„aikido aktuell“ – Informationsschrift für Aikido in Deutschland Inhaltsverzeichnis Leitartikel Aikido-Herkunftsland Japan: hohe Lebenserwartung, „Präventionszwang“ .................... 3 Magazin 50 Jahre Do .................................................................................................................... 4 Nicht nur vorbeugen, sondern auch heilen? ................................................................... 5 Planung einer Aikido-Übungsstunde (3. Teil) ................................................................. 8 Ein Lehrgang der etwas anderen Art ............................................................................... 18 Gute Vorsätze fürs neue Jahr .......................................................................................... 20 Dan-Vorbereitungslehrgang des AVBY ........................................................................... 20 Meister Klaus Chudziak in Nauheim ................................................................................ 21 Bundeslehrgang Aikido und Langlauftraining .................................................................. 22 Landeslehrgang des AVNRW in Münster-Wolbeck ......................................................... 24 Aikido-Bundeslehrgang in Reutlingen .............................................................................. 24 Das stand in der Informationszeitschrift „aikido aktuell“ ................................................... 27 Aikido-Kids Aikido-Christkindleslehrgang 2004 .................................................................................. 28 Erstes Dreikönigstreffen .................................................................................................. 29 Aikidokids-Rätsel ............................................................................................................. 30 Forum Nachruf für Jacqueline Nocquet ...................................................................................... 31 Überschätztes Medium Internet ....................................................................................... 31 Weiterbildung zur Budopädagogin / zum Budopädagogen ............................................. 32 Bücher aktuell .................................................................................................................. 33 Aikido-Telegramm ............................................................................................................ 34 Anschriften aktuell ........................................................................................................... 36 Wichtige Termine ............................................................................................................. 36 Daten und Fakten Top Twenty ...................................................................................................................... 37 Einl. zum BL des DAB am 30.04./01.05.2005 in Mörfelden ............................................. 38 Einl. zum Internat. Aikido-Pfingstlehrgang vom 14. – 16. Mai 2005 in Böhmenkirch ....... 38 Einl. zum BL des DAB am 25./26.Juni 2005 in Nürnberg ................................................ 39 Einl. zum BL I 02. – 09. Juli 2005 im LZ HZH/Schwarzwald ........................................... 40 Einl. zum BL II 09. – 16. Juli 2005 im LZ HZH/Schwarzwald ........................................... 42 Lehrgangsplan AVBB 2005 ............................................................................................. 