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Briefe aus der Brautzeit 1770–1776: Mit einem Essay von Walter Jens PDF

476 Pages·2000·37.092 MB·German
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Briefe aus der Brautzeit 1770–1776 J e n s H g . Walter Jens Hg. B Briefe aus r i e f e a u der Brautzeit s d e r B 1770–1776 r a u t z e i t 1 7 7 0 – 1 7 7 6 ISBN 978-3-7400-1111-6 9 783740 011116 Gotthold Ephraim Lessing/ Eva Konig Briefe aus der Brautzeit 1770-1776 Gotthold Ephraim Lessing / Eva Konig Briefe aus der Brautzeit 1770-1776 Mit einem einleitenden Essay von Walter lens Neu herausgegeben und kommentiert von Wolfgang Albrecht 2000 Verlag Hermann Bohlaus Nachfolger Weimar Die Deutsche Bibliothek- CIP-Einheitsaufnahme Lessing,GottholdEphraim: Briefe aus der Brautzeit 1770-1776/ Gotthold Ephraim Lessing/Eva Konig. Mit einem einl. Essay von WalterJens. Neu hrsg.und kommentierr von WolfgangAlbrecht. - Weimar:Verlag Hermann Bohlaus Nachfolger, 2000 ISBN978-3-7400-1111-6 ISBN978-3-7400-1111-6 ISBN978-3-476-03480-9(eBook) DOI 10.1007/978-3-476-03480-9 DiesesWerk einschliel3lich aller seinerTeile ist urheberrechtlich geschtitzt. jedeVerwertungauBerhalbderengenGrenzendes Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulassig und strafbar, Das gilt ins besondere fur Vervielfaltigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitungin elektronischenSysternen. © 2000Springer-VerlagGmbHDeutschland UrsprunglicherschienenbeiVerlagHermannBohlausNachfolgerWeimarGmbH2000 www.boehlausnf.de [email protected] Inhalt Walter jens: Essay VII Oer Briefwechsel ................................... 1 Anhang 347 Reisenotizen von Eva Konig 348 Erlauterungen .................................. 355 Zu den Briefen 355 Zu den Reisenotizen Eva Konigs ............... 431 Gebrauchliche Zahlungsmittel 433 Editorische Notiz 434 Ausgewahlte Literaturhinweise 437 Personenregister ................................ 439 Ortsregister 460 V Walter Iens »Ich umarme Sie tausendma! in Gedanken undsehnemich rechtsehr nach dem Tage, da iches wirklich tun bann.« Eva Konig und Gotthold Ephraim Lessing »Ich bin den ganzen Tag unruhig, wenn ich nach Hamburg schreibe, und drei Tage vergehen, ehe mir alles hier wieder so recht gefallt, als es mir gefallen soIl. (...) Es ist alles itzt so weitlaufig und ode urn mich, dass ich zu mancherStunde gern viel darum geben wollte, wenigstens von meinen kleinen Ge sellschaftern in Hamburg etwas urn mich zu haben.(...)Leben Sie recht wohl, meine liebe Freundin; und bedenken Sie fein, dass der Mensch nicht bloB von gerauchertern Fleisch und Spargel, sondern, was mehr ist, von einem freundlichen Ge sprache, mundlich oder schriftlich, lcbet.. Das sind Satze aus Lessings erstern Briefan Eva Konig; Satze, die, ein halbes]ahr nach Evas Verwitwung (ihr Mann, der Seiden- und Tapcten fabrikant Engelbert Konig, war im Dezember 1769 in Venedig gestorben), den spateren Brautigam (im September 1771 ist Verlobung) und Ehemann (die Hochzeit findet, nach ]ahren des Fernseins, der Krisen und des Beinahe-Abschieds, im Ok tober 1776 start) ... Satze, die Eva Konigs Freund, Geliebten, Partner, Vertrautcn und, auch dies, geheimen Kontrahenten in seiner Doppeltheit zeigen: Lessing ist einsam und sehnt sich zugleich nach Dialog, Austausch und einem Gesprach, das fur ihn zeitlebens spirituell und amilsant, hochfahrend und lustig sein musste. Er war nicht ungern allein, liebte die Klause mit monchi scher Meditation unter Buchern,aber zu gleicherZeit verlang te ihn nach Unterhaltung am Spieltisch und Amusement beim Entwurf von Nummern-Kombinationen fur die Hamburger Lotterie: Wann ist Ziehung?Diese Frage war fur ihn wichtiger VII als: Wann is!Audienz beim regierenden Herrn? Es musste, neben der Karrner-Arbeit in der Bibliothek und am Schreibtisch, al leweil etwas los sein in Lessings Leben; Langeweile war ihm - wie seinem Nachfahren Bert Brecht - von Herzen verhasst. Parlieren, Einsatze wagen, insTheatergehen, Schulden machen: das war seine Passion. Von Melancholie gezeichnet, sehntc er sich nach Unterhaltung bei Lichterglanz und abendlichem Betrieb: hinaus aus der Tagesfron - an den Spieltisch, auf die Btihne! Aber schon nach kurzer Zeit begannen ihm die Zerstreuun