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Bachmann-Handbuch: Leben — Werk — Wirkung PDF

336 Pages·2013·2.046 MB·German
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Bachmann- Monika Albrecht / Dirk Göttsche (Hrsg.) Handbuch Leben – Werk – Wirkung Sonderausgabe Verlag J.B. Metzler Stuttgart · Weimar Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek © 2013 Springer-Verlag GmbH Deutschland Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Ursprünglich erschienen bei J. B. Metzler’sche Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; Verlagsbuchhandlung und Carl Ernst Poeschel detaillierte bibliografische Daten sind im Internet Verlag GmbH in Stuttgart 2013 über http://dnb.d-nb.de abrufbar. www.metzlerverlag.de ISBN 978-3-476-02513-5 [email protected] ISBN 978-3-476-01241-8 (eBo ok) DOI 10.1007/978-3-476-01241-8 Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts- gesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmun- gen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Inhaltsverzeichnis Vorwort VII III. Kontexte und Diskurse in Bachmanns Werk 211 I. Grundlagen 1 1. Bachmann und die Philosophie 212 1. Leben und Werk im Überblick – eine 1.1. Existentialphilosophie und Existentialis- Chronik 2 mus 212 2. Rezeptionsgeschichte 22 1.2. Sprachphilosophie und poetologische 2.1. Rezeptionsgeschichte zu Lebzeiten 22 Sprachreflexion 214 2.2. Rezeptionsgeschichte seit Bachmanns 1.3. Kritische Theorie und Soziologie 216 Tod 26 1.4. Religion 218 2.3. Literarische Rezeption 35 1.5. Bachmanns Utopiebegriff 220 3. Editionsgeschichte und Nachlaß 42 2. Psychologie, Psychoanalyse und Psychiatrie in Bachmanns Werk 223 II. Das Werk 47 3. Bachmann und die Zeitgeschichte 237 1. Jugendwerke 48 3.1. Nationalsozialismus 237 2. Lyrik 53 3.2. Die Entwicklung der Nachkriegsgesell- 2.1. Frühe Gedichte 53 schaft 246 2.2. Die gestundete Zeit 57 3.3. Der kulturgeschichtliche Umbruch von 2.3.Anrufung des großen Bärenund 1968 252 Gedichte aus dem Umfeld 67 3.4. Postkolonialismus und Kritischer 2.4.Späte Gedichte 78 Exotismus 255 3. Hörspiele 83 4. Literarische Kontexte, Dialoge und 4. Libretti 97 Lektüren 259 5. Erzählprosa 105 4.1. Deutschsprachige Literatur des 18. und 5.1.Frühe Erzählprosa 105 19. Jahrhunderts 259 5.2.Das dreißigste Jahrund Erzählfragmente 4.2. Europäische Literatur vor 1900 263 aus dem Umfeld 112 4.3. Klassische Moderne 270 5.3.Todesarten-Projekt 127 4.4. Deutschsprachige Literatur nach 5.3.1. Überblick 127 1945 282 5.3.2. Malina 130 4.5. Bachmann und die ›Weltliteratur‹ ihrer 5.3.3. Das Buch Franza 144 Zeit 292 5.3.4. Andere unvollendete Todesarten- 5. Bachmann und die Musik 297 Texte 152 5.4.Simultanund Erzählfragmente aus dem Anhang 309 Umfeld 159 1. Siglenverzeichnis (mit Sigle zitierte 6. Künstlerische und journalistische Prosa 172 Ausgaben) 310 7. Kritische Schriften 184 2. Andere Ausgaben und Hilfsmittel 311 7.1.Philosophische Essays und Disserta- 3. Ausgewählte Sekundärliteratur 312 tion 184 3.1. Sammelbände 312 7.2.Musikästhetische Essays 188 3.2. Monographien und Aufsätze 312 7.3.Literaturkritische Essays und 4. Werkregister 317 Frankfurter Vorlesungen 191 5. Personenregister 322 8. Übersetzungen 204 6. Mitarbeiter 329 Vorwort Nachdem die vierbändige Ausgabe der »Werke« zwischen Literatur, Philosophie, Psychologie und (1978) erstmals