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Beihefte zum Militär-Wochenblatt PDF

518 Pages·1882·17.289 MB·German
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C. IV. Y Beibeft zum Militär-Wochenblatt. Herausgegeben bon v. Söbell, Oberstz. D. 1882. Erstes Heft. KOEN. PR. STA TISTISCHES BUREAU Inhalt: Aus dem militärischen Briefwechsel Friedrichs des Großen. DieEntstehungdes PreußischenPlanesfürdenFeldzugvon1757und seineAusführungbiszurVereinigungdesPreußischenHeeresvorPrag. Eine archivalische Forschung bon Adolf Simmermann, Hauptmannund KompagniechefimKöniglich Sächsischen 4.JnfanterieregimentNr.103. Berlin. Ernst Siegfried Mittler und Sohn Königliche Hofbuchhandlung Rochstraße69. 70. 1958.9 42,825 Ab73 K. 50 Aus dem militäriſchen Briefwechſel Friedrichs des Großen. DieEntstehungdesPreußischenPlanesfürdenFeldzugvon1757undseineAusführung biszurVereinigungdesPreußischenHeeresvorPrag. Eine archivalische Forschung von AdolfBimmermann, HauptmannundKompagniechefim KöniglichSächsischen4.Jufanterieregiment Nr.103. Nachdruck verboten. Uebersehungsrecht vorbehalten. D. Red. Vorwort. Zum 24. Januar 1882. Zum Geburtstage Friedrichs des Großen erscheinend, sollen die nach folgenden Blätter das Andenken des Königlichen Feldherrn durch eine Dar stellung seiner vornehmlichſten kriegerischen Thätigkeit vor 125 Jahren --- während des Winters von 1756-57 und imFrühling des letteren Jahres feiern. Nur wenige Kriegshandlungen haben in solchem Grade den Widerstreit der Beurtheilung hervorgerufen, wie des großen Königs Plan für den Feld zug von 1757 und die daraus entstandenen Heeresbewegungen. Die hervor ragendsten Soldaten haben ihn kritisch besprochen; gegenüber demTadel eines Jomini, ja eines Napoleon I. ist unser großer Deutscher Kriegsphiloſoph Clausewitz bemüht, den Plan in glänzender Weise zu rechtfertigen. - Ueber die Entstehung desselben ist bis jetzt nur wenig bekannt geworden. Zusammen hangslose Bruchstücke veröffentlichten J. D. E. Preuß, K. W. v. Schöning und L. G. v. Winterfeld-Damerow; Arnold Schäfer hat dieselben in seiner "Geschichte des siebenjährigen Krieges" zu kurzen Andeutungen benutzt; ein gehend wurde die Entstehungsgeschichte dieses Planes noch nicht behandelt.*) *) Seit wir dieſes ſchrieben, iſt Th. v.Bernhardi's ausgezeichnetes Werk erschienen. Dasselbe beruht betreffs dieses Planes nur auf bereitsbekanntemMaterial, macht darum so hoffen wir ――- unsere Arbeit nicht überflüſſig. Beiheft z. Mil. Wochenbl. 1882. 1 2 Und gerade hierüber bietet das Königlich Preußische geheime Staatsarchiv in dem militärischen Briefwechsel des Königs mit seinen Generalen ein fast lückenloses Material. Es ist ein besonders glücklicher Umstand, daß der König durch die Ent sendung seiner beiden vertrauteſten militärischen Rathgeber - des Feld= marschalls Grafen v. Schwerin und des Generallieutenants v. Winterfeldt während des Winters von 1756 zu 1757 veranlaßt worden ist, seine Ent schlüsse bis zu ihren legten Gründen klarzulegen. Fast täglich schrieb er in diesem Zeitraume an die beiden Männer und empfing von ihnen Berichte; in freimüthigſtem Meinungsaustauſche beſprach er mit ihnen die politiſcheund strategische Lage. So ist in diesem Briefwechsel eine Fülle hochwichtiger Bei träge zur Kenntniß des militärischen Denkens und Thuns König Friedrichs niedergelegt. Kaum dürften über einen anderen Abschnitt seines kriegerischen Lebens die Quellen so reichhaltig fließen; kaum dürfte eine andere seiner Geistesthaten seineKriegführung und damit den Gipfelpunkt der Strategie des 18. Jahrhunderts treffender kennzeichnen. Die Direktion des Königlich Preußischen geheimen Staatsarchivs gestattete uns mit höchst dankenswertherBereitwilligkeit dieHebung des reichen Schaßes; den gesammten