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Bürgerliches Recht: Das Familienrecht PDF

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INHALTS V E RZ EIe H N I S v. Buck: Das Familienrechl Sette Kapitell: Einleitung 365 1. Begrift des Famillenrechts - II. Familienrecht, Sitte und Sittlichkeit - III. Besonderheiten der Famillenrechtsnormen - IV. Das Vormundsctlaftsgericht - V. stand der Quellen - VI. Gliederung 1. Teil: Die Ehe 1. Abschnitt: Eheschließung Kapitel 2: Verlöbnis 369 I. Begriff und Klagbarkeit - II. Der Rücktritt vom Verlöbnis Kapitel 3: Die bürgerliche Ehe . 370 I. Staat und Kirche - II. Begriff der Ehe Kapitel 4: Die E~eschließung 371 I. Geschäftsfähigkeit und Ehemündigkeit - II. Eheverbote - Irr. Die Eheschließung - IV. Nichtigkeit der Ehe - V. Willens mängel und Aufhebungsklage - VI. Wiederverheiratung nach Todeserklärung 2. Abschnitt: Wirkungen der Ehe Kapitel 5: Allgemeine Wirkungen 376 I. Eheliche Lebensgemeinschaft H. Die Stellung des Mannes - III. Die Stellung der Frau - IV. Vermutungen Kapitel 6: Grundlagen des ehelichen Güterrechts . 379 1. Das Problem und seine Lösung - II. Der Ehevertrag III. Das Güterrechtsregister Kapitel 7: Die gesetzlichen Güterstände 381 A. Verwaltung und Nutznießung des Mannes. 1. Eingebrachtes Gut und Vorbehaltsgut - II. Die Verwaltung und Nutznießung des Mannes im allgemeinen - III. Die Nutznießung insbesondere - IV. Die Verwaltung insbesondere - V. Die Gläubiger der Frau - VI. Das Erwerbsgeschäft der Frau - VII. Ende des Güterstandes B. Gütertrennung. Fortsetzung 3. Umschlagseite Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler, Wiesbaden Herausgeber: Dr. R. Selllen. - A 5000. Bürgerliches Recht Das Familienrecht Von PROFESSOR DR. de BOOR BETRIEBSWIRTSCHAFiLICHER VERLAG DR. TH. GABLER, WIESBADEN ISBN 978-3-663-03146-8 ISBN 978-3-663-04335-5 (eBook) DOI 10.1007/978-3-663-04335-5 Copyright 1950 by Dr. Th. Gabler, Wiesbaden de Boor, Bürgerliches Recht 365 Fünftes Buch: Das Falnilienrecht Kapitel 1. Einleitung I. Begriff des Familienrechts 1. Das Farn i I i e n r e c h t regelt in erster Linie die Beziehungen der Farn i I i e n mit g I i e d e rl zueinander, und zwar sowohl die persön lichen Beziehungen (p e r s ö n I ich e s Farn i I i e n r e c h t) als auch die Bindungen, denen das Vermögen der einzelnen Beteiligten mit Rücksicht auf seinen Zweck, dem gemeinsamen Unterhalt der Familie zu dienen, unterliegt (F ami I i eng ü t e r re c h t ). 2. Grundlage der Familie ist die Ehe in ihrer rein monogamischen Form, vgl. § 20 EheG. Die Familie als Rechtsbegriff ruht des weiteren auf dem Begriff der Kindschaft, der ehelichen, welche die Verwandt schaft nach der Seite des Vaters und der Mutter, und der unehelichen, welche die Verwandtschaft nur nach der Seite der Mutter hin erzeugt, § 1589 II. Aus der Verbindung von Personen durch Abstammung von einander oder von einem gemeinsamen Dritten ergibt sich der Begriff der Verwandtschaft, § 1589 I. 3. Für Minderjährige zu sorgen, ist Recht und Pflicht der Eltern. Fal len diese aus (z. bei Vollwaisen) oder wird Fürsorge für einen Voll jährigen nötig (z. B. für einen Geisteskranken)" so hat der Staat ein zutreten. Er entledigt sich dieser Pflicht, indem er dem Mündel einen seiner Bürger zum Vormund bestellt oder diese Aufgabe einer Behörde überträgt. Die Vormundschaft beruht also nicht auf einer Familien beziehung (Ehe oder Verwandtschaft), sondern auf staatlicher Be stellung. Sie geht aber nicht nur geschichtlich auf das Gewaltrecht des nächsten Verwandten über die Person des Mündels zurück, sondern ist auch im geltenden Recht inhaltlich der elterlichen Gewalt nachgebildet. Sie ist deshalb mit Recht von unserem Gesetz dem Familienrecht ein geordnet worden. 