Benchmarking Deutschland2004 Arbeitsmarkt und Beschäftigung werner eichhorst eric thode frank winter Benchmarking Deutschland 2004 Arbeitsmarkt und Beschäftigung Bericht der Bertelsmann Stiftung Mit 164 Abbildungen 123 Dr. WERNER EICHHORST Institut fiir Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur fiir Arbeit Forschungsbereich »Internationale Vergleiche und europaische Integration« Regensburger StraGe 104 90478 Niirnberg Dipl.-Volksw. ERIC THODE FRANK WINTER, M.A. Bertelsmann Stiftung Themenfeld »Wirtschaft und Soziales« Carl-Bertelsmann-StraGe 256 33311 Giitersloh Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet iiber http.//dnb.ddb.de abrufbar. ISBN 978-3-642-62048-5 ISBN 978-3-642-17044-7 (eBook) DOI 10.1007/978-3-642-17044-7 Dieses Werk ist urheberrechtlich geschiitzt. Die dadurch begriindeten Rechte, insbesondere die der Ubersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendungen, der Mikroverfilmung oder der Vervielfăltigung auf anderen Wegen und der Spei cherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben auch bei nur auszugsweiser Verwertung vorbehal ten. Eine Vervielfăltigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der Fassung vom 24. Juni 1985 zulăssig. Sie ist grundsătzlich vergiitungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechts gesetzes. springer.de © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2004 Urspriinglich erschienen bei Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York 2004 Softcover reprint of the hardcover ISt edition 2004 Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, daB solche Namen im Sinne der Warenzeichen-und Markenschutzgesetzgebung als frei zu betrachten wăren und daher von jedermann benutzt werden diirfen. Umschlaggestaltung: Erich Kirchner, Heidelberg SPIN 10975862 42/3130-543210 -Gedruckt auf săurefreiem Papier V Vorwort Die Bertelsmann Stiftung hat in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe Bench- marking des Bündnisses für Arbeit, Ausbildung und Beschäftigung erstmals den Versuch unternommen, den Wirtschafts- und Sozialstandort Deutschland einer in- ternational vergleichenden Analyse zu unterziehen und im Herbst 2001 ein „Bench- marking Deutschland – Arbeitsmarkt und Beschäftigung“ vorgelegt. Mit dem vor- liegenden Bericht nimmt die Bertelsmann Stiftung nunmehr eine aktualisierte Standortbestimmung vor und setzt damit ihre regelmäßige Bewertung der deut- schen Reformpolitik im Lichte des internationalen Vergleichs fort. Die bereits im ersten Benchmarking-Bericht angelegte Methodik erlaubt einerseits die Beurteilung der Stärken und Schwächen des deutschen Wirtschafts- und Be- schäftigungssystems im Vergleich zu anderen Ländern, andererseits aber auch eine vergleichende Bewertung zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Diesen Ansatz der Politikbewertung wird die Bertelsmann Stiftung künftig um einen halbjährlich aktualisierten Standort-Index ergänzen, der in diesem zweiten Bericht eingeführt wird. Im Vordergrund von „Benchmarking Deutschland 2004“ steht die Frage, inwieweit die Reformschritte der vergangenen Jahre zur Bewältigung der gravierenden strukturellen Probleme auf dem Arbeitsmarkt in Deutschland beigetragen haben, aber auch, wo die wesentlichen Reformdefizite liegen. Die vorliegenden Befunde zeigen, dass eine nachhaltige Besserung der Beschäftigungssituation in unserem Lande nicht allein von einer absehbaren konjunkturellen Belebung abhängt, sondern sich nur durch eine grundlegende Veränderung der institutionellen