Annegret Witt-Barthel Chancen sozialorientierter Technikgestaltung Studien zur Sozialwissenschaft Band 119 Annegret Witt-Barthel Chancen sozialorientierter Technikgestaltung Politische Ansiitze und Gestaltbarkeit der Informationstechnik in der sozialen Sicherung Westdeutscher Verlag Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Witt-Barthel, Annegret: Chancen sozialorientierter Technikgestaltung: politische Ansatze und Gestaltbarkeit der Informationstechnik in der sozialen Sicherungl Annegret Witt-Barthel. - Opladen: Westdt. VerI., 1992 (Studien zur Sozialwissenschaft; Bd. 119) ISBN-13: 978-3-531-12406-3 e-ISBN-13: 978-3-322-89407-6 DOl: 10.1007/978-3-322-89407-6 NE: GT Der Westdeutsche Verlag ist ein Unternehmen der Verlagsgruppe Bertelsmann International. Aile Rechte vorbehalten © 1992 Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen Das Werk einschlieglich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschutzt. Jede Verwertung augerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulassig und strafbar. Das gilt insbesondere fur Vervielfaltigungen, Obersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Umschlaggestaltung: Christine Nusser, Wiesbaden Gedruckt auf saurefreiem Papier ISBN-13: 978-3-531-12406-3 Inhaltsverzeichnis Einfiihrung ................................................................ 7 I. Sozialorientierte Technik- und Gesellschaftsgestaltung. Kriterien, Ziele und Umsetzungsstrategien........................... 15 1. Fragen zum Verhliltnis von Technik uDd Gesellschaft .......................... 15 2. Vier Ansiitze zur Technik-und Gesellschaftsgestaltung ........................ 19 2.1 Technokratischer Ansatz: An technisch-okonomischen Sachzwiiogen orientierte Konzepte ................................................................. 20 2.1.1 Zur iDdustriegesellschaftlichen Tradition des technokratischen Ansatzes ......................................................................... 20 2.1.2 Fallbeispiel: Technologiepolitisches Konzept "Modernisierung der Volkswirtschaft" der SPO in der sozial-liberalen Koalition (1975 ff) ......................................................................... 26 2.1.3 Probleme und Perspektiven des technokratischen Ansatzes ....... 37 2.2 Nonnativer Ansatz: An gesellschaftlichen Nonnen und Institutionen orientierte Konzepte ................................................................. 50 2.2.1 Zur biirgerlich-liberalen.Tradition des nonnativen Ansatzes ....... 50 2.2.2 Fallbeispiel: Forschungsprojekt "Die Sozialvertriiglichkeit verschiedener Energiesysteme in der industriegesellschaftlichen Entwicklung" unter Meyer-Abich/Schefold (1980-84) .................... 52 2.2.3 Probleme und Perspektiven des nonnativen Ansatzes .............. 78 2.3 Interessenorientierter Ansatz: An Interessenberiicksichtigung und Interessenkonsens orientierte Konzepte .......................................... 85 2.3.1 Zur sozialdemokratisch-gewerkschaftlichen Tradition des interessenorientierten Ansatzes ............................................... 85 2.3.2 Fallbeispiel: Teilprogramm "Mensch uDd Technik - Sozialvertragliche Technikgestaltung" innerhalb der Landesinitiative Zukunftstechnologien des Landes Nordrhein-Westfalen (1985-88) ..... 87 2.3.3 Probleme und Perspektiven des interessenorientierten Ansatzes ......... ... .......... .................................................. 123 5 2.4 Systemkritischer Ansatz: An einer Verlinderung der Wirtschaftsfonn orientierte Konzepte ............................................................... 129 2.4.1 Zur industriekritisch-emanzipatorischen Tradition des systemkritischen Ansatzes....................... ...... ....... ....... ........ 