militärischen Briefwechsel des Königs aus den Jahren 1756 und 1757 fonnten wir durchforschen; auch die Durchsicht seiner politiſchen Korrespondenz aus dieser Periode ward uns gestattet, doch haben wir bei der Ueberfülle des Materials von dieser Erlaubniß nur beschränkten Gebrauch machen können. Von Bedeutung für unsere Arbeit waren neben dem schon erwähnten Briefwechsel mit Schwerin und Winterfeldt noch derjenige mit dem Feldmarschall v. Lehwald sowie mit dem Preußischen Gesandten in London, Michell, und dem Englischen Gesandten in Berlin, Mitchell. Ebenso ward uns das Material des Kriegsarchivs des Großen General stabes mit nicht geringerer Bereitwilligkeit zur Verfügung gestellt. Die hier verwahrten Abschriften eines Theiles der wichtigeren militärischen Aktenstücke des geheimen Staatsarchivs aus den Jahren 1756-1757 erleichterten und förderten unsere Arbeit außerordentlich. Von besonderer Wichtigkeit aber war es, daß wir im Kriegsarchiv einen bisher ganz unbekannten ersten Entwurf zu dem Feldzugsplane aus der Zeit der Jahreswende von 1756 zu 1757 stammendauffanden. Für die den Feldzug eröffnenden Heeresbewegungen, deren Darstellung zur Abrundung des Bildes nothwendig erschien, bot uns des Oberst v. Gaudi Tagebuch - welches diesen Zeitabschnitt von tendenziöser Färbung ziemlich frei und sehr eingehend behandelt - manche wichtige Er gänzung. Es ist eine kurze Spanne aus des großen Königs mächtig bewegtem friegerischen Leben, die wir hier behandeln. Nur einen Baustein zum Sockel des Denkmals wollen wir damit beitragen, welches hoffentlich in nicht allzu langer Zeit dem großen Heldenkönig errichtet wird: 3 Eine Geschichte der Feldzüge Friedrichs des Großen, verbun den mit gleichzeitigerHerausgabe seines gesammten militärischen Briefwechsels. Das ist eine Riesenarbeit, die ein Einzelner kaum zu bewältigen ver mag; nur eine Vereinigung geeigneter Kräfte, wie sie in der Abtheilung für Kriegsgeschichte des Großen Generalstabes vorhanden ist, könnte diese Aufgabe in nicht zu langer Zeit lösen. - Möge die genannte Abtheilung in deren Plane es, wieverlautet, liegen ſoll, demnächst die Neubearbeitung der Geschichte des siebenjährigenKrieges zu ― beginnen sich ein weiteres Ziel stellen und eine Geschichte des kriegerischen Lebens des großen Königs unternehmen. Nur durchein solches biographisches Denkmal wird die "1Abtheilung" dem Andenken des großen Königs gerecht, bringt sie die Lehren, welche er mit ehernem Griffel in das Buch der Kriegsgeschichte geschrieben hat, ganz zum Verständniß der ihn bewundernden Nachwelt! Mit diesem Wunſche glaubten wir am Friedrichstage unsere Arbeit ein leiten zu sollen. I. Abschnitt. Von der Beendigung des Feldzuges von 1756 bis zu den Hainauer Besprechungen. König Friedrich der Große hatte sich als Ziel des im Spätsommer des Jahres 1756 eröffneten ersten Feldzuges des dritten Schlesischen Krieges die Entwaffnung des Sächsischen Heeres und die Gewinnung eines möglichſt großen feindlichen Landstriches geſetzt; inBöhmen, soweit als möglich entfernt von denGrenzen seiner Lande, wollte er den Krieg führen. Mit 70 Bataillonen, 101 Schwadronen, etwa 70000 Mann, welche dieHauptarmee bildeten, war er am 29. August in Sachsen eingebrochen, dessen Armee sich in das ver schanzte Lager bei Pirna zurückzog. Der unerwartet lange Widerstand des Sächsischen Heeres im Lager bei Pirna veranlaßte ihn, nur die kleinere Hälfte seiner Hauptarmee dem zum Entsatze der Sachsen heranrückenden Oesterreichischen Feldmarschall Grafen v. Browne nach Böhmen entgegenzuführen. Wohl siegte der König am 1. Oftober bei Lobosit, aber einen entscheidenden Schlag hatte er dem an Zahl überlegenen Feinde nicht beigebracht; das Desterreichische Heer sette sid) nur zwei Meilen vom Schlachtfelde im Lager bei Budin, von welchem seine Bewegungen ausgegangen waren, wieder fest, und Friedrich fühlte sich zu schwach, Ferneres gegen dasselbe zu unternehmen. Bereits am 7. Oktober gelangte der König zu der Ueberzeugung, daß er 1* 4 die Winterquartiere nicht inBöhmen nehmen könne.