Rah- menbedingungen einstellen wird, unter denen Wachstum und Beschäftigung erst entstehen können. Hier besteht in Deutschland nach wie vor erheblicher Nachhol- bedarf – gerade im Vergleich mit anderen Ländern, die notwendige Reform- schritte im Bereich des Arbeitsmarktes oder der Sozialpolitik bereits frühzeitig eingeleitet und umgesetzt haben. So bescheinigt das vorliegende Benchmarking dem Standort Deutschland ein erhebliches und bisher bei weitem nicht ausge- schöpftes Potenzial an institutionellen Reformen für mehr Wachstum, Innovation und damit auch Beschäftigung. Dieses zu heben, erfordert eine klare und überzeu- gende Reformstrategie, politischen Mut und Durchsetzungsfähigkeit sowie die Einsicht und den Willen aller gesellschaftlichen Akteure für notwendige Verände- rungen. Unser Dank für die sorgfältige Analyse und die Erarbeitung des vorliegenden Berichtes gilt in erster Linie den drei Autoren, unseren Kollegen Dr. Werner Eich- horst, Eric Thode und Frank Winter. Darüber hinaus danken wir all denjenigen, die VI Vorwort außerhalb und innerhalb der Bertelsmann Stiftung durch ihre Expertise und fach- liche Begleitung zum Gelingen dieses Projektes beigetragen haben. Stefan Empter Andreas Esche Leiter Themenfeld Leiter ‚Wirtschaft und Soziales‘ ‚Aktion Demographischer Wandel‘ Bertelsmann Stiftung Bertelsmann Stiftung VII Inhaltsverzeichnis Einleitung und Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Zur Reformfähigkeit Deutschlands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 Die Entwicklung des Arbeitsmarktes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 Makroökonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 Lohnbildung und Tarifpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 Flexibilität von Arbeitsmärkten: Arbeitszeit und Regulierung . . . . . . . 167 Steuern, Abgaben, Sozialtransfers, aktive und passive Arbeitsmarktpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 Rahmenbedingungen für unternehmerisches Handeln . . . . . . . . . . . . . 279 Bildungswesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361 Benchmarking Deutschland 2001 und 2004 1 Einleitung und Zusammenfassung Benchmarking Deutschland 2001 und 2004 Im Herbst 2001 erschien der Bericht „Benchmarking Deutschland“, mit dem die Bertelsmann Stiftung in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe Benchmarking des Bündnisses für Arbeit, Ausbildung und Wettbewerbsfähigkeit erstmalig eine umfassende Bewertung des Wirtschafts- und Sozialstandorts Deutschland im Lichte des internationalen Vergleichs vornahm. Der nun vorliegende zweite Bericht behält die Grundstruktur seines Vorgängers bei. Die Entwicklung des Arbeitsmark- tes hinsichtlich des Niveaus und der Struktur von Arbeitslosigkeit und Beschäfti- gung steht nach wie vor im Mittelpunkt. Die weiteren empirischen Kapitel beschäf- tigen sich mit den zentralen Politikfeldern, welche auf das beschäftigungspolitische Erfolgsprofil einwirken. Als Neuerung ist nach der Zusammenfassung der wichtigs- ten Punkte ein eigenständiges Kapitel zu den Möglichkeiten und Grenzen institu- tioneller Reformen des deutschen Arbeitsmarktes und des Sozialstaats hinzuge- kommen, um auch die politökonomische Dimension des Arbeitsmarktgeschehens zu beleuchten. Der neue Bericht bringt die zweieinhalb Jahre zurückliegende Analyse auf den ak- tuellen Stand. Die Struktur der einzelnen empirischen Kapitel stellt sich folgender- maßen dar: Zu Beginn steht eine knappe Zusammenfassung der empirischen Be- funde des ersten Berichts im Hinblick