129 2.4.2 Fallbeispiel: Programm "Umbau der Industriegesellschaft - Schritte zur Uberwindung von Erwerbslosigkeit, Annut und Umweltzerstorung" der Gronen (1986) ................................... 133 2.4.3 Probleme und Perspektiven des systemkritischen Ansatzes ..... 149 3. Zwischenergebnis " ............................................................... 157 II. Fallstudie: Zur Gestaltbarkeit der Informationstechnik in der sozialen Sicherung . unter besonderer Beriicksichtigung der Krankenkassen ... .. . .. . . ... .. .. .. .. .. .. . . .. .. . .. . .. ... . .. . . . . . . ... . . . .. 165 1. Informationstechnik in der sozialen Sicherung:.. ...... . ... .. . .... ... ..... . . . .. 169 1.1 Aufgaben und Funktionen der sozialen Sicherung, oder: Wie sozialorientiert ist die Sozialpolitik? ....................................... 169 1.2 Integration der Informationstechnik in die Funktionserfiillung der sozialen Sicherung ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 2. Infonnationstechnik in der sozialen Sicherung: Problembereiche und Gestaltungsansatze .................................................................... 204 2.1 Problembereiche der Technikanwendung und technokratisches Gesellschaftsverstandnis als Verzicht auf sozialorientierte Gestaltung...... 204 2.2 Problembereich Transparenz und Kontrollierbarkeit des Verwaltungshandelns und nonnativer Gestaltungsansatz Datenschutz . . . .. 218 2.3 Problembereich Arbeit und Leistungsqualitiit der Verwaltungen und interessenorientierter Gestaltungsansatz qualitiitsorientierte Rationalisierung .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 248 2.4 Problembereich sozialpolitischer Handlungsspielraum und systemkritische Ansatze zur Gestaltung der sozialen Sicherung ............. 268 III. Schlu8bewertung: Chancen sozialorientierter Technikgestaltung ....................... 287 Literaturverzeichnis .................................................... 303 6 Einfiihrung Kaum eine Technik wird in ihren Potentialen, Wirkungen und ihrer qualitativen Gestaltbarkeit so unterschiedlich eingeschiitzt wie computerbasierte Informations technik. Mit dem vor allem wirtschaftspolitisch motivierten Postulat der Informa tionsgesellschaft verbinden Befiirworter die Sicherung der intemationalen Konkur renzfahigkeit, Rationalisierung aufwendiger Arbeitsprozesse, gro6ere Flexibilitat im betrieblichen Handeln, die ErschlieBung von Informationen als Ware, Plan- und Steuerbarkeit okonomischer und sozialer Entwicklungen. Demgegeniiber warnen Kritiker vor sozialen und politischen Kosten der Technik wie technikinduzierte Mas senarbeitslosigkeit, Uberwachungsstaat, sinnentleerte Arbeit, Verooung menschli cher Kommunikation, AushOhlung von Selbstbestimmung, dem "glasemen" Mitar beiter und BUrger und einer Durchdringung aller Lebensbereiche mit dem Prinzip technisch-okonomischer Effizienz. Ausdruck dieser Positionen sind einerseits der massive und zum Teil gemeinsame Ausbau informationstechnischer Infrastrukturen durch Staat und Privatwirtschaft, andererseits Protestaktionen gegen die Technikan wendung vom Druckerstreik bis zum Volkszahlungsboykott Die kritische wissenschaftliche, gewerkschaftliche und offentliche Auseinander setzung mit Technikfolgen hat bewirkt, daB Forderungen nach einer sozial sinn vollen Technikgestaltung mittlerweile auch in regierungs-und parteipolitischen Kon zepten unterschiedlichster Provenienz befiirwortet werden -Begriffe wie soziale Be herrschbarkeit, Sozialvertriiglichkeit, Sozialorientierung werden dabei allerdings oft nur als Schlagworte eingesetzt, urn fiir ungebremste Technikentwicklung und -anwendung die gewiinschte "Akzeptanz" zu erzielen. Die vorliegende Arbeit will sich demgegeniiber mit der Umsetzbarkeit von Technikgestaltungsansatzen befassen, die von einer gesellschaftlich steuerbaren und an Kriterien sozialer und politi scher Wiinschbarkeit orientierten Technikentwicklung und -anwendung ausgehen. Die Durchsetzbarkeit derartiger Ansatze erweist sich als Problem in Technikentschei dungsprozessen, so daB den immer dringender geforderten Gestaltungsaltemativen droht, auf der Ebene programmatischer Anspriiche steckenzubleiben. Dies hat u.a. folgende Ursachen: • Die Technikentwicklung und die Technikanwendung wird iiberwiegend von Entscheidungstragem verantwortet, die dem herrschenden Paradigma eines technisch-okonoinischen Sachzwangs verbunden sind. Demnach entfaltet der technische Fortschritt eine Eigendynamik, die den sozialen Wandel bestimmt. Die Universalitat der Informationstechnik -ihre Einsetzbarkeit fUr jegliche Pro gramme zur LOsung beliebiger logischer Aufgaben -wird mit gesellschaftspoli tischer Neutralitat gleichgesetzt, die die Technik als Sachmittel flir beliebige Interessen erscheinen liiBt. Tatsachlich werden gesellschaftspolitische Entwicklungen jedoch wesentlich von der wirtschaftspolitischen Zweckrationalitat dominiert, die Kennzeichen der herrschenden Technologiepolitik und Technikanwendung ist. FUr Vertreter kri- 7 tischer Konzepte ist es schwierig, sich in diesem politisch-okonomischen Umfeld durchzusetzen. • Die immer umfassendere Anwendung von Informationstechmk macht es fUr Kritiker und Betroffene zunehmend schwierig, auf die gesellschaftspolitischen Auswirkungen der Technik gezielt einzuwirken. Die Auswirkungen der "Uni versaltechnik" konnen kaum nach technischen und niehttechnischen Ursachen differenziert werden, da sieh im Zuge der Technikanwendung der jeweilige gesellschaftliche Anwendungsbereieh insgesamt verlindert und dieser ProzeB nicht allein von der Technik, sondem wesentlieh von einem Geflecht okono mischer, politischer und organisationsspezifischer Rahmenbedingungen und Entscheidungen geformt wird Die Durchschaubarkeit der Wirkungszusammen hange sinkt auBerdem durch technisch-organisatorische Integrationen vormals unabhlingig voneinander arbeitender Tiitigkeitsbereiehe zu einem System, so daB vielfach Technikanwendung und Wirkung raumlich upd zeitlich ausein anderfallen. • Kritische Positionen entwiekeln dadurch meist Strategien zur Bewiiltigung der Technikentwicklung und ihrer Folgen, die die Technik damit faktisch als determiniert akzeptieren. Das entspricht dem noch immer verbreiteten "Maschi nenmodell" der Wirkungsforschung. Nach diesem gewissermaBen linearen Verstandnis von Technikwirkungen wird die Technikentwicklung von politi schen und okonomischen Ursachen determiniert, die die Technik in Funktionen und Anwendungspotentialen pragen und bestimmte Wirkungen nach sieh ziehen. Als Bewiiltigungsstrategien werden Mitbestimmungsformen bei Tech nikentscheidungen entwickelt, rechtliche Absicherung gegen bestimmte Anwen dungsformen, wie Datenschutz, geschaffen oder die "okonomische Verteilung von Produktivitatsfortschritten" (Herbert Kubicek) betrieben, wobei als Be troffene v.a. Arbeitnehmer angesehen werden. In der wissenschaftliehen, oft interdiszipliir angelegten Auseinandersetzung zeigt sich dieser Ansatz z.B. in sozialwissenschaftlieher Technikfolgenabschatzung oder ergonomischen Ge staltungsmodellen aus der Informatik. Urn die Umsetzungsmoglichkeiten sozialer Kriterien in Technikgestaltung zu iiberpriifen, bietet die neuere Wirkungsforschung Ansatze, die der immer komplexe ren Anwendung der Informationstechnik gerecht zu werden versuchen und denen sich die vorliegende Arbeit daher