*) Nachdemdie Sächsische Armee endlich am 15. Oktober kapitulirt hatte, führte er am 23. Oktober persönlich den Heertheil nach Sachsen zurück, welcher zur Beobachtung der hinter der Eger bei Budin verbliebenen Desterreichischen Hauptarmee unter dem Feldmarschall Keith bei Lobosit stehen geblieben war. Die nunmehr wieder vereinigte PreußischeHauptarmee bezog am28. Oktober enge Kantonne= ments zwischen Dresden, Pirna, Berggießhübel und Dippoldiswalde, in denen sie etwaige Unternehmungen der Oesterreicher abwarten sollte. Die bei Beginn des Feldzuges in Schlesien zur Deckung dieser Provinz gegeneinenEinfallderDesterreicher aufgestelltePreußische Armee, 26Bataillone, 50Schwadronen, ungefähr27000Mann,unterFeldmarschall Grafv.Schwerin, hatte am 20. September die Böhmische Grenze überschritten und zu Aujezd bei Königgrät ein Lager bezogen, in welchem sie den um etwa 5000 Mann stärkeren Desterreichern unter Feldzeugmeister Fürst Piccolomini, die bei der Stadt Königgrätz ein Lager nahmen, unthätig gegenüber stehen blieb. Auf des Königs Befehl trat sie bereits am 21. Oktober einen langsamen Rückzug nach der Grafschaft Glaz an; am 2. November bezog sie Kantonnements in der Gegend um Frankenstein. DerKönig begründet inBriefen, welcheerin den der freiwilligen Räumung Böhmens vorangehenden Tagen an Schwerin, Keith und Winterfeldt richtete, seinen Entschluß in folgender Weise: „Wir sind zu spät in Böhmen eingerückt, um uns sicher dort festſeßen zu können; der gewonnene Landstrich ist zu klein und auch schon zu ſehr mitgenommen, um die Verpflegung für ein größeres Truppenkorps zu liefern. Browne's Armee müßte daher noch einmal geschlagen werden; das aber erheischt Vorbereitungen, die uns bis zum 20. November hinziehen könnten. Zu diesem Zeitpunkte ist die Witterung jedochschon zu rauh und zu ungeſund für die Truppen." Am 7. November liefen beim König von verschiedenen Seiten die ersten Nachrichten ein, daß Feldmarschall Browne die Oesterreichische Hauptarmee Winterquartiere beziehen lasse. Die folgenden Tage brachten nicht nur Bestätigung dieser Nachrichten, sondern auch einen zwei Fuß hohen Schneefall, welcher größere Unternehmungen über die Böhmen von Sachsen und Schlesien trennenden Gebirge hinweg beim damaligen Zustand der Wege sehr unwahr scheinlich machten. Friedrich bestimmte daher am 12. November (Schreiben an Schwerin), daß dieHauptarmee am 16. in die Winterquartiere marschiren solle, während Schwerins Armee, entsprechend einer Königlichen Kabinetsordre vom 3. November, erst in den letzten Novembertagen in dieWinterruhe eintrat. Der Oesterreichische Feldherr hatte seinHauptquartier nach Prag verlegt, und die Winterquartiere ſeines damals aus 86 600 Mann Infanterie und *) Schreiben des Königs an den Generallieutenant v. Winterfeldt, abgedruckt in Preuß, Urkundenbuch zu der Lebensgeschichte Friedrichs des Großen, V. Theil, S. 15. 5 Kavallerie bestehenden Heeres erstreckten sich, an den Grenzen Bayerns bei Eger beginnend, von West nach Ost quer durch ganz Böhmen nach Mähren hinein bis in die Gegend von Olmüş über einen Raum von fast 50 Meilen Länge und 10-20 Meilen durchschnittlicher Tiefe; am dichtesten belegt war die Gegend um Prag und der Landstrich zwischen Prag und Königgrätz. Die Vorpostenlinie der Oesterreicher ward streng innerhalb der politischen Grenzen des Kaiserstaates gegen Sachsen und Schlesien gezogen, peinlich allen Ein und Aussprüngen folgend. Im Vorpostendienste war ein Drittel des Heeres verwendet, während