43 Ergänzung zum Lehrgangsplan AVBW 2005 .................................................................. 44 Lehrgangsplan AVHH 2005 ............................................................................................. 44 Nati’s Aikidorätsel ............................................................................................................ 46 Japan – Land der Tradition auf einem modernen DO ..................................................... 47 Titelbild: Samurai-Statue an der Tempel-Anlage um das Grabmal zu Ehren des ersten großen Tokugawa-Shoguns Tokugawa Ieyasu (1543 – 1616) in Nikko, Japan. 2 aikido aktuell 2/2005 www.aikido-bund.de Leitartikel Aikido-Herkunftsland Japan: hohe Lebenserwartung, „Präventionszwang“ Liebe Aikidoka, gesundheitsorientierte Konzept als Prob- meine Japanreise im Februar brachte lem für das Selbstverständnis von Aikido eine Menge positiver Begegnungen und als Kampfkunst sehen. viele Anregungen. Besonders eindrücklich Dies kann jeder sich selbst und anderen die Tatsache, wie Japan als Land mit der nach einer analytischen Zeitreise widerle- aktuell vermutlich höchsten Lebenserwar- gen, bei der man sich auf einer quasi abs- tung, jedenfalls einer deutlich höheren als trakten Ebene einige Jahrzehnte in die Zu- Deutschland, trotz Budo und sonstigen kunft begibt. So fällt es einem leichter, Ge- Bewegungs- und Entspannungsmöglich- danken um die eigene Jugendlichkeit oder keiten wie heißen Thermen viele Stress- einen aktuell eingeengten Blickwinkel hin- elemente beheimatet, man denke nur an ter sich zu lassen. Dann ist die Erkenntnis das von Enge und einer Unmenge von nahe liegend, dass ausschließlich „hartes“ Menschen dominierte Tokyo. Interessant Arbeiten auf der Matte nicht das Ziel einer ist der derzeit in den Dojos anzutreffende effektiven Kampfkunst sein kann. Bezogen Anteil von Ausländern; Japanerinnen und auf die eigene Gesundheit und die Mög- Japaner scheinen sich etwas von ihrer lichkeit, bis ins hohe Alter Aikido machen Kampfkunst-Vergangenheit zu entfernen. zu können, erweist sich das präventive Der (E-)Kommerz dominiert. Umgehen mit dem Halte- und Bewegungs- Gerade bei Aikido ist auch in Japan, apparat, also z. B. Knien, Hüften und Wir- seinem Herkunftsland, die Entwicklung in belsäule, und natürlich auch dem Herz- Richtung Überalterung nicht zu verkennen Kreislauf-System als wichtig, wobei die Er- und auf den Aikidomatten trainieren mit- gänzung um eine Ausdauersportart wie unter Menschen, die im Alltag einen Stock Radfahren oder Schwimmen für Aikidoka zum Gehen benötigen. empfehlenswert ist (siehe auch mein Leit- In Deutschland ist die Möglichkeit des artikel im letzten aa). Deutschen Aikido-Bundes, das Qualitäts- Zurück in die Gegenwart: Unter diesen siegel SPORT PRO GESUNDHEIT seit Voraussetzungen kann sich Aikido einen Jahresbeginn 2005 vergeben zu dürfen, ein weiterhin großen Zulauf sichern, der weder von allen Seiten hervorgehobenes Privileg, die demographische Entwicklung mit einer das seine Mitglieder für sich nutzen können für alle, die diese Ausgabe von aikido aktu- und das die Krankenkassen anerkennen. ell lesen, noch deutlich höheren Lebens- Andere, weit größere Fachverbände fragen erwartung als die sonst für Deutschland mich immer wieder, wie wir dazu kamen. genannte von 80 +/- X Jahren (da die Kurze Antwort: mit großer, langjähriger An- Mortalitätsrisiken der Säuglinge und Klein- strengung und Kompetenz. Die Qualität kinder, vielleicht auch die Hauptjahre des des zu Grunde liegenden Programms Herzinfarkts und evtl. die der Krebserkran- G.U.T.