einen zusammenhängenden Musik begründet sind, aber auch die historisch- Überblick über Ingeborg Bachmanns Werk und kritische Revision der verfügbaren Nachlaßtexte erste Einblicke in ihren literarischen Nachlaß tragen ebenso zu diesem Umbruch bei wie der ermöglicht hatte, ist es im Gefolge einer neuen literaturwissenschaftliche Methodenwandel, der feministischen Lektüre in den frühen 1980er Jah- neue Lektürerahmen geschaffen hat. Zugleich ist ren geradezu zu einer »Bachmann-Rennaissance« die Textgrundlage in den letzten Jahren sukzessiv gekommen (Stephan et al. 1987, S.8), die bis durch neue Quellenfunde und -publikationen er- heute anhält. Seither hat die Literaturwissen- gänzt worden, die nicht zuletzt das Wissen über schaft eine Fülle neuer Erkenntnisse zu Ingeborg die Breite der schriftstellerischen Tätigkeit Inge- Bachmanns Werk hervorgebracht und zugleich borg Bachmanns, ihre literarische Arbeitsweise grundlegend neue Perspektiven der Interpreta- und die konkreten Entstehungskontexte ihrer tion erarbeitet. Nach dem frühen Ruhm der Au- Texte vertiefen. Zu nennen sind hier beispiels- torin als »neuer Stern am deutschen Poetenhim- weise die frühe lyrische Prosa Briefe an Felician mel« (Blöcker) in den 1950er Jahren hat eine (1991), die kritische Edition des Todesarten-Pro- breite, lebhafte und vielschichtige Forschung in jekts (1995), die u.a. auch bis dahin unbekannte den vergangenen zwanzig Jahren so die Ein- Nachlaßfragmente wie den ersten Todesarten-Ro- schätzung Ingeborg Bachmanns als eine der man und den Goldmann/Rottwitz-Roman ent- wichtigsten deutschsprachigen Autorinnen der hält, die Wiederentdeckung der bis dahin ver- Nachkriegsjahrzehnte auf neuer Grundlage be- schollenen Römischen Reportagen(1998) für Ra- kräftigt. Bachmanns Werk steht seitdem gleich- dio Bremen und die »Westdeutsche Allgemeine bedeutend für seine Auseinandersetzung mit der Zeitung«, die Edition »Letzter, unveröffentlichter – wie sie es nannte – »Krankheit unserer Zeit« Gedichte« (1998) sowie weiterer bislang unver- (GuI, 72), mit der sozialen Gewalt der modernen öffentlichter Gedichtentwürfe aus den 1960er westlichen Gesellschaft, mit dem verborgenen Jahren unter dem Titel »Ich weiß keine bessere Zusammenhang zwischen patriarchalischer Ge- Welt« (2000). Inzwischen ist im Nachlaß von Jörg sellschaftsstruktur, katastrophischer Geschichte Mauthe, Bachmanns Kollegen aus ihrer Zeit bei (Nationalsozialismus) und Unterwerfung bzw. dem amerikanischen Besatzungssender Rot- Ausgrenzung des anderen (bis hin zum Neokolo- Weiß-Rot (1951–1953) ein Teil von Bachmanns nialismus). Die fortdauernde Brisanz dieser Pro- Beiträgen zu der Sendereihe Die Radiofamilie blemstellungen und die Reflektiertheit ihrer lite- aufgefunden worden (McVeigh 2002), und es ist rarischen Darstellung sichern ihrem Werk zwei- zu hoffen, daß weitere Nachlaßpublikationen und fellos seine anhaltende Bedeutung. Quellenfunde folgen. Darüber hinaus liefern Zi- Angesichts des wachsenden Abstands von der tate aus dem unveröffentlichten Nachlaß und aus Entstehungszeit der Texte zeichnet sich seit eini- diversen Korrespondenzen wertvolle neue Hin- ger Zeit allerdings ein Forschungsumbruch ab, weise zum Verständnis von Leben und Werk, und der die Begründung der fortdauernden Relevanz das vorliegende Handbuch fügt hier noch einiges