11. Familienrecht, Sitte und Sittlichkeit 1. Ehe und Familie sind nicht vom Recht geschaffen. Sie waren vor dem Staat und seinem Recht da, aus der menschlichen Natur notwen dig erwachsen, durch die Sittlichkeit geregelt, von einem reichen Brauchtum umsponnen. Aber die Familie hat ihre Bedeutung nicht nur in sich, sondern ist zugleich die Grundlage des Volkes. Darum ist es eine der wichtigsten Aufgaben der Rechtsordnung, Ehe und Familie zu schützen und zu hegen; aber auch eine der schwierigsten Aufgaben. Deshalb sagt Art. 6 I, II des Bonner Grundgesetzes: "Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zu- 366 de Boor vörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staat liche Gemeinschaft." 2. Zwar sind die Voraussetzungen und Formen einer vollgültigen Ehe schließung, sowie die Folgen etwaiger Mängel rechtlicher Ordnung ohne weiteres zugänglich. Schwieriger aber ist es, die inneren Ange legenheiten der Ehe und der engeren Familie (und auf diese kommt es wesentlich an) zQ regeln. Denn eine gesunde Ehe, ein rechtes Ver hältnis zwischen Eltern und Kindern beruht nie darauf, daß die Be teiligten sich gesetzlichen Vorschriften fügen, sondern darauf, daß sie ein~nder in Liebe, Achtung und rechter FamiIiengesinnung verbunden sind. Deshalb bleibt die gesunde Ehe und das gesunde Eltern- und Kindesverhältnis am besten sich selbst überlassen. Das BGB hat darin vielleicht schon zu viel getan. So hat z. B. der Satz des § 1354, daß dem Mann die Entscheidung in allen das gemeinschaftliche Leben betreffenden Angelegenheiten zustehe, noch nie einem Manne genützt, der sich nicht selbst durchzusetzen wußte; allenfalls - dem Sinn des Gesetzes zuwider - einem, der von der Ehe loszukommen und aus dem Ungehorsam der Frau einen Scheidungsgrund aufzubauen suchte. Ähnlich steht es mit dem Satz des § 1631 Ir 2, nach welchem das Vormundschaftsgericht den Vater bei seiner Erziehungsaufgabe auf seinen Antrag mit geeigneten Zuchtmitteln zu unterstützen hat. Kommt es zu einem solchen Antrag, so hat die Erziehung schon versagt, und ein einmaliger Eingriff des Vormundschaftsrichters wird auch nicht mehr viel nützen. 3. Wohl aber erwächst der Rechtsordnung eine wieder mit ihren Mit teln ohne weiters lösbare Aufgabe, wenn die Familie versagt: wenn also die Ehe innerlich zusammengebrochen ist (Ehescheidung), oder wenn das Elternhaus in seiner Erziehungsaufgabe versagt und die elterliche Gewalt beschränkt oder entzogen werden muß. 4. Rechtlicher Normierung eher zugänglich ist das Familiengüterrecht, siehe oben I 1. Aber auch hier wäre wohl die, vom BGB nur als Aus nahme vorgesehene, freiwillige Unterwerfung des Frauen- und Kindes guts unter die Verwaltung des Mannes und Vaters ohne viel recht liche Bindung die der gesunden Familie angemessenste Lösung. An ders steht es mit dem Vermögen minderjähriger Kinder: da diese mangels Geschäftsfähigkeit rechtlich gehindert sind, ihr Vermögen zu verwalten, bedarf es der gesetzlichen Unterwerfung ihres Vermögens unter die Verwaltung