-DO wird stets herausgestellt. kungen schon hinter einem liegen) zu Es gibt wohl einige Aikidoka, die dieses scheuen braucht noch die Aikido-Alterspy- www.aikido-bund.de aikido aktuell 2/2005 3 „aikido aktuell“ – Informationsschrift für Aikido in Deutschland ramide mit einer derzeit übergroßen Anzahl wir aber die Grundlagen dafür im Aikido an bald nicht mehr so vielzählig vorhande- kennen, lassen sie sich womöglich in unse- nen Kindern und Jugendlichen. rem Training ausschließen. Wir sind je- Bis zum Jahresbeginn 2005 war der denfalls sensibilisiert für Gefahren und Ge- Sportverein als Lebensfeld im Entwurf für genstrategien – und dies ist auch sonst das ein Präventionsgesetz gar nicht aufgeführt. Konzept von Kampfkunst. Hoffentlich sind ALLE Aikidoka den Politi- Ich bin immer für euch ansprechbar! kern und Verwaltungsfachleuten, welche Eure die Sinnhaftigkeit von Sport als Mittel der Prävention nun erst erkannten, um einiges voraus. Wenn ich mir also anschaue, dass am Dr. Barbara Oettinger, Stock gehende Aikidoka in Japan versu- DAB-Präsidentin chen, täglich zum Training ins Hombu-Dojo zu kommen, wenngleich dies Tag für Tag schwerer fällt (Aikidoka mit Rücken-, Knie-, Handgelenksproblemen usw. sind auch in 50 Jahre Deutschland leicht zu finden), dann erwarte ich von uns allen, dass wir uns mit dem Präventions-Thema intensiv befassen – ganz toll fände ich, wenn einige noch für Dass der so genannte Weg, wie wir alle dieses Jahr ins Auge fassen, die Übungs- wissen, durchaus als sehr langwierig zu leiter-Ausbildung „Sport in der Prävention“ bezeichnen ist, wird durch die Tatsache zu machen, vielleicht dann auch den Ein- belegt, dass zwei Aikidoka des KSV Herne führungskurs „G.U.T.-Do“ zu besuchen. 1920 e. V. diesen Weg seit nun mittlerweile Damit würde jedenfalls offensichtlich, dass 25 Jahren beschreiten. wir uns nicht damit begnügen, als höherer Der erste im Bunde ist Günter Urban, Meister oder höhere Meisterin bald nur seit Januar 1980 im KSV und seitdem von noch Training zu geben und nicht mehr der Matte nicht mehr wegzudenken. Günter mitzutrainieren (da wir dies durch unser (1. Dan) war der erste Schüler von Trainer bisheriges evtl. ausschließlich kraft- und Horst Glowinski, der die Dan-Prüfung ab- wenig präventionsorientiertes Martial-Arts- legte. Das jahrelang trainierte und gelebte Üben nicht mehr vermögen). Aikido hat einen hohen Stellenwert in sei- Verletzungen und Verschleißerschei- nem Leben. So war es für Günter selbst- nungen können uns alle betreffen. Wenn verständlich, über 10 Jahre als Berater und 4 aikido aktuell 2/2005 www.aikido-bund.de Magazin aktiver Aikidoka am Messestand der Sport- Generation geführt. Die persönlichen Er- und Freizeitmesse „Aktiv-Leben“ in Düs- fahrungen müssen die jungen Aikidoka seldorf teilzunehmen und sogar seinen Ur- aber für sich selbst machen. laub hierfür zu opfern. Auch bei vielen Vorführungen sowie als Lehrer war bzw. ist Heike Mercsak, Günter immer noch ein fester Bestandteil. KSV Herne 1920 e. V. Aber auch hinter den Kulissen ist Günter tätig. Als Mitglied im Vergnügungsaus- schuss der Aikidoabteilung plant und orga- nisiert Günter seither die Aikidofeiern. Der Nicht nur vorbeugen, Kinder- und Jugendgruppe ist er eher als sondern auch heilen? Knecht Ruprecht oder Nikolaus bekannt. Der