auf die Stärken und Schwächen Deutschlands im behandelten Feld. Den Kern der einzelnen Kapitel bildet anschließend die Dar- stellung der einzelnen Indikatoren. Hier ist hervorzuheben, dass in der Regel nur jene Indikatoren behandelt werden, für die aktuellere international vergleichende Informationen vorliegen oder die zum ersten Mal verfügbar geworden sind. Gleich- zeitig wird neben einem Vergleich zwischen den Ländern auch ein Vergleich zwi- schen den beiden Berichtszeitpunkten vorgenommen. Damit kann erstmals be- urteilt werden, inwieweit sich die Ausprägungen der einzelnen Indikatoren in Deutschland verändert haben und wie dies im internationalen Vergleich zu bewer- ten ist. Da überwiegend mindestens jährlich vorliegende Indikatoren in den aktua- lisierten Bericht einbezogen wurden, rücken naturgemäß kurzfristige, auch kon- junkturell beeinflusste Veränderungen in den Vordergrund. Auch der zweite Benchmarking-Bericht begnügt sich nicht mit der Zusammenstel- lung von Indikatoren. Diese wird zum einen ergänzt um kurze Abrisse jüngerer Reformen, die in Deutschland in den jeweiligen Politikbereichen seit Ende der 90er Jahre ergriffen worden sind, und um deren Bewertung aus beschäftigungspoliti- scher Sicht. Zum anderen werden wieder einige „gute Praktiken“ aus dem Ausland 2 Einleitung und Zusammenfassung dargestellt, die zumindest ein gewisses Maß an positiver Evaluation für sich rekla- mieren können. Die Länderauswahl ist gegenüber dem ersten Bericht um zwei weitere Staaten – Spa- nien und Portugal – ergänzt worden. Der Bestand von zuvor 18 OECD-Staaten ist 1 somit auf 20 angewachsen. Um die Vergleichbarkeit der Einordnung Deutschlands im vorliegenden Bericht mit der Bewertung der Position Deutschland im ersten Be- richt erhalten zu können, wurden Spanien und Portugal nicht in die Berechnung der Durchschnittswerte für die einzelnen Indikatoren einbezogen. Die Analyse einer sehr großen Zahl einzelner Indikatoren liefert ein detailliertes Bild des deutschen Arbeitsmarktes und auf ihn einwirkender Politikbereiche im in- ternationalen Vergleich. Auf diese Weise können bestehende Problemlagen diffe- renziert aufgezeigt und Ansatzpunkte für konkrete Politikempfehlungen heraus- gearbeitet werden. Zur Fortentwicklung dieses bewährten Benchmarking-Ansatzes führt der vorliegende Bericht einen neuartigen Gesamtindikator zu Beurteilung der internationalen Position Deutschlands hinsichtlich Wachstum und Beschäftigung ein. Auf der Grundlage wichtiger Wirtschaftskennzahlen ermöglicht dieser aggre- gierte Standortindex, unterjährig das Erfolgsprofil Deutschlands bezogen auf wirtschaftliches Wachstum und Arbeitsmarktperformanz in einer Kennziffer zu verdichten und somit schneller als bisher Veränderungen und resultierende Hand- lungsbedarfe anzuzeigen. Die wesentlichen Befunde Die Entwicklung des Arbeitsmarktes Eintrübung durch konjunkturelle Abschwächung und fortbestehende Strukturdefizite Im Gegensatz zu den positiven Anzeichen am aktuellen Rand des ersten Benchmar- king-Berichts hat sich die Situation auf dem deutschen Arbeitsmarkt mittlerweile aufgrund der konjunkturellen Abschwächung wieder deutlich eingetrübt. Damit sind die damaligen Fortschritte bei der Beschäftigung und bei der Verminderung der Arbeitslosigkeit wieder eingebüßt worden. Die konjunkturelle Verschlechte- rung tritt zu den bestehenden strukturellen Problemen des Arbeitsmarktes hinzu. Wenngleich auch die Vergleichsländer von der weltwirtschaftlichen Eintrübung be- rührt werden, hat sich die Situation auf dem Arbeitsmarkt in Deutschland beson- ders ungünstig entwickelt. Der deutsche Arbeitsmarkt wird also sowohl von struk- turellen Schwierigkeiten als auch von den Auswirkungen der konjunkturellen Abschwächung betroffen. 