- und Sachregister ................. 347-351 'Obersichtstafel iiber die Nomenklatur der Radioelement.e und iiber die Zerfallsreihen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 EillldtUllg', 1m Jahre 1893 entdeekte \Y. C. Rontgen die nach ilun be nannten Strahlen1). Er hatte eine mit ~letallelektroden Yersehene. stark evakuierte Glasrohre durch den Wechselstrom eines groBeren Induktionsapparates betrieben und dabei beobachtet, daB yon den Stellen der Glaswand, die der Kathode gegeniiber lagen, eigen tiimliche Strahlenwirkungen ausgehen. Auch wenn die Rohre vollig lichtundurchUissig Yerdeckt war, leuchtete dort ein Barium platincyaniirschirm auf 2 m Entfemung im verdunkelten Zimmer auf. Ja durch Papier, Holz und ::Yletalle hindurch erlitt die photo graphisehe Platte an jenen Stellen eine Schwarzung. Del' mensch liehe Korper wurde a bel' in so unheimlicher Weise yon diesen Strahleu durchleuchtet, daB man die Sch;:tttenbilder der·Knochen getrenut von denen del' Fleischteile auf einem Bariumplatincyaniir schirm sehen kounte. Betrachtet man ein in Betrieb befindliches, unbedeckter:; Ront genrohr, so sieht man an den Stellen des Glases, die der Kathode oder Antikathode gegeniiber liegen, eine lebhafte griine Fluorescenz. Bei Gelegenheit elnes Vortrags liber die Rontgenstrahlen im Ja e nuar 1896 warf del'. franzosische Physiker Poinca~ die ]'rage auf, ob nicht von allen Korpem, die geniigend stark fluorescieren (phosphorescieren), solche durchdringenden Str.ahlen ausgehen, die yielleicht die L'rsache ihrer Fluorescenz sind. Daraufhin priiften n~ehrere franzosische Physiker phosphorescierende und fluores cierende Korper auf die Fiihigkeit, durch undurchsichtige Medien hindurch die photographisehe Platte zu schwiirzen. Von den Ver suchen seines Vaters und yon eigenen Yersuchen her hatte del' franzosische Physiker Henri Becquerel ein sehr geeignetes Ob jekt in einem Doppelsalz von Kaliumsulfat und L'ranylsulfat, dem Kaliumuranylsulfat (U02)SO 4 • K2SO 4 • 2 H20, das in diinnen, durchsichtigen Lamellen krystallisiert2). Dies Salz zeigt niimlich bei del' Belichtung in del' Sonne eine sehr starke Fluorescenz, die freilich fast augenblicklich verschwindet,' wenn es del' Belichtung 1) Sitzungsberichtc d. physik.-med. GeseJlsch. zu 'Viirzburg 1895, S. 132. 2) IL Becq uerel, Compt. rend. I~~, 420 (1896), Henrich, Chemie u. chern. Technolollie. 1 2 Einleitung. entzogen wird. Um die photographische Wirksamkeit des Fluores oenzliehtes von Kaliumuranylsulfat zu priifen, maehte Bee q uerell) folgende Versuehe: Zuerst wiekelte er eine photograp hisehe Platte doppelt in sehr diehtes, sehwarzes Papier ein und legte sie einen Tag lang in die Sonne. Nach dem Entwickeln der Platte fand er daB sie keinerlei Sehwarzung erfahren hatte, die Strahlen des Sonnenlichts waren nicht durch das Papier gedrungen. Nun legte 'er auf eine, in gleicher Weise eingewickelte Platte einen Krystall ~on Kaliumuranylsulfat und setzte sie einige Stunden dem Sonnen licht aqs. Jetzt zeigte sich naeh dem Entwickeln der Platte an der Stelle, wo das Sulfat gelegen hatte, eine Schwarzung, so daB man die Konturen des Krystalls erkennen konnte. Wurden Metall oder Glasstiickchen zwischen Krystall und eingewickelte Platte gebracht, so wurden auch diese abgebildet. Damit schien Poin car es Vermutung bestatigt zu sein. Ais aber Becq uerel die Versuche im Dunkeln wiederholte, fand er, daB auch hier die !3chwarzung der Platte unvermindert eintrat. Ja Uranpraparate, die jahrelang im DunkeIn gelegen hatten, die also durch das Licht nicht mehr beein£luBt sein konnten 2), gaben die Erscheinung vollkommen ungesehwaeht. Das Fluorescenzlieht des Uransalzes, das erst durch Beliehtimg hervorgerufen wird, konnte danaeh nicht auf die photographisehe 'Platte