ihres Vaters, des geborenen gesetzlichen Ver treters. III. Besonderheiten der Familienrechtsnormen 1. Daß die Rechtssätze, die sich auf die Familie beziehen, angesichts der Besonderheit und Schwierigkeit der dem Gesetzgeber gestellten Aufgabe eine Reihe von Eigenheiten zeigen müssen, die sich auf den anderen Gebieten des Privatrechts, etwa dem Recht des Eigentums oder des Geschäftsverkehrs, nicht finden, liegt auf der Hand. Hier die wichtigsten: 2. Der Inhalt der Rechtsbeziehungen wird des öfteren nicht selbständig definiert, sondern durch Verweisung auf den allgemein bekannten sitt lichen Inhalt der Familienbeziehung geregelt, so insbesondere die Ehe Bürgerliches Recht 367 durch den Satz: "Die Ehegatten sind einander zur ehelichen Lebens gemeinschaft verpflichtet", § 1353 1. 3. Da das sittliche Verhalten nur als freiwilliges Wert hat, so kann die Befolgung der Familienrechtssätze nicht immer erzwungen werden. Z. B. keine Klage aus dem Verlöbnis auf Eingehung der Ehe, § 1297 I, keine Vollstreckung der Urteile auf Herstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft, § 888 II ZPO. 4. Ob jemand ein ihm zustehendes Vermögens recht ausüben (z. B. aus Eigentum klagen) will oder nicht, ist im allgemeinen seinem freien Be lieben überlassen. Die ordentliche Ausübung der aus den Familienver hältnissen sich ergebenden Rechte dagegen ist sittliche und vielfach auch Rechtspflicht, die nicht nur dem Kind, sondern auch Volk und Staat gegenüber besteht. So hat der Vater, der Vormund nicht nur das Recht, sondern auch. die Pflicht, für Person und Vermögen des Mündels zu sorgen, §§ 1627, 1793. So ist der Ehemann verpflichtet, die ihm zustehende Verwaltung deB Frauenvermögens ordnungsmäßig auszuüben, § 1374. 5. Sittliche Pflichten sind nicht abdingbar. Soweit also sittliche Pflichten zu Rechtspflichten erhoben sind, sind die betreffenden Sätze zwin genden Rechts: an dem persönlichen Inhalt der Ehe, der elterlichen Gewalt kann nichts durch Vertrag geändert werden. Eher erweisen sich die Rechtssätze, welche das Familiengüterrecht regeln, der Beein flussung durch Rechtsgeschäft als zugänglich. Vgl. besonders den "Ehevertrag" unter Kap. 6, 1I. 6. Die Familienbande zu achten, sind auch Dritte sittlich verpflichtet. Deshalb sind die wichtigsten Familienrechte, wenngleich sie in erster Linie die Beziehungen zwischen den Beteiligten regeln, also relativ sind, in einzelnen Beziehungen auch gegen Dritte gerichtet. Beim Ehebruch i. B. wird das Recht des Betrogenen nicht nur durch den schuldigen Gatten, sondern auch durch den Dritten verletzt. Wer dem Vater das minderjährige Kind widerrechtlich vorenthält, setzt sich der Klage aus, § 1632. IV. Das Vormundschaftsgericht 1. Bestellung und Beaufsichtigung des Vormundes ist Sache des Vor mundschaftsgerichts. Darüber hinaus hat dieses Gericht mancherlei Angelegenheiten familienrechtlicher Natur (auch zwischen Ehegatten) zu erledigen, die entweder nicht streitig sind, oder deren Austragung im streitigen Prozeß den Familienfrieden gefährden würde. Beispiele in §§ 1357 II, 1379. Das Vormundschaftsgericht ist also Familiengericht und führt seinen Namen nur nach seiner wichtigsten Funktion. 