gen schal und ode zu werden, und er kehrte zurtick in die Ein samkeit, die er brauchte und doch verfluchte:»Dabeisitze ich hier allein«, schrieb er, am 8. September 1770, nach dem Tod seines Vaters an Eva, »von allen Menschen verlassen, und habe mich ineine Arbeit verwickelt, die nichts wenigeralsan genehm ist.Wahrlich, ich spiele eine traurige Rolle in meinen eignen Augen. Und dennoch (...)wird sich und musssich alles urn mich herum wieder aufheitern, ich will nur immer vor mich weg und so wenig als rnoglich hinter mich zurucksehen, Tun Sie ein Gleiches, meine liebste Freundin, und lassen Sie sovieI Entschlossenheit und Mut,alsSie sonst in Ihrerganzen Auffiihrung bezeigen, nicht verloren scin.. Gotthold Ephraim Lessing und Eva Konig (er, als man sich kennen lernte, schon tiber vierzig, sie dreiunddreiBig): Das ist ein Geschwisterpaar aus dem Kreis der Saturnier, beide me lancholisch - oder, wie man im 18.Jahrhundert sagte: geschla gen mit Hypochondrie -, beide am Rand einer bosartigen und langandauernden Depression, beide deshalb urn die Seelenla ge des anderen wissend und beide entschlossen zu hilfreicher Trostung. Wer gerade besser dran war, harte dem Partner Mut zuzusprechen:»Ich will(...)Sie (...)instandigst bitten«, schrieb Eva Ende Januar 1773 an Lessing, »dieser hochst beschwer lichen Krankheit in Zciten Einhalt zu tun, ehe sie zu tiefe Wurzeln fasst. Verlassen Sic ihr altes Schloss lieber aufeinige Zeit ganz, und gehen Sie nach Braunschweig, wo Sie denn doch mehr Gelegenheit sich zu zerstreuen finden, als aufdem verwiinschten Schlosse, und iiberhaupt in Wolfenbuttel. Horen Sie, bester Freund, folgen Sie mir, und sagen Sie mir es recht bald, dass Sie mir gefolgt, und dass Sie die beste Wirkung VIII davon spi.iren. Gott gebe, dass Sie mich dessen mit Wahrheit versichern konnenl- Da helfen sich zwei Schwermi.itige, die sich sehr genau in die Lage des andern versetzen, einfi.ihlsam und phantasievoll: zwei Melancholiker, die ihren Seelenzustand, das Leiden an der »fatalen Hypochondrie«, mit hoher Prazision analysieren wobei, das ist das Faszinierende im Verhaltnis dieser intelli genren Personen, Eva I/och zupackender und akribischer schreibt als ihr Partner. »Alles ware noch ertraglich«, heibt es in einem Brief nach Wolfenbi.ittel aus der Vor-Verlobungszeit, »wenn ich munter ware; ich bin aber so niedergeschlagen, dass ich nicht im Stan de bin, mich zum Lachen nur zu zwingen, urn nicht sonderbar zu scheinen, ob ich gleich hier unter besonders lustigem Volke bin. Ich bin schon zufrieden, wann ich es so weit bringe, dass ich nicht weine; was das Argste ist, so scheinet mir alles, was ich tue, nicht recht getan zu sein, in dem Augenblicke bereue ich, was ich den vorhergehenden getan habe. Mit einem Wor te, ich bin nicht mehr dieselbe.. Wo andere Liebesleut schwarrnen und in brieflichen Umar mungen, erotischen Gestandnissen und wilden Ki.issen schwel gen - auf dem Papier, versteht sich -, sind Eva und Gotthold dabei, einander ihr Vertrauen durch eine moglichst freimi.itige, konkrete und nichts beschonigende Beschreibung ihrer Stim mungen zu beweisen - und zwar in einer Schreibweise, die, bei aller Genauigkeit, nicht pedantisch und definitiv, sondern schwebend-offen ist, immer darauf abzielend, dem Partner Einspruchs-Gelegenheiten zu schaffen, Abhilfen zu ersinnen (auch wenn's nur cine Brunnenkur ist ...) und mit Ratschlagen zur Stelle zu sein. So trist die Lage der beiden auch ist - er. immer in Geld not,sie:in Atem gehalten durch eine schier endlose, von Hoff nungen, Verzweiflungen, neuen Hoffnungen bestirnrnte Li quidation der Konigschen Sarnt-, Tapeten- und Seidenge schafte auf der Wieden zu Wien -, so desolat, von hofischen Kabalen und finanziellen Pressionen bedroht, die Situation sich in Wolfenbi.ittel, Wien und Hamburg auch ausnimmt: von Sentirnentalitat und Wehleidigkeit ist nie die Rede in den Briefen Evas und Lessings. IX Man flucht, weint, verzweifclt, versinkt fur ein paar Tage in Hypochondrie; rappelt sich aber rasch wieder hoch - die Frau immer viel schneller als der Mann - und formuliert, mitten in der groBen Tristesse, seine von Courage und Lebenswillen zeugenden Bonmots: »Ich bin andern zur Last, und mir selbst«, so Eva am 