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Bildungsreform als Sozialreform: Zum Zusammenhang von Bildungs- und Sozialpolitik PDF

157 Pages·2005·15.73 MB·German
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Michael Opielka (Hrsg.) Bildungsreform als Sozialreform Perspektiven der Sozialpolitik Herausgegeben von Michael Opielka Michael Opielka (Hrsg.) Bildungsreform als Sozial reform Zum zusammenhang von Bildungs- und Sozialpolitik I VS VERLAG FÜR SOZIALWISSENSCHAFTEN Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.ddb.de> abrufbar. 1. Auflage November 2005 Alle Rechte vorbehalten © VS Verlag für Sozialwissenschaften/GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2005 Der VS verlag für Sozialwissenschaften ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.vs-verlag.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für vervielfältigungen, übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspei cherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg ISBN 978-3-531-14853-3 ISBN 978-3-322-91642-6 (eBook) DOI 10.1007/978-3-322-91642-6 Inhalt Einleitung 7 Michael Opielka Bildung heute - Erfahrungen in Jena Zur Aktualität des klassischen Bildungsbegriffs 11 Bir;git Sandkaulen Bildungspolitik nach Pisa 23 Michael Winkler Bildungs armut Zum Zusammenhang von Sozialpolitik und Bildung 45 ] utta Allmendinger und 5 tephan Leibjried Soziale Benachteiligung im Bildungswesen Die Reduktion von Ungleichheit als pädagogischer Auftrag 61 Wo!li!,ang Biittcher Von Generation zu Generation? Kleine Kinder und soziale Ungleichheit in Deutschland 77 Ursula Rabe-Kleber;g 6 Inhalt Konturen einer neuen sozialen Bildungspraxis? Bildung, Erziehung und Betreuung in der offenen Ganztagsschule 89 Thomas Rauschenbach Hochschul- und Arbeitsmarktpolitik - Komplexe (In)Kompatibilitäten 113 Ger! G. Wagner Bildungsreform und Sozialreform Der Zusammenhang von Bildungs- und Sozialpolitik 127 Michael Opielka Autorenverzeichnis 156 Einleitung Michael Opielka Der Zugang zu Bildungsressourcen wird in einer Wissens gesellschaft zur zentralen Gerechtigkeitsfrage und folglich zum Gegenstand der Sozialpolitik, die in demokra tischen Gesellschaften die Teilhabe aller Bürgerinnen und Bürger an allen Funkti onssysternen der Gesellschaft garantiert. Diese systemfunktionale Überlegung hat erstmals Talcott Parsons in den 1960er Jahren unter dem Begriff "Inklusion" for muliert, Niklas Luhmann griff sie auf. Sie trifft analytisch nach wie vor zu. Dass wir nicht in einer theoretischen, sondern zunächst in einer realen Welt leben, zeigt die seit den durchaus spektakulären "PISA"-Resultaten unbestreitbare Tatsache, dass der Zugang zu formaler Bildung insbesondere in Deutschland eben nicht allen Bürgerinnen und Bürgern gleichermaßen offen steht. Ein Zuschlag der Bildungspo litik zur Sozialpolitik, der im angelsächsischen Raum zumindest konzeptionell üb lich ist, würde in Deutschland das Ungleichheits- und damit das Gerechtigkeits problem nicht unbedingt lösen. Denn jenes Parsons-Luhmannsche Paradigma der Inklusion Aller in alle Funktionssysteme einer demokratischen Gesellschaft kann zumindest von der deutschen Sozialpolitik keineswegs als erfüllt gelten. Derart skeptische Gedanken, die im vorliegenden Buch aus verschiedener Per spektive dominieren, regten die Sozial- und die Erziehungswissenschaften schon früh zu explizit politisch-reformerischen Überlegungen an. Die oder der Intellektu elle benötigt zwar den kontemplativen Rückzug wie die methodisch akribische Forschung zur Gewinnung neuer Einsichten. Doch ein Rückzug aus der Gesell schaft ist für die Kulturwissenschaften nicht nur methodisch unmöglich - sie sind stets ein Teil der Kraft, die sie erschafft -, er wird von einem beträchtlichen Teil ihrer