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Blutgefäss- und Lymphgefässapparat Innersekretorische Drüsen: Innersekretorische Drüsen I Schilddrüse · Epithelkörperchen · Langerhanssche Inseln PDF

312 Pages·1939·21.255 MB·German
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HANDBUCH DER MIKROSKOPISCHEN ANATOMIE DES MENSCHEN HERA USGEGEBEN VON 1tVILHELlVI v. MÖllLENDORFF ZÜRICH SECHSTER BAND BL UTGEFÄSS- UND L YMPHGEFÄSSAPPARAT INNERSEKRETORISCHE DRÜSEN ZWEITER TEIL INNERSEKRETORISOHE DRÜSEN I SCHILDDRüSE. EPITHELKöRPERCHEN· LANGERHANSSCHE INSELN BERLIN VERLAG VON JULIUS SPRINGER 1939 .. BL UTGE}~SS- UND LYMPRGE}~SSAPPARAT .. INNERSEKRETORISCHE DRUSEN ZWEITER TEIL INNERSEKRETORISCHE DRÜSEN I SCHILDDRÜSE . EPITHELKÖRPERCHEN LANGERHANSSCHE INSELN BEARBEITET VON DR. W. BARGMANN DOZENT AN DER UNIVERSITÄT LEIPZIG MIT 152 ZUM TEIL FARBIGEN ABBILDUNGEN BERLIN VERLAG VON JULIUS SPRINGER 1939 ISBN 978-3-642-89085-7 ISBN 978-3-642-90941-2 (eBook) DOI 10.1007/978-3-642-90941-2 ALLE RECHTE, INSBESONDERE DAS DER ÜBERSETZUNG IN FREMDE SPRACHEN, VORBEHALTEN. COPYRIGHT 1939 BY JULIUS SPRINGER IN BERLIN. SOFTCOVER REPRINT OF THE HARDCOVER 1ST EDITION 1939 Inhaltsverzeichnis. Seite Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Die Schilddrüse. (Mit 71 Abbildungen) ................... . 2 I. Makroskopische Anatomie und topographisches Verhalten der Schilddrüse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 II. Die Organentwicklung und Histogenese der Schilddrüse 6 1. Die Organentwicklung der Schilddrüse . . . . . . . . . . . 6 2. Die Histogenese der Schilddrüse . . . . . . . . . .. . . . 11 3. Die Histophysiologie der embryonalen Schilddrüse. . . . . . . . . . 19 4. Wachstum und Vermehrung der Schilddrüsenfollikel in der Postfetalzeit 20 5. Der Einschluß von branchiogenen Organen, Organteilen und Cysten in der Schilddrüse ........................ 21 6. Der Endostyl . . . . . . . . 22 III. Der Feinbau der Schilddrüse . . . 25 1. Untersuchungsmethoden . . . . . . 25 2. Die Architektur der Schilddrüse . . 27 3. Die Form des Schilddrüsenfollikels . 30 4. Die Größe der Schilddrüsenfollikel . 32 5. Die Zahl der Schilddrüsenfollikel . . . . . . . 37 6. Die Epithelauskleidung der Schilddrüsenfollikel 37 7. Die verschiedenen Typen der Schilddrü8enzelle . . . . 47 a) Kolloidzellen und degenerierende Follikelwandzellen . 47 b) Parafollikuläre Zellen, interstitielle Zellen . . . . . 50 c) Die "ovoiden Zellen" (BENSLEY) . . . . . . . . . 55 8. Das Verhalten der Schilddrüsenzelle in der Gewebekultur 55 9. Papillen- und Polsterbildungen . . . 56 10. Die intrafollikulär gelegenen Zellen. . . . . . . . . . . 57 a) Die intravitale Desquamation. . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 b) Die postmortale Desquamation . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 c) Das Vorkommen von mesenchymalen Zellen und Blutelementen im Follikellumen . . . . . . . . . . . . . . . . 59 11. Das Kolloid .................. . 61 12. Die Bildung und Stapelung des Kolloids . . . . . . 70 13. Die Ausschwemmung des Kolloids . . . . . . . . . 77 14. Der Bindegewebs- und Gefäßapparat der Schilddrüse 85 a) Membrana propria .............. . 85 b) Interfollikuläres Bindegewebe . . . . . . . . . . 87 c) Kapsel ................... . 87 d) Die Zellelemente im Bindegewebe der Schilddrüse 88 e) Fettgewebe .. 