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Bestimmungsfaktoren der wirtschaftspolitischen Willenbildungs- und Entscheidungsprozesse in der Bundesrepublik Deutschland PDF

83 Pages·1975·2.025 MB·German
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Preview Bestimmungsfaktoren der wirtschaftspolitischen Willenbildungs- und Entscheidungsprozesse in der Bundesrepublik Deutschland

FORSCHUNGSBERICHTE DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN Nr. 2516 Herausgegeben im Auftrage des Ministerpr~sidenten Heinz KUhn yom Minister fUr Wissenschaft und Forschung Johannes Rau Dip!. -Volkswirt Heinz Jurgen Prangenberg Gesellschaft fUr internationale Zusammenarbeit und demokratische Politik e. V. , Bonn-Bad Godesberg Bestimmungsfaktoren der wirtschaftspolitischen Willenbildungs- und Entscheidungsprozesse in der Bundesrepublik Deutschland Westdeutscher Verlag 1975 © 1975 by Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen Gesamtherstellung: .Westdeutscher Verlag ISBN 978-3-531-02516-2 ISBN 978-3-322-88567-8 (eBook) DOl 10.1007/978-3-322-88567-8 - 1 - Erstes Kapitel Problemstellung Die Analyse wirtschaftspolitischer Willensbildungs- und Ent scheidungsprozesse besitzt nicht nur politische Aktualitat, sondern erfreut sich auch in der wissenschaftlichen Diskus sion einem zunehmenden Interesse. 1m Mittelpunkt dieser Un tersuchungen steht die Frage, welche Faktoren einen Einflu~ auf die wirtschaftspolitische Willensbildungs- und Entschei dungsprozesse ausuben, in welcher Weise mogliche Einflu~nahmen gel tend gemacht werden und ob und inwieweit sich hierdurch Konfliktsituationen zwischen einer Orientierung an den Wahler praferenzen herausbilden. I. Untersuchungsrnethode In der sozialempirischen Forschung gibt es verschiedene ern pirische Ansatze, urn gesellschaftliche Machtstrukturen zu untersuchen. Aus der weit entwickelten amerikanischen "Commu ni ty-Power-Forschung" 1) entwickel ten Schuch, Nuttal und Gordon das Konzept eines allgerneinen Entscheidungsproze~-Mo­ dells. Mit diesern Modell ist versucht worden, ein generelles Dar stellungs- und Erklarungsrnodell fUr Machtstrukturen in verschie denen sozialen Systernen zu entwickeln. Das Modell basiert auf fOlgenden Hypothesen: 1. Das Treffen von Entscheidungen ist ein Indikator fur "Macht" in einern sozialen System. 2. Entscheidungsprozessesind nicht an bestimrnte Forrnen von sozialen Einheiten und Systemen gebunden. 3. Entsch~idungsprozesse sind dynarnische Vorgange, die innerhalb eines rnehrdimensionalen Eigenschaftsraumes ablaufen. 4. Entscheidungsprozesse lassen sich rein formal in all gerneingUltige Forrnen fassen. - 2 - Entscheidungsprozesse finden statt, wenn zum Zwecke der Fest setzung, der Erreichung oder der Ablehnung eines Zieles eine oder mehrere Personen zwischen mehreren Mitteln und Handlungs alternativen wahlen, d.h. also entscheiden konnen. Solche Entscheidungsprozesse finden zu jeder Zeit in allen Bereichen der sozialen Wirklichkeit statt. Sie sind nicht an bestimmte Typen von sozialen Systemen gebunden, sondern treten in den verschiedensten sozialen Einheiten mehr oder weniger deutlich in Erscheinung. Beim HARVARD-Entscheidungsproze~-Modell werden das Entstehen von Vorschlagen, Ideen und Streitfragen, die Interdependenz zwischen dem Entscheidungsproze~ und einer dynamischen Struktur von sozialen Rollen in Verbindung mit institutionellen und personlichen Interessen, sowie die Auswirkungen der Prozesse auf die Struktur des sozialen Systems, in dem er stattfindet, in die Betrachtung einbezogen. Voraussetzung fur die Darstellung und Erklarung des geschil derten dynamischen Prozesses und der mit diesem zusammenhangen den Aktionen und Reaktionen ist aber eine formale, analytische Beschreibung des zeitlichen Proze~verlaufes sowie die Bestimmung der Kategorien und Elemente, die einen direkten oder indirekten Einflu~ auf den Entscheidungsproze~ ausuben konnen. Als Para meter des Entscheidungsprozesses sind im einzelnen die folgen den Elemente anzusehen. 