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Beichte eines Mörders, erzählt in einer Nacht PDF

2012·0.1927 MB·other
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Ein düster-ironischer Roman, eine Parabel auf die Macht, die Banalität des Bösen, das sich so leicht seinen Weg bahnt zu den Schwachen, die keine genaue Vorstellung der Wirklichkeit des Lebens und der Welt haben. Eine ganz gewöhnliche Geschichte, eine unter vielen, eine Lebensbeichte über Irrwege durch Grössenwahn und Verrat.

KINDLER: Roman von Joseph Roth, erschienen 1936. – Seinen zweiten Roman nach der Emigration aus Deutschland verfaßte Joseph Roth im französischen Exil. Der Roman gehört zu jenen späten Werken Roths, in denen er die religiös-existentielle Problematik von Schuld und Sühne, Verbrechen und Reue aufgreift. Ein Ich-Erzähler vernimmt in einem Pariser Restaurant die Lebensgeschichte des »Mörders« Golubtschik aus dessen eigenem Munde. Diese Form einer doppelten Ich-Erzählung soll die Authentizität des Erzählten garantieren. Drei für Roth charakteristische Erzählelemente treffen in der Beichte eines Mörders zusammen; die Figur des Gescheiterten: Golubtschik, ein ehemaliger Spitzel der zaristischen Geheimpolizei Ochrana; der von der Umwelt abgeschlossene Raum: das Restaurant Tari Bari in Paris; die bereits überholte historische Epoche: hier die von der »Beichte« erfaßte Zeit vor dem Ersten Weltkrieg.

Die Golubtschik in den Mund gelegte Erzählung – eine »ewig gültige, trostlose Geschichte . . ., unabhängig von Zeit und Raum, von Tag und Nacht« – hat mehrere Funktionen, die eine wachsende Erkenntnis menschlicher Geschichte ermöglichen sollen. Zunächst dient sie der Erhellung der Vergangenheit des »Mörders«, der seine Kindheit in Wolhynien verbrachte als illegitimer, nicht anerkannter Sohn des Fürsten und Gutsbesitzers Krapotkin. Golubtschiks Versuch, seine Rechte dem Vater gegenüber geltend zu machen, schlägt fehl, und er sieht sich gezwungen, in die zaristische Geheimpolizei Ochrana einzutreten, für die er als Agent in Petersburg und Paris arbeitet. Als Triebfeder seines Handelns bezeichnet Golubtschik selbst einen unersättlichen Ehrgeiz, der ihn auch nach dem Namen seines Vaters streben ließ – das heißt nach Anerkennung durch die Gesellschaft. Dieses hartnäckige, aber vergebliche und demütigende Bemühen wirkt auf seine Persönlichkeit zurück, beeinträchtigt seine Liebesfähigkeit und stört die Entwicklung seines Selbstbewußtseins. Am Tag des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs schlägt er – in einem Anfall von Eifersucht – seinen Halbbruder und das Pariser Mannequin Lutetia, dem er hörig ist, nieder. Erst nach dem Ende des Krieges stellt er fest, daß die Opfer seiner Tat noch am Leben sind und er sich jahrelang fälschlich für einen Doppelmörder gehalten hat.

Diese Verwicklungen enthüllen – und dies ist die zweite Funktion der Erzählung – einen bestimmenden Charakterzug Golubtschiks: Er ist abhängig von autoritären Mächten und deren Suggestionen. Dadurch erscheint seine Erzählung als »leeres, folgenloses Gerede« (ungefähr so würde auch die deutsche Übersetzung des Namens des Restaurants »Tari Bari« lauten). Darüber hinaus jedoch enthält die Lebensbeichte eine überpersönliche, eine allgemeine Dimension: In ihr spiegelt sich eine Welt, die einem mechanischen Kreislauf von Unterwerfung und Herrschaft ausgeliefert ist, der – in der Seele der Menschen – alle historischen Katastrophen und Veränderungen überdauert hat. – Eine dritte Funktion zeigt sich in den blinden Motiven der Erzählung: Es bilden sich »zufällige« Konstellationen, denen die Vorstellungskraft des Erzählers Golubtschik nicht gewachsen ist, die er hastig übergeht, vertuscht oder gewaltsam isoliert. Diese »stummen« Inseln bilden das Zentrum des Romans; hier finden sich die verschütteten Quellen eines kritischen Bewußtseins inmitten des Fortgangs der Geschichte.

H.D.H.-KLL

Hans Dieter Huber/KLL

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