Anorganische Materie Selbst die kompliziertesten Molekiile der anorganischcn Materie sind sehr cinfiirmig und regelmiiBig struktu riert, wie die nebenstehende riiumliche Anordnung dcr Atome im Mineral Spinell (Mg AI2 0.) zeigt. Auch Spinelle, die cinige Zentimeter groB sind und ein Volumen von einigen ml eneichen, bestehen nur aus den Elementcn Magnesium, Aluminium und Sauer stoff. Gesteine setzen sich aus vielen Mineralien zusammen. Den Aufbau eines der kompliziertesten Gesteine, eines Na-meta-somatischen, eisenerzdurchsetzten, diaba sisch-tonschiefrigen Metatuffits zeigt die nachstehende Tabelle. Solehe Gesteine sind auch in Kubikmeter Dimensionen nur aus einigen wenigen anorganischen Verbindungen (Mineralien) zusammengemischt. In un serem Beispiel enthiilt das Gestein die Elemente Si, Ti, AI, Fe, Mn, Mg, Ca, Na, K, P, C, 0 und H; und der Zahl nach etwa so viele verschiedene anorganische Verbindungen wie eine Bakterienzelle (s. unten) Mineralbestand eines Gesteines Gew.0c Quarz 9,48 Albit 33,55 Kalifeldspat 2,78 Serizit 17,94 Kalkspat 8,00 Apatit 0,49 Prochlorit 11,60 Titanit 5,33 IImenit 4,41 Eisenglimmer 4.64 Goethit 1.60 A=Mg, B ALdie Obrigen Kugeln stellen O-Atome dar Ads. Wasser 0,13 Molekiile von Lebewesen Eines der komplexen Molekiile von Lebewesen ist das bei Tieren verbreitete Hiimoglobin, ein sauerstoffiiber tragendes Protein, das aus den A tomen C, H, 0, N, S und Fe besteht. Durch die komplizierte diumliche An ordnung, die regellos zu sein scheint, unterscheidet sich ein groBes Biomolekiil leicht von einem der anor ganischen Materie. Die Ketle von C-Atomen, die den durchgehenden Faden des Kniiuels bildet, ist durch Rotfiirbung hervorgehoben (weiteres S. 572). Die groBen Proteinmolekiile sind imstande, ihre Konfigu ration, d. h. die riiumliche Anordnung, zu iindern. Auch diese Eigenschafl unterschcidet sie von den star ren Molekiilformen der anorganischen Materie. Selbst einfachst gebaute Lebewesen wie ein Bakterium bestehen aus tausenden verschiedenen, meist kom pliziert gebauten Molekiilen. Ein Coli-Bakterium hat etwa die Liinge von I' /Am und einen Durchmesser von nur 0,5 /Am, also ein Gesamtvolumen von nur 1,2' 10-10 ml; es enthiilt die in untenstehender Tabelle aufgefiihrten Verbindungen. Molekiilbestand einer Bakterienzelle Gew. 9" Anzahl verschie dener Molekiile Wasser 70 I Proteine 15 mehr als 2000 DNA 1 1 RNA 6 mehr als 2000 Kohlenhydrate 3 etwa 50 Lipide 2 etwa 40 kleinere organische Molekiile 2 etwa 500 anorganische Verbindungen 12 BIOLOGIE Ein Lehrbuch fur Studenten der Biologie Herausgegeben von G. Cziliak H. Langer H. Ziegler Gemeinschaftlich verfaBt von V. BlUm G. Czihak E. Florey H. Hartl B. Hassenstein C. Hauenschild W. Haupt D. Hess 1. Jacobs G. KUmmel H. Langer H. F. Linskens H. Mohr D. Neumann G. Niethammer G.Osche W. Rathmayer W. Rautenberg P. Sitte P. Schopfer H. Ursprung H. Walter F. Weberling H. Weiler W. Wieser H. Ziegler Mit 957 zum Teil farbigen Abbildungen und 2 Falttafeln Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York 1976 ISBN-13: 978-3-642-96096-3 e-ISBN-13: 978-3-642-96095-6 DOl: 10.1007/978-3-642-96095-6 Library of Congress Cataloging in Publication Data. Main entry under title: Biologie : ein Lehrbuch flir Studenten der Biologie. Bibliography: p. Includes