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Beiträge zur Lehre von der Revision Wegen Materiellrechtlicher Verstösse im Strafverfahren PDF

250 Pages·1925·8.659 MB·German
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ABHANDLUNGEN AUS DER BERLINER JURISTISCHEN FAKULTAT ~~~~~~~~III~~~~~~~~ BEITRÄGE ZUR LEHRE VON DER REVISION WEGEN MATERIELLRECHTLICHER VERSTÖSSE IM STRAFVERFAHREN VON DR. HERMANN MANNHEIM PRIVATDOZENT AN DER UNIVERSITÄT BERLIN VERLAG VON JULIUS SPRINGER· BERLIN 1925 ALLE RECHTE, INSBESONDERE DAS DER üBERSETZUNG IN FREMDE SPRACHEN, VORBEHALTEN. ISBN 978-3-642-51250-6 ISBN 978-3-642-51369-5 (eBook) DOI 10.1007/978-3-642-51369-5 Softcover reprint ofthe hardcover 1st edition 1925 MEINEM HOCHVEREHRTEN LEHRER HERRN PROFESSOR DR. EDUARD KOHLRAUSCH IN DANKBARKEIT ZUGEEIGNET Vorwort. Die vorliegende Schrift ist bald nach Beendigung des Krieges be gonnen und erst im Frühjahr 1923 abgeschlossen worden. Diese Ver zögerung erklärt sich dadurch, daß ich infolge meiner starken dienst lichen Inanspruchnahme durch meine frühere Tätigkeit als Verwaltungs beamter die Arbeit an diesem Buche etwa 2 Jahre lang fast völlig aus setzen mußte. Zwischen Vollendung und Drucklegung schob sich alsdann die Straf prozeßreform vom 4. Januar 1924, die eine Umarbeitung einzelner Teile erforderlich machte. Die äußere Geschlossenheit des Ganzen hat durch diese ungünstigen Schicksale stark gelitten. Dagegen waren die Eindrücke, die ich in der Verwaltungspraxis empfangen habe, der inneren Einheitlichkeit der Gedankenführung insofern förderlich, als sie die überzeugung von der Richtigkeit der hier vorgetragenen Grundauffassung in mir noch mehr gefestigt haben. Der Berliner Juristischen Fakultät und insbesondere dem Dekan des Jahres 1923/24, Herrn Professor Bruns, bin ich für die Aufnahme meiner Arbeit in die von ihr herausgegebene Sammlung zu größtem Danke verpflichtet. Meinem verehrten Lehrer, Herrn Professor Kohlrausch, danke ich herzlich für die Förderung, die ich stets durch ihn erfahren habe. Die Widmung dieses Buches ist nur ein schwaches Zeichen meines Dankes. Berlin, im Mai 1925. Hermann Mannheim. Inhaltsverzeichnis. Seite § I. Einleitung . . Erstes Kapitel. Die Zwecke der Rechtsmittel, insbesondere der Revision. II § 2. Die politischen Zwecke . . . . . . . II § 3. Die juristischen Zwecke . . . . 21 Zweites Kapitel. Der Begriff der Revision in Theorie und Praxis . . . . . . . . . . 33 § 4. Die Begriffe der Gesetzesverletzung und der Tatsache. Tatfrage und Frage des Einzelfalles. Insbesondere die Revisibilität der Subsumtion. 33 § 5. Die Revisibilität der Auslegung . . . . . . . .. ...... 75 § 6. Subsumtion und Auslegung in der Rechtsprechung der Strafsenate des Reichsgerichts . . . . . 82 § 7. Der Begriff der Rechtsnorm. . . . . . . . 131 Drittes Kapitel. Die Revisibilität des freien Ermessens und der Strafzumessung. 146 § 8. Das freie Ermessen 146 § 9. Die Strafzumessung . . 161 Viertes Kapitel. Reformvorschläge ... § 10. Die Aktenwidrigkeit als Revisionsgrund ? ...•.••. 181 § II. Bindende Wirkung der revisionsgerichtlichen Entscheidungen? 199 § 12. Der Gerichtshof für bindende Gesetzesauslegung 222 Namenver zeichnis Sachverzeichnis ............ . § I. Einleitung. Wenn C. J. A. MITTERMAIER vor nunmehr 70 Jahren in seinem Vorworte zu der WALTHERschen Bearbeitung der Rechtsmittellehre1) über die Vernachlässigung dieses Gebietes seitens der Wissenschaft klagen konnte2), so ist diese Klage heute nicht mehr am Platze, soweit es sich um das Rechtsmittel der Berufung handelt; denn dieses gehört seit geraumer Zeit zu den beliebtesten Streitobjekten der Strafprozeß wissenschaft, und die durch den Kampf um die Einführung der Berufung gegen Strafkammerurteile hervorgerufene Literatur ist kaum überseh bar. Diese lebhafte Beschäftigung mit der Berufung ist jedoch dem anderen hauptsächlichen Rechtsbehelfe des geltenden Strafverfahrens, der Revision, nur in verhältnismäßig geringem Umfange zugute ge kommen, ja die Lehre von der Revision bildet in der prinzipienlosen Un klarheit, die ihr trotz ihrer großen praktischen Bedeutung eigentümlich ist, heute geradezu ein Stiefkind der Strafprozeßwissenschaft 3). Diese 1) FR1EDR1CH WALTHER, Die Rechtsmittel im Strafverfahren nach den Grund sätzen des englisch-französischen Strafprozeßrechtes mit einem Vorworte von Dr. C. J. A. MITTERMA1ER (München 1853, Bd. I; 1855, Bd. II). 2) a. a. O. S. V. 3) Der Verfasser täuscht sich freilich nicht darüber, daß mehr oder weniger jeder Autor dazu neigt, über Vernachlässigung des von ihm behandelten Spezial gebietes zu klagen. So mag es denn manchem so ergehen wie BINDING, dessen Behauptung, die Lehre von der Fahrlässigkeit sei das Stiefkind der Strafrechts wissenschaft, nach seiner eigenen Mitteilung (Normen Bd. IV 1920, H. Abt. S. 3II) von K. G. WÄCHTER mit einem Fragezeichen bedacht wurde. - Ein kleines Beispiel für diesen "egozentrischen" Standpunkt mancher Schriftsteller bietet W. JELLI NEKS Bemerkung (Gesetz, Gesetzesanwendung, Zweckmäßigkeitserwägung 1913 S. 6), die Scheidung zwischen Tat-und Rechtsfrage bei der Revision sei weit weniger wichtig als die zwischen Rechts- und Ermessensfrage im Verwaltungsrecht. Der Prozeßrechtler wird hier wahrscheinlich anderer Meinung sein. Die Begründung JELLINEKS lautet: "Wenn das Revisionsgericht die Frage, ob Kreuzungen von Hunden und Wölfen der Hundesteuer unterliegen, fälschlicherweise der ausschließ lichen Beurteilung des Tatsachenrichters überläßt, so macht es den Angeklagten um eine Instanz ärmer; das ist aber auch alles; das Revisionsgericht sagt damit nicht, der Tatsachenrichter durfe von Rechts wegen die Kreuzung als hundesteuer pflichtig behandeln. Ganz anders, wenn das Verwaltungsgericht es irrigerweise dem freien Ermessen der Polizeibehörde anheimgibt, ob auch Wohnungen mit ein wandfreiem Brunnenwasser an die städtische Wasserleitung anzuschließen seien oder nicht; hier wird das Verhältnis zwischen Staat und Bürger zugunsten des Staates verschoben; der Staat ist nach Ansicht des Verwaltungsgerichts zu jenem Eingriffe berechtigt." Dort handele es sich eben nur um eine formelle, hier zu gleich um eine sachliche Scheidung. Hierbei wird jedoch von JELLINEK übersehen, daß zwar nicht der Revisionsrichter, wohl aber der Tatsachenrichter eine Befugnis zur Besteuerung der Kreuzung ausgesprochen hat, und daß der Revisionsrichter durch seine Selbstbeschränkung diesen Ausspruch für den' konkreten Einzelfall zu materiellem Rechte erstarken läßt. Und andererseits kann das Revisionsgericht Mannheim, Beiträge. I 2 Einleitung. Unklarheit bezieht sich nicht etwa nur auf die Einzelausgestaltung , sondern vor allem auch auf die Grundlagen, auf denen das Gebäude der Revision ruht, nämlich auf ihren Begriff, ihre Begrenzung, ihren Zweck und schließlich auf ihr Verhältnis zur zivilprozessualen Revision. Unzweifelhaft ist die Lösung dieser Schwierigkeiten zum großen Teile Weltanschauungssache - der Individualist wird dabei oftmals andere Wege gehen als der, dem der Einzelne nur um der Ge samtheit willen existiert. Vollkommene Übereinstimmung wird sich auf diesem Gebiete daher schwerlich jemals erzielen lassen. Indessen gibt es auch hier eine Anzahl grundlegender Voraussetzungen, deren Richtigkeit im allgemeinen anerkannt werden wird und auf denen sich dann weiterbauen läßt. Zum mindesten wird schon die Erkenntnis dieser gedanklichen Zusammenhänge auch dann zur Klärung beitragen, wenn die Richtigkeit der einen oder anderen im folgenden aufgestellten Eehauptung beZWEifelt werden sollte. A. Die Voraussetzungen, von denen hier ausgegangen wird, sind: 1. 