von Bachmanns Werk mit einer deutlicheren Hi- hinzu. Solche Editionen und ›Neuentdeckungen‹ storisierung im Sinne einer Neubewertung ihres ergänzen nicht nur die Materialgrundlage der Oeuvres im Kontext der literarischen Nach- literarhistorischen Forschung, sie eröffnen auch kriegsjahrzehnte verbindet. Analysen zum zeit- neue Fragestellungen und werden zweifellos eine und diskursgeschichtlichen Kontext ihres Schrei- wichtige Rolle in der weiteren Entwicklung des bens, die Erforschung des intertextuellen Hori- Bildes von Ingeborg Bachmann in Wissenschaft zonts ihrer Werke, komparatistische und inter- und Öffentlichkeit spielen. Gleichwohl ist »das disziplinäre Untersuchungen, die durch Bach- Desiderat einer kritischen Gesamtausgabe des manns vielfältige Kontakte und Lektüren und Werks von Ingeborg Bachmann« (Bartsch 2000, nicht zuletzt durch ihre Grenzüberschreitungen S.373) zu bekräftigen. VIII Vorwort Es gehört zu den Glücksfällen der Literaturwis- schließt, während der zweite ergänzend rele- senschaft, daß das wissenschaftliche Interesse am vante Kontexte und Diskurse in Bachmanns Werk Werk Ingeborg Bachmanns und das offenbar an- aufbereitet, die bei einer einzelwerkbezogenen haltende Interesse einer breiten Leserschaft sich Betrachtung nicht ausreichend gewürdigt werden seit der ›Wiederentdeckung‹ des Werks in den können. frühen 1980er Jahren gegenseitig befruchtet ha- Ein so umfangreiches Projekt wie dieses Hand- ben. Gleichzeitig hat die Funktion von Bach- buch kommt nicht ohne vielfältige Zusammen- manns Werk als Kristallisationspunkt aktueller arbeit und Unterstützung zustande. In diesem literaturwissenschaftlicher Methodendiskussion Sinne danken wir in erster Linie den Autorinnen – insbesondere auch weiterhin im Bereich des und Autoren der Beiträge für ihre intensive Mit- Feminismus, und nicht nur im deutschsprachigen arbeit und den Erben Ingeborg Bachmanns Raum, sondern auch in der amerikanischen und (Isolde Moser und Dr. Heinz Bachmann) für die französischen Germanistik – zu einer For- freundliche Erlaubnis zur Verwendung bislang schungsproduktivität geführt, die heute für den unveröffentlichter Nachlaß- und Briefzitate. Un- einzelnen kaum noch vollständig zu überschauen ser Dank gilt hier zugleich den Archiven, aus ist. Vor diesem Hintergrund faßt das vorliegende deren Bestand zitiert werden durfte – der Öster- Bachmann-Handbuch, das sowohl für die Bach- reichischen Nationalbibliothek (Wien), dem mannforschung und die Literaturwissenschaft Deutschen Literaturarchiv (Marbach/N.), dem allgemein als auch für eine interessierte Leser- Archiv der Akademie der Künste (Berlin), dem schaft konzipiert wurde, das gewachsene Wissen Literaturarchiv Monacensia (München), dem Ar- über das Werk der Autorin auf neuestem Stand chiv des Südwestdeutschen Rundfunks (Stutt- zusammen, zieht in lesbarer Form eine kritische gart), den Verlagsarchiven Suhrkamp und Piper, Bilanz der Forschung (und ihrer Lücken) und dem Heinrich Böll Archiv (Köln) und dem Uwe stellt darüber hinaus neue Erkenntnisse und In- Johnson Archiv (Frankfurt/M.)