ebook img

Brot und Politik: Ernährung, Tafelluxus und Hunger im antiken Rom PDF

243 Pages·2001·25.3 MB·German
Save to my drive
Quick download
Download
Most books are stored in the elastic cloud where traffic is expensive. For this reason, we have a limit on daily download.

Preview Brot und Politik: Ernährung, Tafelluxus und Hunger im antiken Rom

Ulrich Fellmeth Brot und Politik Ernährung, Tafelluxus und Hunger im antiken Rom Brot und Politik Ulrich Fellmeth Brot und Politik Ernährung, Tafelluxus und Hunger im antiken Rom J. Verlag B. Metzler Stuttgart . Weimar Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Fellmeth, Ulrich: Brot und Politik 1 Ulrich Fellmeth. - Stuttgart/Weimar : J. B. Metzler, 2001 ISBN 978-3-476-01806-9 ISBN 978-3-476-01806-9 ISBN 978-3-476-02765-8 (eBook) DOI 10.1007/978-3-476-02765-8 Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. © 2001 Springer-Verlag GmbH Deutschland Ursprünglich erschienen bei J. B. Metzlersche Verlagsbuchhandlung und Carl Ernst Poeschel Verlag GmbH in Stuttgart 2001 www.merzlerverlag.de [email protected] Inhalt Vorwort 9 I Gesellschaftliche und wirtschaftliche Hintergründe Nahrungsmittel und die Ernährungsgewohnheiten der einfachen Leute 15 Mahlzeiten und deren Zubereitung im alltäglichen Leben 15 Mindestbedarf der Menschen an Nahrungsmitteln 20 Die bei den Römern gebräuchlichen Getreidearten und Getreideprodukte 23 Zugaben zum Brot 27 Tierische Nahrungsmittel 32 Getränke 36 2 Wirtschaftliche Grundlagen der Ernährung 39 Ackerbau 39 Viehzucht 46 Gartenbau 48 3 Der Nahrungsmittelhandel, seine Grenzen und seine gesellschaftlichen Konsequenzen 49 Die archäologischen und epigraphischen Befonde zu den Marktorten 52 Überlegungen zur praktischen Durchfohrung des Transports landwirtschaftlicher Güter zum Markt 54 Der Nahrungsmitteltransport über ein Binnengewässer 59 Der Transport übers Meer 61 Die Lieferung von Nahrungsmitteln aus den Provinzen 64 4 Bevölkerungswachsrum und demographische Entwicklungen 69 Römische Bürger 70 Sklaven 71 Städte 72 5 Wirtschaftliche und soziale Aspekte von Hungersnöten in den Städten des römischen Kaiserreiches 75 5 Inhalt II Eine Sozialgeschichte des Essens in Rom Die >normalen< Mahlzeiten und die exquisite Küche der Reichen 87 2 Die »Luxusgesetze« vom 2. Jahrhundert v. ehr. bis in die frühe Kaiserzeit 102 3 Luxus und (sittliche) Gesundheit 107 4 Zeugnisse des Hungers 116 Das Verhalten der Menschen in Hungerkrisen 120 Krankheiten 122 Die soziale Hierarchie des Hungers 123 III Politische Auswirkungen des Hungers Hunger und Politik 129 Hunger und der Kampfz wischen Plebejern und Aristokraten in den StändekämpJen 129 Hunger und die Massenbasis popufarer Führer 134 Hungerkrisen und das Zerbrechen der republikanischen Ordnung in Rom 141 Hunger in der Stadt und die Genese des Prinzipats 149 Hunger und die Gefohrdung des entwickelten kaiserlichen Regimes 154 Fazit 157 2 cura annonae - die staatliche und die städtische Sorge für die Nahrungsmittelversorgung 158 Kolonisation 159 Ausdehnung und Intensivierung der Bodennutzung, interregionaler bzw. internationaler Handel 161 Ausbau der Verkehrsinfrastruktur 162 Ausbau der Speicherhaltung, Vorratshaltung 169 Kontrolle und Verwaltung des Handels und der Nahrungsmittel- versorgung 176 Bildung von Geldguthaben zum Ankauf von Getreide in Notzeiten 180 Dauerhafte staatliche Alimentierung der städtischen Armen 184 Rationierungen, kurzfristige Verminderung der Verbraucherzahlen, Einschränkung des TaJelluxus und HächstpreisJestsetzungen 189 Antispekufationsmaßnahmen, Öffnung von privaten Speichern 191 liberalitas 192 Fazit 195 6 Inhalt IV Luxus, Hunger und Politik in der Geschichte - und heute? Das Problem bewußtsein 201 Die außenwirtschaftliche Dimension 204 Nahrungsmittel- moralisch und ökonomisch betrachtet 205 Die Dimension der Markt- und Raumordnung 206 Die binnenwirtschaftliche Dimension 207 Die ernährungswissenschaftliche Dimension 210 Die soziale Dimension 211 Politische Wirkungen von Hunger - Politische Maßnahmen gegen den Hunger 212 panem et circenses - Sinn und Zweck der staatlichen Wohlfahrt in der römischen Antike 215 Bibliographischer Anhang Antike Quellen 218 Die antiken Quellen zu den