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Bilderflut und Sprachmagie: Fallstudien zur Kultur der Werbung PDF

310 Pages·1992·18.281 MB·German
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Hans A. Hartmann· Rolf Haubl (Hrsg.) Bilderflut und Sprachmagie Fallstudien zur Kultur der Werbung Westdeutscher Verlag Der Westdeutsche Verlag ist ein Unternehmen der Verlagsgruppe Berteismann InternatIOnal. Aile Rechte vorbehalten © 1992 Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen Das Werk einschlieBlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschutzt. Jede Verwertung auBerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes 1st ohne Zustimmung des Verlags unzui<iss1g und strafbar. Das gilt insbesondere fur VervieIHiltigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen System en. Umschlaggestaltung: Horst Dieter Burkle, Darmstadt Gedruckt auf siiurefreiem Papier ISBN-13: 978-3-531-12365-3 e-ISBN-13: 978-3-322-83245-0 DOT: 10.1007/978-3-322-83245-0 Inhalt Vorwort der Herausgeber .................................................................................................... 7 Rolf Haubl "Fruher oder spater kriegen wir euch" ............................................................................... 9 Rainer Gries, Volker ligen, Dirk Schindelbeck Perfekte Panne -perfide Performance. Mentalitatsgeschichtliche Anmerkungen zu einer Einheits-Anzeige ........................................................................ 33 Hans-Dieter Konig Der amerikanische Traum. Eine tiefenhermeneutische Analyse gesellschaftlich produzierter Unbewu8theit .................................................................... 51 Rolf Haubl Blaubarts Zimmer. K6rperphantasien in szenischen Interviews ................................. 71 Hans A. Hartmann Dieses obscure Objekt der Begierde oder: Sprachlosigkeit ist angesagt. Ein Mann in den besten Jahren ent-deckt sein Bild in der Werbung. ........................ 97 Jilrgen zanker Amor & Psyche. Werbung, Mythos und Kunst ............................................................. 123 Jo Reichertz Der Morgen danach. Hermeneutische Auslegung einer Werbefotographie in zw6lf Einstellungen ....................................................................................................... 141 Ludgera Vogt Was hat ein Telegramm mit Treue zu tun? Eine kultursoziologisch- semiotische Studie zu Text-Bild-Montagen ................................................................... 165 Carina Schmiedke-Rindt Eine verhiingnisvolle Affare. K6rpersprachliche Strategien im Reich der Wiinsche ...................................................................................................... 175 6 Armin Giinther ". .. mit freundlichen GriiBen vom Planeten TMA 1". Eine rahmenanalytische Etude ........................................................................................ 191 Hans Vilmar Geppert "Und raucht Ernte 23 / Und alles war wieder gut". Zur Poesie der Werbung .................................................................................................. 215 Andreas Hirseland Vertreibung ins Paradies. Eine zeichenpraktische Bildlekture ................................. 225 Thomas Jung, Stefan Mii.ller-Doohm, Lothar Voigt Wovon das Schlafzimmer ein Zeichen ist. Text-und Bildanalyse von Schlafraumkultur im Werbemedium ....................................................................... 245 Hans A. Hartmann Zeichen, Szenen und 'Zeitgeist'. Ein Ruckblick ........................................................... 267 Literatur. .............................................................................................................................. 283 Personenregister. ................................................................................................................ 