Energiepolitische Schriftenreihe Adolf Neckel . Christoph Fabjan . Kurt Selden Chancen für das Elektrofahrzeug? Teil I: Batterien für elektrische Straßenfahr- zeuge. Teil II: Elektrizität für den Straßenver- kehr? Energiepolitische Schriftenreihe Herausgegeben vom Bundesministerium für Handel, Gewerbe und Industrie in Wien Band 6 Chancen für das Elektrofahrzeug? Teil 1: Batterien für elektrische Straßenfahrzeuge Von Univ.-Prof. Dr. Adolf Neckel Institut für Physikalische Chemie der Universität Wien Univ.-Doz. Dipl.-Ing. Dr. Christoph Fabjan Institut für Technische Elektrochemie Technische Universität Wien Teil II: Elektrizität für den Straßenverkehr? Von Dipl.-Ing. Dr. techn. Kurt Seiden Salzburg Springer Science+Business Media, LLC Redaktionelle Betreuung: Dipl.-Ing. Dr. techn. KARL KELLNER und Dipl.-lng. JoHANN CHRI'>liAN THALHAMMER Bundesministerium fur Handel, Gewerbe und Industrie Sektion V, Abteilung 2 Schwarzenbergplatz 1 A-1015 W1en, Österreich Mit 42 Abbildungen Das Werk 1st urheberrechtheb geschutzt D1e dadurch begrundeten Rechte, msbe,ondcrc d1e der Übersetzung, des Nachdruckes, der Entnahme von Abbildungen, der Funksendung, der Wiedergabe auf photomechamschem oder ahnhchem Wege und der Speicherung m Datenverarbeitungsanlagen, ble1ben, auch bei nur auszugswei\cr Verwertung, vorbehalten. © 1980 Springer Science+Business Media New York Ursprünglich erschienin bei Bundesministerium für Handel, Gewerbe und Industrie in Wien 1980 -1 :~::,::::·~::.:::::;"<" ' "''"'"<' Wten, Ncw York Spnnger, 1980 Enth 'T e1l I Bdttenen fur clcktn ... che Strctßenf<lhrleuge I von Adolf Necke], Chn-.toph FdhJdll - feil 2 ElcktnZJtat fur den Straßenvcrkchr'l I Von Kurt Seiden (EncrgJcpohtJ..,che Schnftenrethe, Bd 6) 1 ISBN 978-3-211-81600-4 (W1en, New York) I NE Necke!, Adolf Battencn fur clcktn~che Strdßcnfdhr~:euge, Seiden, Kurt Elektnntat fur den Strdßenvcrkehr? ISBN 978-3-211-81600-4 ISBN 978-3-7091-3661-4 (eBook) DOI 10.1007/978-3-7091-3661-4 GELEITWORT Bereits im Energieplan, den das Bundesministerium für Handel, Gewerbe und Industrie im März 1975 veröffentlicht hat, wurde bei den Möglichkeiten für die Substitution von Energieträgern auf die Elektrotraktion hingewiesen. So heißt es dort im Punkt 18.2.3.3 u.a.: "Im Straßenverkehr in Ballungszentren empfiehlt sich ein erweiterter Ein satz der Elektrotraktion, dem vorläufig durch das ungünstig hohe Lei stungsgewicht der Batterien gewisse Grenzen, vor allem hinsichtlich der Reichweite der Fahrzeuge, gesetzt sind. Verbesserungen werden hier durch die Entwicklung der Zink-Chlorbatterien und später durch den Ein satz von Akkumulatoren mit nicht-wässrigen Elektrolyten erhofft. Nach dem derzeitigen Stand ist nicht anzunehmen, daß der Verbrennungsmotor in den Städten vollkommen substituiert werden kann. Lediglich ein Teil wird auf Elektrotraktion umgestellt werden können .... Die Auswirkungen eines erweiterten Einsatzes der Elektrotraktion auf den Ausbau der Er zeugungs- und insbesondere der Verteilungsanlagen für elektrische Energie sind noch eingehend zu prüfen." Diese Feststellungen stützten sich vornehmlich auf die in Fachpublikatio nen enthaltenen Angaben über Stand und Aussichten der Batterieentwicklung. Diese Angaben waren jedoch teilweise widersprüchlich und in vieler Hin sicht mangelhaft. So wurde es als ein Gebot empfunden, dem Mangel abzuhel fen und die Einschätzung der Chancen der Elektrotraktion auf eine sicherere Basis zu stellen. In dankenswerter Weise hat zunächst das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung durch die Einsetzung eines Projektteams "Elektrochemische Energiespeicherung" eine Bestandsaufnahme nationaler und internationaler Forschungen und Entwicklungen von elektrochemischen Ener giespeichern durchgeführt, deren Ergebnisse von diesem Ressort im Jahr 1976 veröffentlicht wurden. Die Grundlagen der elektrochemischen Energiespeiche rung konnten in dieser Veröffentlichung aber nur in globaler Weise gestreift werden. Bei der sachgemäßen Einschätzung der künftigen Möglichkeiten, welche die elektrochemische Energiespeicherung der Energieversorgung zu bieten hat, kommt es aber gerade auf das eingehende Verständnis ihrer Grundlagen an. Denn die Lösbarkeit der anstehenden technischen Probleme kann nur mittels einer ins einzelne gehenden Kenntnis der physikalisch-chemischen Vorgänge beurteilt werden. Deshalb hat sich das Bundesministerium für Handel, Gewerbe und Industrie noch im Jahr 1976 entschlossen, Herrn Univ.-Professor Dr. Adolf NECKEL mit einer entsprechenden systemanalytischen Untersuchung zu beauf- -VI- tragen. Als Vorbild dafür diente dem Auftraggeber die diesbezügliche klassische Abhandlung "Die Aussichten der Wärmekraftmaschine" von Aurel STODOLA, die dieser seinem Buch über "Dampf- und Gasturbinen" (Springer-Verlag, Berlin, 5. Auflage 1922) als Anhang beigegeben hatte. Die von den Autoren, Herrn Univ.-Prof. Dr. Adolf NECKEL im Verein mit Herrn Univ.-Doz. Dr. Christoph FABJAN, gewählte Vorgangsweise gestattet es, jene Informationslücken zu schließen, welche nicht nur den in die Öffent lichkeit dringenden Mitteilungen aus Forschungslaboratorien oder aus der In dustrie anhaften, sondern die auch den in Fachorganen gelegentlich erscheinen den Übersichtartikeln unvermeidlich eigen sind. Das Urteil der Verfasser über die prinzipiell positiven Aussichten dafür, daß wesentlich bessere Batteriesyste me innerhalb eines absehbaren Zeitraumes entwickelt werden können, als sie derzeit für die Elektrotraktion verfügbar sind, ist allseitig, sowohl von der im Detail durchgeführten Analyse der chemisch-physikalischen Vorgänge als auch von der Prüfung der technologischen Möglichkeiten und der wirtschaftlichen Ausführbarkeit her wohlbegründet. Die Autoren haben sich auch dem vom Auftraggeber geäußerten Wunsch nicht verschlossen, die Darstellung der Sach verhalte mit Rücksicht auf die Aktualität, die das von ihnen behandelte Thema besitzt, so zu gestalten, daß auch ein nicht speziell Vorgebildeter den Ausfüh rungen zu folgen vermag. Es ist heute wohl unbestritten, daß einer Brechung des praktischen Mono pols, das die flüssigen Kohlenwasserstoffe derzeit im Straßenverkehr besitzen, eine hervorragende energiepolitische Bedeutung zuzumessen ist. Eine weitge hende Umstellung des gegenwärtigen Verkehrssystems auf die Elektrotraktion wird aber erst dann möglich sein - und darin unterscheiden sich die heutigen Auffassungen von dem eingangs zitierten Ansatz, von dem im Energieplan 1975 ausgegangen wurde -, wenn der Aktionsradius der Fahrzeuge 200 - 300 km be trägt, so daß bei Vorhandensein eines geeigneten "Elektro"-Tankstellen-Netzes mit ihnen beliebige Distanzen überwunden werden können. Erst dann wird das Elektrofahrzeug einen echten und annähernd vollwertigen Ersatz für das mit Kohlenwasserstoffen angetriebene Straßenfahrzeug darstellen. In naher Zukunft wird nur mit Transport- und Individualfahrzeugen im Stadtverkehr ein bedeu tender Anteil am Verkehrsaufkommen in Ballungsräumen bestritten werden können. Diese Disposition liegt der Untersuchung zugrunde, die an Herrn Dipl.