FORTSCHRITTE DER BOTANIK BAND XXI FORTSCHRITTE DERBOTANIK BEGRClNDET VON FRITZ VON WETTSTEIN UNTER ZUSAMMENARBEIT MIT MEHRER EN FACHGENOSSEN UND MIT DER DEUTSCHEN BOTANISCHEN GESELLSCHAFT HERAUSGEGEBEN VON ERWIN BaNNING ERNST GAUMANN TOBINGEN ZORICH EINUNDZWANZIGSTER BAND IBERICHT C1BER DAS JAHR 1958 MIT 29 ABBILDUNGEN S P R IN G E R- V E R LA G BERLIN· GOTTINGEN . HEIDELBERG 1959 AIle Rechte, insbesondere das der Ubersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten. Ohne ausdriickliche Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestattet, dieses Buch oder Teile daraus auf photomechanischem Wege (Photokopie, Mikrokopie) zu vervieWiltigen. © by Springer-Verlag OHG., Berlin· Gottingen . Heidelberg 1959 Softcover reprint of the hardcover 1s t edition 1959 ISBN-13: 978-3-642-94747-6 e-ISBN-I3: 978-3-642-94746-9 001: 10.1007/978-3-642-94746-9 Die Wiedergabe von Gebraucbsnamen, Handelsnamen, vVarenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, daB soIche Namen im Sinn der Warenzeichen- und Markenscbutz Gesetzgebung als frei zu betrachten waren und daber von jedermann benutzt werden durfen. BRUHLSCHE UNIVERSITATSDRUCKEREI GIESSEN Inhaltsverzeichnis. Seite A. Anatomie und Morphologie. 1. Morphologie und Entwicklungsgeschichte der Zelle. Von Professor Dr. LOTHAR GEITLER, Wien III, Botanischer Garten, Rennweg 14 .... 2. Morphologie einschlieJ31ich Anatomie. Von Professor Dr. VVILHEL:v£ TROLL und Professor Dr. HANS WEBER, Mainz, Botanisches Institut der Uni- versitat. (Mit 6 Abbildungen) ............. 12 3. Entwicklungsgcschichte und Fortpflanzung. Von Professor Dr. KURT STEFFEN, Braunschweig, Pharmakognostisches Institut der Techn. Hochschule, Pockelsstraf3e 4. (Mit 1 Abbildung) 33 4. Submikroskopische Morphologie. Von Professor Dr. KURT MUHLE THALER, Zurich 6, Institut fur allgemeine Botanik der Eidgen. Techn. Hochschule. (Mit 3 Abbildungen) . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 B. Systemlehre und Pflanzengeographie. 5. a) Systematik und Phylogenie der Algen. Von Professor Dr. BRUNO SCHUSSNIG, Jena, Postfach 120 . . . . . . . . . . . . . . . . 59 b) Systematik und Stammesgeschichte der Pilze. Von Dozent Dr. HEINZ KERN, Zurich 6, Institut fur spezielle Botanik der Eidgen. Techn. Hochschule, Universitatsstraf3e 2 ............... 74 c) Systematik der Flechten. Von Privatdozent Dr. JOSEF POELT, Munchen 19, Botanische Staatssammlung, Menzinger Straf3e 67 81 d) Systematik der Moosel Von Privatdozent Dr. JOSEF POELT. e) Systematik der Farnpflanzen. Von Privatdozent Dr. JOSEF POELT. (Mit 3 Abbildungen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 f) Systematik del' Spermatophyta. Von Professor Dr. HERMANN MER X MULLER, Munchen 19, Institutfur Systematische Botanik der Univer sitat, Menzinger Str. 67. (Mit 2 Abbildungen). . . . . . . . . . . 98 6. Palaobotanik. Von Professor Dr. KARL MAGDEFRAU, Munchen 19, Bota nisches Institut der Universitat, Menzinger StraJ3e 67. (Mit 4 Abbil dungen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 7. Systematische und genetische Pflanzengeographie. a) Areal- und Florenkunde. Von Professor Dr. HELMUT GAMS, Inns- bruck-Hatting, Botanisches Institut der Universitat . 151 b) Floren- und Vegetationsgeschichte seit dem Ende des Tertiars. Von Professor Dr. FRANZ FIRBAS, Gottingen, Systematisch-Geobotanisches Institut der Universitat, Untere Karspiile 2a, und Dr. BURKHARD FRENZEL, Marburg a. d. Lahn, Botanisches Institnt der Universitat, Am Pilgrimstein. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 8. Okologische Pflanzengeographie. Von Professor Dr. HEINZ ELLENBERG, Zurich 44, Institut fUr Geobotanik del' Eidgen. Techn. Hochschule, ZurichbergstraJ3e 38. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 9. Okologie. Von Professor Dr. THEODOR SCHMUCKER, Hann.-Munden, Forstbotanisches Institnt, Werraweg I .............. 196 1 Der Beitrag folgt in Band XXII. VI Inhaltsverzeichnis. C. Physiologie des Stoffwechseis. 10. Physikalische und chernische Grundlagen der Lebensprozesse (Strahlen biologie). Von Professor Dr. HELLMUT GLUBRECHT, Hannover, Tech nische Hochschule, Herrenhauser StraBe 2, und Dr. RIKLEF KANDELER, Wiirzburg, Botanisches Institut der Universitat, KlinikstraBe 5 206 II. Zellphysiologie und Protoplasrnatiki. Von Professor Dr. HANS JOACHIM BOGEN, Braunschweig, Botanisches Institut der Technischen Hoch schule, HurnboldtstraBe 1 12. \Vasserurnsatz und Stoffbewegungen. Von Professor Dr. BRUNO HUBER, Miinchen 13, Forstbotanisches Institut der Universitat, Arnalien straBe 52, und Privatdozent Dr. LEOPOLD BAUER, Tiibingen, Botani sches Institut der Universitat, \VilhelrnstraBe 5. (Mit 2 Abbildungen) 232 13. Mineralstoffwechsel. Von Professor Dr. HANS BURSTRbM, Lund (Schweden), Botanisches Institut der Universitat 247 14. Stoffwechsel organischer Verbindungen I (Photosynthese). Von Profes sor Dr. ANDRE PIRSON, Gbttingen, Pflanzenphysiologisches Institut der Universitat, Untere Karsplile 2. (Mit 3 Abbildungen). . . . .. 262 15. Stoffwechsel organischer Verbindungen IF. Von Professor Dr. K. MaTHEs, Halle a. d. Saale, ErnestusstraBe 24, und Privatdozent Dr. H. REZNIK, Heidelberg, Botanisches Institut der Universitat 16. N -Stoffwechsel. a) Anorganischer N-Stoffwechsel. Von Dozent Dr. ERICH KESSLER, Marburg a. d. Lahn, Botanisches Institut der Universitat, Pilgrirn- stein 4. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 281 b) Organischer N-StoffwechseP. Von Dozent Dr. ERICH KESSLER. 17. Viren und Phagen. a) Vireni. b) Bakteriophagen. Von Professor Dr. Dr. \VOLFHARD 'WEIDEL, Tiibingen, Max-Planck-Institut fiir Biologie, CorrensstraBe 38 . . 293 D. Physiologie der Organbildung. 18. Vererbung. a) Genetik der Mikroorganisrnen 1. Von Professor Dr. REINHARD W. KAPLAN, Frankfurt a. M., Institut fiir Mikrobiologie der Universitat, Siesrnayer StraBe 70 b) Genetik der Sarnenpflanzen. Von Professor Dr. CORNELIA HARTE, KOln-Lindenthal, Institut fUr Entwicklungsphysiologie del' Uni- versitat, GyrhofstraBe 17 ................ 302 19. Cytogenetiki. Von Professor Dr. JOSEPH STRAUB, Kbln-Lindenthal, Botanisches Institut der Universitat, GyrhofstraBe 15-17 20. \Vachsturni. Von Professor Dr. JAKOB REINERT, Tiibingen, Botanisches Institut der Universitat, vVilhelrnstraBe 5 21. a) Entwicklungsphysioiogiei. Von Professor Dr. ANTON LANG, Pasa dena 4, California (USA), California Institute of Technology, Divi sion of Biology b) Physiologie der Fortpflanzung und Sexualitat. Von Professor Dr. HANS FERDINAND LINSKENS, Nijrnegen (Holland), Botanisches Laboratoriurn der R. K. Universitat, Kapittelweg 36 . . . . . . 331 ---- I Der Beitrag folgt in Band XXII. Inhaltsverzeichnis. VII 22. Bewegungen. Von Dr. WOLFGANG HAUPT, Tubingen, Botanisches Institut der Universitat, WilhelmstraBe 5. (Mit 3 Abbildungen) 349 E. Ausgewa.hlte Kapitel der angewandten Botanik. 23. a) Allgemeine Pfianzenpathologie. Von Dr. ROLAND ROHRINGER, Gottingen, Institut flir Pfianzenpathologie und Pfianzenschutz der Universitat, Nikolausberger vVeg 5 a. . . . . . . . . . . . . . 