–, sowie Robert terpretationsperspektiven vor. Die einzelnen Ar- Pichl für die Benutzung seines Katalogs der Pri- tikel versuchen also einer doppelten Aufgaben- vatbibliothek Ingeborg Bachmanns (Pichl 2003). stellung gerecht zu werden: Sie sollen den Lese- Unserem Lektor Uwe Schweikert schließlich rinnen und Lesern in zuverlässiger Form den danken wir für die kontinuierliche Förderung des Wissens- und Forschungsstand zu dem jewei- Projekts von der ersten Anregung bis zur Druck- ligen Werkkomplex oder Thema erschließen, zu- legung. gleich aber auch die Forschung durch neue Ein- Abschließend noch einige Hinweise zur Benut- sichten und eigene Akzentuierung vorantreiben. zung des Handbuchs: Ergänzend zum Inhaltsver- Das Team der Autorinnen und Autoren setzt sich zeichnis erschließen ein Personen- und ein Werk- aus etablierten und jüngeren Bachmann-Forsche- register die Gegenstände des Handbuchs. Der rinnen und -Forschern zusammen, die ihren je- Anhang enthält darüber hinaus ein Literaturver- weils unterschiedlichen Ansätzen entsprechend zeichnis mit den relevanten Ausgaben der Werke auch verschiedene Perspektivierungen einbrin- Ingeborg Bachmanns sowie einer Auswahl der gen. Es muß bei einem solchen auf Pluralität Literatur über die Autorin und ihr Werk. Mit angelegten Konzept nicht eigens betont werden, Bezug auf dieses Literaturverzeichnis wird in den daß die vorgetragenen Positionen nicht notwen- einzelnen Artikeln in abgekürzter Form zitiert: dig mit denen der Herausgeber zusammenfal- Werke Ingeborg Bachmanns werden unter Ver- len. wendung der im Ausgabenverzeichnis erläuter- Das Handbuch hat selbstverständlich die Funk- ten Siglen zitiert; die im Anhang aufgeführten tion eines Nachschlagewerks, es soll aber auch zu Drucke und Ausgaben werden im Literaturver- neuer Werklektüre anregen und der Forschung zeichnis der Einzelartikel nicht nochmals aufge- neue Impulse geben. In diesem Sinne ist es – führt. Sekundärliteratur aus dem Anhang wird im nach dem einleitenden Überblick über Leben und Literaturverzeichnis der Einzelartikel nur in ab- Werk, Rezeptions- und Editionsgeschichte – in gekürzter Form nach dem Muster »McVeigh zwei Teile gegliedert, deren erster das Werk aus (2002)« zitiert und den ausführlichen bibliogra- der Perspektive der Werkgruppen und Einzel- phischen Angaben zu weiterer Sekundärliteratur werke (und damit auch werkgeschichtlich) er- vorangestellt. Vorwort IX Literatur: McVeigh (2002); Pichl (2003). Weigel (1987): Die Literatur von Frauen vor der Frau- Kurt Bartsch (2000): Rezension [Bachmann 2000b, Al- enliteratur. Vorbemerkung. In: Stephan, Venske, Wei- brecht/Göttsche 2000, Weigel 1999]. In: Sprachkunst gel: Frauenliteratur ohne Tradition? Neun Autorinnen- 31, S.371–380; – Günter Blöcker (1954): ›Lyrischer porträts. Frankfurt/M., S.7–9. Schichtwechsel‹. In: Süddeutsche Zeitung, 13./14. No- vember 1954; – Inge Stephan, Regula Venske, Sigrid Monika Albrecht und Dirk Göttsche I. Grundlagen 2 1. Leben und Werk im Überblick – eine Chronik Kindheit und Jugend in Klagenfurt die Personen singen sollten, also habe ich es (1926–1945) selbst schreiben müssen.