index. I. Biology. I. Czihak, G. II. Langer, Helmut. III. Ziegler, Hubert, 1924-IV. Bliim, H. [DNLM: I. Biology. QH308.2 B615] QH308.2.B5643 57475-35839 Das Werk ist urheberrechtlich geschiitzt. Die dadurch begriindeten Rechte, insbesondere die der Uber setzung, des Nachdruckes, der Entnahme von Abbildungen, der Funksendung, der Wiedergabe auf photomechanischem oder ahnlichem Wege und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Bei VervieWiltigung flir gewerbliche Zwecke ist ge maB § 54 UrhG eine Vergiitung an den Verlag zu zahlen, deren Hiihe mit dem Verlag zu vereinbaren ist. © by Springer-Verlag Berlin· Heidelberg 1976 softcover reprint of the hardcover 1st edition 1976 Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, daB solche Namen im Sinne der Warenzeichen-und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten waren und daher vonjederrnann benutzt werden diirften. Vorwort Die rapide Entwicklung in der Biologie, die vielfach zur Charakterisierung des dritten Viertels unseres lahrhunderts herangezogen wird, hat ein Umdenken in den Lehr- und Lernzielen an den Hochschulen notwendig gemacht. DaB Biologie nicht mehr als ausgewogenes Gesamtstudium betrieben werden kann, war schon lange klar geworden. An den einzelnen UniversiHiten haben sich Schwerpunkte von Teilfachern gebildet; dabei sind Lucken offen geblieben, die mit dem Wunsch, das Verstandnis fiir Grundlagen des Lebens zu vermitteln, nicht mehr vereinbar waren. Urn ein Studium der Biologie in vier bis flinf lahren ausgewogen gestalten zu konnen, hat man sich nunmehr an vielen Orten entschlossen, die Grundlagen un serer Wissenschaft abzugrenzen, das also festzulegen, was zum Verstandnis aller Lebensformen und -prozesse wichtig ist und als Basiswissen von allen Bio logiestudenten vor einer notwendigen Spezialisierung erwartet werden muB. Dar aus entstand auch unser Plan, eine Sammlung der Grundkenntnisse in der Bio logie zusammenzustellen und sie in didaktisch geeigneter Form zu prasentieren. Wir waren uns schnell dariiber einig, was zu den Grundkenntnissen gerechnet werden kann: Der Umfang ist durch den Wunsch bestimmt worden, die Auslese so zu treffen, daB der Stoff in der erst en Studienhalfte unterzubringen ist. Wir sind der Meinung, daB ein Studium der Biologie einerseits mit Mathematik, Physik, Chemie und insbesondere Biochemie, andererseits mit Vorlesungen und Obungen iiber Bauplane und Systematik beginnen soil, weil das diejenigen Teile im Gesamtstudium der Biologie sind, mit denen nahezu voraussetzungsfrei ange fangen werden kann. Wir sind auch davon uberzeugt, daB der Biologiestudent moglichst bald, spatestens aber im zweiten Studienjahr, einen Oberblick iiber das gesamte Gebiet erlangen solI, damit er in der zweiten Studienhalfte eine eng ere Auswahl fiir ein vertieftes Studium eines Teiles der Biologie treffen kann. Diesen Oberblick uber das Gesamtgebiet der heutigen Biologie mochte unser Buch geben. Es wurde von vielen Autoren verfaBt, und es wurde einige Miihe aufgewendet, urn Differenzen in der Darstellung zu klaren, abzustimmen oder zu beseitigen. Wir haben in den meisten Kapiteln Erganzungen eingefiigt (deshalb sind im Mitarbeiterverzeichnis bei den Namen der Herausgeber keine speziellen Arbeitsgebiete angegeben), jedoch nur wenige Beitrage weitgehend umgeschrie ben, weil