2. Vormundschaftsgericht ist das Amtsgericht, § 35 FGG. 3. Das Vormundschaftsgericht verfährt nicht nach den Grundsätzen des streitigen Prozesses, sondern nach der freieren, der Tätigkeit·von Verwaltungsbehörden angenäherten Regeln der freiwilligen Gerichts- 368 de Boor barkeit. Das Nähere ist im zweiten Abschnitt des Gesetzes über die freiwillige Gerichtsbarkeit bestimmt. V. Stand der Quellen 1. Die wichtigste Quelle des Familienrechts istl das IV. Buch des Bür gerlichen Gesetzbuchs, das in drei Abschnitte zerfällt: bürgerliche Ehe, Verwandtschaft, Vormundschaft, siehe oben I, 2, 3. Es wird durch eine Reihe von Sondergesetzen ergänzt, über die im Laufe der Darstellung zu berichten sein wird. 2. Als Regelung eines durch die Sittlichkeit geordneten Verhältnisses ist die Gestaltung des Familienrechts in höherem Maße als die an deren Rechtsgebiete von der Weltanschauung, insbesondere auch von den Kirchen als Vertreterinnen einer sittlichen Lebensordnung, ab hängig. In dem nicht nur konfessionell gespaltenen, sondern auch gei stig stark zerklüfteten Deutschland (Frauenemanzipationsbewegung, Stellung der Sozialdemokratie zur Familie usw.) war eine reichs recht liche Regelung nur im Wege des Kompromisses möglich; sie zeigt alle Mängel eines solchen. Die Reformbedürftigkeit großer Teile unseres Familienrechts ist anerkannt. Doch stehen einer einheitlichen Reform die alten Gegensätze der Weltanschauung entgegen. Das Ehegesetz vom 6. Juli 1938 mit sechs Durchführungsverordnungen regelte die Eheschließung und Ehescheidung neu. Es wurde durch das Gesetz Nr. 16 des Kontrollrats vom 20. März 1946 über die Ehe auf gehoben und durch eine Regelung ersetzt, die nicht zum BGB. zurück kehrte, sondern das Ehegesetz von 1938 von nazistischen Grundsätzen reinigte, im übrigen aber zugrunde legte. Deshalb sind auch die Durch führungsverordnungen zum alten Ehegesetz mit der Ausnahme der dritten im wesentlichen noch in Kraft. Das Kontrollratsgesetz Nr. 16 wird im folgenden als Ehegesetz zitiert. 3. Hinsichtlich der Ehe war ein Reformprogramm in Art. 119 der Weimarer Verfassung gegeben: Die Ehe "beruht auf der Gleich berechtigung der beiden Geschlechter". Doch ist dieses Programm nicht durchgeführt worden. Auch das Bonner Grundgesetz sagt in Art. 3 II: "Männer und Frauen sind gleichberechtigt", fügt aber in Art. 117 I hinzu, daß entgegen stehendes Recht bis zur Anpassung, aber nicht länger als bis zum 31. März 1953 in Kraft bleibe. Bis dahin wird also die Reform durch geführt sein müssen. Die Verfassung der Deutschen demokratischen Republik bestimmt nicht nur die Gleichberechtigung der Geschlechter, sondern hebt auch alle entgegen stehenden Bestimmungen auf. Daher gelten viele der im folgenden darzu stellenden Vorschriften, so das Bestimmungsrecht des Mannes nach § 1354, die Sätze über das eheliche Güterrecht und ähnliche in der Ostzone nicht mehr. 4. Die Reform des Erziehungsrechts ist durch das Jugendwohlfahrts gesetz vom 9. Juli 1922 in die Wege geleitet, eine solche des Rechts der unehelichen Kinder, ist seit Jahrzehnten geplant, aber trotz ihrer Bürgerliches Recht 369 Dringlichkeit bislang nicht gelungen. Nach Art. 6 V GrundG. sind ihnen durch Gesetz die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern. VI. Gliederung 1. Schon mit Rücksicht auf die Reform des Eruehqngsrechts, aber auch aus Gründen der inneren Zusammengehörigkeit wird im Folgenden das Recht der elterlichen Gewalt aus dem Verwandtschaftsrecht her ausgenommen und mit dem Vormundschaftsrecht zusammengefaßt werden. So ergeben sich drei Abschnitte mit etwas anderem Inhalt als die des Gesetzes: I. Ehe. 11. Verwandtschaft. IH. Elterliche Gewalt, Vormundschaft, Pflegschaft. I. Teil: DIE EHE 1. ABSCHNITT: Eheschließung Kapitel 2. Verlöbnis I. Begriff und Klagbarkeit 1. Verlöbnis ist ein auf Eingehung der Ehe gerichteter Vertrag. 