89 f) Muskelgewebe . 89 g) Knorpelgewebe 89 h) Blutgefäße. . . 89 i) Lymphgefäße ..... 93 15. Die Nerven der Schilddrüse 94 IV. Das Strukturbild der Schilddrüse in seiner Abhängigkeit von inneren und äußeren Faktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 1. Altersveränderungen der Schilddrüse . . . . . . . . . . . . . . . . 96 2. Das strukturelle Verhalten der Schilddrüse während der Metamorphose 97 a) Teleo8tier . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 b) Amphibien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 3. Sexualzyklus, Gravidität, Geburtsakt und Schilddrüsenstruktur . . . . 101 4. Durch Korrelation zu inkretorischen Organen bedingte Strukturverände rungen der Schilddrüse . . . . . . . . . . . . . . 104 5. Jahreszyklische Strukturveränderungen der Schilddrüse 105 a) Teleo8tier . 106 b) Amphibien .................. . 106 VI Inhaltsverzeichnis. Seite c) Reptilien . . . . . . . . . . . 106 d) Vögel, Säuger . . . . . . . . . 108 6. Schilddrüse winterschlafender Tiere. 108 7. Schilddrüse und Integument. . . . . . . . . . . . . . . . 109 8. Die Beeinflussung der Schilddrüsenstruktur durch die Umwelt . . . . 109 9. Die Beeinflussung der Schilddrüsenstruktur durch die Außentemperatur 110 10. Lichtstrahlen und Schilddrüsenstruktur . . . . . . . . . . . . . . . H3 11. Höhenlage und Schilddrüsenstruktur . . . . . . . . . . . . 113 12. Der Einfluß der Ernährung auf die Struktur der Schilddriise . 113 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . 115 Die Epithelkörperchen. (Mit 40 Abbildungen). . . . . . . . . . . . . . 137 Einleitung ........................... 137 1. Makroskopische Anatomie und topographisches Verhalten der Epithelkörperchen ....................... 138 1. Die Epithelkörperchen des Menschen und der Säugetiere. 138 2. Die Epithelkörperchen der Vögel . . . . . . . . . . . 144 3. Die Epithelkörperchen der Reptilien. . . . . . . . . . 146 4. Die Epithelkörperchen der Amphibien . . . . . . . . . 146 5. Die Epithelkörperchen der Fische . . . . . . . . . . . 148 H. Die Organentwicklung der Epithelkörperchen . . . 148 ]. Die Organentwicklung der Epithelkörperchen des Menschen und der Säuger 148 2. Die Organentwicklung der Epithelkörperchen der Sauropsiden . . . . . 154 3. Die Organentwicklung der Epithelkörperchen der Amphibien 155 IH. Die Histogenese der Epithelkörperchen 156 IV. Der Feinbau der Epithelkörperchen . . 158 1. Untersuchungsmethodik . . . . . . . . . . 158 2. Die Architektur der Epithelkörperchen. . . 159 3. Die Zellelemente der Epithelkörperchen . . . . . . . 163 4. Kolloidhaltige Follikel und intercelluläre Kolloidmassen 175 5. Der Stütz- und Gefäßapparat des Epithelkörperchens . 177 a) Kapsel, Septen und Gitterfasern . . . . . . . . . 177 b) Basalmembranen . . . . . . . . . 179 c) FettgewE'be. . . . . . . . . . . . 179 d) Knorpelgewebe im Epithelkörperchen 180 e) Blutgefäße . . . . . . . . . . . . 181 f) Lymphgefäße. . . . . . . . .. . . 183 g) Intravasales Kolloid ............ 184 h) Die Zellen des Stromas der Epithelkörperchen. 184 6. Die Nerven der Epithelkörperchen. . . . . . . . 184 V. Funktionell bedingte Strukturveränderungen der Epithel- körperchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 1. Lichtstrahlen und Epithelkörperstruktur . . . . . . . 