zweite im Bunde ist Michael Czu- bek. Michael (2. Dan) hatte in den Osterfe- rien, im April 1980, den ersten Kontakt mit Aikido als Gesundheitssport Aikido und trat im Mai dem Verein bei. Mi- In den letzten drei Ausgaben von aikido chael ist einer der wenigen, die aus der aktuell wurde über die Vorbereitungen bzw. damaligen Kindergruppe übrig geblieben die Anerkennung des Aikido als Präventi- sind. Eigentlich kann man sagen, er ist der onssport in Verbindung mit dem Qualitäts- Einzige! Die anderen führte der Weg aus siegel SPORT PRO GESUNDHEIT be- familiären oder beruflichen Gründen nicht richtet. In diesem Zusammenhang wurde mehr ins Herner Dojo. Umso lobenswerter auf die gesundheitsfördernden, also prä- ist es, dass Michael, mittlerweile selbst ventiven Inhalte von ausgewählten aiki- zweifacher Familienvater, seinem Hobby dospezifischen Übungen hingewiesen. Aikido immer noch nachgeht. Auch die Ein weiterer Ansatz, über den ich hier nächste Generation, d. h. seine Kinder, ist berichten möchte, ist, Aikido auch zur Un- auf der Matte tätig. terstützung in der Rehabilitation1 für behin- Der KSV Herne 1920 e. V. wünscht derte Menschen einzusetzen. In diesem beiden Aikidoka, für ihr insgesamt 50-jähri- Anwendungsbereich sammeln wir im TV ges Wirken, alles Gute. Nauheim seit Mitte 2000 praktische Erfah- Gehen wir aber nun zurück zu dem An- rungen. So treffen sich einmal wöchentlich fang eines jeden Weges. Auf dem Foto ist Menschen mit und ohne Behinderung2 aller die Kinder- und Jugendgruppe an einem Altersstufen unter dem Begriff „Aikido ganz normalen Trainingstag zu sehen. light“3 zu einem integrativen Aikidotraining. Diese Anzahl an Kindern ist zweimal die Woche auf unserer Mattenfläche anzutreffen und wird natürlich auch von 1 Rehabilitation fördert und festigt auf Grundlage Horst mitbetreut. Dass wir eine so große von vorhandenen Neigungen und möglichen Fähig- und erfolgreiche Gruppe haben liegt keiten wichtige Kompetenzen, die zur selbstbe- sicherlich hauptsächlich an unserem stimmten Gestaltung eines eigenen Lebensumfeldes Haupttrainer Horst Glowinski sowie an den benötigt werden. vielen aktiven Aikidoka wie unseren Jubila- 2 Unter Behinderung ist jegliche körperliche, ren, für die Aikido nicht nur ein Sport am geistige oder seelische Veränderung zu verstehen, Feierabend, sondern schon längst eine die nicht nur vorübergehend zu Einschränkungen Lebensauffassung geworden ist. führt. Dabei ist es unerheblich, ob die Behinderung Wie die verschiedenen Wege der Kinder auf Krankheit oder Unfall beruht oder ob sie ange- aussehen werden ist nicht zu erkennen, boren ist. das Vorbild des langen Weges schon. 3 „Light“ bedeutet hier nicht etwa, dass auf Auf der Matte wird der oft zitierte Gene- kalorienreduzierter Grundlage trainiert wird, sondern rationenvertrag gelebt. Die nächste Gene- gibt den Hinweis auf einen leichten Zugang zum ration wird durch die Erfahrung der jetzigen Aikido, der die in Folge der Behinderung vorhandene www.aikido-bund.de aikido aktuell 2/2005 5 „aikido aktuell“ – Informationsschrift für Aikido in Deutschland Hauen oder heilen? – Aikido darf kein dass das Training bei richtiger Ausgestal- Rehasport sein! tung der Übungsinhalte auch gesund ist. Alle „Kampfsportarten“ werden als abge- Hier setzen ja bekanntlich die Qualifizie- schlossenes System nicht als Rehasport- rung der Fachübungsleiter und die Quali- angebot durch die Behindertensportver- tätskriterien der oben genannten