1. Zivil- und Strafprozeß verfolgen verschieden geartete Ziele. Jede gesetzliche Regelung des Strafverfahrens bezweckt in weit höherem Maße als der Zivilprozeß, die materielle Gerechtigkeit jedes ein zelnen Urteils zu ermöglichen. 2. Die Erfüllung dieser Aufgabe wird dem Rechtsmittel der Revision dadurch erschwert, daß es daneben noch der Wahrung der Rechts einheit zu dienen hat. 3. Die Frage, ob bei einem Konflikt der Gerechtigkeitszweck dem Rechtseinheitszwecke zu weichen hat oder umgekehrt dieser jenem, läßt sich in allgemeingültiger Weise mit Hilfe gefühlsmäßiger Erwägun gen nicht beantworten. 4. Dagegen bietet das positive Recht die Möglichkeit, den Streit in verhältnismäßig enge Grenzen zu bannen: Ein Recht, das wie die geltende Strafprozeßordnung dem Angeklagten die Befugnis gibt, auf seine Gefahr und Kosten Revision einzulegen, muß billigerweise den Gerechtigkeitszweck auch dann berücksichtigen, wenn er mit dem Rechtseinheitszweck in Widerspruch gerät. Denn von einem Rechts mittel des Angeklagten darf man nicht verlangen, daß es sich unter die ausschließliche Herrschaft des Rechtseinheitszweckes stellt (unten r § 3 2). 5. Die herrschende Lehre und Rechtsprechung läßt den Gedanken zu 4. so sehr außer acht, daß dadurch häufig die Erreichung nicht nur des Gerechtigkeitszweckes, sondern auch des Rechtseinheitszweckes gefährdet wird 1). in dem zweiten Falle den von JELLINEK gerügten Irrtum des unteren Verwaltungs gerichts richtigstellen und damit das Verhältnis zwischen Staat und Bürger wieder in das Gleichgewicht bringen. Alsdann würde doch gerade die Art und Weise der Grenzziehung zwischen Tat- und Rechtsfrage für die von JELLINEK als wichtiger bezeichnete Frage des sachlichen Dürfens im praktischen Ergebnisse entscheidend sein. 1) Diesen Gesichtspunkt deutet auch ALSBERG, Justizirrtum und Wiederauf nahme, S. 45, an. Einleitung. 3 H. 1. Einen aprioristischen Begriff der Revision gibt es nicht (unten § 4). 2. Der positivrechtliche Revisionsbegriff ist erheblich weiter, als die unter dem Banne einer unrichtigen Vorstellung von dem Rechts einheitszwecke der Revision stehende herrschende Lehre und Recht sprechung annehmen. 3. Die Auslegung des positiven Rechts führt demnach zu dem gleichen Ergebnisse wie die Zweckbetrachtung. B. Die Zeit ist zweifellos ungünstig gewählt für die Veröffentlichung einer Untersuchung mit den unter A angedeuteten Erge"Qnissen. Ver einfa.chung, Verbilligung und Beschleunigung des Verfahrens sind mehr als je die das deutsche Rechtsleben beherrschenden Schlagworte, und sie fordern vor allen Dingen eine Einschränkung des sog. Instanzen luxus. "Wir sind ein armes Volk geworden und müssen uns freimachen von dem Gedanken, daß jedermann ein Recht auf eine dritte Instanz habe" - mit diesen Worten bringt LOBEI) anscheinend nur einen gleich sam in der Luft liegenden, des allgemeinen Beifalles sicheren Gedanken zum Ausdruck. Die "dritte Instanz" aber, der hier die Daseinsberech tigung zum Teil wenigstens abgesprochen wird, ist die Revisionsinstanz. Ihr Los scheint für absehbare Zeit darin zu bestehen, ein bescheidenes Dasein in einer stillen Ecke des deutschen Verfahrensrechtes zu führen - ihre Aufgabe darin, möglichst wenig von sich reden zu machen und nur ja keine Ansprüche zu erheben, damit man ihr nicht völlig den Garaus mache. Das gilt vor allem für die strafprozessuale Revision. Denn hier hat die Verordnung vom 4.1. 