301 Sachregister ......................................................................................................................... 305 Die Autorlnnen .................................................................................................................. 310 Vorwort der Herausgeber Man braucht kein Kulturkritiker zu sein, urn die wuchernden Auswiichse der Wer bung mit Unbehagen zu registrieren und sich gegen sie zu wehren. In seinem Buch "Die Werbelawine" (1991), das erschien, als das unsere in Arbeit war, nennt der zum Werbekritiker geHiuterte einstige Werbeberater Ulrich Eicke die Markenarti kelwerbung einen "Fremdkorper in der Sozialen Marktwirtschaft" - und kann sich dabei auf AuBerungen berufen, die Wilhelm Ropke, einer der geistigen Vater unse rer Wirtschaftsordnung, schon in den fUnfziger Jahren getan hat. Die Verteidigung der Sozialen Marktwirtschaft gegen den Ansturm der Werbung wollen wir indessen berufenen Fachleuten iiberlassen - eher un-getrost freilich, denn deren veroffent lichte Abwehrbereitschaft ist nur gering ausgepragt. Sonst hatte Eickes Buch nicht so viel Beachtung gefunden. Unser Erkenntnisinteresse am Gegenstand ist kulturkritisch motiviert, wobei wir Werbung als einen wesentlichen Bereich der herrschenden Popularkultur betrach ten. 1m vorgelegten Sammelband geht es konkret urn die Anaryse von Werbeanzeigen in Printmedien, unter dem leitenden Gesichtspunkt der Darstellung moglichst ver schiedener methodischer Zugange. Wir wandten uns deshalb an acht Kollegen und zwei Kolleginnen unterschiedlicher fachlicher Provenienz aus der Kunst-, Litera tur-, Geschichts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaft (einschlieBlich der Psycholo gie), die teilweise schon Werbebildanalysen veroffentlicht hatten, und luden sie ein, im Rahmen ihres fachspezifischen und theoretischen Ansatzes am Beispiel einer Werbeanzeige eigener Wahl ihre favorisierte Methode vorzufiihren. Angesprochen wurden freilich nur solche ForscherInnen, die sich qualitativer Verfahren bedienen, also einer hermeneutischen oder semiotischen Methode. Unser Ziel als Herausge ber war es, fUr diese Arbeitsfelder eine optimaZe Heterogenitat der Beitrage zu errei chen; die produktbezogene und thematische Bandbreite der analysierten Werbean zeigen war dagegen von untergeordnetem Interesse. Die Beteiligten erhielten eine - wesentlich ausfUhrlichere, doppelt so lange - Version des EinfUhrungsbeitrags als 'Beweisaufnahme' und 'Diagnose'. Ohne der vagabundierenden Entdeckerlust von LeserInnen wehren zu wollen, empfehlen wir als ein Lesemodell die vorgezogene Lektiire des Einfiihrungsbeitrags, der den Gegenstandsbereich systematisch autbereitet, und sodann des 'Riickblicks', der aus einer Gesamtschau auf die Texte methodische und sachlich-thematische Orientierungshilfen fUr deren Rezeption anbietet. Sodann raten wir den LeserIn nen, vor der Lektiire der einzelnen Beitrage die dort analysierten Werbeanzeigen 8 VO/wort der Herausgeber jeweils selbst zu interpretieren oder sich von ihnen wenigstens 'anmuten' zu lassen. Wer sich Bilder und Texte dergestalt aktiv zu eigen macht, wird (womoglich) dop pelten Gewinn aus der Lekttire des Bandes ziehen. Wie bei jeder Buchproduktion, bei der viele Kopfe und Hande mitgewirkt ha ben, ist auch hier vielfiiltiger Dank abzustatten: den Firmen und Werbeagenturen, die uns mit Abdruckrechten und teilweise auch mit Klischees ihrer Anzeigen ver sorgten, und den AutorInnen, nachdrticklich jenen, die sich mit uns ausgetauscht und ihre Beitrage frist- und richtIiniengerecht eingereicht haben. Ein besonderer Dank gilt Dipl.oec. Susanne Adis ftir ihre wertvolle wissenschaftliche Mitarbeit. Vor allen jedoch -last but not least ware stark untertrieben -danken wir unserer Augs burger Teamkollegin DipLoec. Regina Dietmair, die