SPORT- bände zugelassen. Es dürfen lediglich ein- PRO-GESUNDHEIT-/SPORT-PRO-REHA- zelne, nachweislich nicht destruktiv wir- Systeme an – denn nur wer weiß, was ge- kende Übungsinhalte in den Rehasport sund ist, kann innerhalb gesundheitsförder- übernommen werden. Hier bleiben also licher Rahmenbedingungen auch vorbild- auch die gewaltfreien „Do“-Kampfkünste liche Anleitung geben. mit ihren bildenden Inhalten in ihrer Ganz- heit außen vor. Als Alternative kann der Verein dann le- diglich eine Behindertensportgruppe an- melden. Dieser bleibt aber die Möglichkeit verwehrt, ärztlich verordneten Rehasport durchzuführen. Weiterhin kann ein solches Angebot nicht mit dem Qualitätssiegel SPORT PRO REHA ausgezeichnet werden. (SPORT PRO REHA ist ebenso wie SPORT PRO GESUNDHEIT ein Gütesiegel für besonders hochwertige Angebote, die bestimmte Qualitätskriterien nachweislich erfüllen müssen.)4 Es wäre dem guten Ruf des Aikido in der Gesellschaft zuträglich, dass auch hier, wie Führen durch Fühlen“ – eine blinde beim Gesundheitssport ja bereits gesche- Teilnehmerin beim Ausführen des Ude-osae hen, die Fachverbände verstärkt verbands- politische Aufklärungsarbeit leisten. Dies könnte dazu beitragen, dass bei der zu- Bei der Gestaltung einer Übungsstunde künftigen Beurteilung der Kampfkünste für Menschen mit verschiedenen Behinde- hinsichtlich gesundheitsfördernder Aspekte rungsformen kommt noch hinzu, dass wei- auch verstärkt eine inhaltliche Differenzie- tere „Reize“ zur Selbst-, Sozial- und Mate- rung vorgenommen wird. rial-/Umwelterfahrung notwendig sind, um in diesen Bereichen eine gezielte Entwick- Teilnehmerorientierte Gestaltung der lung einleiten zu können. Zielsetzung ist Übungsstunden für Menschen mit Be- hier nicht primär das Erlernen einer Tech- hinderung: nik, sondern die Entwicklung und Weiter- Nun wissen wir alle aus eigener Erfah- entwicklung von individuell ausgewählten rung, dass die Teilnahme am Aikidotraining Kompetenzen. Aikido hat hier die Funktion nicht nur Spaß machen kann, sondern eines „Mediums“ und trägt dazu bei, dass bestimmte, für den Einzelnen wertvolle Bewegungsabläufe und Verhaltensricht- Einschränkung individuell berücksichtigt (siehe auch linien aus der Budophilosophie genutzt Artikel „Domo arigato“ in aikido aktuell 3/2003). werden können. 4 Anmerkung der Redaktion: Die Vergabe von Neben dem Erlernen neuer Bewe- SPORT PRO REHA ist derzeit (Stand Redaktions- gungs-, Verhaltens- und Handlungsmuster schluss 01.03.2005) vom Deutschen Sportbund aus- über Bewegung, Spiel und Techniktraining gesetzt, bis mit dem Deutschen Behindertensport- steht das Kennenlernen des eigenen Kör- verband endgültige Qualitätskriterien vereinbart pers, dessen Belastungs-, aber auch Erho sind. lungsfähigkeit im Mittelpunkt. 6 aikido aktuell 2/2005 www.aikido-bund.de Magazin Hier gilt es, den in seinen Möglichkeiten „Aikido light“ – quo vadis? eingeschränkten Menschen über Körper- „Aikido light“ soll in unserer Abteilung mit wahrnehmungs- und Körperschemaübun- den oben beschriebenen Inhalten zu einem gen für Körpersignale, Belastungs- und/ anerkannten Rehasportangebot für Men- oder Entspannungssituationen zu sensibili- schen mit geistiger Behinderung weiterent- sieren. Damit verbunden ist die Aufgabe, wickelt werden. Auf dieser Grundlage dass er lernen soll, mit sich und seinen könnten nach dem „Modulprinzip“ später Gefühlen besser umgehen zu können. auch Angebote für andere Zielgruppen wie Als psychomotorische