-lng. Dr. techn. Kurt SELDEN, dem nun in Ruhestand befindlichen ehemaligen Geschäftsführer des Verbandes der Elektrizitätswerke Österreichs, vergeben wurde, die das Ziel hat, die im Energieplan 1975 angekündigte Auswirkung eines erweiterten Einsatzes der Elektrotraktion auf den Ausbau der Erzeugungs und Verteilungsanlagen für elektrische Energie zu prüfen und deren Ergebnisse im zweiten Teil dieser Veröffentlichung enthalten sind. Die vorgegebene Dis position führt zwangsläufig zur Anordnung von Batteriewechselstationen im -VII- gesamten öffentlichen Straßennetz. Erst nach Abschluß der Untersuchung von Herrn Dipl.-Ing. Dr. Kurt SELDEN, welche gemäß den in anderen Ländern schon vorher angestellten Überlegungen berücksichtigt, daß für die Elektro traktion im gesamten öffentlichen Straßennetz zwangsläufig Batteriewechsel und -ladestationen anzuordnen wären, wird bekannt, daß den Gedanken der Errichtung derartiger "Elektro-Tankstellen" der heutige Vorstand des Instituts für Energiewirtschaft an der Technischen Universität Wien, Herr Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. techn. Leopold BAUER, bereits während des Zweiten Weltkriegs entwickelt hat. Auszugsweise sind seine Überlegungen in der Zeitschrift des NSBDT im VDI-Verlag vom 12. Februar 1942 unter dem Titel "Elektro-Tank stellen" veröffentlicht worden. Die ausführliche Studie, auf der diese Publika tion beruht, ist während der Kriegswirren leider verlorengegangen. Wenn Herr Dipl.Ing. Dr. Kurt SELDEN zu dem Ergebnis kommt, daß die Belieferung elektrisch getriebener Straßenfahrzeuge für die öffentliche Elektri zitätsversorgung weder technisch noch wirtschaftlich unlösbare Probleme stellt, so impliziert dies die Aufgabe, die entsprechende Planung zeitgerecht einzu leiten und für jene Vorkehrungen in überlegterWeise vorzusorgen, die beim Auftreten jener Elektrofahrzeuge, die eine ausreichende Mobilität gewährleisten könnten, dann in kürzester Frist geschaffen werden müßten, um den realen Verkehrsbedürfnissen in ausreichendem Maße zu entsprechen. Dieser Beitrag, den die öffentliche Elektrizitätsversorgung zur Brechung des Monopols der Kohlenwasserstoffe im Bereich des Straßenverkehrs zu lei sten hat, stellt jedoch nur eine Komponente in dem vielschichtigen und kom plizierten Prozeß des Eindringens eines neuen Fahrzeugtyps in einen etablier ten Markt dar, der von hochentwickelten, dauerhaften Produkten beherrscht wird, an die ein breites Publikum seit vielen Jahrzehnten gewöhnt ist. Dieses Eindringen kann daher nur dann in einem ansehnlichen Ausmaß erfolgen, wenn diesem Publikum annähernd die gleichen Vorteile geboten werden, die die ihm gewohnten Produkte bieten, d.h. auch die freie Mobilität im internationalen Straßenverkehr, was die internationale Abstimmung über wesentliche Kompo nenten, so etwa über die Dimensionen und die äußere Spannung der Wechsel batterien bereits zu einem Zeitpunkt erforderlich macht, bevor die neuen Fahrzeugtypen den Markt erreichen. Mit anderen Worten: die Einführung der Elektrotraktion im Straßenver kehr in nennenswertem Ausmaß bildet eine Herausforderung an die internatio nale Solidarität. Sie erfordert die Überwindung kommerzieller wie nationaler Egoismen im Interesse der Durchsetzung eines der wichtigsten Ziele, das alle Staaten der Welt, insbesondere aber die Industrieländer objektiv verbindet, nämlich die Verringerung der Abhängigkeit von flüssigen Kohlenwasserstoffen. Diese Veröffentlichung ist in dem Sinne zugleich auch als Beitrag zur Her beiführung dieser unerläßlichen internationalen Kooperation gedacht, als durch die kritische Überprüfung der in ihr enthaltenen Argumente die Bereitschaft, -VIII- die praktische Arbeit an der Entwicklung wettbewerbsfähiger Elektrostraßen fahrzeuge auf die hiezu notwendige breite, staatenübergreifende Basis zu stel len, wirksam gefördert werden soll. Wien, Dezember 1979 Dipl.