2. Da die Eheschließung nur als freiwillige Handlung sittlichen Wert hat, so ist eine Klage aus dem Verlöbnis nicht gegeben: § 1297 I. Auch das Versprechen einer Vertragsstrafe für den Fall, daß die Ehe nicht zustande kommt, ist nichtig, da eine solche Strafe einen indirekten Zwang zum Abschluß der Ehe darstellen würde, § 1297 H. 3. Doch zeigt sich die Vertragsnatur des Verlöbnisses darin, daß die Nichterfüllung zu freilich beschränkten Schadensersatzpflichten führen kann. Die Vertragsnatur des verlöbnisses ist stark bestritten. Viele halten die Verlobung für eine rein tatsächliche Handlung, ähnlich dem Abschluß eines Freundschaftsbundes. 4. Das Verlöbnis unterliegt als Vertrag den Regeln des allgemeinen Teils über Vornahme von Rechtsgeschäften. Der Geschäftsunfähige kann sich also nicht verloben, der beschränkt Ge schäftsfähige bedarf der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters. Die An fechtung wegen Willensmangels folgt den Regeln der §§ 119 ff. Doch muß das Verlöbnis seiner besonderen Natur nach persönlich vorge nommen werden. Stellvertretung ist ausgeschlossen. i370 de Eeor 11. Der Rücktritt vom Verlöbnis 1. Da ein Zwang zur Eingehung der Ehe nicht statthaft ist, siehe oben I 2, so ist ein Rücktritt vom Verlöbnis jederzeit möglich. Erfolgt er aus wichtigem Grunde, so hat er die Pflicht zur Rückgabe der Braut geschenke und Verlöbniszeichen, aber keine sonstigen Rechtsnachteile zur Folge, §§ 1298 III, 1301. 2. Wer ohne wichtigen Grund zurücktritt, was objektiv nach den in den Kreisen der Verlobten herrschenden An schauungen zu beurteilen ist: bloße subjektive Abneigung genügt nicht, wird in beschränktem Maße dem anderen Verlobten, in noch engerem Umfang dessen Eltern, schadensersatzpflichtig, § 1298. Ebenso, wer durch sein schuldhaftes Verhalten z. B. durch Untreue, durch schlechte Behandlung, dem anderen einen wichtigen Grund zum Rücktritt gibt, der diesen veranlaßt, das Verlöbnis zu lösen, § 1299. Mit Recht; denn auch ein solches Verhalten verletzt die Verlöbnispflicht; auch könnte sonst derjenige, der vom Verlöbnis loskommen will, sich seinen Ersatzpflichten dadurch entziehen, daß er den anderen durch schlechte Be handlung zum Rücktritt zwingt. Endlich wird auch schadens ersatzpflichtig, wer aus einem von ihm selbst verschuldeten Grund, z. B. wegen eigner Geschlechtskrankheit, zurücktritt. 3. Die unbescholtene Braut, die dem Verlobten die Beiwohnung ge stattet hat, kann ferner, wenn die Voraussetzungen zu 2 vorliegen, eine billige Entschädigung auch für ihren ideellen Schaden verlangen (während im allgemeinen Geldentschädigung nur für Vermögens schaden zu zahlen ist, § 253), sog. Deflorationsanspruch (Kranzgeld), § 1300. Kapitel 3. Die bürgerliche Ehe I. Staat und Kirche 1. Um die Befugnis, in Ehesachen Gesetze zu geben und Recht zu spre chen, haben Staat und Kirche durch Jahrhunderte gerungen. Der Staat ist Sieger geblieben: Für Deutschland wurde erstmals durch das Personenstandsgesetz vom 6. Februar 1875 ein rein weltliches Eherecht für ganz Deutschland einheitlich eingeführt, das auch die sog. Z i v i I t rau u n g, d. h. die Schließung der Ehe vor dem staatlichen Beamten, brachte. Was die Verfahrensvorschriften anlangt, so gilt das PStG. in der Fassung vom 3. November 1937 noch heute; sein ma terielles Eherecht dagegen ist - mit einigen Änderungen - ins BGB übernommen worden. 