Regulationstech- etwa für Menschen mit Einschränkungen niken zur Entspannung werden daher im Stütz- und Bewegungsapparat folgen. Übungen aus dem Qi-Gong und Shiatsu in Bei Erfüllung der festgelegten Kriterien modifizierter Form eingesetzt. wird diesen Offerten auf Antrag das Quali- Die Bewusstmachung dessen, was tätssiegel SPORT PRO REHA verliehen, wann bzw. wie und vor allem warum geübt welches dem Zeitgeist entsprechend den wird, macht den eigentlichen Lern- und Nachweis erbringt, dass es sich hier um ein damit auch Transfer-Effekt auf andere Be- hochwertiges und qualitätsgesichertes An- reiche aus. Der Teilnehmer mit Behinde- gebot handelt. Dies hat auch eine plakative rung soll wissen, warum er etwas tut, und und attraktive Wirkung auf mögliche Inte- die an ihn gestellten Anforderungen sollen ressenten, zumal hier Krankenkassen oder möglichst gut zu ihm passen. Interessensverbände auf die Kompetenz Der therapeutische Anspruch solcher zur Leistungserbringung vertrauend Emp- Aktivitäten ergibt sich aus der Tatsache, fehlungen abgeben können. dass die Inhalte und Programme auf über- Für die praktische Anwendung der Aiki- prüfbarer Planung mit kurz- und langfristi- doprinzipien gibt es ganz offensichtlich ein gen (Teil-)Zielen beruhen. breites Spektrum an Möglichkeiten. Diese Von grundlegender Bedeutung dabei ist, ähneln in ihrer Vielfalt den Möglichkeiten, dass sich der einzelne Mensch in einer die bestehen, um eine geeignete Abwehr- wettbewerbsfreien Atmosphäre gemäß sei- technik für einen Angriff auszuwählen. Hier nen Möglichkeiten entfalten kann. Vorhan- sind dem experimentierfreudigen Anwen- dene Neigungen und Talente können so der kaum Grenzen gesetzt, vorausgesetzt ohne Leistungsdruck im eigenen Tempo er hält sich an die vom Begründer des Ai- weiterentwickelt werden. Damit kann das kido – O Sensei Morihei Uyeshiba – vorge- integrative Aikidotraining einen Beitrag gebenen Prinzipien. dazu leisten, dass die Lebenswelt aller Teilnehmer (mit oder ohne Behinderung) um neue interessante Erfahrungen berei- Reiner Heil, chert wird. TV Nauheim e. V. Tenno-Sport-Anzeige www.aikido-bund.de aikido aktuell 2/2005 7 „aikido aktuell“ – Informationsschrift für Aikido in Deutschland heitsmäßig im Alltag erfolgt. Das Ziel ist ein Körpergefühl, welches auch unterbewusst ausschließlich eine aufrechte Haltung als Planung einer Aikido- „richtig“ akzeptiert. Dafür ist eine gewisse Übungsstunde unter Selbstdisziplin erforderlich, die einen hun- dertfach am Tag „zur Ordnung ruft“. Das Beachtung spezieller dauert zwar schließlich nur noch Sekun- gesundheitsbezogener denbruchteile, muss jedoch bis dahin oft bewusst geübt werden. Aspekte Diese Vorgehensweise ist einem Aiki- doka nicht fremd und insbesondere ein auf- rechter und stabiler Körper sowie dessen (Fortsetzung aus aa 4/2004 der Zulas- Beibehaltung auch unter äußerer Belas- sungsarbeit für die Prüfung zum 5. Dan tung sind ein wichtiges Element jeglicher Aikido von Dr. Thomas Oettinger) Technik. Das Ziel, Elemente und Verhal- tensweisen von der Matte in den Alltag zu übertragen, ist Aikidoka gleichfalls vertraut. Schwerpunkt: Wirbelsäule Daher erweist sich gerade Aikido für die Übernahme einer bewussten präventiven Präventive Maßnahmen im Bereich Wir- Verhaltenweise in das unterbewusste Be- belsäule/Rücken umfassen im Wesent- wegungsrepertoire als besonders geeignet. lichen zwei Schwerpunkte: Der zweite Schwerpunkt betrifft die Mus- Zum einen geht es um die