1 Folgende Länderkürzel wurden dabei verwendet: Deutschland DEU, Frankreich FRA, Italien ITA, Großbritannien GB, Irland IRL, Belgien BEL, Niederlande NL, Schweiz CH, Österreich AUT, Däne- mark DK, Schweden SWE, Norwegen NOR, Finnland FIN, Spanien SPA, Portugal POR, Vereinigte Staaten USA, Kanada CAN, Japan JPN, Australien AUS, Neuseeland NZL. Die wesentlichen Befunde 3 Niedrige Erwerbsbeteiligung von Älteren und Geringqualifizierten Was das Arbeitsangebot angeht, so hat sich die Erwerbsquote als Anteil der Er- werbstätigen inkl. der Arbeitslosen an der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter von 15 bis 64 Jahren im Jahr 2002 im Vergleich zum vorigen Berichtszeitraum, dem Jahr 2000, um 0,4 Prozentpunkte auf 71,5% leicht erhöht. Die Erwerbsbeteiligung fällt in Deutschland damit nach wie vor leicht unterdurchschnittlich aus. Der Mit- telwert der in den Vergleich einbezogenen Staaten lag bei 73,8%. Ein deutlicher Rückstand von acht bis zehn Prozentpunkten ergab sich gegenüber der Schweiz und den skandinavischen Ländern. Wesentliche Verbesserungen bei der Erwerbsquote konnten Kanada, Neuseeland, die Niederlande und Italien verzeichnen. Bei ge- trennter Betrachtung der beiden Geschlechter zeigen sich beim Niveau für Deutsch- land wiederum leicht unterdurchschnittliche Werte, doch ging bei den Männern zwischen 2000 und 2002 die Erwerbsquote um 1,4 Prozentpunkte zurück, während sie bei den Frauen um 2,2 Prozentpunkte anstieg. Auch bei den älteren Erwerbsper- sonen über 55 Jahre weist Deutschland nach wie vor mit einer Erwerbsquote von 43% einen massiven Rückstand gegenüber dem Ländermittel von knapp 52% und den in dieser Hinsicht führenden Staaten Schweden, Norwegen und der Schweiz mit jeweils über 66% auf. Zudem zeigt sich bei Personen ohne weiterführenden Schul- oder Berufsabschluss, den Geringqualifizierten, für Deutschland im internationa- len Vergleich eine ausgeprägte Schwäche hinsichtlich des Arbeitsangebots. Mit 59,9% lag die Erwerbsquote der Geringqualifizierten im Jahr 2001 zwar um 1,3 Pro- zentpunkte höher als 1999, doch befindet sich Deutschland auch hier im hinteren Mittelfeld des Länderspektrums. Stagnierende Erwerbstätigkeit Im Hinblick auf die Entwicklung der Arbeitsnachfrage, also der Beschäftigung, zeigt der aktualisierte Vergleich für die Jahre 2000 bis 2002 einen jahresdurch- schnittlichen Zuwachs von 0,6%. Hierbei ist der Einbruch am aktuellen Rand noch nicht berücksichtigt. Aber auch das bis 2002 noch verzeichnete Wachstum ist im in- ternationalen Kontext als bescheiden zu beurteilen. Deutliche Zuwächse von im Mittel mehr als zwei Prozent pro Jahr konnten in Spanien, Irland und Neuseeland verzeichnet werden. Die Beschäftigungsquote, also der Anteil der selbstständig oder abhängig Erwerbstätigen an der erwerbsfähigen Bevölkerung, ist in Deutsch- land zwischen 2000 und 2002 um 0,3 Prozentpunkte zurückgegangen und lag mit 65,3% zuletzt im unterdurchschnittlichen Bereich. Wesentlich höher war das Be- schäftigungsniveau in der Schweiz, Norwegen und Dänemark mit jeweils über 76%, während in Neuseeland, Spanien und Italien Zuwächse um mehr als einen Prozent- punkt erreicht werden konnten. In längerfristiger Betrachtung stagniert die Be- schäftigungsquote in Deutschland auf einem relativ niedrigen Niveau. Wie bei der Erwerbsquote