361 b) Virosen. Von Oberreg.-Rat Dr. ERICH KOHLER, Braunschweig, Virusinstitut, Messeweg 11/12 . . . . . . . . . . . . . . . . 385 c) Bakteriosen. Von Oberreg.-Rat a. D. Dr. CARL STAPP, Braunschweig, Magnitorwall 5 (Mit 1 Abbildung) .............. 393 d) Mykosen. oc) Mykosen, verursacht durch Archimy{;eten und Phycomyceten. Von Dr. JOHANNES ULLRICH, Braunschweig, Institut flir Bo tanik der Biologischen Bundesanstalt, Messeweg 11/12 (Mit 1 Abbildung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 402 (J) Mykosen, verursacht durch Ascomyceten und Fungi imperfecti. Von Dr. EMIL MULLER, Zurich 6, Institut flir spezielle Botanik der Eidgen. Techn. Hochschule, Universitatsstr. 2 ..... 410 y) Mykosen, verursacht durch Basidiomyceten. Von Professor Dr. KURT HASSEBRAUK, Braunschweig, Biologische Bundesanstalt flir Land- und Forstwirtschaft, Institut fur Botanik, Messe- weg 11/12 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 419 e) Nichtparasitare Pfianzenkrankheiten1. f) Pfianzenschutz. Von Oberreg.-Rat Dr. HERMANN FISCHER, Kiel, Pfianzenschutzamt, Westring 383 . . . 428 24. Holzkrankheiten und Holzschutz. Von Professor Dr. HERBERT ZYCHA, Hann.-Munden, Institut flir Forstpfianzenkrankheiten, Kasseler StraBe 22. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 433 25. Antibiotica. Von Dr. HANS ZAHNER, Zurich 6, Institut flir spezielle Botanik der Eidgen. Techn. Hochschule, Universitatsstr. 2 . . . . . 438 26. Hydrobiologie, Limnologie, Abwasser und Gewasserschutz. Von Professor Dr. OTTO JAAG, Zurich 6, Eidgen. Anstalt flir Wasser versorgung, Abwasserreinigung und Gewasserschutz, Physikstra13e 5 . 450 27. Pharmakognosie1. Von Professor Dr. O. MORITZ, Kiel, Gutenberg stra13e 76 28. Angewandte Pfianzenphysiologie1• 29. Angewandte Mikrobiologie1• Sachverzeichnis ................. 468 1 Der Beitrag folgt in Band XXII. Die Abschnitte A und B sind von E. GAUMANN und die Abschnitte C und D von E. BUNNING und der Abschnitt Evon E. BUNNING und E. GAUMANN redigiert. A. Anatomie und Morphologie. 1. Morphologie und Entwicklungsgeschichte der Zelle. Von LOTHAR GEITLER, Wien. 1m folgenden sind oft nicht Publikationen als solche, sondern nur ihre Ab schnitte, die sich auf das behandelte Thema beziehen, referiert. Bakterien und Cyanophyceen. Die Annahme des Vorhandenseins eines Zellkerns bei Bakterien wurde, vor allem durch ROBINOW, grundlich widerlegt und ROBINOW erneuerte auch die klare Begriffsbestimmung dessen, was man mit Recht als Zellkern bezeichnen kann (Fortschr. Bot. 19, 2). Eine andere, schwierigere Frage ist die nach Bau und Verhalten der Kernaquivalente der Bakterienzelle, der Nucleoide. Mit sorgfaltiger, verschiedenartiger Methodik angestellte kritische Untersuchungen an Bacterium megatherium ergaben, daJ3 die N ucleoide vacuolenartig-leer erscheinen und in ihnen Chromosomen-artige Strukturen nachweisbar sind (GIESBRECHT, GIESBRECHT U. PIEKARSKI). Die Nucleoide besitzen einen ganz bestimmten morphologischen Bau und k6nnen von den mit ihnen oft verwechselten Polyphosphat-haltigen K6rpern eindeutig unter schieden werden. Doch laJ3t sich Gestalt und Bau der Nucleoide durch ungeeignete Praparationsmethoden und auch vital stark verandern, woraus sich die verschiedenen Fehldeutungen ergeben; auch die angeb lichen Mitochondrien der Bakterien lassen sich als Fehldeutungen er kennen (GIESBRECHT). Gegenuber der Angabe, daJ3 bei Bacterium mega therium zwischen zwei "Kernteilungen" ein "Chromosom" mit zwei oder mehr spiralisierten "Chromonemen" vorhanden