das Desktop Publishing tiber nommen hat (Layout, Formatierung, Korrekturen, Personen- und Stichworter schlieBung, Erstellen der Druckvorlage). Ohne ihre virtuose Handhabung des PC und ihren fiinfwochigen Einsatz nahezu rund urn die Uhr waren die Herausgeber verloren gewesen. Sie war auch jeweils unsere erste 'Testleserin'. So geben wir denn dieses Buch aus der Hand, das unseres Wissens der erste methodenorientierte Sammelband zur Werbeanzeigen-Analyse ist. Augsburg im Juni 1992 Die Herausgeber RolfHaubl "Friiher oder spater kriegen wir euch" -spotteln altklug ein paar Werbe-Knirpse, wahrend sie ihren Eltern lOffelweise Da none-Joghurtcreme in den Mund schieben. Sie meinen uns alle. I Fur Intellektuelle und andere mundige Burger hat Werbung von den 50ern an bis noch in die 80er hinein als Beweis dafur gegolten, daB die kapitalistische Wirtschaft versucht, Konsumenten fur dumm zu verkaufen. Diese ablehnende Einstellung ist freilich schon immer so ambivalent gewesen, wie es Peter Paul Zahl (1979-81, S. 226) in seinem Schelmenroman "Die Glucklichen" zum Ausdruck bringt: "Mir gefiillt Werbung. Sie ist eine der letzten Hochkiinste des Spatkapitalismus, nur dem Kino, der Rockmusik vergleiehbar und dem Jazz. Nie wiirde ich jenen grauenhaft schmeckenden Krauterlikor trinken, suchtig aber immer wieder, die verschiedenen Menschen zu sehen, die ihn in immer neuer Weise preisen, nie wiirde ieh jenes parfiimierte Kraut rauehen, das GroBe Weite Welt verspricht, aber noch in hohem Alter werde ich seinen Erkennungsmarsch im Ohr haben, die Fotos ferner Lander vor Augen; Herzpoehen verschaffen mir diese bunten, zweidi mensionalen Traume; hinter der Werbung konnte immer Welt von gestern oder morgen stek ken: Versprechen. Werbung und Poesie sind Zwillingsschwestern, die Erinnerung halten sie wach an das, was noeh zu tun. Werbung verspricht, was Ware und Werbung nie halten konnen, darauf aber kommt es gar nieht an; sie halt Bilder und Sehnsuchte wach auf das, was hinter den Bildern, Menschheitstraume, Mythen .. .". Die ablehnende Einstellung war moralisch, ideologiekritisch und auch asthetisch begrundet. Fur die letzten Jahre aber zeichnet sich eine veriinderte Situation ab: Die gesellschaftliche Akzeptanz fUr Werbung wachst. Vor allem die heutigen Teens und Twens genieBen die werbliche Bilderwelt sehr vie! unbefangener (vgl. Nickel 1989, S. 68). Zweifellos ist, was die Werbeindustrie in Wort und Bild bietet, auch intelli genter, zumindest aber iisthetisch raffinierter geworden. Die audiovisuellen Werbespots in Kino und Fernsehen (vgl. Kloepfer & Land beck 1991) ubernehmen dabei eine Trendsetter-Funktion. Zu "Cannes-Rollen" zu sammengefaBt spielen ihre Besten in Programmkinos Gewinne ein, die denen von erfolgreichen Spielfilmen nieht nachstehen. Einige der pramierten Spots sind denn auch von Filmregisseuren gestaltet, sogar von solchen, die im Ruf stehen, scho- 10 Rolf Haubl nungslose Gesellschaftskritiker zu sein: z.B. Federico Fellini (Campari) oder Jean Luc Godard (Jeansmarke Closed). In Spots, die von diesen Kiinstlem stammen, dreht sich Hingst nicht mehr alles urn das beworbene Produkt, zumindest nicht manifest. Der Produzent versteht sein finanzielles Engagement vielmehr als Kultur-Sponsoring, das er im Rahmen seiner Bemiihungen urn Konstruktion einer affentlichkeitswirksamen Corporate Identity betreibt. Ibm reicht es, wenn die Offentlichkeit von ibm glaubt, daB er Sinn fUr Kul tur hat und sich bewuBt ist, daB wirtschaftliches Handeln letztlich nur auf die Fi nanzierung 'haherer' Werte zielt. Mit dem Verkauf welcher Waren er sein Geld verdient, weill -was die GroBen der jeweiligen Branche anbelangt -heute ohnehin bereits jedes Kind. Vnd so erhalt die Avantgarde ibre Chance: "Unvermittelt erscheinen Gemiilde von Goya, EI Greco und Renoir auf dem Bildschirm, ein junges