Information kulatur des Rumpfes, die häufig zu der Übungsteilnehmer, welchen Stellenwert schwach ist, um eine dauerhafte Stützung eine dauerhafte aufrechte Haltung für die der Wirbelsäule zu gewährleisten. Eine Gesundheit des Rückens hat. Hierzu gehö- regelmäßige Kräftigung der Rumpfmusku- ren Übungen, wie eine solche Haltung er- latur (also Rücken, Bauch und Seitenberei- reicht werden kann und wie man dies bei che), verbunden mit Dehnungsübungen der sich selbst prüft. Weiterhin muss diese angrenzenden großen Gelenke (Schulter- Selbstüberprüfung regelmäßig angeregt partie und Hüften), steht im Mittelpunkt des werden, damit sie schließlich gewohn- Übens. Inhalte Methoden / Hinweise / Beispiele A Interaktion, Kommunika- Kleine Spiele: Ausdauer, Körperwahrnehmung; u tion f w Funktionsgymnastik weitere Übungen aus dem gymnastischen Bereich: ä Mobilisation: Hals-, Brust-, Lendenwirbelsäule r Dehnung: Hüfte m Kräftigung: Bauch; Rücken e n 8 aikido aktuell 2/2005 www.aikido-bund.de Magazin H Die Auswirkung von be- Körperhaltung im Stehen und Sitzen (Beckenkip- a stimmten (richtigen oder pung, aufrechte Haltung, Konzentration auf ein- u falschen) Körperhaltungen zelne Etagen, Körperhaltung auch bei Bewegun- p auf Wirbelsäule, körper- gen und unter Belastung), dynamisches Sitzen mit t liche Stabilität, Gleich- dem Pezziball üben; t gewicht und Ausdauer e erkennen richtige Körperhaltung und -spannung bei Übun- i gen in Bauchlage / Liegestütz / Vierfüßlerstand; l Ein Gefühl für die jeweils vorhandene Körperhaltung im Liegen den Rückenkontakt mit der Matte entwickeln spüren => wichtig bei Bauchmuskelübungen (auf Hohlkreuz und Beckenkippung achten, Beine stre- Die Gewohnheit erwerben, cken und anziehen, rollen); sich dieses Gefühl im All- tag häufig in Erinnerung zu Partnerübungen zur gleichmäßigen Körperspan- rufen und ggf. die Körper- nung, Haltungskontrolle (Spiegel, falls vorhanden); haltung immer wieder zu korrigieren Rollübungen (Beweglichkeit der Wirbelsäule, Massage der Rückenmuskulatur); wirbelsäulenbelastende und -schonende Haltun- gen und Tätigkeiten, Belastungen im Alltag (richtig und falsch); Grundübungen mit dem Schwerpunkt einer auf- rechten Haltung; Zentrumsübungen (nach verschiedenen Seiten), Analyse des Einflusses der Körperhaltung in Technikelementen (mit entsprechender Übung); Schwerpunkt: konsequentes Anspannen der Bauchmuskulatur bei körperlichen Belastungen und Zentrumseinsatz; Möglichkeiten des Sitzens am Boden (Matte); Zentrumsübungen im tiefen Stand und aus dem Kniesitz (Zaho). A „Aktives Erwachen“: Vorstellen und Durchführen eines morgendlichen u strecken, dehnen, räkeln „Aufstehprogramms“ zur Mobilisierung von Rumpf s und Gliedern. k l a n g www.aikido-bund.de aikido aktuell 2/2005 9 „aikido aktuell“ – Informationsschrift für Aikido in Deutschland Schwerpunkt: Extremitätentraining und falsche Koordination bei neuen Bewe- – Übertragung von Ki gungen, unfunktionelle Übungsausführung, – Die aktive „Pflege“ von Muskeln und Verletzungen, – Gelenken ist ein wichtiger Bestandteil des psychische Verspanntheit. – Trainings, um allgemein leistungsfähig und allseitig beweglich zu bleiben, wobei es Speziell im Aikido bietet die ausrei- neben der Entwicklung/dem Erhalt von chende Beweglichkeit der Gelenke einen Kraft und Gelenkigkeit v. a. auf die Vielfalt Schutz gegen Verletzungen bei Hebeltech- der Bewegungen und auf die beidseitige niken, während eine ausreichende Grund- Ausführung ankommt. Dagegen