1. Die verschiedenen Phasen, Stufen und Schritte des Prozesses 2. Die verschiedenen Merkmale der behandelten Streit fragen 3. Die verschiedenen Merkmale der sozialen Rollen der am Entscheidungsproze~ beteiligten Personen 4. Die verschiedenen Merkmale bestimmter Positionen und Xmter S. Die Interaktionen, Abhangigkeiten und Beziehungen zwischen den vier oben genannten Parametern. - 3 - Um zum einen der gro~en Varietat des Entscheidungszusammen~ hanges gerecht zu werden, zum anderen aber auch die Katego rien auf die verschiedensten sozialen Einheiten anwenden .zu konnen, ist es angebracht, die genannten Einflu~gro~en in moglichst allgemeiner Form, also abstrahierend von der Spezifik der Elemente, in einem formal isolierten Eigenraum darzustellen. In einem weiteren Schritt sind dann die isolier ten Merkmale so miteinander zu kombinieren, da~ sie in ihrem Beziehungsgefuge den gesamten Entscheidungsproze~ in seinen einzelnen Phasen zu erfassen vermogen. II. Untersuchungsziele Unter Anwendung dieses Modells hat die vorliegende Unter suchung die Aufgabe, zwei grundsatzliche Hypothesen zu uber prufen. (1) Inwieweit ist die Systemkonformitat des wirtschafts politischen Willensbildungsproze~ mit der parlamenta risch-demokratischen Ordnung der Bundesrepublik gewahr leistet? (2) Inwieweit ist das System der staatlichen Eingriffs moglichkeiten in den Wirtschaftsablauf institutionell, instrumentell und durch die Verhaltensgewohnheiten so angelegt, da~ die Rationalitat der wirtschaftspoliti schen Zielfunktionen und die Zielkonformitat der wirt schaftspolitischen Ma~nahmen der einzelnen Rollentrager gesichert ist. Fur die Hypothese (1) werden die Interaktionen zwischen Re gierung, Bundesbank und Parteien analysiert und der Einflu~ der Interessenverbande auf diese Institutionen in Art und Wirkung gepruft, um - 4 - den Grad der demokratischen Systemkonformitat wirtschaftspolitischer Entscheidungsfindungs prozesse innerhalb der Institutionen des Regierungs systems und den Grad der Mediatisierung (Willms) bzw. Au~en­ steuerung (Lohmar) dieser Instiutionen durch die Interessenverbande festzustellen. Zur Oberprufung der Hypothese (2) werden folgende Punkte einer Analyse unterzogen: WeJchen Stellenwert besitzt die demoskopisch ge messene Wahlermeinung und die Stellungnahme der Experten bei der Entscheidungsfindung durch die Institutionen des Regierungssystems? In welchem Umfang beeinflussen die unterschiedlichen wirtschaftspolitischen Prioritatenskalen der Offent lichen Meinung einerseits und der Experten anderer seits die Entscheidungstrager? Inwieweit wird in einem demokratischen System die Durch fuhrung der Wirtschaftspolitik durch systemimmanente Verhaltensweisen, etwa der Berucksichtigung des Wahlerwillens bestimmt? Ziel der Untersuchung ist es deshalb u.a. eine Vielzahl von derartigen kausalen Zusammenhangen festzustellen. Zur naheren Analyse des Willensbildungs- und Entscheidungs prozesses, der zur Aufwertung der Deutschen Mark im Oktober 1969 fuhrte, werden im einzelnen folgende Rollentrager, ihre Aktionen und Interaktionen untersucht. a) Bundesregierung Neben den Aktionen des Kabinetts insgesamt mussen die des Bundeskanzlers und der Minister fur Wirt schaft und Finanzen besonders analysiert werden. - 5 - b) Bundesbank c) Parteien d) Experten Sachverstandigenrat, Beirat u.a. e) Interessenverbande. Die Aktionen der einzelnen Ro11eninhaber werden als "die Wil lensbildung motivierende und die Entscheidungsfindung be stimmende Interaktionen verstanden. II 1. " UritersuchurigstechIiik Zur Analyse des Willensbildungs- und Entscheidungsprozesses in der Aufwertungsdiskussion wurden insgesamt 842 Artikel diverser Zeitungen und Zeitschriften einer Inhaltsanalyse unterzogen. Bei der Festlegung des zu analysierenden Textmaterials stell ten sich folgende Fragen: 1. Wie breit 5011 die Auswahl des in die Untersuchung einzubeziehenden Dokumentarmaterials seinT (Wieviel und welche Zeitschriften sollen erfaat werden?) 