Aufstieg und Ausstieg Kirsti Dautzenberg • Doris Fay Patricia Graf (Hrsg.) Aufstieg und Ausstieg Ein geschlechterspezifi scher Blick auf Motive und Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft Herausgeber Dr. Kirsti Dautzenberg Dr. Patricia Graf Berlin, Deutschland Brandenburgische Technische Universität Cottbus, Deutschland Prof. Dr. Doris Fay Universität Potsdam, Deutschland Diese Publikation wird aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und aus dem Europäischen Sozialfonds der Europäischen Union gefördert. ISBN 978-3-531-19708-1 ISBN 978-3-531-19709-8 (eBook) DOI 10.1007/978-3-531-19709-8 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Natio- nalbibliografi e; detaillierte bibliografi sche Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufb ar. Springer VS © Springer Fachmedien Wiesbaden 2013 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zu- stimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Über- setzungen, Mikroverfi lmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in die- sem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu be- trachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürft en. Redaktion: Wolfgang Seifert Lektorat: Dr. Cori Antonia Mackrodt, Katharina Gonsior Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Springer VS ist eine Marke von Springer DE. Springer DE ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.springer-vs.de Vorwort Frauen sind aus dem deutschen Wissenschaftssystem nicht mehr wegzudenken: Mehr als die Hälfte der Studienanfiinger ist weiblich, und Wissenschaft\erinnen sind in allen Forschungsbereichen mit namhaften Beiträgen beteiligt. Nichts destotrotz ist das Berufsfeld nach wie vor stark segregiert. Frauen treten zwar vermehrt in das Wissenschaftssystem ein, aber nur wenigen gelingt dort auch der Aufstieg. Dieses Bild findet sich in den Eiorichtongen deutscher Spitzen forschung, den außerhochschulischen Forschungseinrichtongeo, sogar noch ekla tant zugespitzt. Diese sind in hohem Maße von einem Ungieichgewicht zwischen Mänoem und Frauen in Führungspositionen geprägt (Graf, Dautzenberg, Bütt ner, und Schroid 2011). Dabei könote man doch vermuten, dass Frauen, ausge hend von ihrem hohen Bildungsniveau und dank der zunehmenden Verfügbar keit struktureller Unterstützung (z.B. Coaching- und Mentoringprograoune), beste Chancen auf Führungspositionen haben sollten. Wieso aber finden wir sie dort kaum? Der vorliegende Sammelband strukturiert seine Beiträge entlang dreier Gruppen von Faktoreo, die beruflichen Lautbalmerfolg vorhersagen: WISSEN, was zum Karrieremachen gehört, Karriere machen WOLLEN, und SITUATIONS oder KONTEXTF AKTOREN, die Karrieren befördero oder behindern könoen (dazu Fay und Hüttges in diesem Band). Die einzelnen Beiträge adressieren Fra gen von Karrierewissen und Ausstiegsmotivation, welche durch Interviews mit ,,Aussteigerinoen" ergänzt werden. Eine vertiefte Bearbeitong erfahren in diesem Band die Kontextfaktoreo, unter denen Karrieren stattfinden. Speziell in den Na turwissenschaften sind Forschende oft in projektbezogenen Teams organisiert, welche als Arbeitssituation eine besondere Mischung aus Unterstützung und Konkurrenz darstellen. Des Weiteren werden Forschungseiorichtongen als "Or ganisationen" mit ihren verschiedeneo, mehr oder weniger stark verzalmten Ebe nen unter die Lupe genommen. Die Darstellung eines Teamtrainings, welches im Rahmen des Projekts entwickelt wurde, greift alle drei Faktoren auf. Das ab- 6 Vorwort schließende Kapitel versucht sich in Handlungsempfehlungen für die verschie denen an Forschung und Wissenschaft beteiligten Gruppen. Grundlage des Sammelbandes ist das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und dero Europäischen Sozialfonds (ESF) geförderte Projekt ,,Frauen und ihre Karriereentwicklung in naturwissenschaftlichen For schungsteams" (BMBF-Förderlinie ,,Frauen an die Spitze", Förderbereich "Stra tegien zur Durchsetzung von Chancengleichheit für Frauen in Bildung und For schung"). Die interdisziplinäre Zusammenarbeit an der Universität Potsdam zwischen dem Lehrstuhl für Innovationsmanagement und Entrepreneurship und der Professur für Arbeits- und Organisationspsychologie unter dem Dach des Potsdam Transfer zielte darauf ab, die Hintergrönde geschlechtsspezifischer Kar riereverläufe in der außerhochschulischen naturwissenschaftlichen Forschung aus der Perspektive der dort