« (GuI, 124) Zu den ältesten im Nachlaß überlieferten Texten gehören 1926 neben einer Notenschrift zahlreiche Gedichte, Am 25. Juni 1926 wird Ingeborg Bachmann als das an Schullektüren wie Schiller und Kleist ori- erstes Kind von Olga Bachmann (geb. Haas entierte historische Versdrama Carmen Ruidera 1901–1998) und Matthias Bachmann (1895– (1942) und die ebenfalls in den napoleonischen 1973) in Klagenfurt geboren. Ihre Mutter stammt Kriegen spielende historische Erzählung Das aus Niederösterreich, dem östlichsten, an ›Böh- Honditschkreuz (Ende 1943), die bereits gera- men‹ und Ungarn grenzenden Bundesland, wo dezu als ein »Werk der inneren Emigration«, als ihre Familie eine Strickwarenerzeugung betrieb, Einspruch gegen die Volks- und Heimatideologie ihr Vater, ein protestantischer Volksschullehrer, des herrschenden Nationalsozialismus gelesen der an beiden Weltkriegen als Offizier teilnimmt, worden ist (Höller 1999, S.13). aus Obervellach bei Hermagor im Gailtal im Dreiländereck Österreich – Italien – Slowenien, 12.3. 1938 wo die Familie oft Ferien im Auszugshaus des Den Tag des Einmarsches von Hitlers Truppen in großväterlichen Hofes verbringt. Diesen Kärnt- Klagenfurt im Rahmen des »Anschlusses« Öster- ner Grenzraum, in dem Deutsche und Slowenen reichs an das Deutsche Reich hat Ingeborg Bach- zusammenleben, hat Bachmann später in der mann später rückblickend zum symbolischen Be- Nachfolge von Robert Musils utopischem ›Kaka- gründungsdatum ihrer Autorschaft erklärt: »Es nien‹ als Inbegriff eines gewaltfreien Miteinan- hat einen bestimmten Moment gegeben, der hat ders der Völker mythisiert, als »ein Stück wenig meine Kindheit zerstört. Der Einmarsch von Hit- realisiertes Österreich […], eine Welt, in der lers Truppen in Klagenfurt. Es war etwas so Ent- viele Sprachen gesprochen werden und viele setzliches, daß mit diesem Tag meine Erinnerung Grenzen verlaufen« (W 4, 302). 1928 wird Inge- anfängt: durch einen zu frühen Schmerz, wie ich borgs Schwester Isolde geboren, 1939 ihr Bruder ihn in dieser Stärke vielleicht später überhaupt Heinz. Zunächst wohnt die Familie in einer nie mehr hatte.« (GuI, 111) Zwar darf diese Zu- Wohnung in der Durchlaßstraße Nr.5, 1933 zieht spitzung nicht wörtlich verstanden werden – am sie dann in ein eigenes Haus in der Hensel- 12. März 1938 war die Elfjährige (nach wider- straße26. sprüchlichen Mitteilungen) entweder verreist oder sie lag mit Diphtherie im Krankenhaus –, sie 1932–1944 bezeichnet jedoch emphatisch die moralische 1932 bis 1936 besucht Ingeborg Bachmann in Verpflichtung und zeitkritische Ausrichtung ihres Klagenfurt die Volksschule, dann das Bundesreal- Werks als eines Schreibens nach Auschwitz, zu gymnasium, das in ihren späteren Schuljahren im dessen ›Problemkonstanten‹ (W 4, 193) die Aus- ehemaligen Konventgebäude der Ursulinen un- einandersetzung mit den Verflechtungen von In- tergebracht war (von den Nationalsozialisten dividual- und Zeitgeschichte im Zeichen gesell- 1938 in »Oberschule für Mädchen« umbenannt). schaftlicher Gewalt gehört. Den frühen Eintritt Dort legt sie am 2. Februar 1944 ihre Matura ab. des Vaters in die NSDAP (Höller 1999, S.46) Schon in ihren Schuljahren beginnt Ingeborg wird sie dagegen ihr Leben lang nicht erwähnen, Bachmann literarisch zu schreiben, verfaßt Ge- und sie beteiligt sich auch nicht an der in den dichte und Prosa, komponiert Lieder und ent- sechziger Jahren einsetzenden öffentlichen Aus- wirft Dramen. Im Rückblick hat sie die Musik an einandersetzung mit der Generation der Väter/ den Anfang ihres Schreibens gestellt: »Ich habe Täter. als Kind zuerst zu komponieren angefangen. Und weil es gleich eine Oper sein sollte, habe ich nicht gewußt, wer mir dazu das schreiben wird, was

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