Uwe Brandenburg | Peter Nieder Betriebliches Fehlzeiten-Management Uwe Brandenburg | Peter Nieder Betriebliches Fehlzeiten-Management Instrumente und Praxisbeispiele für erfolgreiches Anwesenheits- und Vertrauensmanagement 2., überarbeitete und erweiterte Auflage Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. 1. Auflage 2003 2., überarbeitete und erweiterte Auflage 2009 Alle Rechte vorbehalten © Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2009 Lektorat: Ulrike M.Vetter Gabler ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.gabler.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. indiesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: Nina Faber de.sign, Wiesbaden Druck und buchbinderische Verarbeitung: Krips b.v., Meppel Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in the Netherlands ISBN 978-3-8349-1194-0 Vorwort zur zweiten Auflage 5 Vorwort zur zweiten Auflage Wir haben bereits in der ersten Auflage dafür plädiert, nicht ausschließlich reine Fehlzeiten- projekte durchzuführen und sich damit „nur“ um die fehlzeitenauffälligen Mitarbeiter zu kümmern, sondern vielmehr Maßnahmen zu realisieren, um die Anwesenheit und Leistung aller Mitarbeiter zu erhöhen. Zum einen haben wir diesen Schwerpunkt in der zweiten Aufla- ge erweitert und genauer beschrieben, was wir unter konkreter Prävention und Gesundheits- förderung für alle Mitarbeiter verstehen. Zum anderen gab es nach dem Erscheinen der ersten Auflage eine wichtige gesetzliche Ver- änderung. Im Mai 2004 wurde im Sozialgesetzbuch definiert, was unter einem Betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM) zu verstehen ist und wie es in Unternehmen eingesetzt werden soll. Das ist eine neue gesetzliche Auflage für alle Unternehmen. Diese gesetzliche Regelung zielt auf die Gruppe der langzeitkranken Mitarbeiter (über sechs Wochen in einem Jahr am Stück oder in mehreren Fehlzeitenfällen). Die krankheitsbedingten Fehlzeiten sind in den vergangenen Jahren insgesamt deutlich zu- rückgegangen. Für das Jahr 2007 lässt sich der Trend sinkender Krankenstände indes nicht mehr bestätigen. Bei den AOK-Mitgliedern ist der Krankenstand von 4,2 Prozent im Jahr 2006 auf 4,5 Prozent im Jahr 2007 gestiegen. Die Techniker Krankenkasse berichtet von einem Anstieg von 2,9 Prozent (2006) auf 3,0 Prozent (2007). Weiter zugenommen hat die Bedeutung von Langzeitkranken. Krankenkassenauswertungen zeigen, dass bei den Arbeitsunfähigkeitstagen über 42 Tage rund vier Prozent der Fälle gut 39 Prozent der Fehltage verursachen. Bei den Krankheitstagen ab 29 Tagen bedingen knapp acht Prozent der AU-Fälle gut 49 Prozent aller AU-Tage. Langzeiterkrankte werden damit zu einer wichtigen Zielgruppe. Deshalb wurden in der zweiten Auflage vor allem die diesbezügliche gesetzliche Regelung und ihre Konsequenzen berücksichtigt. Uwe Brandenburg Peter Nieder Inhaltsverzeichnis 7 Inhaltsverzeichnis Vorwort zur zweiten Auflage......................................................................................................5 Einleitung................................................................................................................................11 Ziele..........................................................................................................................................13 1. Das Phänomen Fehlzeiten..................................................................................................13 1.1 Von der Krankheit zum Krankenstand........................................................................16 1.2 Zusammenhänge zwischen Arbeit, Gesundheit und Krankheit..................................20 1.3 Krankenstandsermittlung/-berechnung.......................................................................27 2. Fehlzeiten als Kennziffern..................................................................................................29 2.1 Analyse der Ursachen.................................................................................................29 2.2 Konsequenzen.............................................................................................................30 2.3 Fehlzeiten als Erfolgsmessung....................................................................................32 3. Die aktuelle Situation.........................................................................................................33 3.1 Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM)......................................................34 3.2 Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM)..........................................................36 3.2.1 Die Vorgehensweise.........................................................................................37 3.2.2 Instrumente der Organisationsentwicklung......................................................39 3.3 Veränderung der Altersstruktur im Unternehmen.......................................................43 Gründe.....................................................................................................................................49 1. Grundsätze..........................................................................................................................49 2. Die drei Gruppen von Mitarbeitern....................................................................................50 3. Die drei Sichtweisen von Fehlzeiten..................................................................................52 4. Strategien zur Fehlzeitenreduzierung.................................................................................55 5. Erfolgskontrolle..................................................................................................................58 8 Inhaltsverzeichnis 6. Von der