einzelnen Kapiteln 223 Verzeichnis der modernen Literatur (in Auswahl) 229 Glossar 234 Bildquellen 248 7 Vorwort Seit Mitte des 20. Jahrhunderts sind die Menschen in den Industrienationen mit einer nicht enden wollenden Flut von Katastrophenmeldungen über Hunger lei dende Menschen aus allen Teilen der Welt konfrontiert. Eine weit verbreitete Er fahrung mit diesen Meldungen ist es, daß die Nachricht zwar in den Köpfen an kommt, nicht aber in den Herzen. Dies ist kein Vorwurf an die Zeitgenossen, sondern die Einsicht in die gespaltene Wahrnehmung von Hunger im öffent lichen Bewußtsein der wohlhabenden Staaten: Man weiß von der Existenz des Elends in der Welt - man weiß aber immer weniger über die strukturellen Ursa chen von Armut, Lebensmittelverknappung und Hunger, man weiß nichts über die individuellen Erfahrungen von Armut und Hunger und man denkt kaum noch über die öffentliche Daseinsfürsorge nach. Und man kann das Hunger elend kaum noch emotional nachvollziehen. Wie auch? Die letzten großen Hungerkrisen in Europa liegen weit zurück und die weltkriegsbedingten Hungererfahrungen kennen die meisten Menschen nur noch aus Erzählungen der Eltern oder Großeltern. Das fast blinde Vertrauen in die modernen Versorgungsstrukturen, die ununterbrochene Erfahrung von Nah rungsmittelüberfluß haben die Sicht verstellt auf den auch in der heutigen Welt noch weit verbreiteten Mangel, auf den Hunger und auf das individuelle Leiden am Hunger. Diese allgemeine Erfahrung bildet wohl auch den Hintergrund dafür, warum der Themenkreis }Ü berfluß kontra Armut und Hunger<, die hisrorischen Agrar und Ernährungsgefüge, die Möglichkeiten und Grenzen öffentlicher Daseins fürsorge eher zu den Randgebieten der Wirtschafts- und Sozialgeschichte zäh len. Dabei gehört der Gegensatz von Reichtum und Luxus zu Armut und Hunger zu den alltäglichen Erfahrungen der Menschen in allen vorindustriellen Gesell schaften, zahllose Generationen waren der zerstörerischen Bedrohung durch den Hunger ausgesetzt. Die Nahrungsmittelproduktion und leistungsfähige Versor gungssysteme sind deshalb zu allen Zeiten ein ernstes gesellschaftliches und po litisches Thema gewesen, sie konnten sogar über den Fortbestand von politischen Gemeinwesen entscheiden. Schon allein deshalb sollten der Gegensatz von Über fluß und Armut, der Hunger, die individuelle Hungererfahrung und die Versu- 9 Vorwort che von öffentlicher Daseinsfürsorge in historischen Gesellschaften in der Ge schichtswissenschaft stärkere Beachtung finden. Kann überdies die Analyse der historischen Verhältnisse Aufschlüsse geben über die Möglichkeiten und Grenzen der Hungerbekämpfung im heutigen Asien, in Lateinamerika oder Mrika? Mit einer solchen Frage haben die meisten Historiker große Probleme. Historische Individualitäten (das sind historische Personen, Kollektive, Strukturen, Kulturen, Epochen etc.) zeichnen sich gerade dadurch aus, daß sie einzigartig, unverwechselbar und damit im Prinzip nicht vergleichbar sind. Mit anderen Worten: keine historische Hungerkrise glich in ihren Ursachen, ihrem Verlauf und im Krisenmanagement vollständig einer an deren. Gleichwohl fallen immer wieder Ähnlichkeiten auf, die sich - bei aller spezifischer Ausprägung im Einzelfall - vielleicht doch verallgemeinern lassen. In dieser Studie wird versucht, die Erfahrungen einer historischen Epoche mit Überfluß und Hunger als Modell für die Problematik auch in anderen Epochen und Gesellschaften zu nutzen. Der Begriff Modell wird hier jedoch in seiner all gemeinen Bedeutung, nicht im Sinne der sehr komplexen Allgemeinen Modell theorie, gebraucht - hier meint Modell etwa >Urbild< oder >Prototyp<. Und am Ende wird man dann abwägen müssen, ob und inwieweit die Erfahrungen die ser Modell-Epoche zu verallgemeinern, auf andere Epochen und Gesellschaften zu übertragen sind. Die römische Antike eignet sich aus verschiedenen Gründen sehr gut als ein solches Modell: 1. Die römische Antike ist eine relativ homogene Epoche, was die politischen, kulturellen, mentalen und wirtschaftlichen Verhältnisse angeht. 2. Sie ist durch Quellen zum Thema weitgehend gut erschlossen. 