185 2. Kalkhaushalt und Feinbau der Epithelkörperchen. 186 3. Jahrescyclische Strukturveränderungen der Epithelkörper ]87 4. Hypophyse und Epithelkörperchen . . . . . . . . . . 18!J 5. Schilddrüse und Epithelkörperchen . . . . . . . . . . 190 6. Thymus, Nebenniere, Pankreasinseln und Epithelkörper 190 7. Keimdrüsen und Epithelkörperchen . . . . . . . . . 190 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 Die LANGERHANSschen Inseln des Pankreas. (Mit 41 Abbildungen) . 197 Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 I. Von der Entdeckung der Pankreas inseln bis zur Inseltheorie 198 1. Die Entdeckung der Pankreasinseln durch P. LANG"ERHANS. . . .. 198 2. Ältere Darstellungen der LANGERHANssehen Inseln . . . . . . .. 199 3. Die Erkenntnis der epithelialen Natur der LANGERHANsschen Inseln 200 4. Die Inseltheorie . . . . . . . . . . . . . . . . 201 H. Die Form der LANGERHANsschen Inseln . . . . . . . . . . . .. 203 IH. Das Vorkommen der LANGERHANsschen Inseln. . . . . . . . .. 205 IV. Topographie und quantitative Anatomie der LANGERHANssehen Inseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 206 1. Verteilung der LANGERHANsschen Inseln. . . . . . . . . . . .. 206 2. Quantitative Angaben über die LANGERHANsschen Inseln . . . .. 208 3. Funktionell bedingte quantitative Veränderungen des Inselapparates 212 Inhaltsverzeichnis. VII Seite V. Die Entstehung der LANGERHANSSchen Inseln 217 1. Der Ort der Entstehung der LANGERHANSSchen Inseln . 217 2. Entstehung und Schicksal der LANGERHANSschen Inseln im Sinne der Balancementtheorie . . . . . . . . . . . . . . 221 3. Die Auffassung der .Inseln als Wachstumszentren 223 4. Die Histogenese der LANGER1IANSSchen Inseln 223 5. Inselbildung in der Postfetalzeit ..... 228 VI. Der Feinbau der LANGERHANSschen Inseln . 229 1. Untersuchungsmethoden . . . . . . . . . . . 229 2. Die EpitheIzellen der LANGERHANSSchen Inseln ............ 232 3. Der Zusammenhang der LANGERHANSSchen Inseln mit dem exokrinen Pankreasgewebe und die Frage der Inselkapsel . 249 4. Lumenbildung in den LANGERHANSSchen Inseln. 254 5. Der Gefäßapparat der LANGERHANSschen Inseln 255 a) Blutcapillaren . . . . . . . . . . . . . . 255 b) Lymphgefäße. . . . . . . . . . . . . . . 257 c) Inselblutungen . . . . . . . . . . . . . . . 257 6. Der Nervenapparat der LANGERHANSsehen Inseln. 257 VII. Vergleichende Histologie des Inselapparates . 259 1. Oyclostomen . . . . 259 2. Selachier . . . . . 261 3. Ganoiden, Teleostier 263 4. Dipnoer 269 5. Amphibien 270 6. Reptilien . . . . . 270 7. Vögel. . . . . . . 270 VIII. Die Frage der morphologischen und funktionellen Selbständig- keit der LANGERHANSSchen Inseln . 273 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . 275 Literaturnachtrag zu "Epithelkörperchen" 288 Namenverzeichnis 288 Sachverzeichnis. . 300 Vorbemerkung. Die im vorliegenden Bande vereinigten monographischen Darstellungen. des Feinbaues und der Histophysiologie von Schilddrüse, Epithelkörperchen und Pankreasinseln setzten die Durchführung eigener Untersuchungen voraus, für die mir die Hilfsmittel des Anatomischen Institutes der Universität Zürich (Prof. Dr. W. v. MÖLLENDORFF) und der Stazione Zoologica Napoli (Prof. Dr. DOHRN) zur Verfügung standen. Der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte schulde ich für die Zuweisung eines