5. Dezember 1772. »Wenn ich mir ja noch einige ruhige Stunden machen kann, so sind es die, wenn ich fur mich allein bin. (...) Urn den verdrieBlichen Grillen auszu weichen, habe ich ein Paar seidene Strurnpfe fur Sie angefan gen. Lachen Sic mich aberja nicht aus! ich will es Ihnen nicht raten. Die Strurnpfe kosten mich mehr, als Sic glauben! Eine Menge Lugen! Denn wer mich daran sticken sieht, will wis sen, fur wen sic sind.. Seltsam, hochst seltsam: Da enthullen zwei Menschen einander, prazise und witzig, ihre geheimen Gedanken, Ang ste, Befurchtungen- und geben sich gieichwohl in der Offent lichkeit nicht als Paar zu erkennen. Waren sic einander am Ende nicht sicher? Ftirchteten sie sich, vor die Welt hinzutre ten, solange sie einander nur fluchtig, fur ein paar Besuchs tage, in Gasthofen trafen, weit voneinander entfernr waren, und das nicht nur raumlich, sondern in langer Verlobungszeit auch spirituell? Man stelle sich einen Brautigam vor, der seiner Verlobten wahrend des ganzen ]ahres 1774 nur einen einzigen Brief schreibt! In der Tat, das muss schon ein seltsames Paar gewe sen sein, diese Eva und dieser Gotthold. Er in Wolfenbuttel, sie in Wien; er in ltalien, sie in Hamburg; fur Stunden zusarn men, und schon wiedergetrennt. Auseinandergerissen durch Ge schafte, die nicht aufschiebbarwaren, oderdurch eine Laune der groBen Herren: Ais man endlich zusammen ist, 1775 in Wien, und der beruhmtc Dramatikeraus Deutschland sichvon den Da men und Herren der Gesellschaft umschwarrnt sieht - als man, fast schon am Ziel, Plane fur eine gemeinsame Heimreise macht -, da wird Lessing befohlen, sich als Reisebegleiter des Prinzen Leopold von Braunschweig nach Suden, Richtung Padua zu be geben, auf cine Reise, die Eva Station fur Station in Gedan ken verfolgt, voll Sorge und Bangen ... und das zu Recht. Ihre Briefe erreichen den Reisenden nicht, worauf der ar gerlich wird und sich fur Monate in Schweigen hilllt, urn am x Ende, als sich alles aufklart (osterreichische Schlamperei war schuld gewesen, dass die Schreiben aus Hamburg nicht an die rechte Adresse gelangten) ... urn am Ende zu erklaren, er habe, nach so langem Schweigen, seine Braut wenn nicht fur tot, so doch fur schwerkrank gehalten. Ein seltsames Paar, nochmals, die zwei mit ihrer verschwie genen Liebe, mit den Missverstandnisscn, Egoismen und hochst personlichen Launen: Da vertrauen zwei Menschen einander, bauen auf eine gemeinsame Zukunft, machen Plane furs Morgen und Uberrnorgen - und verfolgen im Hier und jetzt ihre Eigeninteressen. Start sich - Geschaft hin, Geschaft her - mit raschem Ent schluss aufdie Socken zu machen und dem zaudernd-morosen Gotthold die Pistole aufdie Brust zu setzen- jetztwirdgeheira tet,Monsieur,oderwirmachenSchluss-,ktimmert sich Eva,ohne Gewissensbisse, drei volle Jahre lang in Wien urn ihren maro den Betrieb, kehrt die Geschaftsfrau heraus, verhandelt mit Kreditoren und Geldbeschaffern, Gaunern und Helfern, be rechnet den Wert ihrer Lager, wartet auf gtinstige Konditio nen, hofft aufdie Hilfe des Hofs, versucht die Seidenfabrik zu verkaufen, da sie nichts einbringt, und die Tapetenfabrik, die gewinnrrachtig arbeitet, urn jeden Preis zu behalten, kummert sich urn ihre Angestellten, 27 Gesellen, 8 Lehrjungen, 18 Sei denweberinnen, denkt viel an die Firma und den »Krebs gang" der Auftrage und wenig an ihre vier Kinder, die sie in guter Hut zurtickgelassen hat ... und Lessing? Lessing ist weit, und die Firma ist nah ... genauso wie fur Gotthold, als der Hof ihn nach Italien in Marsch setzte, die gerade erst wie dergewonnene Braut fern und Italien nah war- Italien,wo der Herr Antiquar weniger die Bauwerke, die Landschaftsschon heiten und die Menschen als die alten codices in phantasti schen Bibliotheken interessieren. Kein Wunder, so betrachtet, dass diese beiden lang Verlob ten, die sich kaum sehen und gelegentlich, durch Missver standnisse befordert, monatelang miteinander nicht einmal korrespondieren ... kein Wunder, dass sie sich vor der Welt nicht zueinander bekannten. Nur fein stille, hieB zumal Les sings Devise,ein verschwiegenes Gesuch an den Herzog, man mage ihm das Salar erhohen, damit er heiraten konne, eine XI

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