3. Die römische Antike bietet eine große Bandbreite an Erfahrungen mit Über fluß und Tafelluxus, mit kollektivem Hunger, mit öffentlicher Daseinsfürsorge und Hungerkrisenmanagement. 4. Die römische Antike ist der Moderne in vielen Aspekten wesentlich näher als etwa das Mittelalter. Was reizt einen darüber hinaus, das Thema Luxus und Hunger in der römi schen Antike zu untersuchen? Den meisten Menschen fällt im Zusammenhang mit dem Buchtitel der Slogan des römischen Satirikers Juvenal von panem et cir censes - von Brot und Spielen - ein. Dieser schon damals sprichwörtliche Aus spruch hat bis heute ein (Vor-)Urteil über die Bevölkerung Roms geprägt: sie sei satt, staatlich alimentiert und käuflich! Doch stimmt das denn überhaupt? In diesem Zusammenhang schreibt Juvenal folgendes: »Schon lange, seit wir unsere Stimmen niemandem mehr verkaufen [seit 14 n. ehr. wurden Beamte nicht mehr vom Volk gewählt, deshalb machte Wahlbestechung keinen Sinn mehr], küm mert sich die Menge um nichts: das Volk, das einst Imperium, die Faszes, die Armee, kurz alles verlieh, hält sich zurück jetzt: nach zwei Dingen lechzt es nur - nach Brot 10 Vorwort und Spielen. « Zumindest wird hier doch angedeutet, daß das Volk von der Poli tik ausgeschlossen wurde und nicht umgekehrt sich von der politischen Verant wortung verabschiedet hat. Und was ist verwerflich daran, wenn das Volk nach Versorgung und ein wenig Unterhaltung lechzt? Außerdem - gab es da nicht auch Hungerunruhen in Rom? Ganz so satt und alimentiert waren die städti schen Massen also doch nicht, wenn sie wegen des nicht seltenen Lebensmittel mangels in der Stadt auf die Straße gingen. Vielleicht war die staatliche Versor gung der Bevölkerung erst eine Reaktion auf diese Hungerunruhen? Aber wie umfangreich war denn überhaupt die staatliche Versorgung der römischen Be völkerung - reichte sie überhaupt aus? Dieser Fragenkatalog legt nahe, daß es hier noch genauerer Untersuchungen bedarf. Andererseits fallen einem auch Nachrichten von fast beispiellosem Tafelluxus an den Tischen der Reichen Roms ein: das berühmte Gastmahl des Trimalchio in der Satire des Petronius, oder das Verprassen der Jahreseinnahmen aus mehre ren Provinzen für ein einziges kaiserliches Gastmahl. Wie verbreitet waren diese Exzesse, hatten sie überhaupt keine politischen Folgen? Wie konnte eine Gesell schaft einen solchen Antagonismus - Hungerelend einerseits und exzessiver Ta felluxus andererseits - überhaupt aushalten? Schon beim ersten Herangehen an die Ernährungsverhältnisse der römischen Antike tauchen so viele Fragen auf, daß eine genauere systematische Untersu chung dringend notwendig erscheint. Dies soll im Verlauf der Untersuchung in vier Schritten geleistet werden: Die Grundlage bildet eine Analyse des römischen Agrar- und Ernährungsge füges, der Nahrungsgewohnheiten, des Nahrungsmittelbedarfs, der Agrarpro duktion, demographischer Entwicklungen und der Bedingungen des Transports und des Handels von Lebensmitteln. In einem zweiten Schritt wird dann der Kontrast von Luxus und Hunger in der römischen Gesellschaft dargestellt: die individuellen Erfahrungen mit Luxus und Hunger, die moralische und politische Beurteilung des Luxus, ebenso die so ziale Verteilung des Mangels und des Hungers unter den Armen Roms. Die politische Perspektive im dritten Schritt wird in zwei Teilen ausgeführt: Zunächst wird dargestellt, wie Verknappung, Preisanstieg und Hunger ernste po litische Konsequenzen haben konnten: Hungerproteste konnten durchaus die )Große Politik< beeinflussen - umgekehrt bediente sich die )Große Politik< nicht selten solcher Hungerproteste zur Durchsetzung ihrer eigenen Ziele. Im folgen den wird nach den staatlichen und städtischen Vorsorgemaßnahmen gegen den Hunger, nach dem Krisenmanagement in akuten Hungerkrisen, und wie erfolg reich die öffentlichen Instanzen dabei waren, gefragt. Erst dann kann in einem letzten Schritt abgewogen werden, ob und inwieweit die römische Antike tatsächlich einen Modellfall für Verknappungs- und Versor gungskrisen in anderen vorindustriellen Gesellschaften bildet. Noch sorgfältiger 11

See more

The list of books you might like

Most books are stored in the elastic cloud where traffic is expensive. For this reason, we have a limit on daily download.