Miidchen sagt heftig 'non', worauf jemand im Off ein 'oui' entgegnet. SchiuB. Auf einem schmalen Bett riikelt sich ein Miidchen, ein anderes entledigt sich am FuBende seiner KIeider. Dazu sprechen Stimmen Verse von Rimbaud und Baudelaire. SchluB." (Der Spiegel 1987, S. 137) Vnd warum sollte Godard, dem dieser Kurzfilm eingefallen ist, das Angebot, einen Werbespot zu gestalten, auch ablehnen. Niemand redet ibm in sein Konzept hinein, und das Budget, das ibm zur Verfiigung steht, laBt ibn aus dem Vollen schapfen. Vnter solchen luxurierten Produktionsbedingungen entstehen derzeit audiovisuelle Werbe-Kunst-Stiicke, die wahrlich den asthetischen Vergleich mit audiovisuellen Kunst-Stiicken, die auf andere Art und Weise finanziert werden, nicht zu scheuen brauchen; letztlich sind sie in der Regel doch ebenfalls aus kommerziellen Interes sen produziert worden. Die artistische Spot-Asthetik greift auf die Printmedien aus. Sie dient der An zeigenwerbung als Vor-Bild. Immer haufiger ist das Bild, das die Anzeige ver wendet, ein Standbild aus einem Spot, an den es erinnem solI. Vnd ebenso wie es im Femsehen aufgrund von Product-Placement und Sponsoring immer weniger moglich wird, eine klare Grenze zwischen Programmangebot und Werbung zu ziehen, nahem sich auch in Zeitschriften und Magazinen, vor allem in solchen, die dem Zeitgeist auf der Spur sind, redaktionelle Beitrage und Anzeigen immer weiter an. Gelegentlich erkennt man nurmehr an der verschamt plazierten Markierung "An zeige", daB es sich urn Werbung handelt. Freilich darf nicht unerwahnt bleiben, daB dies zwar der Trend, aber eben noch nicht Alltagspraxis ist. Die durchschnittliche Anzeige prasentiert sich nach wie vor in bescheidenerem Gewande. Ohne Zweifel aber wachst der Druck auf die Anzei genwerbung, iisthetisch nachzuriisten. "Fraher oder spater kriegen wir euch 11 K II Um den soziookonomischen Stellenwert von Werbung - ihr Umsatz betragt jahrlich an die 40 Mrd. DM - allgemein zu bestimmen, laBt sich nach wie vor das viel zi tierte Modell von W.F. Haug verwenden, das dieser 1971 in seiner, gleichsam mit kantianischem Erkenntnisanspruch formulierten "Kritik der Warenasthetik" vorge tragen hat: Wahrend der Konsument am Gebrauchswert eines Produktes interessiert ist, geht es dem Produzenten um den Tauschwert, der sich im Preis manifestiert, den er mit seinem Produkt auf dem Markt erzielt. Der Gebrauchswert spielt fur den Pro duzenten nur insofern eine Rolle, als dieser einkalkulieren muB, daB der Konsu ment ihn erwartet und enttauscht wird, wenn er unterhalb seiner Erwartungen bleibt. 1m einfachsten Falle ist vom Tauschwertstandpunkt aus mit dem Kaufakt der den Produzenten interessierende ProzeB abgeschlossen. Daraus folgt: Bis zum AbschluB des Kaufaktes kommt es nur darauf an, welchen Gebrauchswert die Ware verspricht, nicht aber, welchen sie tatsachlich besitzt. Der realisierte Gebrauchswert wird erst im Hinblick auf weitere Kaufakte relevant. Fur diesen komplexeren Fall ist uber den realisierten Gebrauchswert hinaus die Verarbeitung potentieller Ent tauschungen (vgl. Hirschmann 1984, Kap. 2) entscheidend. Was die Enttiiuschungsverarbeitung betrifft, so besteht vom Tauschwertstand punkt aus ein Interesse daran, daB der Konsument einen als unbefriedigend erleb ten Gebrauchswert nicht dem Produkt, nicht dem Gebrauchswertversprechen, mit dem fur es geworben wird, und auch nicht dem Produzenten, sondern anderen Fak toren anlastet. Zumindest der Produzent darf nicht in einem ungiinstigen Licht er scheinen, denn dann hat er gute Chancen, die Protest- und Abwanderungsbereit schaft enttauschter Konsumenten durch innovatives Handeln zu absorbieren. So kann er Produkt-Innovationen ankundigen, die ihrerseits aber wiederum uber Ge brauchswertversprechen glaubhaft zu machen sind, was die strategische M6glichkeit