Fehlzeitenreduzierung über betriebliche Gesundheitsförderung zur Verbesserung der Anwesenheit....................................................................................59 Maßnahmen............................................................................................................................63 1. Vereinbarung von Zielen....................................................................................................63 2. Der Prozess bestimmt das Ergebnis...................................................................................64 2.1 Das Instrument Projektgruppe zur Koordination der notwendigen Zusammenarbeit.............................................................................65 2.2 Das Instrument Arbeitssituationsanalyse zur Erfassung der Ursachen in der Arbeitssituation..........................................................................67 3. Ohne verlässliche Daten geht es nicht...............................................................................72 3.1 Betriebliche Gesundheitsberichtserstattung...............................................................72 3.2 Das Instrument Strukturanalyse..................................................................................74 4. Maßnahmen zur Verbesserung der Anwesenheit...............................................................75 4.1 Präventive Maßnahmen..............................................................................................78 4.1.1 Personale Maßnahmen.....................................................................................78 4.1.1.1 Mitarbeiterauswahl..........................................................................78 4.1.1.2 Leistungsfähigkeitsadäquater Mitarbeitereinsatz............................80 4.1.1.3 Qualifizierung der Mitarbeiter.........................................................82 4.1.1.4 Gespräche mit den Mitarbeitern......................................................83 4.1.1.5 Auswahl und Qualifizierung von Führungskräften.........................84 4.1.1.6 Das Führungsverhalten des Vorgesetzten........................................85 4.1.1.7 Gesundheitliche Betreuung der Mitarbeiter....................................93 4.1.1.8 Spezielle Gesundheitsförderungsprogramme..................................96 4.1.1.9 Anerkennung von Mitarbeitern mit hoher Anwesenheit.................97 4.1.1.10 Umsetzung aus gesundheitlichen Gründen.....................................98 4.1.1.11 Materielle Anreize für Mitarbeiter...................................................98 4.1.1.12 Materielle Anreize für Führungskräfte..........................................100 4.1.1.13 Berücksichtigung der Anwesenheit bei personellen Einzelmaßnahmen................................................100 4.1.1.14 Gestaltung des Freizeitverhaltens..................................................100 4.1.2 Strukturelle Maßnahmen................................................................................102 4.1.2.1 Gestaltung der Unternehmens- und Gesundheitskultur.................102 4.1.2.2 Anwesenheits-/Fehlzeitenkultur....................................................102 4.1.2.3 Dezentralisierung der Mitarbeiterbetreuung..................................103 4.1.2.4 Kostenverantwortung.....................................................................103 4.1.2.5 Einrichtung eines Arbeitskreises...................................................103 4.1.2.6 Gesundheitsgerechte Gestaltung der Arbeitswelt..........................104 4.1.2.7 Beteiligung der Mitarbeiter...........................................................108 Inhaltsverzeichnis 9 4.1.2.8 Transparenz schaffen......................................................................115 4.1.2.9 Gesundheitsbeauftragte..................................................................116 4.1.2.10 Ausweicharbeitsplätze....................................................................116 4.1.2.11 Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Arbeit und Familie.................117 4.2 Kurative Maßnahmen................................................................................................117 4.2.1 Personale Maßnahmen...................................................................................117 4.2.1.1 Anzeige der Arbeitsunfähigkeit......................................................117 4.2.1.2 Betreuung von Suchtkranken.........................................................118 4.2.1.3 Betreuung besonderer Mitarbeiter/Mitarbeitergruppen.................118 4.2.1.4 Gesundheitscoaching......................................................................119 4.2.1.5 Spezielle Beratung im betrieblichen Gesundheitswesen................120 4.2.1.6 Rehabilitation/Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess...........120 4.2.1.7 Rückkehrgespräche........................................................................122 4.2.1.8 Fehlzeitengespräche.......................................................................125 4.2.1.9 Informationsveranstaltungen für Rückkehrer................................126 4.2.1.10 Fehlzeitenbriefe an die Mitarbeiter................................................126 4.2.1.11 Unterstützungsangebote für Führungskräfte..................................127 4.2.1.12 Vorgesetztenrunden und Workshops..............................................127 4.2.1.13 Durchführung von Hausbesuchen..................................................128 4.2.1.14 Einführung der Attestpflicht ab dem ersten Krankheitstag............129 4.2.1.15 Einsatz von Privatdetektiven..........................................................129 4.2.1.16 Rechtliche Maßnahmen..................................................................130 