-lng. Dr. techn. Wilhelm FRANK Sektionschef Leiter der Sektion V (Energie - Oberste Bergbehörde - Grundstoffe) im Bundesministerium für HandeL Gewerbe und Industrie INHALTS VERZEICHNIS GELEITWORT 111 TEIL I I. EINLEITUNG 1. Allgemeine Betrachtungen zur Elektrotraktion 2. Grundsätzliche Überlegungen zur elektrochemischen Energieumwandlung und -Speicherung 8 II. DIE WISSENSCHAFTLICHEN GRUNDLAGEN 15 1. Thermodynamik galvanischer Zellen 15 1.1 Der ideale elektrochemische Wirkungsgrad 20 1.2 Konzentrationsabhängigkeit der reversiblen Zellspannung 24 1.3 Temperatur- und Druckabhängigkeit der reversiblen Zellspannung 24 1.4 Das reversible Elektrodenpotential 24 1.5 Thermodynamische Stabilität der Elektrodenmaterialien 26 2. Kinetik von Elektrodenreaktionen 29 2.1 Die elektrochemische Doppelschicht 32 2.2 Durchtrittsüberspannung 36 2.2.1 Quantenmechanische Behandlung des Ladungsdurchtrittes 43 2.3 Diffusionsüberspannung 45 2.4 Reaktionsüberspannung 51 2.4.1 Reaktionsüberspannung bei homogenen Reaktionen 51 2.4.2 Reaktionsüberspannung bei heterogenen Reaktionen 52 2.5 Kristallisationsüberspannung 53 2.6 Widerstandspolarisation und Ohm'scher Spannungsabfall 56 2.7 Der Wirkungsgrad elektrochemischer Zellen 58 2.8 Irreversible Wärmeeffekte 60 3. Elektrokatalyse 61 3.1 Mechanismus der anodischen Wasserstoffoxidation 67 3.2 Mechanismus der Elektrodenreaktionen an der Sauerstoffelektrode 70 3.2.1 Die kathodische Sauerstoffreduktion 70 3.2.2 Die anodische Sauerstoffentwicklung 73 -X- III. SPEICHERSYSTEME 75 I. Konventionelle und neue Speichersysteme im Nieder- temperaturbereich 78 1.1 Der Blei/Schwefelsäure-Akkumulator 78 1.1.1 Maßnahmen zur Verbesserung der Kenndaten 83 1.1.2 Abschätzung der erreichbaren Kenndaten 88 1.1.3 Der Blei-Lösungsakkumulator 89 1.2 Der Nickel/Eisen-Akkumulator 90 1. 2.1 Möglichkeiten zur Verbesserung des Entwicklungsstandes des Nickel/Eisen-Systems 91 1.2.2 Abschätzung der erreichbaren Kenndaten 94 1.3 Der Nickel/Kadmium-Akkumulator 95 1.4 Der Nickel/Kobalt-Akkumulator 95 1.5 Die Nickel/Zink-Batterie 96 1.5.1 Möglichkeiten zur Verbesserung des Lade-Entladeverhaltens von Nickel/Zink-Zellen 97 1.5.2 Abschätzung der erreichbaren Kenndaten 10 I 2. Hochtemperatursysteme 103 2.1 Einleitung 103 2.2 Die Natrium/Schwefel-Zelle 104 2.2.1 Verbesserungsmöglichkeiten der N atrium/Schwefei-Zelle I 1 1 2.3 Die Lithium-Aluminium/Eisensulfid-Zelle 113 2.3.1 Entwicklungsstand und Abschätzung der erzielbaren Kenndaten 118 3. Zwitterbatterien (Metall/Luft-Zellen) 118 3.1 Ungelöste Fragen, Verbesserungsmöglichkeiten und Abschätzung der erreichbaren Kenndaten 120 4. Brennstoffzellen und Hybridaggregate 123 4.1 Brennstoffzellen 123 4.1.1 Elektroden 127 4.1.2 Hilfsaggregate und zusätzliche Einrichtungen 128 4.1.3 Offene Probleme der Brennstoffzellen als Systeme für die Elektrotraktion 128 4.1.4 Gegenwärtiger Stand der Brennstoffzellentechnik und Abschätzung der erreichbaren Kenndaten 129 4.1.5 Diskussion der Entwicklungsmöglichkeiten von Brennstoffzellen 130 4.2 Hybridsysteme 132 4.2.1 Funktionsprinzip 132 5. Sonstige in Frage kommende Batterietypen 133 5.1 Bei Umgebungstemperatur betriebene Elemente 133 5.1.1 Die Zink/Chlor-Batterie 134