Arbeitsplatzes an der Stazione Zoologica Napüli aufrichtigen Dank. Wertvolle Unterstützung wurde mir ferner durch die Überlassung von Untersuchungsgut des Pathologischen. Institutes der Universität Zürich (Prof. v. MEYENBURG) zuteil. Den Herren Prof. E. ACKER KNECHT-Leipzig, Dr. BACHMANN-Leipzig, Prof. R. R. BENSLEY-Chicago, Prof. BOWIE-Montreal (Canada), Prof. CLARA-Leipzig, Dr. EGGERTf-Tübingen, Prof. NONIDEz-Chicago, Prof.OKKELs-Kopenhagen, Prof. RANzI-Milano, Dr. SCHAR RER-New York, Prof. THoMAs-Gand, Prof. UHLENHUTH-Chicago, Prof. WATZKA Prag und Dr. ZIMMERMANN-Solothurn bin ich für die Übermittlung von Unter suchungsmaterial bzw. von Originalvorlagen ganz besonders verpflichtet. Die nicht dem Schrifttum entnommenen Abbildungen verdanke ich teils der ge schickten Hand des wissenschaftlichen Zeichners K. HERScHEL-Leipzig, teils wurden sie - wie auch die neu aufgenommenen Mikrophotographien - von mir selbst angefertigt. Die außerordentliche Zersplitterung des Schrifttums stand einer lückenlosen Erfassung der einschlägigen Veröffentlichungen hindernd im Wege. Handbuch der mikroskop. Anatomle VI/2. 1 Die Schilddrüse. Mit 71 Abbildungen. Einleitung. Der Feinbau der Schilddrüse wurde in seinen Grundzügen schon vor einem Menschenalter erkannt. Eine planmäßige Erforschung der Struktur des rätsel haften Organes konnte jedoch erst einsetzen, nachdem Anhaltspunkte und enrllich Beweise für die innersekretorische Tätigkeit der Schilddrüse erbracht worden waren, die vielen als Blutspeicher, Organ des Schlafes, Wärmeschutz vorrichtung für den Kehlkopf oder - wie beispielsweise LIONARDO DA VINcr - als eine für die schöne Formung des Halses verantwortliche Bildung gegolten hatte. Die von HENLE (1841), STANNIUS (1846), GERLACH (1850) und anderen Anatomen vertretene, bei oberflächlicher Betrachtung modern anmutende Anschauung, die Schilddrüse sei als "Blutgefäßdrüse" dem Blutgefäßsystem wie eine Lymphdrüse dem Lymphgefäßsystem angeschlossen, begünstigte teils das Verharren in verschwommenen Vorstellungen von einer irgendwie gearteten Beeinflussung der Säfte durch das Organ, teils verführte sie zu der Behauptung, die Aufgabe der Schilddrüse bestehe in der Abgabe von Zellelementen an den Blutstrom (KOHLRAuscH 1853). Folgende Zeilen LEYDIGs (1857) über die Schilddrüse, der er in seinem trefflichen Lehrbuche der Histologie einen be scheidenen Platz unter den Atmungsorganen einräumt, kennzeichnen die Verlegenheit, in der die Forschung vor etwa 80 Jahren sich befand: "Übrigens ist uns die Funktion der Schilddrüse ganz unbekannt, und wir flüchten uns, wie in ähnlichen Fällen, hinter die oft zum Ersatz eintretende Bemerkung: es diene fragliches Organ zu einer bestimmten Umänderung des Blutes." Von der unklaren Vorstellung über die Funktion der Schilddrüse bis zu dem Satze: "Die Schilddrüse kann ausgerottet werden ohne allen Nachtheil für das Leben" (KOLB 1864) lag für manchen Mediziner nur ein kleiner Schritt. Die für den Weg der Forschung grundsätzlich wichtige Vorstellung, die Aufgabe der Schilddrüse bestehe in einer Umänderung des Blutes "durch die sekretorische Tätigkeit ihrer spezifischen Drüsenzellen" in einem ganz bestimmten Sinne, mithin die Auffassung der Schilddrüse als eines spezifisch struk turierten drüsigen Organes mit spezifischer innersekretorischer Funktion