anschlieBt Die Netzmodelle komplexer Wirkungs zusammenhlinge fassen die technisch-gesellschaftliche Entwicklung als einen perma nenten ProzeB auf, in dem Ursachen, Technikgestaltung und Wirkungen nieht mehr voneinander zu trennen sind. Dabei treten Wirkungen aus den unterschiedlichsten Arbeits-und Lebensbereichen, die mittlerweile von der Technik durchdrungen sind, in eine Wechselbeziehung. Betroffen ist das Individuum in seinen verschiedenen Rollen als Arbeitnehmer, StaatsbUrger, Verbraucher, AngehOriger bestimmter sozia ler Gruppen, etc. Das Erkenntisinteresse dieser Sichtweise richtet sich auf politisches Handeln im Sinne einer Technikgestaltung, die die Belange und die Handlungsmog lichkeiten Betroffener einbezieht, urn soziale Kriterien fUr Technikgestaltung zu 8 entwickeln und diese umzusetzen. Es richtet sich auf die Bestimmung und Verwirk lichung sozialorientierter Tecbnikgestaltung. In der vorliegenden Arbeit wird der Begriff der Sozialorientierung gewahlt, ob wohl in der wissenschaftlichen und politischen Diskussion der Begriff der Sozialver triiglichkeit dominiert. Der Begriff der Sozialorientierung soU betonen, daB das Erkenntnisinteresse sich nicht auf eine Technik richtet, die lediglich mit sozialen Kriterien "vertraglich" ist, sondern an diesen orientiert erst gestaltet werden solI. Ein Vergleich mit dem Begriff der Umweltvertraglichkeit solI verdeutlichen, was damit gemeint ist: Beispielsweise Katalysatoren soIlen das Auto "umweltvertraglich" gestalten, d.h. die schadigende Wirkung des Autos unter Beriicksiehtigung der Belange einer intakten Umwelt so weit wie moglich reduzieren. Ein Begriff wie Umweltorientierung dagegen wUrde m.E. signalisieren, daB es darum geht, zunachst die Belange einer intakten Umwelt festzulegen, urn dann eine geeignete Verkehrs technologie zu entwiekeln. Derartige Belange gehen tiber gesunde Baumbestande und Atemluft weit hinaus, da auch die Gestaltung von Landschaft, Stadtstrukturen und kommunikativen Beziehungen beriihrt sind. Der Begriff der Vertraglichkeit tragt m.E. defensive Ztige, wiihrend der Begriff der Orientierung eher eine aktive Suche beschreibt. Aus dieser Begriffswahl entsteht allerdings leicht eine Verwirrung bei der ErOrterung von Gestaltungsansatzen, die ihrerseits den Begriff der Sozialvertraglich keit verwenden. Sofem ich die impliziten VorsteIlungen der Ansatze erortere, bleibe ieh bei deren Begriffswahl "Sozialvertraglichkeit", sofem ieh den Ansatz fUr die in der vorliegenden Arbeit wichtigen Fragen interpretiere, verwende ieh den Begriff "Sozialorientierung". Diese Fragen sind: • Was kann unter sozialorientierter Technikgestaltung verstanden werden? • Wie kann sozialorientierte Technikgestaltung umgesetzt werden? Urn diesen Fragen nachzugehen, befaBt sich die Arbeit mit folgenden Schwer punkten: 1. Untersuchungsobjekt sind sozialorientierte Technikgestaltungsansatze im Hin blick auf ihre Anspriiche und ihre Umsetzbarkeit. 2. Unter Beriicksichtung der nichttechnischen EinfluBfaktoren von Technikgestal tung soIlen anhand der Anwendung von Informationstechnik in der sozialen Siche rung die Umsetzungschancen der Gestaltungsansatze und ihrer Anspriiche an So zialorientierung konkret erortert werden. Als Methode wird eine analytische Vorgehensweise gewahlt. Eigene empirische Untersuchungen wurden flir die Beantwortung der Fragen nieht angefertigt. Die Vorgehensweise enthiilt zwei analytische Schritte. Der erste Schritt dient der Analyse der Theorie der Ansatze, auf der die jeweilige Sieht der geseIlschaftliehen Notwen digkeit von Technikgestaltung, deren Ziele, Kriterien und Umsetzungsstrategien beruhen. 