gewirkt haben. Es muBten vielmehr von den Uransalzen resp. deren wirksamem Bestandteil. dem Uran, fortwahrend Strahlen ausgehen, die die Fahigkeit hatten, durch lichtundurchlassige Korper hindurch Halogensilber zu reduzieren. Man nannte diese Strahlen in der Folge Uran strahlen oder aueh Becquerel-Strahlen. Bald fand Becque reI. daB noeh andere Wirkungen durch diese Strahlungen aus gelost werden. Bringt man Uransalze in einen Raum, der einen elektrisch geladenen Korper (z. B. ein geladenes Elektroskop) umschlieBt, so· verschwindet die Elektrizitat wesentlich raseher von diesem Korper, als wenn kein Uransalz in dem Raume ist3). Gewisse chemische Verbindungen, wie Bariumplatincyaniir, hexago nal krystallisierendes Sehwefelzink (sog. Sidot -Blende) u. a., be ginnen zu leuchten, wenn sie starkerer Uranstrahlung ausgesetzt werden. Bald nach Becquerels Entdeckung fanden C. G. Schmidt4) im physikalischen Institut der Universitat ErIangen und Frau 1) I. c. und ibid. S.501, 559, 689, 762, 1086 (1896). 2) H. Becquerel. Compt. rend. 128, 771 (1899); Elster und Geitel. Beibl., 21, 455. 3) Compt. rend. 122, 501 (1896). 4) Wiedemanns Ann. 64, 720 (1898), 4. April. Einleitung. 3 Marya Curiel) in Paris unabhangig voneinander, daB auch Salze des Thoriums ahnlich durchdringende Strahlen aussenden, wie die des Urans. Frau Curie schlug daraufhin vor, Korper, die solche Strahlen aussenden, "radioaktiv" zu nennen. Die Erscheinung selbst erhielt den N amen "Radioaktivitat" 2). Sie stand ohne Analo gie da. Es widersprach aller Erfahrung, daB Korper ohne nach weisbare auBere Beeinflussungen, also selbsttatig, EnergieauBe rungen wie die obigen ausuben konnen. Die Grundgesetze der Physik schienen bedroht zu sein, und es war ein quantitatives Studium der Erscheinungen notig, urn Klarheit zu schaffen. Durch Photographieren konnte man die Starke der Strahlung nur un vollkommen messen, aber bald kam man auf eine andere Methode, die sich seitdem vortrefflich bewahrt hat und noch heute in Gebrauch ist. Das war die elektrische Methode. Wie bereits mitgeteilt, vermogen Uranstrahlen Luft, die sonst ein sehr schlechter Leiter der Elektrizitat ist, fUr Elektrizitat leitend zu machen. Diese Elektrizitatsleitung macht sich als sehr schwacher elektrischer Strom 3) bemerkbar, und die Starke des selben envies siclt unter gewissen Vorbedingungen als proportional mit der Intensitat der Strahlung und der Menge der angewendeten Substanz. Nun hatten zwei franzosische Physiker, die Bruder Pierre und Jacques Curie, bei ihren Untersuchungen uber die Piezoelektrizitat des Quarzes bereits 1881 eine Methode zur Messung sehr schwacher Strome angegeben. J. Curie hat sie spater4) in seiner Doktordissertation genau beschrieben. Diese Methode anderte das Ehepaar Pierre und Marya Curie geborene Sklo dowska so ab, daB man mit ihr die Leitfahigkeit der Luft, wie sie durch radioaktive Korper hervorgerufen wird, auf 2-3% genau messen konnte. Wir werden diese Methode spater bei der zugehorigen Apparatur kennen lemen. Mit ihr war es mog lich, die ersten vergleichbaren Messungen der Starke der Radio aktivitat auszufUhren und sie als Stromstarken in Ampere aus zudriicken. Wenn die oben besprochenen Strahlungen yom Element Uran ausgingen, so muBte dies die starkste Radioaktivitat zeigen, seine Verbindungen eine' desto hohere, je mehr Uran sie enthielten. Frau Curies Messungen der Leitfahigkeit von Luft, die mit den Uran- 1) Compt. rend. 126, 1101 (1898), 12. April. 2) Ibid. 3) Von der GroJ3enordnung 10-11 Amp. bei der Curieschen Versuchs anordnung, 3 cm Abstand der Kondensatorplatten, 64 qcm Oberflache der aktiven Substanz. 4) Theses Presentees it la Faculte des Sciences de Paris. Paris 1888. S. 6££. 1*

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