finden wir im morphologischen Schrifttum in KÖLLIKERs Handbuch der Gewebelehre erstmalig klar ausgesprochen. Das Zustandekommen dieser an und für sich zutreffenden Meinung war den Forschungen auf dem Gebiete der Schilddrüsenphysiologie zu danken, deren Ergebnisse eine besondere chemische Funktion der Schilddrüse wahrscheinlich machten. Daß die Forscher, unter ihnen KÖLLIKER, diese Funktion irrigerweise in der Vernichtung im Blute kreisender Giftstoffe erblickten, erklärt sich aus der Unkenntnis der Epithelkörperchen, deren unbewußte Entfernung bei der totalen Kropf exstirpation bzw. Schilddrüsenentfernung im Tierexperiment die Tetanie herbei führte, die als Ausdruck einer endogenen Vergiftung aufgefaßt wurde (vgl. hierzu v. ErsELSBERG 1902, BLuM 1903, 1906, E. BIRCHER 1911). r-.. Nach der Entdeckung der morphologischen und funktionellen Sonderstellung der Epithelkörperchen im System der branchiogenen Organe (SANDSTRÖM 1880, Makroskopische Anatomie und topographisches Verhalten der Schilddrüse. 3 GLEY 1891, 1892, KOHN 1895, VASSALE und GENERALI 1896) führte das Studium der Schilddrüsenerkrankungen, das besonders die Chirurgie seit REVER DIN und KOCHER auf ihre Fahne geschrieben hatte, und der beim Tiere nach Schilddrüsenentfernung beobachteten Ausfallserscheinungen zur Schaffung eines Grundstockes von Kenntnissen über die Bedeutung der Schilddrüse für den Ablauf der yerschiedensten Stoffwechselprozesse und der Morphogenese .des Organismus (vgl. die zusammenfassende Darstellung von ABELIN 1930). Dank den an die Namen BAUMANN, OSWALD, KENDALL, HARRINGTON und BARGER gek'nüpften Fortschritten der Chemie wissen wir heute, daß die physiologische Wirksamkeit des Organes wenn nicht gänzlich, so doch in der Hauptsache auf der Bildung eines definierbaren Hormones, des jodhaitigen Thyroxins, und seiner Abgabe an die Blutbahn besteht, einer Substanz, die in anderen Organen oder Geweben nicht produziert wird (vgl. REISS 1934, ABELIN 1930). Die Intensität der Wirkstoffbildung und -abgabe seitens der Schilddrüse wird einmal durch Wechselbeziehungen innerhalb des Systems der innersekretorischen Organe bestimmt, unter denen der Hypophyse unzweifel haft die führende Rolle zufällt. Daneben zeichnet sich die Schilddrüse durch eine hohe Empfindlichkeit gegenüber den verschiedensten, der Umwelt ent stammenden Einflüssen aus, deren Einwirkung sie mit Änderung ihrer sekre torischen Aktivität und damit auch Struktur beantwortet. Die Erkenntnis der spezifischen innersekretorischen Leistung der Schilddrüse und der Wechselbeziehungen zwischen Schildchüse und anderen Drüsen mit innerer Sekretion, ferner ihrer Reaktionsbereitschaft gegenüber Umweltfaktoren stellt den Morphologen vor die schwierige Aufgabe, das gestaltliche Äquivalent aller Phasen der Schilddrüsensekretion unter Heranziehung cytologischer Methoden zu ermitteln, ferner aber, den Ausdruck der durch Korrelationen oder Außenfaktoren bedingten Funktionsschwankungen des Organs in dessen Gefüge zu erfassen. Während die Handbuchdarstellungen KÖLLIKERs und SOBOTTAS sich noch im Sinne der statischen Histologie der Schilderung des Feinbaues der Schilddrüse schlechthin widmen konnten und mußten, ergibt sich heute in der Ära der "histologie de mouvement" (POLICARD) und der "cytologie dynamique" (OKKELS) die Notwendigkeit, in einer