ist, wie gegenuber dem Vergleich des Inhalts der N ucleoide mit dem eines Dinofiagellatenkerns (GIESBRECHT u. PIEKARSKI), ware das Bedenken zu auJ3ern, daJ3 zu wenige positive Befunde vorliegen, urn diese extreme Auffassung zu stutzen. Fur die sich in ihr ausdruckende weitgefaJ3te Definition des Zellkerns gelten die schon von ROBINOW geauJ3erten Einwande (Fortschr. Bot. 19,2). Je mehr Merkmale aus einem Begriff ausgeschieden werden, desto inhaltsleerer wird er; der Fortschritt ist allgemein an eine differen ziertere Begriffsbildung gebunden; wir wollen schlie13lich nicht nur wissen, weIche sehr allgemeinen Gemeinsamkeiten zwischen Nucleoid und Kern bestehen, sondern was das Spezifisch-Wesentliche des Nu cleoids und der Bakterien-Organisation uberhaupt ausmacht. Bei ge nugend weitgehender Abstraktion bestehen auch zwischen Mensch und Seestern Gemeinsamkeiten: diese einmal verstanden, handelt es sich Fortschritte der Botanik XXI 2 Anatomie und Morphologie. darum, das Unterscheidende richtig zu verstehen, was im Fall der Bakterien-Kernaquivalente - wie im Fall der Cyanophyceen - aller dings ungleich schwieriger ist. Aus den gleichen Erwagungen heraus soUte man auch nicht Beggi atoa und Thiothrix als Cyanophyceen betrachten (BAHR u. SCHWARTZ). Die Ubereinstimmung zwischen beiden besteht nach den Autoren darin, daB eine zentrallokalisierte, feulgenpositive, ± diffuse (!) Substanz vor handen ist. Deren eigentiimlicher Aufbau - etwa in der Art, wie sie FUHS bei Cyanophyceen festgesteUt hat (Fortschr. Bot. 20, 1) - wurde nicht analysiert, die eigentlichen Kernaquivalente und Einzelelemente des Chromatinapparats sind also unbekannt geblieben. Nicht mehr von ihnen zu wissen, als die Abbildungen der Autoren darstellen, ist zu wenig, urn Vergleiche anstellen und Schliisse ziehen zu konnen. - Die schon friiher (Fortschr. Bot. 19, 1) kurz erwahnte Lamellenstruktur des Chromatoplasmas von Chroococcus, die normalerweise submikroskopisch ist, aber unter bestimmten Umstanden mikroskopisch sichtbar werden kann, reicht auch ins Centroplasma hinein; die Abgrenzung von Chro mato- und Centroplasma ist in diesem Fall nicht so scharf wie bei vielen anderen Blaualgen [GEITLER 1958 (2)]. Die Vergroberung der submikro skopischen Struktur ist reversibel, also noch vital. Es zeigt sich, daB bestimmte GroBenangaben fiir solche Strukturen nicht verbindlich sind, weil sich die Dimensionen unter verschiedenen physiologischen Bedin gungen stark verandern konnen. Protistenkerne. Uber den Kernbau und die methodisch schwer zu gangliche Mitose der Refen, die AnlaB zu manchen extravagante n Vor stellungen gaben, liegen wieder zwei Untersuchungen vor, die ein grund satzlich normales Verhalten ergeben (ECKSTEIN, YUASA; vgl. auch Fortschr. Bot. 18, 1). Der Kern besitzt eine Membran, Karyoplasma, einen Nucleolus und "Chromatinkornchen"; die - intranucleare - Mitose durchlauft eine Prophase mit Auflosung des Nucleolus, eine Meta-, Ana- und Telophase. Die Knospe entsteht friihzeitig im Verlauf der Mitose. Die Einwanderung des einen Tochterkerns in die Knospe beschreiben die Autoren etwas verschieden, was an der Verschiedenheit des Untersuchungsmaterials liegen kann, und wahrend Yuasa eine Meta phasespindel sah, konnte sie ECKSTEIN nicht sicher nachweisen. - Auch die habituell eigenartige Mitose der Dinoflagellaten laBt sich in das all gemeine Schema - Langsspaltung der Chromosomen, geregelte Ver teilung der Chromatiden auf zwei Tochterkerne - einordnen (SKOCZY LAS). 