2. Auf welchen Zeitraum 5011 die Auswahl der zu ana~y­ sierenden Artikel beschrankt werdenT 3. Wie viele der in der Untersuchungsperiode anfallenden Artikel sollen erfaat werdenT 4. Mua das ganze Dokument oder nur ein Teil eines Ar tikels in die Untersuchung mit einbezogen werden? Zu 1.: Bei der Auswahl des zu analysierenden Materials ging man von dem Gedanken aus, nicht nur Artikel aus .einem bestimmten Zeit schriftentyp (z.B. Tageszeitungen) in die Untersuchung mit einzubeziehen, sondern einen relativ breiten Ausschnitt aus den vielfaltigen Zeitungstypen zu erfassen. Deshalb wurden - 6 - Artikel aus Tages- und Wochenzeitungen, Fachzeitungen und Fachzeitschriften sowie Artikel aus der "Verbandspresse" sowie Verlautbarungen amtlicher Stellen ausgewahlt. Eine Obersicht geht aus der nachfolgenden Tabelle hervor. Tabelle Art der Zeitschrift Anzahl absolut in % Tageszeitlmgen 479 56,9 % Verbandspresse 146 17,3 % Wochenzeitlmgen 101 12,0 % Fachzeitlmgen von Geldinstituten 53 6,3 % Fachzeitschriften 48 5,7 % Amtliche Stellen 15 1 8 % 2 842 100,0 % Die Betonlmg der Vielfaltigkeit der Zeitschriftentypen beinhaltet naturgemiU3, daB nicht Material aller Zeitschriften eines bestimmten Typs (z.B. aIle Tageszeitlmgen) in die Analyse mit einbezogen wer den konnten. Deshalb wurde innerhalb der verschiedenen Zeitschriften typen eine bewuBte Auswahl getroffen. Die Auswahl der Artikel aus den uberregionalen Tageszei tungen erfolgte teilweise anhand des Presseausschnitt dienstes der Deutschen Bundesbank, wahrend die Artikel aus den beiden Kolner Regionalzeitungen direkt diesen Zeitungen entommen wurden. - 7 - Aus der Vielfalt der Verbandspresse wurden ausschliealich Presseerzeugnisse, die den Unternehmerverbanden bzw. den Gewerkschaften nahestehen oder mit ihnen.verbunden sind, analysiert. Tabelle 2 j\rt der Zeitung Anzahl ~elt der Arbeit 17 ~ewerkschaftliche Monatshefte 5 iandelsblatt 15 ndustriekurier 104 ~chnelldienst des Deutschen ndustrie Instituts 5 Das zahlenmaaige Obergewicht der den Unterne~mensverbanden nahestehenden Presseerzeugnissen ergibt sich aus der unter schiedlichen Erscheinungsweise der Zeitschriften. Innerhalb der Gruppe 1 (Tageszeitungen) wurde das zu analy sierende Material nach folgenden Gesichtspunkten ausgewahlt: a) Verbreitungsgebiet b) Bedeutung in der wirtschaftspolitischen Kommentierung ftir andere Tageszeitungen c) allgemein-politische Ausrichtungen der Zeitung. Von den 479 Artikeln entfielen 245 auf ftinf tiberregionale Tageszeitungen; die tibrigen 234 wurden regionalen Tageszei tungen entnommen, wobei 213 Artikel auf die beiden im Kenner Raum verbreiteten T~geszeitungen, Kelner Stadtanzeigen und Kelnische Rundschau entfielen. - 8 - Tabelle 3 Art der Tageszeitung Anzahl FAZ 110 WELT 60 Suddeutsche Zeitung 31 Frankfurter Rundschau 15 Bild 29 KaIner Stadtanzeiger 124 Kolnische Rundschau 89 Sonstige 21 479 Die Wochenzeitungen wurden nach den gleichen drei Kriterien, die bei der Auswahl der Tageszeitungen angewandt wurden, festgelegt. Es wurden 39 Artikel des Spiegels, 42 Artikel der Zeit und 20 des Rheinischen Merkurs ausgewertet. Daruberhinaus wurden noch 101 Artikel wirtschaftspolitischer Fachzeitschriften und Artikel diverser Fachzeitungen von Geld~ und Kreditinstituten sowie 15 Dokumente amtlicher Stellen aus~ gewiihlt. ZU 2.: Bei der Festlegung der Untersuchungsperiode galt es eine Entschei dung daruber zu treffen. ob die zu erfassenden Dokumente sich nur auf den Zeitraum der eigentlichen offenen politischen Dis~ kussion. d.h. vom 9.Mai 1969 (Mehrheitsentscheidung des Kabinetts gegen eine DM-Aufwertung) bis zum 28. September 1969 (Wahl zum 6. Deutschen Bundestag) beschriinken sollte oder der Zeitraum vor dem offenen Ausbruch des Streites auch eine Berilcksichtigung finden sollte. Hier wurde davon ausgegangen. sich nicht nur auf die offene Entscheidungsstituation zu beschriinken, sondern auch das Vorfeld bis zur eigentlichen Diskussion zu erfassen, urn auf

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