2. Im staatlichen Recht sind die Voraussetzungen einer Ehe geregelt, die der Staat als solche anerkennt. Dem einzelnen bleibt es unbenom men, wie er sich darüber hinaus zu den Rechtsvorschriften seiner Kirche verhalten, insbesondere ob er sich nach Abschluß der Ehe in staatlicher Form noch kirchlich trauen lassen will. Keineswegs be- Bürgerliches Recht 371 zweckt die staatliche Gesetzgebung, den Einfluß der Kirche auf die Ehe als eine sittliche Institution zu unterbinden. Nur als Institut des bür gerlichen Rechts sollte sie von der Kirche unabhängig sein, insoweit also die Trennung von Staat und Kirche durchgeführt werden. Das kommt zum Ausdruck in der Bezeichnung "Bürgerliche Ehe" und in dem § 1588, nach welchem die kirchlichen Verpflichtungen in Ansehung der Ehe durch das Eherecht des BGB. nicht berührt werden. Dem gleichen Zweck dient der § 15 III GVG.: "Die Ausübung einer geist lichen Gerichtsbarkeit in weltlichen Angelegenheiten ist ohne bürger liche Wirkung. Dies gilt insbesondere bei Ehe- und Verlöbnissachen." 11. Begriff der Ehe 1. Das BGiB. gibt keine Definition des Rechtsinhalts der Ehe. Mit Recht: denn wie die Versuche früherer Gesetze zeigen, kann die durch die Ehe hervorgerufene Gebundenheit des ganzen Lebens nicht durch die - niemals vollständige - Aufzählung einzelner Rechte und Pflich ten genügend beschrieben werden. Deshalb bleibt der Rechtsordnung nichts übrig, als auf den durch Sitte und Sittlichkeit allbekannten In halt der Ehe zu verweisen, vgl. § 1353 I, oben Kap. 1 II 2. 2. Nach § 1317 kommt die Ehe durch übereinstimmende Erklärung der Verlobten, also durch Vertrag zustande. Somit ist die "bürgerliche Ehe" a) der auf eheliche Lebensgemeinschaft gerichtete Vertrag, b) die durch diesen Vertrag entstandene rechtliche Gebundenheit der Gatten. Kapitel 4. Die Eheschließung I. Geschäftsfähigkeit und Ehemündigkeit 1. Wer geschäftsunfähig oder vorübergehend geistesgestört ist, kann eine Ehe nicht eingehen, doch wird die Ehe rückwirkend gültig, wenn der Ehegatte nach Wegfall des Ehehindernisses zu erkennen gibt, daß er die Ehe fortsetzen will, §§ 2, 18 EheG. 2. Der Geschäftsbeschränkte bedarf der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters und sofern neben diesem noch einer anderen Person die Personenfürsorge obliegt (z. B. der Mutter des unehelichen Kindes), auch dieser Person. Wird die Einwilligung ohne wichtigen Grund verweigert, so kann sie durch das Vormundschaftsgericht auf Antrag ersetzt werden. Die ohne die erforderliche Einwilligung geschlossene Ehe ist auf hebbar, siehe unten V, 6; §§ 3, 30 EheG. 3. Beim Eheabschluß soll der Mann mindestens 21, die Frau min destens 16 Jahre alt sein (sog. Ehemündigkeit). Beiden kann Befreiung bewilligt werden, dem Mann jedoch nur, wenn er mindestens 18 Jahre alt und für volljährig erklärt ist, § 1 EheG. Es "handelt sich nur um eine Sollvorschrift. Wenn eine Ehe von jün geren Personen abgeschlossen worden ist, was freilich nur durch Täu schung des Standesbeamten über das Alter möglich wäre, so ist sie voll gültig.'

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