Angehörigen auch nicht gewollt. Trotz resignativer, melancholischer Anwand lungen, die den Deutschen nicht ohne Anhaltspunkte als Kulturcharakter bisweilen nachgesagt werden, mischten sich Sozial- und Erziehungswissenschaftler durchaus in die Bildungsreformdebatten der letzten Jahrzehnte ein, ob nun in der Diskussion um die Gesamt- und Ganztagsschule oder um das Recht auf Kindertagesstätten plätze und die Pflicht zu Studiengebühren. Neu ist allerdings, dass sich die Sozialpo litikwissenschaft systematischer mit bildungspolitischen Themen befasst. Dieses Buch dokumentiert einen ersten Versuch, die neue Debatte um Bildungsreformen als Sozialreformen zu dokumentieren und womöglich zu impulsieren. Erleichtert wird dieser Versuch sicher dadurch, dass die prominentesten und ausdrucksstärksten Vertreterinnen und Vertreter dieser Debatte hier versammelt 8 Michael Opielka sind. Man mag einwenden, dass explizit an Bildungsungleichheit interessierte Kolle ginnen und Kollegen nicht vorkommen. Da sich die Idee der Ungleichheit mit Demokratie systematisch nicht verträgt - auch wenn dies von Seiten eines sozialphi losophischen Konformismus bis heute bestritten wird -, kann die Einschränkung zwar nicht wissenschaftlich, aber historisch wie ethisch gerechtfertigt werden. Diese eher kryptischen Überlegungen ziehen sich natürlich nicht durch das ganze Buch. Die Beiträge sind vielmehr von erfrischender Klarheit und verbinden analytische Prägnanz mit reformerischer Reflexivität, bisweilen auch mit stilistischer Eleganz. Es erscheint nicht erforderlich, die hier gesammelten Beiträge in dieser Einleitung zusammen zu fassen oder gar zu kommentieren. Eine argumentative Linie kann aber nachgezeichnet werden, ohne die für sich stehenden Texte zu verbiegen. Der Beitrag von Birgit Sandkaulen konzentriert sich auf den Bildungsbegriff selbst, auf die Idee einer "Bildung zur Freiheit", wie sie in den Jenaer Schlüsseljah ren der Humboldtschen und damit zunächst spezifisch deutschen, unterdessen aber weltweit reüssierenden Bildungskonzeption angelegt wurde. Dass dieses Bildungs ideal gleichwohl gefährdet scheint, wird in ihrer Analyse nicht kulturpessimistisch zur Verlustgeschichte vernebelt, sondern zur intellektuellen und demokratischen Aufforderung: "Bildung, die auf Freiheit der Mitglieder einer Gesellschaft zielt, kostet den Preis einer zumutbaren Anstrengung." Dieser Anstrengung, so die engagierten und bisweilen zuspitzenden Überle gungen von Michael Winkler, unterziehen sich die gesellschaftlichen Eliten "nach PISA" derzeit nicht. Bildungspolitik erscheint in Deutschland zunehmend ein Feld voluntaristischer Beliebigkeit. Das mag mit der Komplexität von Anforderungen und institutionellen Mängeln zu tun haben. Betrüblich ist aber, dass die allenthalben betriebene Modernisierung des Bildungswesens zu einer "Bildungspolitik als Aus grenzung" mutiert, ohne Kenntnisnahme der Ungleichverteilung des kulturellen Kapitals in der Gesellschaft. Seine Überlegungen haben einen pessimistischen Ton, der freilich, indem er ausdrücklich wird, zugleich seine Transformation ermöglicht. Das Problem der Ungleichheit wird in den beiden folgenden Beiträgen unter soziologisch-sozialpolitischen und bildungsökonomischen Gesichtspunkten thema tisiert. Jutta Allmendinger und Stephan Leibfried widmen sich der Bildungsarmut als einem Schnittfeld von Bildungs- und Sozialpolitik. Hier treten neben diversen Messproblemen auch erstmals systematische Fragen der Wohlfahrts regime auf. Ist es doch bemerkenswert, wie unterschiedlich die Kompetenzverteilung in den inter nationalen Bildungsvergleichsstudien auf die sozialpolitischen Regimeformen rea giert. Bildungsarmut, so ihr Fazit, ist politisch verhinderbar - wenn es politisch gewollt wird. Wolfg