die Vereinheitlichung eines Textes vieler Autoren kiinstlich anmuten muB; sicherlich gibt es nicht nur eine didaktisch gute Darstellung. SchlieBlich muB sich auch der Student im Laufe seines Studiums mit vielen Unterrichtsfor men auseinandersetzen, und eine Abwechslung in der Darstellungsweise bietet lerntechnisch sicher auch Vorteile. Das angestrebte Ziel, die Grenzen zwischen den traditionellen Teilgebieten der Biologie moglichst aufzuheben und allgemeine GesetzmaBigkeiten zu betonen, v ist nicht in allen Gebieten ohne didaktische Nachteile moglich, z. T. auch noch nicht in der wiinschenswerten Vollkommenheit gelungen. Wir haben mit Begei sterung an diesem Buch gearbeitet; es war fiir uns aIle ein Erlebnis, sich wieder einmal bewuBt zu machen, wie faszinierend die heutige Biologie in allen ihren Aspekten ist. Wenn es uns gelingt, auch bei Studenten, insbesondere den Bio logen, aber auch bei Veterinar- und Humanmedizinern, Land- und Forstwirten eine ahnliche Begeisterung zu wecken, haben wir unser Ziel erreicht. Ein Buch dieses Umfanges ist notgedrungen unvollkommen. Fiir Hinweise auf Fehler, Liicken oder Unausgewogenheiten sind wir stets dankbar. Wir haben allen Autoren fur ihr Verstandnis und ihre Geduld zu danken; ebenso danken wir vielen Kollegen, die das Manuskript kritisch gelesen haben, vielen Mitarbeitern, die am Text geschrieben und Zeichnungen gefertigt haben, und ins besondere dem Verlag, der keine Miihen und Kosten gescheut hat, das Buch in groBziigigster Weise auszustaUen. August 1975 G. CZIHAK H. LANGER H. ZIEGLER VI Inhaltsverzeichnis Vorwort V Einleitung XXI Bau und Leistungen der Zellen 1. Cytologie 3 1.1. Zelltypen und Zellfeinbau 5 1.1.1. Die Zelle als universe lies Bauelement der Organismen 5 1.1.2. Eucyten und Protocyten 8 1.1.2.1. Strukturelemente der Eucyte 8 1.1.2.2. Beispiele von Eucyten J2 1.1.2.3. Strukturelemente der Protocyte 19 1.2. Molekulare Architektur der Zelle 24 1.2.1. Proteine 25 1.2.2. Nukleinsauren 33 1.2.3. Nucleoproteide 37 1.2.3.1. Ribosomen 37 1.2.3.2. Viren 38 1.2.4. Polysaccharide 40 1.2.5. Lipide und Biomembranen 41 1.3. Das innere Milieu der Zelle 47 1.3.1. Die Bedeutung des Wassers 47 1.3.2. Zellsafte als wasserige Losungen 48 1.3.3. Wasserstoffionenkonzentration und Pufferung 54 1.3.4. Dynamik des inneren Milieus 55 1.4. Zellorganellen 61 1.4.1. Der Zellkern in der Interphase 62 1.4.2. Die Plasten (Mitochondrien und Plastiden) 68 1.4.3. Die Cytomembranen (Zisternen, Vesikel, Vakuolen) 74 1.4.4. Cytoplasma-Filamente und Mikrotubuli 78 1.4.5. Die Zellwand 80 VII 1.5. Energie- und Stoffwechsel 83 1.5.1. Die energetischen Grundlagen 83 1.5.2. Reaktionskinetik und enzymatische Katalyse 88 1.5.3. Verwandlung und Dbertragung der Energie in Zellen 94 1.5.4. Der Stoffwechsel (Metabolismus) 110 1.6. Die Regulation von Zelleistungen 124 1.6.1. Steuerung von Reaktionen durch Verschiebung der Gleichgewichtsverhaltnisse 125 ] .6.2. Steuerung durch Veranderung von Milieubedingungen 126 1.6.3. Steuerung durch Beeinflussung der Enzymaktivitat 126 1.6.4. Steuerung der Enzymsynthese 128 1.6.5. Steuerung des Proteinumsatzes 129 1.7. Bioelektrizitat 129 1.8. Mitose und Zellteilung 133 1.8.1. Ablauf der Mitose 133 1.8.2. Die Zellteilung (Cytokinese) 136 1.8.3. Der Zellzyklus 137 Strukturcn und Funktionen der