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Bestand und Wandel: Meine Lebenserinnerungen zugleich ein Beitrag zur neueren Geschichte der Mathematik PDF

320 Pages·1950·18.312 MB·German
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GERHARD KOWALEWSKI G. KOWALEWSKI BESTAND UND WANDEL MEINE LEBENSERINNERUNGEN ZUGLEICH EIN BEITRAG ZUR NEUEREN GESCHICHTE DER MATHEMATIK MÜNCHEN 1950 VERLAG VON R.OLDENBOURG Copyright 1950 by R.Oldenbourg, München. Satz und Buchbinder: R.Oldenbourg, Graphische Betriebe G. m. b. H. München. Meiner lieben Frau Maria in Dankbarkeit gewidmet Vorwort Lebenserinnerungen sind hauptsächlich deshalb wertvoll und interessant, weil sie sich nicht nur mit einem einzelnen Menschen beschäftigen, sondern zugleich die vielen andern Personein in die Betrachtung hineinziehen, mit denen jener Einzelne in Berührung kam. Sie können aus diesem Grunde auch dann lesenswert sein, wenn der Einzelne keine Persön- lichkeit von besonderer Bedeutung ist. Ich habe in meinem Leben das Glück gehabt, vielen großen Männern zu begegnen. Unter meinen Lehrern in der Mathematik waren überragende Meister ihres Faches. Deshalb sind diese Erinnerungen, wie auch im Titel des Buches hervorgehoben wird, zugleich als ein Beitrag zur neueren Geschichte der Mathematik zu betrachten. Wie bei (meinem Buch „Große Mathematiker" kann ein mathematisch nicht genügend vorgebildeter Leser das rein Mathematische überschlagen. Es bleibt immeir1 noch genug Lesenswertes über Menschen und Verhältnisse vergangener Zeiten. Gräfelfing bei München, Herbst 1949. Gerhard Kowalewski. LERNZEIT Volksschule und Gymnasium. Ich wurde in dem pommerschen Dorfe Alt-Järshagen (Kreis Schlawe, Bezirk Köslin) auf dem Gute meiner mütter- lichen Vorfahren am 27. März 1876 gehören. An meinen Großvater Christian Pominerening und meine Großmutter Regine Pommerening, geborene Meidow, erinnere ich mich noch mit großer Ehrfurcht. Mein Geburtsort liegt so nahe an der Küste, daß man an stürmischen Tagen das Meer brausen hört. Die pommerschen Bauernfamilien sind meist sehr kinderreich. Ihre Söhne widmen sich, soweit sie nicht in der Landwirtschaft unterkommen, hauptsächlich vier Berufen: Sie werden Seeleute, Förster, Postbeamte oder Lehrer. Ich hatte in der nächsten Verwandtschaft viele Seeüeute, die weit in der Welt herumgekommen waren, und lauschte als Knabe, wenn wir in den Schulferien bei den Großeltern zu Besuch waren, mit großem Vergnügen ihren abenteuerlichen Erzählungen. Es gab unter diesen See- leuten einige, die als pensionierte Kapitäne in irgendeiner Hafenstadt wohnten und sich in sehr guten Vermögens- verhältnissen befanden. Mein Vater Leonhard Julian Kowalewski war zuerst Volksschullehrer in Sallewen im masurischen Ostpreußen, wo mein älterer Bruder Arnold Kowalewski geboren ist (27. November 1873). Später wurde mein Vater als SeminarleJirer an die Lehrerbildungsanstalt in Löbau, Westpreußen, berufen. Die Lehrerseminare warein für den Volksschullehrer das, was dem höheren Lehrer die Uni- versität ist. Die Ausbildung, die den Zöglingen dieser An- 1 stalten getboten wurde, war ganz ausgezeichnet. Vor allem war es ein großer Vorteil, daß die Seminare auch den Söhnen der Armen offenstanden, wenn sie die charakter- lichen und die Begabunigsbedingungen erfüllten. Ich hatte noch eine jüngere Schwester Magda, die im Alter von neun Jahren bei einer Scharlachepidemie nach schwerem Leiden starb. Diesen Verlust haben wir nie verschmerzen können. Sie war hochbegabt, viel klüger als ihre beiden Brüder. Lateinisch lernte sie durch das bloße Zuhören bei unseren Schularbeiten. "Wie oft konnte sie uns mit Vokabeln oder grammatischen Regeln aushelfen! In Löbau gab es kein Vollgymnasium, sondern nur ein Progymnasium, dem die beiden obersten Klassen, Unter- und Oberprima, fehlten. Der Direktor dieser Anstalt, Richard Hache, war ein weithin bekannter, ausgezeichneter Schulmann. Er betätigte) sich auch mit großem Erfolg als Dichter. Es gab von ihm schöne deutsche und lateinische Gedichte. Später hat er sich auch am politischen Leben be- teiligt und ist als Dichter des Weichselgauliedes, eines nationalen. Kampfhymnus, stark hervorgetreten. Er war ein hervorragender Kenner des Lateinischen. Das Progymnasium begann mit der sogenannten Sep- tima, die wir aber nicht durchzumachen brauchten, weil wir die volksschulmäßige Vorbildung auf der Übungsschule des Lehrerseminars erhalten hatten. Diese Übungsschule war eine pädagogische Musteranstalt. Heutzutage, wo es keine Lehrerseminare mehr gibt und die pädagogischen Akademien mit Hochschulcharaikter die Ausbildung der künftigen Volksschullehrer übernommen haben, kann ein Kenner der alten Einrichtungen nicht recht glauben, daß die Ausbildung der Volksschullehrer ebenso gründlich ist wie früher. Aber vielleicht ist das ein Vorurteil. Zum Lehrer ist man schließlich geboren. Daran kann die Aus- bildung nicht viel ändern. Ich erinnere mich noch sehr gut, wie mich mein Vater eines Tages dem Direktor Hache vorstellte und für die 2

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