zeigt sich bei der Beschäftigungsquote ein Rückgang bei den Män- nern – hier um 1,3 Prozentpunkte –, während bei den Frauen ein Anstieg um knapp einen Prozentpunkt registriert werden konnte. Auch bei den älteren Erwerbsperso- nen wurde mit 38,4% im Jahr 2002 trotz eines Anstiegs um 0,8 Prozentpunkte nur ein unverändert niedriges Niveau erreicht. Gleiches gilt für die Geringqualifizier- ten, von denen 2001 nur 51,8% eine Beschäftigung innehatten, was jedoch immer- 4 Einleitung und Zusammenfassung hin 1,2 Prozentpunkte höher lag als 1999. Im Mittelfeld des Länderspektrums lag 2002 das Ausmaß der Schattenwirtschaft, das für Deutschland auf rund 16% des Bruttoinlandsprodukts geschätzt wird. Hier zeigte sich ein leichtes Wachstum. Drastischer Anstieg der Arbeitslosigkeit Die standardisierte Arbeitslosenquote zeigt die Diskrepanz zwischen Arbeitsange- bot und Arbeitsnachfrage an. Im Jahr 2003 bewegt sich die Arbeitslosigkeit mit einem Niveau von 9,7% in Deutschland um fast zwei Prozentpunkte über dem Niveau von 2001. Höher war sie nur in Spanien, während Norwegen, die Nieder- lande, Österreich und die Schweiz Werte von weniger als 4,5 Prozent ausweisen konnten. Im Gegensatz zu den meisten anderen Ländern konnten Italien, Neusee- land und Australien nennenswerte Rückgänge bei der Arbeitslosigkeit erreichen. Deutschland hat sich in längerfristiger Betrachtung relativ und absolut verschlech- tert, weil es nicht gelungen ist, dem recht stabilen Trend zu einem Rückgang der offenen Arbeitslosigkeit, der in den meisten Ländern zu beobachten war, zu folgen. Während die Arbeitslosigkeit bei beiden Geschlechtern annähernd gleich ausfiel, konzentriert sich das Risiko bei der Betrachtung nach Alter und nach Qualifikati- onsniveau deutlich. So lag die Arbeitslosenquote der Geringqualifizierten 2001 bei 13,5% im internationalen Vergleich an der Spitze, ebenso war die Arbeitslosigkeit mit 10,6% bei den älteren Arbeitskräften klar überdurchschnittlich. Vergleichs- weise hoch ist auch der Anteil der Langzeitarbeitslosen: 2002 waren knapp 48% aller Arbeitslosen in Deutschland länger als ein Jahr ohne Stelle. Dies war der dritt- höchste Anteil im internationalen Vergleich, obwohl gegenüber 2000 ein Rückgang um 3,6 Prozentpunkte verzeichnet werden konnte. Ausblick: Belebung durch Konjunktur, doch strukturelle Probleme bleiben Auch die Perspektiven für das laufende und das kommende Jahr sind durchwach- sen. Eine deutliche Belebung des Arbeitsmarktes mit Beschäftigungswachstum und Rückgang der Arbeitslosigkeit ist noch nicht erkennbar. Eine spürbare Verbesse- rung ist allenfalls für die zweite Hälfte des Jahres 2004 und für das Jahr 2005 zu er- warten. Die wesentlichen strukturellen Probleme des deutschen Arbeitsmarktes sind nach wie vor im Kern ungelöst; allerdings könnten sich die eingeleiteten Refor- men günstig auf die Umsetzung der zu erwartenden konjunkturellen Belebung in zusätzlichen Arbeitsplätzen auswirken. Makroökonomische Aspekte Stagnation der Wirtschaftsentwicklung Das ungünstige makroökonomische Umfeld hat zur neuerlichen Eintrübung der Arbeitsmarktlage entscheidend beigetragen. Der Vergleich der tatsächlichen mit der strukturell bedingten Arbeitslosigkeit zeigt, dass auch die zyklischen Ursachen in Deutschland gegenüber anderen Ländern ein großes Gewicht haben. In den Jah- ren 2000 bis 2003 betrug die Zunahme der Wirtschaftsleistung kaum mehr als ein Prozent pro Jahr, während Länder wie Schweden, die USA, Großbritannien oder
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