Organi men 2. Genetik 141 2.1. Nukleinsauren als genetisches Material 142 2.1.1. Transformation 142 2.1.2. Transfektion 143 2.2. Funktion des genetischen Materials 146 2.2.1. Der genetische Code 146 2.2.2. Transkription 149 2.2.3. Translation 150 2.2.4. Genwirkketten 156 2.3. Mutation 159 2.3.1. Molekulare Basis 160 2.3.2. Mutationstypen 162 2.3.3. Riickmutationen 172 2.3.4. Suppressor-Mutationen 172 2.3.5. Reparatur der DNA 173 2.4. Rekombination 174 2.4.1. Rekombination und Sexualitat 174 2.4.2. Mendelsche Gesetze 176 VIII 2.4.3. Koppelungsgruppen 179 2.4.4. Koppelungsbruch 179 2.4.5. Geschlechtschromosomen-gebundene Vererbung 180 2.4.6. Parasexualitat 181 2.5. Extrachromosomale Vererbung 186 2.6. Zusammenwirken von chromosomalen und extrachromosomalen Erbfaktoren 187 2.7. Regulation 188 2.7.1. Bakterien 188 2.7.2. Hahere Pflanzen und Tiere 191 3. Fortpflanzung und Sexualitat 195 3.1. Ungeschlechtliche Fortpflanzung 201 3.1.1. Monocytogene Fortpflanzung (Agamogonie) 201 3.1.2. Polycytogene Fortpflanzung (vegetative Fortpflanzung) 203 3.2. Geschlechtliche Fortpflanzung 206 3.2.1. Parasexualitat bei Bakterien 207 3.2.2. Parasexualitat bei Pilzen 207 3.2.3. Gametogamie bei Algen und Pilzen 207 3.2.4. Gameto- und Gamontogamie bei Protozoen 209 3.2.5. Gametangiogamie und Somatogamie bei Pilzen 212 3.2.6. Gametogamie bei den Archegoniaten 215 3.2.7. Gametophytenbefruchtung 215 3.2.8. Befruchtungsbarrieren 226 3.2.9. Gamogonie der Metazoen 231 3.2.10. Rudimentare Formen der Gamogonie bei Pflanzen 237 3.2.11. Rudimentare Formen der Gamogonie bei Tieren 239 3.3. Generations- und Fortpflanzungswechsel 241 3.3.1. Primarer Generationswechsel 241 3.3.2. Sekundarer Generationswechsel der Metazoen 245 3.4. Geschlechtsverteilung 246 3.5. Geschlechtsbestimmung 249 3.5.1. Haplogenotypische Geschlechtsbestimmung bei Thallophyten und Archegoniaten 249 3.5.2. Diplogenotypische Geschlechtsbestimmung 251 3.5.3. Modifikatorische (Phanotypische) Geschlechtsbestimmung 257 3.5.4. Geschlechtsdifferenzierung durch Sexualhormone 259 IX 4. Entwicklung 263 4.1. Entwicklungsphasen 264 4.2. Entwicklungsphanomene 264 4.3. Polaritat und Struktur von Sporen und Eiern 265 4.4. Zellvermehrung 267 4.5. Furchungstypen und Zellteilungsmuster 270 4.6. Auslosung der Entwicklung und Keimung 272 4.7. Zelldifferenzierung 274 4.7.1. Chromosomen-und Chromatinelimination und -diminution 276 4.7.2. Selektive Genamplifikation 277 4.7.3. Isolationsexperimente 277 4.7.4. Kerntransplantationen 281 4.7.5. Fusion somatischer Zellen 285 4.7.6. Differentielle Transkription genetischer Information 286 4.7.7. Differentielle Translation 290 4.7.8. Hormone und Genregulation 292 4.7.9. Chromatin und Genregulation 294 4.8. Lokalisierung des primaren Differentials 294 4.9. Determination 297 4.10. Gradienten 298 4.11. Transdetermination 300 4.12. Morphogenese 301 4.12.1. Steuerung durch innere Faktoren 301 4.12.2. Induktion 307 4.12.3. Steuerung der Morphogenese durch AuBenfaktoren 312 4.12.4. Steuerung durch kombinierte Wirkung von AuBen- und Innenfaktoren 317 4.13. Organogenese 319 4.14. Wachstum 324 4.15. Regeneration 330 4.16. Senescenz und Tod 332 4.17. Pathologie der Entwicklung 335 4.17.1. Verschiedene Entwicklungsanomalien 335 4.17.2. Das Krebsproblem im Lichte der Entwicklungsbiologie 337 x