1m zweiten Schritt wird die Umsetzbarkeit der Gestaltungsanspriiche an der Praxis tiberpriift. Es gibt eine Reihe von Griinden fUr den Verzicht auf Empirie und fUr diese beiden Schritte. 9 Der wesentliche Grund fUr den Verzicht auf Empirie liegt in der Unterschiedlich keit der untersuchten Ansiitze. Dieser Unterschiedlichkeit gerecht zu werden und dennoch eine Vergleichbarkeit der Untersuchungsergebnisse herzustellen, wirft erhebliche empirische Probleme auf. AuBerdem konnten die quantitativen Anforde rungen, die ein empirischer Vergleich verschiedener Ansiitze und ihrer praktischen Umsetzbarkeit stellt, im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht bewiiltigt werden. Die Griinde fiir die Vorgehensweise liegen im Praxisinteresse der Arbeit. Die theore tisch-programmatischen Anspriiche der Gestaltungsansiitze sagen noch nichts tiber ihre Praxisprobleme aus, die sich erst im konkreten Anwendungskontext von Tech nik entfalten. Urn den Praxisbezug der vorliegenden Arbeit herzustellen, wird, wann imrner moglich, mit Fallbeispielen gearbeitet. Die soziale Sicherung ist als Fallstudie fiir die Uberpriifung der Umsetzbarkeit von Technikgestaltungsansiitzen in zweierlei Hinsicht geeignet. Einerseits reguliert die soziale Sicherung mit ihren sozialpolitischen Aufgaben, v.a. industriegesell schaftlich bedingte Lebenslagerisiken aufzufangen und auf soziale Anpassung im technischen Wandel hinzuwirken, gesellschaftliche Folgen von Industrialisierungs und Technisierungsprozessen -z.B. technikinduzierte Arbeitslosigkeit, Arbeitsun fiille, spezifische Krankheiten, veriinderte Qualifikationsanforderungen, etc .. Ande rerseits werden die Aufgaben der sozialen Sicherung in den Verwaltungen mit Informationstechnik bewiiltigt. Mit Informationstechnik verbundene Probleme wer den darnit auch in der sozialen Sicherung wirksam -z.B. Datenschutz, Rationalisie rung, veriindertes Kommunikations- und Problemlosungsverhalten, etc. Fragen sozialorientierter Gestaltung von Informationstechnik bewegen sich damit auf zwei Ebenen. Die Gestaltung richtet sich zwar unmittelbar auf die Anwendung von Infor mationstechnik in den Verwaltungen der sozialen Sicherung. Mittelbar werden aber immer die sozialpolitischen Aufgaben der sozialen Sicherung im gesellschaftlichen Industrialisierungs- und TechnisierungsprozeB hinterfragt, fur die Informations technik in den Verwaltungen letztlich instrumentalisiert wird. Bei der sozialen Siche rung handelt es sich zudem urn einen hochgradig technisierten Anwendungsbereich. Seit etwa Beginn der siebziger Jahre wird die Anwendung von Informationstechnik auf den Ebenen der Sozialversorgung und -verwaltung massiv zur rationelleren Auf gabenbewiiltigung vorangetrieben, wiihrend parallel das Bundesministerium fUr Arbeit und Sozialordnung (BMA) als tibergeordnete BehOrde auf der Grundlage der in den Verwaltungen erzeugten Datenbestiinde und dortigen informationellen Infra struktur den Aufbau einer Sozialdatenbank als sozialpolitisches Entscheidungsin strumentarium vorantrieb. Informationstechnik wird darnit in sehr unterschiedlichen, zum groBen Tell integrierten Funktionen als Rationalisierungsmittel, Organisations technik, Analyse-, Entscheidungs- und Steuerungsinstrumentarium angewendet. Von der Technikanwendung in der sozialen Sicherung ist der Einzelne als Arbeit nehmer, Verwaltungsklient und Adressat von Sozialpolitik betroffen, also in unter schiedlichen sozialen Rollen und Belangen. Gleichzeitig besteht eine existentielle Abhiingigkeit der Sozialversicherten von den Institutionen und Leistungen der sozia len Sicherung, vergleichbar mit der Bindung von Arbeitnehmem an Betrieb und Arbeitgeber (Simitis), allerdings ohne organisierten Handlungswillen. Nicht zuletzt 10