können spannung der Muskulatur die Vorausset- Auslöser für muskuläre Dysbalancen sein: zung für die korrekte Übertragung von Im- pulsen aus dem Zentrum ist. Neben den einseitige Trainingsbelastung, rein „athletischen“ Übungen zur Förderung – einseitige Kraftentwicklung, von Muskelkraft sind ergänzende Ki-Übun- – unzureichende Regeneration, gen sinnvoll, um den effizienten Einsatz der – mangelhafte Dehn- und Entspan- eigenen körperlichen Möglichkeiten zu trai- – nungsfähigkeit, nieren. Inhalte Methoden / Hinweise / Beispiele A Aufwärmen Kräftigungsübungen der Arm-, Bein- und Rumpf- u muskulatur, z. B. f gymnastische Vorberei- - isometrische Übungen für Arme und Beine (mit w tung Partner), ä - Kniebeugen Rücken an Rücken, r - Sabaki, aus dem Kniestand hochkommend, m Arme mitschwingen (wie Abwehr gg. Yokomen- e uchi), n - im Liegen Bogenspannung zum Rumpf auf- bauen und halten; weitere Übungen aus dem gymnastischen Bereich nach Wahl des Übungsleiters. H Kräftigung und Ausdauer- Gehen in der budospezifischen Form (aufrechter a training der Muskulatur, Gang mit ständigem Bodenkontakt und tiefer Zent- u die für einen festen Stand rumshaltung [ayumi-ashi] -> im Kreis, in Linien- p verantwortlich ist form); t t Übung der Kraftentwick- kleines Wettkampfspiel der ganzen Gruppe in auf- e lung aus dem Zentrum rechter, tiefer Haltung; i statt aus den Armen (Ko- l kyu) Kokyu-Übungen mit Partner (z. B. aus der seitli- chen Grundschule); Aufrechterhalten einer Spannung der Arme bei Übung von Körperspannung, tief gehaltenem Zent- gelöster Grundhaltung rum und Bodenkontakt im Stehen auch gegen äu- 10 aikido aktuell 2/2005 www.aikido-bund.de Magazin (Ki-Fluss) ßere Kräfte (Partner schiebt; er versucht, das Gleichgewicht zu stören); Gleiches im Kniesitz (Halten der Spannung und Stärkung des Ki-Flusses gegen die Kraft des Part- ners, welcher von vorn gegen die Schultern drückt); Führen des Partners bewusst aus dem Zentrum; dabei bauen die Arme einen Spannungsbogen auf, sollen sich aber sonst möglichst wenig bewe- gen (z. B. gegen Umklammern von hinten => den Körper drehen, mit dem Uke spielen, später ab- werfen); einen Spannungsbogen durch Arme und beidsei- tige Tegatana bilden; ein Partner versucht, diesen Bogen zusammenzudrücken; Ki-Übungen wie „unbeugsamer Arm“; Säge-Übung (abwechselnder Ude-osae aus Ai-hanmi, ohne den Griff zu lösen); Randori-Übung mit zwei Partnern (Yokomen-uchi); diese werden nur dadurch geführt, dass Nage mit den Armen einen großen Ring bildet und den Kör- per nach verschiedenen Richtungen dreht. A Konzentration auf Zentrum Partnerübung Ude-osae Irimi und Tenkan, lang- u und Atemfluss same Bewegungsform im Wechsel zwischen Nage s und Uke mit Betonung der entsprechenden At- k mung in jeder Phase; l a Atemübungen. n g Schwerpunkt: Koordinative Geschicklich- keit Koordinative Eigenschaften wie Reakti- arten und gerade im Bereich des Budo von onsgeschwindigkeit, Kontrolle von Bewe- besonderer Bedeutung. Der Unterschied gungen, gleichzeitiges Ausführen mehrerer der koordinativen Fähigkeiten des Gehirns unabhängiger Bewegungen, Rhythmusge- zu den „athletischen“ Eigenschaften des fühl, Orientierungsfähigkeit im Raum, Bewegungssystems (wie Kraft, Ausdauer, Gleichgewichtsschulung ... sind wesentli- Beweglichkeit) sollte auch den Übenden che Elemente für alle „technischen“ Sport- deutlich gemacht werden. www.aikido-bund.de aikido aktuell 2/2005 11
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