zwei Drittel vollständige Ruhe und Schonung genossen. Auch Friedrich achtete bei Anordnung seiner Winterpostirungen die politische Grenze Oesterreichs. Die Rücksicht auf die sehr thätigen und zahl reichen leichten Desterreichischen Truppen, denen er nochkeine gleichen entgegen zustellen hatte, zwang ihn, die Hälfte seiner Truppen im Sicherungsdienste zuverwenden;erverbotdarumdenVorpostenkommandeuren alle Unternehmungen gegen die feindlichen Postirungen; nur wenn und wo die Oesterreicher richt Ruhe hielten, sollte ein scharfer Streich gegen sie geführt werden, um sie zur Ruhe zu zwingen. Wie die Preußen im eben beendeten Feldzuge in zwei räumlich weit von einander getrennten Armeen aufgetreten waren, so bezogen sie auch die Winterquartiere in zwei getrennten Gruppen. Die Hauptarmee unter des Königs unmittelbarem Befehl nahm quer durch Sachsen von Weißenfels bis Baußen einen Raum von 23 Meilen Länge und etwa 15 Meilen Tiefe ein. In und um Dresden, wo der König sein Hauptquartier aufschlug, waren 21 Bataillone vereinigt und als eine Reserve zur Abwehr größerer feindlicher Unternehmungen jederzeit bereit. Die Reiterei des Königs hatte Quartiere zwischen Dresden und Weißenfels. Schwerins Armee bezog die Winterquartiere zwischen Reichenbach und Kosel in einem Raume von 16 Meilen Länge und 10 Meilen Tiefe. Ein --- Zwischenraum von 22 Meilen zwischen Bautzen dem linken Flügel der Hauptarmee ――――― und Reichenbach - dem rechten Schwerins wurde durch die Entsendung des Generallieutenant v. Lestwig mit 5 Bataillonen und 10 Schwadronen nach Zittau und des Generallieutenant v. Winterfeldt mit 7 Bataillonen und 10 Schwadronen nach Landshut - von welchen Orten aus dieselben einen Vorpostenkordon einrichteten - nur schwer geſchloſſen, obgleich der lettere Posten bald noch durch die 10 Schwadronen des aus Pommern anrückenden Husarenregiments v. Seydlig verstärkt wurde. Troß der schon zu großen räumlichen Entfernung von der Hauptarmee hätte Schwerin sich gern noch weiter nach Osten ausgedehnt. Die Deckung Oberschlesiens gegen Veunruhigungen von Troppau und Jägerndorf, sowie von Mähren her erfüllt ihn den ganzen Winter hindurch mit ernsten Sorgen, obgleich die Desterreicher sich hier vollkommen ruhig verhielten. Immer und immer schweift ſein Blick nach Osten, bald eine feindliche Unternehmung von 6 Jägerndorf und Troppau fürchtend, bald eine eigene Operation nach dieser Gegend planend; in seinen fast täglichen Briefen an den König kommt er immer wieder auf diesen Lieblingsgedanken zurück, und der König hat alle Mühe, ihm stets von neuem das Unthunliche solcher Unternehmungen klar zu legen. Dieser Briefwechsel des 45jährigen Königs mit ſeinem greiſen, 72jährigen Feldherrn ist in dem herzlichsten Tone geführt. Schwerin ist für den König der väterliche Freund, der vertraute, bewährte Rathgeber seiner Feldherrn thätigkeit. Inmitten einer Arbeitslast, wie sie die politischen und militäriſchen Verhandlungen des Winters 1756/57 dem Könige brachten, inmitten dieser schweren Sorgen und immer höher sich thürmenden Verwickelungen und Schwierigkeiten, denen ein Anderer unterlegen wäre und die nur des großen Friedrichs genialer Feuergeist zu überwältigen vermochte, hat er für den FeldmarschallstetsnochWorte derAnerkennung, Aufmerksamkeit oderZuneigung. So schreibt der König beispielsweise am 10. November: . . . Ichbehandele Euch, wie man es mit Türenne machte; Ihr habt nur kleine Heere, aber 14 die Fähigkeit des Generals ersetzt 10000 Mann . . . Der König behandelt Schwerin mit großer Rückſicht und Schonung, wie er sie gegen keinen Anderen ausübt; gern geht er auf des Feldmarschalls Vorschläge ein, selten ertheilt er ihm bindende Befehle, überall begründet er seine Ansichten und sucht durch Ueberzeugung