24 über Gerichtsverfassung und Strafrechtspflege die Revision, die bisher in weitem Umfange zweit instanzliches Rechtsmittel war, durch Ausdehnung der Berufung in erheblich größerem Maße zur dritten Instanz gemacht. Infolgedessen ist die Versuchung jetzt besonders groß, in der Revision ein nahezu über flüssig gewordenes Rechtsmittel zu sehen, dessen vollständige Ersetzung durch die Berufung nur noch eine Frage der Zeit sei. Zum mindesten aber liegt es auf der Hand, daß der Gesetzgeber, als er die Berufungs möglichkeit erweiterte, die Revision aber daneben bestehen ließ, still schweigend von dem engen reichsgerichtlichen Revisionsbegriff aus gegangen ist. Wie soll ein soviel Raum beanspruchendes Gebilde wie die nach den Grundsätzen zu A ausgestaltete Revision in dem ärmlichen Gebäude des neuen deutschen Strafverfahrens untergebracht werden können? Es wäre freilich leicht, sich dadurch einen theoretischen Ausweg aus diesen Schwierigkeiten zu schaffen, daß man die Ausdehnung der Berufung als einen Mißgriff des Gesetzgebers einfach unberücksichtigt läßt und auf seine baldige Beseitigung hofft. Der Verfasser teilt zwar in der Tat viele der gegen die Berufung in Strafsachen erhobenen Be denken und neigt der Auffassung zu, daß der "Schrei nach der Berufung" letzten Endes nicht in den Vorzügen dieses Rechtsmittels, sondern nur in den Unzulänglichkeiten der ersten Instanz einerseits, in der Starrheit ~1) D. rZ. 1923 Sp.207. 4 Einleitung. der Revision und Wiederaufnahme andererseits seine Ursache hat. Eine rechtzeitige Beseitigung dieser Mißstände hätte die Ausdehnung der Berufung vielleicht unnötig gemachtl). Nachdem die Dinge nun aber einmal soweit gediehen sind, wäre es töricht, sich der Entwicklung entgegenstemmen zu wollen. Die Berufung gegen Urteile in mittel schweren Strafsachen ist da und wird einstweilen auch bestehen bleiben; mit dieser Tatsache muß man rechnen. Nun darf indessen nicht übersehen werden, daß auch jetzt noch gegen die Urteile der Schwurgerichte, d. h. also gerade in den schwersten Strafsachen, die Berufung nicht zugelassen und daß sie an einer anderen Stelle, nämlich im § 313 StPO., in gewissen Fällen verdrängt worden ist. Nicht mit Unrecht ist die Bestimmung des § 313 vielfach getadelt worden; denn es ist nicht einzusehen, weshalb die allgemeine Tendenz einer Ausdehnung der Berufungsmöglichkeit bei den vielfach durchaus nicht bedeutungslosen Strafsachen des § 313 in ihr Gegenteil verkehrt worden ist. Man hat den Verfassern der Verordnung Unkenntnis der Massenpsyche vorgeworfen, weil sie dem Volke "für das Brot der Be rufung den Stein der Revision" gegeben hätten (MüLLER-Meiningen, D. R. Z. 1925 S.30). Um so mehr ist es erforderlich, den Stein der Revision in der in dieser Arbeit vertretenen Weise schmackhafter und verdaulicher zu machen. Zum mindesten bei den Schwurgerichtssachen und in den Fällen des § 313 ist also für eine weitgefaßte Revision nicht nur hinreichender Raum, sondern sogar ein dringendes Bedürfnis vor handen. Ja es ist geradezu zu erwägen, ob insofern nicht die Schranken, die das geltende Recht auch bei der von uns vertretenen weiten Aus dehnung der Revision zieht, gelockert werden müssen. Eine 'solche Lockerung wäre denkbar entweder durch Aufnahme des Revisions grundes der Aktenwidrigkeit (vgl. hierüber unten § 10) oder etwa dadurch, daß - wie z. B. CORNELIUS 2) vorgeschlagen hat - der Mangel einer ausreichenden Begründung der tatsächlichen Feststellungen ausdrück lich zum Revisionsgrunde erhoben wird. Soweit aber die Revision dritte Instanz ist, wird sie allerdings in der Gestalt, die sich aus unserer Auffassung des geltenden Rechts er gibt, möglicherweise nicht beibehalten werden können. Die Abhilfe darf aber jedenfalls nicht darin gesucht werden, daß man den durch die Rechtsprechung des Reichsgerichts geschaffenen Zustand ver ewigt. Vielmehr gibt es dann nur folgende Möglichkeiten: I. Man nimmt dem Angeklagten in berufungsfähigen Sachen überhaupt das Recht, Revision einzulegen. Dann könnte die Revision in der Hand der Staatsanwaltschaft auf die Verwirklichung des Rechts- 1) Vgl. statt vieler z. B. CORNELIUS bei ASCHROTT, Reform des Strafverfahrens 1908 S.683, und neuestens NAGLER, Gerichtssaal Bd. 90 S.430, sowie die Zitate bei KRONECKER, ZStW. Bd.45 S.433. Die gegenteiligen Ausführungen STERNS, Die Rechtsmittel im künftigen Strafprozeß und ihre Grundlagen in der Gerichts verfassung (ungedruekte Frankfurter Dissertation und Preisschrift der Adickes Stiftung 1923?) S. 205ff., 217ff. sind trotz beachtlicher Gedanken im ganzen doch nicht überzeugend. 