ang Böttcher beleuchtet das Problem der Bildungsungleichheit aus der Perspektive einer ökonomisch grundierten Bildungsforschung. Dabei zeichnet er die Konjunkturen der Erklärung dieser Ungleichheit durch die letzten vier Jahr zehnte nach. Trotz durchaus vorhandener, empirisch untermauerter Erkenntnisse Einleitung 9 ist das Ausbleiben von Maßnahmen zur Reduktion von Chancenungleichheit er schütternd und zugleich deutungsbedürftig. Die hohe soziale Selektion der deut schen Schule, ein zentrales Resultat der PISA-Studien, hätte "eigentlich niemanden überraschen dürfen". Dass es auch anders geht und was dafür künftig erforderlich wäre, erläutert er an "Vier E" der Bildungsreform: Effektivität, Effizienz, Evidenz und Erfolgsorientierung. In den drei folgenden Beiträgen wird die biographische Trias des deutschen Bildungswesens untersucht: Die Vorschulpädagogik (Rabe-Kleberg), das Schulsys tem und sein Kontext (Rauschenbach) und die Hochschulen in ihrem Bezug zum Arbeitsmarkt (Wagner). Alle drei Felder wurden in den letzten Jahren teils weit reichenden Reformen unterzogen oder stehen davor. Die vorschulische Erziehung wird von Ursula Rabe-Kleberg mit den neueren Befunden der Kindheitsforschung verknüpft. Der "grundsätzlich positive Blick auf Kinder als eigenständige und eigensinnige Wesen" darf freilich nicht den Blick darauf trüben, dass gesellschaftliche Strukturen immer mehr an Ungleichheit gerade auch für Kinder bedeuten. Kinder- und Jugendarmut erschwert für immer mehr Heranwachsende den Einstieg in die geforderte Normalität. Die pädagogischen Institutionen können dies freilich nur begrenzt kompensieren. Dass sie dies auch noch unzureichend leisten, nicht nur, aber besonders auch für Kinder mit Migrati onshintergrund, verweist auf institutionelle wie professionelle Mängel. Der Erzie herberuf benötigt deshalb nicht nur einen "Zuwachs an inhaltlich-fachlichen Kom petenzen", sondern weiters einen "Zuwachs an sozialpolitischer Potenz". Thomas Rauschenbach knüpft mit seinem Beitrag an der noch vor wenigen Jahren, zumindest in Westdeutschland, beinahe verteufelten Praxis der "offenen Ganztagsschule" an, die neuerdings parteiübergreifenden Zuspruch zu genießen scheint. Ausgehend von den modellhaften Erfahrungen vor allem in Nordrhein Westfalen macht er aber deutlich, dass dieser "folgenreichste Eingriff in das System Schule in der Geschichte der Bundesrepublik" doch noch erhebliche intellektuelle und praktische Anstrengungen erfordert. Vor allem die Bildungsprozesse "vor und neben der Schule" werden von den bisherigen Schul- und Unterrichtskonzepten vernachlässigt. In einem breiten, zugleich pädagogischen, bildungs- wie sozialpoliti schen Panorama zeigt er auf, was erforderlich ist und durchaus geleistet werden könnte, wenn die Akteure, also Professionelle, Eltern und Politiker wollen. Der Beitrag von Gert G. Wagner konzentriert sich auf die Reformbemühun gen innerhalb der Hochschulpolitik, die einerseits die Autonomie der Hochschulen, andererseits die Anforderungen eines im schnellen Wandel befindlichen Arbeits marktes berücksichtigen müssen. Er offeriert ein breites Spektrum teils in der Dis kussion bekannter, teils innovativer Vorschläge bis in die Organisation von For schung und Lehre. Sein bildungsökonomischer Zugriff strukturiert die Reformim pulse und bietet damit eine erfrischende Konsequenz, die natürlich nicht unumstrit-

Description:
Die Bildungspolitik ist Bestandteil eines zeitgemäßen Konzeptes von Sozialpolitik. Was in der angloamerikanischen Welt seit langem wissenschaftlich geläufig ist, wird seit dem "PISA-Schock" auch in Deutschland unabweisbar. Kein anderes OECD-Mitgliedsland hat ein Bildungssystem, das soziale Unglei
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