zusammenfassen den Schilderung des Feinbaues der Schilddrüse die Ergebnisse und Fragen der histophysiologischen Erforschung des Organs in den Vordergrund zu rücken. Die Abgrenzung des darzustellenden Bereiches begegnet Schwierigkeiten. Kliniker, Pathologe und Anatom sind nicht imstande, das sog. normale Ver halten der Schilddrüse des Menschen - sei es im Sinne der Morphologie oder der Funktionslehre - eindeutig zu kennzeichnen. "Die geringsten Grade von Hyperthyreosen reichen bis in die Variationen des gesunden Menschen hinein" (v. BERGMANN 1937). "Die Variationsbreite der Strukturverhältnisse ist bei der Schilddrüse so groß, daß die Auswahl eines bestimmten Typus, der als normal gelten soll, stets mehr oder weniger willkürlich geschehen wird" (WEGELIN 1926). Einsichten, welche die breite Berücksichtigung der Ergebnisse der vergleichenden Histologie in dieser Darlegung geradezu fordern und gelegentliche Ausblicke auf krankhafte Strukturveränderungen der Schilddrüse verständlich machen. I. Makroskopische Anatomie und topographisches Verhalten der Schilddrüse. Auf den gröberen Bau und die Lagebeziehungen der Schilddrüse des Menschen und der Wirbeltiere wird im folgenden nur so weit eingegangen, als es für das Verständnis der mikroskopischen Anatomie des Organs und die praktischen 1* 4 Die Schilddrüse. Bedürfnisse des tierische Schilddrüsen bearbeitenden Untersuchers erforder lich ist. 1. Mensch. Die meistens asymmetrisch gebaute Schilddrüse des Menschen läßt zwei durch einen Isthmus miteinander verbundene Seitenlappen unterscheiden. Der Isthmus ist d~~ beiden ersten Trachealringen oder dem Cricoid aufgelagert. Sein Unterrand befindet siph etwa 2-3 cm oberhalb der Incisura jugularis sterni. Vom Isthmus aus erstreckt sich vielfach ein Processus pyramidalis (Lobe de LALOUETTE, Mittellappen MERKEL), der in ,~eltenen Fällen das Foramen coecum der Zunge erreicht (vgl. Ductus thyreoglossus S.8). Ventral vom Isthmus liegen die Mm. sternohyoidei, die Fascia colli superficialis und Fascia colli media. Die seitlich· der Trachea angeschmiegten Schilddrüsenlappen erreichen den Oesophagus und berühren den Gefäß-Nervenstrang am Halse. Ventral und lateral über· ziehen .die Mm. sternothyreoidei, sternohyoidei und omohyoidei die Drüse. Die Seiten· lappen bedecken die Cartilago cricoidea und Lamina cartilaginis thyreoideae. Die Fixation des Organs erfolgt durch die sog. Capsula externa, die sich mit Cricoid, Trachea und der Fascie der Mm. sternohyoidei und sternothyreoidei verbindet. Die ältere Anatomie unter· schied eine Reihe sog. Aufhängebänder (HENLE 1873, GRUBER) und einen Aufhängemuskel der Schilddrüse, Abkömmlinge der Mm. thyreoidei, constrictor pharyngis inferior (EIsLER 1900) und sternothyreoidei (CIVALJ,ERI 1907), die genannt seien, da gelegentlich Bündel quergestreifter Muskulatur im Drüsenparenchym gefunden werden (L. R. MÜLLER 1896, eigene Beobachtungen), die als Absprengungen der genannten Muskeln gelten können. WEGELIN (1926) betrachtet die in der Schilddrüse des Menschen vorkommenden Skelet· muskelbündel als Ausstrahlungen eines M.levator glandulae thyreoideae (vgl. auch JUVARA 1900). Nach Angaben von HIRAKO (1930), die sich auf ältere Untersuchungen stützen, kommt ein M.levator glandulae thyreoideae bei Europäern in 38,3%, bei Japanern in 40-42% und .runos in 100% der