2) A. a. O. S. 685; ebenso KERSTEN daselbst S. 708. Einleitung. 5 einheitszweckes beschränkt werden. Zwar würde sie auch zur Er füllung dieser Aufgabe von manchen Fesseln, die die Rechtsprechung ihr jetzt auferlegt, befreit werden müssen. Die Zahl der Revisionen würde sich aber derartig vermindern, daß Berufung und Revision un gehindert nebeneinander bestehen könnten. Gegen diese Lösung sprechen jedoch insofern außerordentliche Bedenken, als man den Fortschritt der Rechtsprechung nicht ausschließlich von dem Ermessen der Staats anwaltschaft abhängig machen und den Rechtsunterworfenen nicht gänzlich die Anrufung der höchsten Gerichte verwehren kann. Man wäre daher genötigt, diesen Übelstand wenigstens dadurch zu mildern, daß man auch den Gerichten die Verpflichtung auferlegt oder wenigstens die Befugnis gibt, in geeigneten bei ihnen anhängigen Fällen den höch sten Gerichtshof anzurufen (unten § rr). 2. Diese Ausgestaltung leidet jedoch an einem anderen Mangel: Obgleich die Revision hiernach nicht mehr Rechtsmittel des Angeklagten ist, also dem Gerechtigkeitszweck nicht zu dienen braucht, behält sie die Abhängigkeit vom Einzelfalle unnötigerweise bei. Diesen Fehler ver meidet der ZEILERsehe Vorschlag des Rechtshofes (unten § 12). 3. Oder man behält zwar - was wohl am zweckmäßigsten wäre - den Charakter der Revision als Rechtsmittel des Angeklagten bei, befreit aber das Revisionsgericht von der Verpflichtung, die Urteile auch auf nicht gerügte Mängel materiellrechtlicher Art zu prüfen 1). C. Einer Rechtfertigung bedarf noch die im folgenden eingeschlagene Methode: Unsere Arbeit gilt zwar dem Strafverfahren; daraus folgt aber noch keineswegs, daß sie sich überall auf das Strafverfahren zu beschränken hat. Im Gegenteil! Wenn auch der Begriff der Re vision nicht apriori gegeben ist, so sind doch die wesentlichen Grund züge ihrer Ausgestaltung in allen Verfahrensarten gleich. Daher muß jede Verfahrensart von den anderen zu lernen suchen. Die folgende Untersuchung hat es infolgedessen grundsätzlich mit allen im positiven Rechte vorhandenen Rechtsbehelfen, die der Sache nach als Revision anzusehen sind, zu tun, mögen sie dem Verwaltungsstreitverfahren oder dem Steuerrechte, dem Schlichtungswesen oder der Sozialver sicherung angehören, mögen sie als Revision oder als Rechtsbeschwerde oder wie auch immer bezeichnet sein. Unzureichend wäre es vor allem, wenn wir - wie es häufig geschieht - nur den Zivilprozeß zum Ver gleich heranziehen wollten. Mit Recht wendet sich SAUER2) gegen die einseitige zivilprozessuale Behandlung des Strafprozeßrechtes3). So weit allgemeine Prinzipienfragen des Prozeßrechtes untersucht werden sollen, müssen eben alle vorhandenen Spielarten des formellen Rechtes als Beobachtungsmaterial dienen; es geht nicht an, sämtliche übrigen Materien über den zivilprozessualen Kamm zu scheren. Dabei braucht nicht geleugnet zu werden, daß tatsächlich der Zivilprozeß vielen anderen Verfahrensarten als Vorbild gedient hat. In der Regel jedoch wäre der 1) So BELING, Goltd. Arch. Bd. 63, 196, U. STERN a. a. O. S. 305. 2) Grundlagen des Prozeßrechts, 1919, S. 7, auch STEIN, ]. W. 1923 S. 392. 3) Vgl. auch STURM, ZStrW. Bd. 36 S. 48.

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