offen halt, nur das Gebrauchswertversprechen, nicht aber das Produkt selbst ver bessern zu mussen. Yom Tauschwertstandpunkt aus ist in allen Fallen das Image des Produktes vorrangig. Das heillt fur den Produzenten: Nicht nur der Gebrauchswert, auch des sen Erscheinung muB produziert werden, da sie entscheidende Wettbewerbsvor teile bringt, zumindest auf Markten, auf denen eine groBe Zahl von Produzenten eine groBe Zahl von gleichartigen Produkten anbietet, die faktisch keine Ge brauchswertunterschiede aufweisen. Diesem Zweck dienen das Design des Waren kOrpers sowie dessen Verpackung, vor allem aber die massenmediale -u. a. mit Hilfe von Anzeigen betriebene -Inszenierung eines verkaufsfordemden Gebrauchswertver sprechens. 12 RolfHaubl Die Inszenierung von Gebrauchswertversprechen in Wort und Bild gilt der Werbeindustrie als eine legitime rhetorische Handlung, urn potentiellen Kon sumenten Waren zum Kauf anzubieten. Die Werber stellen sich dabei geme als Kommunikationsexperten dar, die zwischen Produktionssphiire und Konsumtions sphare vermitteln. Dabei wird der positiv besetzte Kommunikationsbegriff dazu eingesetzt, Werbung als Inter-Aktion zwischen Konsument und Produzent erschei nen zu lassen, urn den agonalen Interessengegensatz als Verstandigungsproblem auszugeben und egalitare Verhiiltnisse zu suggerieren, die faktisch nicht bestehen. Behiilt man dennoch den Rahmen des Kommunikationsparadigmas bei, so ist nach der Qualitiit der rhetorischen Handlungen zu fragen, die das Kaufangebot un terbreiten. Denn die Angebote k6nnen -gemaB einer klassischen Unterscheidung - zwischen den Polen Uberzeugen und Uberreden variieren. In dem MaBe, in dem die Inszenierung eines Gebrauchswertversprechens zu tiberreden sucht, bedient sie sich, so ein gelaufiges Argument der Kritik der Warenasthetik, unfairer Mittel. Das Faimess-Kriterium, das dieses Argument impliziert, sind die Freiheitsgrade, die dem potentiellen Kaufer bleiben, selbst ein Urteil zu /iillen, das das in Szene gesetzte Ce brauchswertversprechen negiert. Werbung, so das fallige AnschluBargument, verletze dieses Kriterium gezielt, indem sie immer subtilere, weil wissenschaftlich ausgete stete Manipulationsstrategien benutze, die tiber den wahren Gebrauchswert hin wegtauschen. Noch bis in die 70er Jahre hinein hat sich die deutsche Werbeindustrie samt ih rer betriebswirtschaftlichen und psychologischen Legitimationshelfer bemtiht, allem Manipulationsverdacht definitorisch zuvorzukommen. Dies fiihrte zu verkrampften Formulierungen wie, Werbung sei ein "Instrument, urn Menschen zur freiwilligen Vornahme bestimmter Handlungen zu veranlassen" (W6he 1978, S. 456). DaB sich Werbung kommunikativer Beeinflussungsstrategien bedient, ist jenseits aller WeiBwascherei freilich auch in der Branche selbst nie strittig gewesen. Welche Manipulationsphantasien existieren, laBt die Definition von R. Seyffert (1966, S. 4) erkennen: "Die seelische Beeinflussung durch die Werbung solI erreichen, daB die von ihr Angespro chenen das, was ihnen die Werbung an Inhalten bietet, einmal in sich aufnehmen ... zum ande ren aber auch verwirklichen. Diese Verwirklichung des durch den Inhalt der Werbung darge botenen Zweckes der Werbung verlangt, daB der von der Werbung Beeindruckte diesen Zweck als eigen anerkennt und daher fUr seine Person erfii1It. Er solI aber weiter tiber das Selbsterfiillen hinaus auch zum aktiven Werber fUr den Werbezweck werden ... Dieses Weiter pflanzen der Werbeinhalte tritt also zusiitzlich zum personlichen Erfiillen hinzu." Wenn man heute, 25 Jahre spater, nicht mehr auf solche Verlautbarungen trifft, heiBt das nicht, die Werbung habe ihre totalitaren Phantasien einer mentalen Pro grammierung als anti-demokratisch erkannt. Eher muB man annehmen, daB sie

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