1m Vergleich zur kleinen, aber breiten und flachen Spindel - die zum erstenmal sicher nachgewiesen wurde -, ist die Chromosomenmasse sehr groB, die Chromosomen sind sehr lang und nur ihre Spindelansatze liegen in der Metaphase im Spindelaquator (distinkte Centromeren lieBen sich nicht beobachten); auBerdem erfolgt die Anheftung an der Spindel sehr friihzeitig und die sonst anaphasische Trennung der Chromatiden an den Spindelansatzen erfolgt schon in der Prophase (dazu gibt es Analogien: vgl. Fortschr. Bot. 14,2 und die Besprechung bei SKOCZYLAS). 1m ganzen betrachtet ist die zeitliche Zuordnung der Einzelablaufe des Chromosomenformwechsels und der Spindelaktion anders als sonst; auch Morphologie und Entwicklungsgeschichte der Zelle. 3 der Erhaltungszustand der Chromosomen im Ruhe- und Interphasekern ist anders; es finden sich also sehr charakteristische Eigenttimlichkeiten. Doch konnten SAT-Chromosomen aufgefunden werden. 1m tibrigen sollen die Chromosomen bzw. Chromatiden eine stark entwickelte anucleale "Pellikula" (nicht zu verwechseln mit der Matrix) besitzen. - Ahnlich schwer verstandlich war lange Zeit die Mitose der Eugleninen. Wie LEEDALE eingehend zeigt, handelt es sich auch hier um eine - intra nuclear verlaufende - Mitose mit Langsspaltung der Chromosomen und, allerdings etwas ungleichzeitiger, Polwanderung der Chromatiden (was aber auch bei Bltitenpflanzen mit hohen Chromosomenzahlen, z. B. bei SParmannia vorkommt). Doch konnte LEEDALE, wie seine Vorganger, keine Spindel beobachten, weshalb er autonome Chromosomenbewegung mit AbstoBung der Schwesterchromatiden annimmt (das letzte Wort hiertiber dtirfte, besonders auch im Hinblick auf den Nachweis der Spindel bei den Dinoflagellaten, noch nicht gesprochen sein). Die Nu cleolen will LEEDALE nicht als solche gelten lassen, weil sie sich durch teilen und weil angeblich keine SAT-Chromosomen vorhanden sind; doch ist ihr Dbersehen in der verworrenen Teilungsfigur der Eugleninen leicht moglich, und im tibrigen teilen sich, wie lange, aber nicht dem Autor bekannt, auch die Nucleolen der Cladophoraceen, bei denen trotzdem SAT-Chromosomen vorhanden sind!. 1m Ruhekern sind die Chromosomen deutlich fadig, bei manchen Arten auch schon verdoppelt, oder die Struktur erscheint "kornig". Kornig strukturierte Ruhekerne lassen bekanntlich, auch bei den hohe ren Pflanzen, der Deutung weiten Spielraum: es ist oft nicht entscheid bar, ob es sich um optische Schnitte von Chromosomen oder um Chromo meren handelt. Eine musterhafte, durch ihre Ergebnisse allgemein wich tige Untersuchung wurde nunmehr tiber den feinkornig-euchromatisch gebauten Makronucleus von Paramaecium angestellt (V. SCHWARTZ). Durch Behandlung unfixierter, freipraparierter Makronuclei mit Quel lungsmitteln, pH-Veranderungen u. a. m. wurde erreicht, daB sich die Chromosomen des Kerns, die hier als Granulaketten ausgebildet sind, distinkt erkennen lassen. Die Methodik erfordert auBerst kritische Hand habung (und Auswertung), kann aber offensichtlich durch keine andere ersetzt werden. Bemerkenswert ist, daB sich die Chromosomen von der Kerngrundsubstanz nicht vollig trennen lassen: denn vermutlich gehen beide "in ihrer Feinstruktur so enge Verflechtungen ein, daB bisher die alleinige Auflosung der Kerngrundsubstanz ohne erhebliche Schadigung der Chromosomen nicht gelang". Dies gilt wohl nicht nur fUr die unter suchten Kerne. Bau und Teilung der Chromosomen. 