Schwerin für seine Pläne zu gewinnen. Nur einmal, als Schwerin die Eröffnung des Feldzuges um einige Tage verschoben, entladet sich des Königs Zorn in strengen Ausdrücken über seinem Haupte. ― DerBriefwechsel wird gewöhnlich inFranzöſiſcher Sprache geführt,*) und sind des Königs Briefe meist von dem Kabinetsrath Eichel entworfen, doch sehr häufig mit eigenhändigen Nachschriften Friedrichs versehen. Ein anderer Ton herrscht in des Königs Briefwechsel mit dem 48jähri gen Winterfeldt; hier spricht der Freund mit dem Freunde, und hier zeigt der König manchmal seine kleinen Schwächen; sein scharfer, beißender Spott über Freund und Feind tritt hier unverhüllt auf, und in gleicher Weise darf ― auchWinterfeldt über Andere ein freies Wortreden. Winterfeldt beherrschte die Französische Sprache nicht; seine Berichte sind in Deutscher Sprache ab gefaßt, und auch der König schreibt an ihn - fast immer eigenhändig - in seinem eigenthümlichen derben und kräftigen, mit zahlreichen Franzöſiſchen Worten untermischten Deutsch. Mit den Anordnungen für das Beziehen der Winterquartiere war der erste Feldzug des dritten SchlesischenKrieges beendet. Alle fernere Thätigkeit galt einem neuen Feldzuge. Noch unmittelbar vor seinem Rückzuge aus dem *) Im Terte geben wir dieBriefe in getreuerUebersehung; in denAnlagen bringen wir dagegen einige Briefe und Denkschriften im Original zum Abdruck. 7 Lager von Aujezd, am 20. Oktober, hatte Schwerin den König um Mit theilungen über seine weiteren Absichten gebeten: " ... es kommt mir darauf an, zu wissen, wie Euer Majestät den Feldmarschall Browne während des Winters zu beschäftigen gedenken und wie wir unsere Schlesischen Grenzen decken und etwas in Oberschlesien gewinnen können, um unsere Winter quartiere zu sichern und den Plan für unsere nächſtjährigen Operationen festzu ſtellen. ..." Der König antwortete am 26. Oktober: ... Ein Operationsplan für den künftigen Feldzug kann nicht vor den Monaten Januar oder Februar nächsten Jahres entworfen werden, weil ich ihn nach dem Verlauf der Ver handlungen und den kommenden Ereignissen einrichten muß ..." Der König skizzirt dann die politische Lage: "IWas die Russen anlangt, so bin ich über zeugt, daß wir für dieses Jahr nichts von ihnen zu fürchten haben, und viel leicht finden sich Mittel, sie auch noch für das kommende Jahr vom Spiele fern zu halten."*) „Die Franzosen werden in diesem Jahre nichts thun, aber man sagt, daß die Oesterreicher aus den Niederlanden Truppen bis zur Stärke von 16000 Mann ziehen und nachBöhmen marschiren lassen wollen. Voraus gesezt, daß sich diese Nachricht bestätigt, so kommen dieſe Truppen für das laufende Jahr doch zu spät. Sie können dort nicht vor dem Monat Dezember eintreffen, und dann kann derFeind zwar mit kleinen Abtheilungen, aber nicht mit einemHeere auftreten, und bis dahin kann ich Euch noch oft Nachrichten zukommen laſſen." Eigenhändig fügt Friedrich noch hinzu: „Nach allen Anzeichen wird wederBrowne nochPiccolomini während dieſes Herbſtes Großes unternehmen; ſie erwarten ihre Verstärkungen. Im kommenden Jahre werden wir uns jedoch tummeln müssen, und hoffentlich kann man sagen: Je mehr Feinde desto mehr Besiegte." Kurze Zeit darauf, am 12. November, schrieb der die Postirung in Dippoldiswalde befehligende Generalmajor v. Manstein - einer der begabtesten von des Königs jüngeren Generalen, welcher früher in Russischen Diensten gestanden hatte und durch dessen Vermittelung Friedrich manche werthvolle - Nachrichten aus Rußland empfing in gleichem Sinne und mit bemerkens werthem Scharfblick in der Beurtheilung derFeinde an den König: //... Wenn ich es wagen darf, meine Ansicht betreffs des nächsten Feldzuges zu sagen, so glaube ich, daß seine Lebhaftigkeit hauptsächlich von der Wärme abhängen wird, mit welcher die Verbündeten des Wiener Hofes handeln. Wenn es Mittel gäbe, diese während des Winters abzukühlen, so könnte es kommen, daß die Kaiserlichen wieder in ihre alte Langsamkeit zurückfielen und daß Ew. Majestät große Vortheile über sie erringen können, noch bevor ihr Heer ver *) Bekanntlich hatte der König Ende September dem Russischen Großkanzler Grafen Bestucheff 100000 Thaler für seine guten Dienste durch den Englischen Gesandten in Petersburg geboten. 