4.2.2 Strukturelle Maßnahmen................................................................................130 4.2.2.1 Abbau von Belastungen.................................................................130 4.2.2.2 Arbeitsmedizinische Patenschaft...................................................130 4.2.2.3 Brief an Führungskräfte.................................................................131 4.2.2.4 Ablösung von Vorgesetzten............................................................131 4.2.2.5 Dialog mit den niedergelassenen Ärzten........................................131 4.2.2.6 Dialog mit Kliniken........................................................................134 4.2.2.7 Dialog mit Krankenkassen und anderen Einrichtungen.................134 4.2.2.8 Einschaltung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung MDK.....................................................134 5. Zusammenfassung............................................................................................................136 5.1 Grundlage betrieblichen Handelns............................................................................136 5.2 Die Einführung eines Betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM)..................141 Ausblick: Anwesenheits- und Vertrauensmanagement....................................................147 Anhang: Musterbriefe..........................................................................................................151 10 Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis..........................................................................................................161 Literatur.................................................................................................................................165 Die Autoren............................................................................................................................181 Stichwortverzeichnis..............................................................................................................183 Einleitung 11 Einleitung Nach Presseberichten haben die Fehlzeiten 2006 mit 3,5 % einen historischen Tiefstand er- reicht. Da niemand so genau weiß, wie dieser Wert errechnet wird – was sind die Konsequen- zen für Unternehmen? Für diejenigen, die eine ähnliche Jahresabschlusszahl haben, gilt es, diesen niedrigen Wert auf Dauer zu behalten. Für die Unternehmen, die über diesem Wert liegen, entsteht ein Handlungs- und Kostendruck in Richtung dieses Wertes durch die Reali- sierung geeigneter Maßnahmen – z. B. in einem Projekt betriebliches Gesundheitsmanage- ment. Dieses Buch gibt einen Überblick über Instrumente zur (dauerhaften) Reduzierung der Fehl- zeiten. Bei der Darstellung der Instrumente haben wir Vollständigkeit angestrebt. Damit hebt sich dieses Buch von anderen, insbesondere von weitgehend einseitigen Büchern zur Fehlzei- tenreduzierung, ab. Mit dem Anspruch auf Vollständigkeit ist nicht gemeint, dass jedes Instrument detailliert dargestellt wird. Zu wichtigen Einzelaspekten wird jeweils auf die vorhandene Literatur hingewiesen. Uns geht es vor allem um einen Überblick über wichtige Instrumente und um deren Eignung zur Verbesserung der Anwesenheit der Mitarbeiter. Das Thema „Abwesenheitsreduzierung“ hat Dauerkonjunktur – sei es aus wirtschaftlichen oder aus sozialen Gründen. Eine der wichtigsten ökonomischen Fragen am Anfang dieses Jahrtausend lautet: Gelingt es der Gesellschaft Bundesrepublik Deutschland, sich auf die Herausforderungen der Globalisierung einzustellen? Die Internationalisierung der Finanz-, Geld- und Warenmärkte ist zu der entscheidenden Rahmenbedingung geworden. Es gibt keine singulären Entwicklungen, keine Inseln und Naturschutzparks mehr. In der letzten Zeit sind die Probleme und Risiken des Wirtschaftsstandortes Deutschland stärker in das öffentliche Bewusstsein gerückt. Als wesentliche Belastungen der Konkurrenz- fähigkeit deutscher Produkte und Dienstleistungen werden immer wieder die hohen Lohn- und Lohnnebenkosten genannt. Darüber hinaus wird häufig darauf hingewiesen, dass deut- sche Mitarbeiter im Vergleich zu ihren europäischen und insbesondere zu ihren außereuropäi- schen Kollegen die meisten Urlaubstage beanspruchen und hohe Fehlzeitenquoten aufweisen. Bei der krankheitsbedingten Abwesenheit bestehen große Unterschiede zwischen den Indust- rieländern. Zum Teil beträgt die Differenz bei den Fehltagen mehr als das Fünffache (Oster- kamp/Röhn 2007). 12 Einleitung Zunehmend deutlich geworden ist aber auch, dass kreative, engagierte und motivierte Mitar- beiter den Hauptteil zur Wertschöpfung beitragen und ein entscheidender Wettbewerbsvorteil sind. Die Erhaltung und Entwicklung der Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter sind deshalb nicht nur Ausdruck sozialer Unternehmensverantwortung, sie sind auch eine ökonomische Notwendigkeit. Wer von den MitarbeiterInnen Leistung fordert, muss deren Gesundheit schützen und fördern, heißt es in einer Broschüre von Volkswagen (Volks- wagen AG 1998). Die Fehlzeitenzahlen werden in den unterschiedlichsten Untersuchungen als Kennziffern herangezogen, um bestimmte Sachverhalte zu belegen bzw. zu untermauern. Im Folgenden werden einige Schwierigkeiten bzw. Risiken bei der Verwendung von Fehlzeiten als Kennzif- fern besprochen und dabei geklärt, was genau das Ziel der Verbesserung der Anwesenheit der Mitarbeiter ist. Im Weiteren wird dann erörtert, wie dieses Ziel vor dem Hintergrund der Probleme sinnvoll als Grundlage für Entscheidungen im Unternehmen verwandt werden kann. Außerdem wird begründet, warum es sinnvoll ist, sich um die Anwesenheit aller Mitar- beiter zu kümmern und wie dieses Kümmern mit einer Vielzahl von Instrumenten realisiert werden kann.