Fälle vor. Das Hyoid und den Lobus pyramidalis mit· einander verbindende Muskelzüge werden neuerdings von BLEICHER und MATHIEU (1932) als selbständiger M. hyopyramidalis beschrieben. Zwischen der Capsula externa und der eigentlichen DrÜ8enkapsel, der Capsula interna, liegen außer zahlreichen Blut· und Lymphgefäßen auf der Dorsalseite der Schilddrüse die Epithelkörper. Subkapsulär gelegene, im Schilddrüsenparenchym eingeschlossene Epithel. körper sind beim Menschen selten anzutreffen (vgl. hierzu SCHAPER 1895, AGEJENKO 1927, E. HINTZSCHE 1937, s. auch das Kapitel "Epithelkörperchen" in diesem Bande). Die arterielle Gefäßversorgung der menschlichen Schilddrüse (Literaturzusammenstellung bei ADACHI 1928, ALLARA 1937) erfolgt durch die Aa. thyreoideae superiores und inferiores, manchmal auch durch eine A. thyreoidea ima. Die Schilddrüsenarterien anastomosieren mit Arterien von Larynx, Pharynx, Trachea, Oesophagus und infrahyoidalen Muskeln (DIEULAFE 1932). Dem Abfluß des Blutes dienen die Vv. thyreoideae superiores und infe· riores, ferner dJe V. thyreoidea ima. Betreffs der reichentwickelten Lymphgefäße der Schild drüse, die vielen älteren Untersuchern als Abflußwege des Kolloids galten (s. S. 93), vgl. die Monographie von BARTELs (1909). Bezüglich der Nerven der Schilddrüse, die größtenteils sympathischer Natur sind, siehe SOBOTTAS (1915) zusammenfassende Darstellung, ferner BRAEUCKER (1923) und TEsTuT (1930). Sie bilden ein dichtes, die Kapsel und das interfolli· kuläre Bindegewebe durchsetzendes Geflecht. Die variable Lage und Größe der Nebenschilddrüsen (Glandulae thyreoideae acces soriae) des Men8chen (KADYI 1879, ZUCKERKANDL 1879, WÖLFFLER 1880, STRECKEISEN 1886, GltUBER 1876, WEGELIN 1926, PIscHINGER 1937) hängt in der Hauptsache von der mehr oder weniger weitgehenden Rückbildung des Ductus thyreoglossus ab (s. S. 8). Unterhalb der Hauptdrüse gelegene Nebendrüsen gehen zum Teil sicherlich auf Abspaltungen von der Anlage der erstgenannten zurück (vgl. SOBOTTA 1915). Eingehende Schilderungen der Topographie der menschlichen Schilddrüse bei: SOBOTTA (1915), TH. KOCHER (1902), CORNING (1923), SAUERBRUCH (1928), TEsTuT (1930), TEsTuT und JACOB (1906), PERNKOPF (1938). .. 2. Säugf!//'. Form und Lage der Schilddrüse der Säugetiere varüeren erheblich. Das von Asten der Arteria carotis communis gespeiste Organ - bald höher, bald tiefer der Trachea bzw. dem Larynx angelagert - tritt nach OTTO (1898) in 6 Formtypen auf, denen der Besitz zweier Seitenlappen gemeinsam ist: "I. Typus der Oarnivoren: Lappen rundlich bis gestreckt oval; 2. Typus der Ruminantia: Ähnlich, aber deutliche Lappung; 3. Typus der Rodentia: Platte, dünne Lappen, oft rhombisch; oral. und caudalwärts sich zuspitzend; 4. Typus der Pro8imiae und Pitkeci: Ganz ähnlich dem der Nager; 5. Typus der Suina: Einheitlicher rundlicher Drüsenkörper, oral. und caudalwärts spitz zulaufend; 6. Typus der Oetacea: Platte Masse, spangenartig die ventrale Fläche der Trachea umgreifend; lateral spitz zu· laufend." Infolge Fehlens des Isthmus tritt die Schilddrüse vielfach in Gestalt zweier ge· trennter Drüsenkörper auf. Das Verbindungsstück kann bei Vertretern der gleichen Art fehlen oder gut entwickelt sein. Mit zunehmendem Alter bildet sich der Isthmus mancher

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