8 sammelt ist." Noch an demselben Tage erging an ihn des Königs Bescheid: „ ... Um einen Feldzugsplan zu entwerfen, ist es noch viel zu früh."*) Für die Feststellung neuer Operationspläne war die Zeit in der That 1 noch nicht gekommen; noch Monate hindurch blieb der König im Unklaren, wie viele Gegner er im nächstenFeldzuge zu bekämpfen haben werde, welchen Beistand ihm seine Bundesgenossen leisten würden. Es galt während des Winters das Heer durch Vermehrung und Verbesserung in den Stand zu ſeßen, den immer zahlreicher werdenden Feinden mit Aussicht auf Erfolg zu widerstehen, es galt ferner während des Winters noch einen heftigen diplo= matischen Feldzug auszufämpfen. Diesen Aufgaben widmete sich der König zunächst; dabei beschäftigten sich seine Gedanken aber auch unausgesetzt mit dem Plane für den Feldzug und verkörperten sich bald zu Entwürfen, deren in weitere Ferne gerückte Ausführung infolge veränderter Situation allerdings unterblieb. Wir würden von unserer Aufgabe abirren, wollten wir den Schlangen windungen dieses diplomatischen Feldzuges auf allen Wegen folgen. Wir beſchränken uns, die politiſche Lage, namentlich an der Hand des Schrift wechsels des Königs mit Schwerin und Winterfeldt, nur soweit zu verfolgen, als sie für militärische Anordnungen von Bedeutung ist. Des Königs Briefe an seine militärischen Vertrauten gewähren ein getreues, ungetrübtes Spiegel bild der jeweiligen politischen Verhältnisse. Die ersten Wochen der Winterruhe brachten dem König eine Fülle von Meldungen und Nachrichten. Die Generale, welche die Postirungen befehligten, überboten sich im Eifer, Nachrichten über den gegenüberstehenden Feind ein zuliefern; Kundschafter wurden allerorts zahlreich auf Oesterreichisches Gebiet entsendet, doch stand der Erfolg nicht immer im richtigen Verhältniß zur auf gewendeten Mühe; der größte Theil der eingehenden Nachrichten war bedeu *) Es ist zu bemerken, daß der König mit allen Generalen und Stabsoffizieren, welchen ein Abschnitt der Postirungen unterſtellt oder denen irgend ein ſelbſtändiger Auftrag gegeben war, unmittelbar korrespondirte. Diese Offiziere benutten oft --wie - hier Generalv. Manſtein—die Gelegenheit einerMeldung, um demKönige ihreAnsichten und Vorschläge über Dinge zu unterbreiten, die ihren Dienſtverrichtungen fern lagen. Auch in dieser Beziehung bietet des Königs militärischer Briefwechsel vieles Intereſſante. SoschreibtbeispielsweisederinGottleubaaufPoſtirungbefindlicheGeneralmajorv.Zaſtrow am 1. November1756: ,,... EuerKöniglicheMajeſtät haben eine respektable Armee, das iſt weltkundig, der Partiſangeiſt aber iſt nicht drin, folglich fehlt ein Theil von dem ſo genannten kleinen Kriege, hierzu kommt noch der Mangel der leichten Truppen zu Fuß undderPioniers oderArbeiter, dietrefflicheHülfsmittel sind in verſchiedenen militärischen Einrichtungen, um die Bataillons zu menagiren; meine geringe Meinung hierüber unter stehe mich gegenwärtig zu sagen ..." Ebenso sendet der bekannte Oberſtlieutenant deWarnéry am 4. April1757 aus Herwigsdorf bei Zittau eine umfangreicheDenkschrift über den möglichen und wahrscheinlichen Kriegsplan der Leſterreicher ein. --- Stets ant wortet der König anerkennend und dankend.

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