1m Zusammenhang mit der Tatsache, daB ionisierende Strahlung einen starker schadigenden Effekt auf die Chromosomen einer Art mit groBeren Chromosomen als auf eine nachst verwandte mit kleineren austibt, laBt sich die Frage nach den Ursachen der verschiedenen ChromosomengroBe, besonders auch unter 1 Sogar bei den Grasern gibt es Nuc1eolen, die in der Mitose persistieren (BROWN u. EMERY). 1* 4 Anatomie und Morphologie. Berucksichtigung ihres moglicherweise polytanen Baus erortem (OSTER GREN, MORRIS u. WAKONIG). Dabei ist zu beachten, daB ein Chromosom, das aus mehrstrangigen Chromonemen spiralisiert ist, nicht nur dicker, sondem auch Hinger als ein wenigerstrangiges sein kann und also eine groBere Angriffsflache bietet. Die Ergebnisse - gesteigerte Bruch haufigkeit in groBeren Chromosomen - widersprechen nicht der An nahme, daB groBere Chromosomen mehrstrangiger als klein ere sind. DaB die Befunde fUr die Mehrstrangigkeit sprechen oder sie gar beweisen, ware aber zuviel behauptet, da auBer der ChromosomengroBe viele andere unkontrollierbare Faktoren bei der Strahlenempfindlichkeit mit spielen (uber die Polytaniehypothese vgl. Fortschr. Bot. 13, 19; 18, 5). Aus genetischen und cytogenetischen Beobachtungen ist es lange Zeit bekannt, daB den Chromosomenenden besondere Eigenschaften zu kommen: sie gehen nach Chromosomenbruchen keine reunion mit an deren Bruchstellen ein; reunions erfolgen an abgetrennten Chromosomen enden nur an ihren durch Bruch frisch entstandenem "Ende", wahrend intercalare Bruchstucke an beiden Enden sich neu verbinden konnen. Die Chromosomenenden erhielten daher einen eigenen Namen: Telo meren. Einlebensfahiges Chromosom benotigt an jedem Ende ein Telomer (von Fallen echt terminaler Centromeren, also echt einarmiger Chromo somen abgesehen, wo das Centromer, das in diesem Fall wie das Telomer "monopolar" ist, an seine Stelle tritt; sonst ist das Centromer - in der Langsrichtung des Chromosoms - "bipolar" gebaut; Fortschr. Bot. 13, 13). Der Wichtigkeit der Telomeren scheint das Auftreten von terminalen deficiencies an uberlebenden Chromosomen zu widersprechen. Wie sich aber durch genaue Untersuchung der Enden von Pachytanchromosomen verschiedener Blutenpflanzen zeigen laBt, ist das Telomer, wie das Centromer, eine mehrfach zusammengesetzte Bildung (LIMA DE FARIA) und die nicht in das Konzept passenden Verluste umfassen nicht das gesamte Telomer. Nach LIMA DE FARIA besteht das Telomer aus einem genau terminalen stark farbbaren, 1-3 Chromomeren umfassenden Korper, dem "Protelomer", und anschlieBend einer langeren sub terminalen schwach farbbaren, 1 oder 2 winzige Chromomeren um fassenden Zone, dem "Eutelomer", die oft unscharf abgegrenzt in den anschlieBenden Chromosomenabschnitt ubergeht. Terminale Verluste betreffen Teile oder das ganze Protelomer. SAT- Chromosomen sind abweichend gebaut. Die Untersuchungen wurden vorerst an 6 Arten von Solanaceen, Labiaten, Liliaceen und Gramineen durchgefUhrt; ihrer Ver vollstandigung kann man mit Spannung entgegensehen. Die individuelle Variabilitat des Baus der Pachytanchromosomen scheint doch betracht lich zu sein: dies ergibt wieder die eingehende Untersuchung der hetero chromatischen Region eines Chromosoms von Solanum durch GOTT SCHALK; allerdings ist die Variation nicht so groB, daB eine Identifi zierung ausgeschlossen werden wurde. In somatischen Anaphasen gewisser Trillium-Arten treten Brucken zwischen Schwesterchromatiden auf, und zwar in den heterochromati schen Spezialsegmenten, die durch Kaltebehandiung deutlich sichtbar gemacht werden konnen, da sie dann mit Substanz unterbeladen er-