etablierteo Organisationsstrukturen genauer zu ver stehen. Dazu wurden secha Primärstudien mit qualitativer und quantitativer Me thodik durchgefiihrt (siehe Dautzenberg, Fay, Graf, Hüttges, und Schmid in die sem Band), die die Datengrundlage dieses und eines schon veröffentlichten Sammelbands (Dautzenberg, Fay, und Graf 2011) bilden. Der vorliegende Sammelband wäre ohne zahlreiche helfende Hände und Unterstützung von vielen Seiten nicht möglich gewesen. Wir danken Prof. Dr. Dieter Wagner, Direktor von Potsdam Transfer, für die Übernahme der wissen schaftlichen Leitung des Projekts und für seine Unterstützung der Projektinhalte. Die Verwaltung von Drittmittelprojekten ist stets mit Herausforderungen behaf tet - wir danken Herrn Frank Oertel, Projektassistenz, sich diesen beständig ge stellt zu haben. Ebenso sei Dank an unsere engagierteo Hilfskräfte Linnea An dersson, Anoe Seemano und Bjöm Heinrich gerichtet. Für das Lektorat konaten wir Wolfg ang Seifert gewinoen. Wir danken ihm für seine umsichtige und wissenschaftlich fundierte Betreuung unseres Buches, ohne die dieses Werk zum Projektende nicht zu stemmen gewesen wäre. Unerlässlich für die gewonaenen Einsichten war die Unterstützung vieler Wissenschaftlerinoen und Wissenschaftler sowie Verantwortlicher in Persoual und Verwaltung der außerhochachulischen Forschung, die uns im Rahmen von Interviews, Teamtrainings und Befragungen einen umfangreichen Einblick in die dortige berufliche Situation ermöglichten. Schließlich bedanken wir uns für die kritische und konstruktive Begleitung und den Dialog mit der Praxis bei unserem Projektbeirat, Prof. Dr. Ulrike Busal!, Astrid Gussenstätter, Prof. Dr. Birgit Kamm, Dr. Bärbel Kerber, Prof. Dr. Car men Leicht-Schalten, Prof. Dr. Inken Lind sowie Dr. Alexander Rudloff. Ein Vorwort 7 weiterer Schritt zur Verbreitung der Projektergebnisse fand durch die Abschluss tagung des Projekts im September 2012 statt. Wir danken den Referentinnen Dr. Hildegard Matthies und Sabine Korek, unseren Diskutantinnen Ellen Hilf und Prof. Dr. Inken Lind sowie den Mitgliedern des Podiums Ministeria1rätin Christina Hadulla-Kuhlmann, Dr. Katharina Marquardt und Barbara Schrul. Ihnen sei ebenso gedaokt wie den zah1reichen Gästen aus Wissenschaft, Politik und Wirtschaft, die durch ihre konstruktiven Kommentare und Beiträge unseren Blickwinkel nochmals geschärft haben. Potsdam Kirsti Dautzenberg, Doris Fay und Patricia Graf Inhalt Vorwort ................................................................................................................. 5 Dons Fay / AnneU HüUges P=f[KSAxMx S] ........................................................................................... 11 Kirsti Dautzenberg / Doris Fay / Patricia Graf/ AnneU Hüttges / Sylvia Schmid Das Projekt ,,Frauen und ihre Karriereentwicktung in naturwissenschaftlichen Forschungsteams" und seine Studien .......................... 21 Dons F ay / Annett HüUges / Patricia Graf Wissen um Aufstiegskriterien - Worauf kommt es für den Aufstieg in den Naturwissenschaften wirklich an? ........................................................... 27 Annett HüUges / Dons Fay Ausstieg aus der Wissenschaft - eine Frage fehlender weiblicher Motivation? ......................................................................................................... 43 Bärbel Kerber Interviews ........................................................................................................... 55 Patricia Graf/ Judith Reißner / Sylvia Schmid Wenn mein Team erfolgreich ist, bin ich es auch? Zum Zusammenhang zwischen Teamerfolg und individuellem Erfolg von Wissenschaftlerinnen ....... 67 Patricia Graf/ Judith Reißner Vereinbarkeit von Beruf und Familie in der außerhochschulischen Forschung - Gender-Excellence oder bloßer irnagefaktor? ................................ 95 10 Inhalt Patricia Graf/ Judith Reißner Geschlechterdynamiken von Drittmittelkarrieren - Der Einfluss zunehmender Drittmittelfinanzierung auf die Interaktion in Forschungsteams ............................................................................................... 119 Annett Hüttges Teamkompetenzen fiir wissenschaftliche Forschungsteams - Konzeption und erste Evaluation eines Teamentwicklungstrainings mit Laufbahnbezug im Wissenschaftskontext .................................................. 141 Dons Fay / Patricia Graf/ Annett Hüttges / Judith Reißner Handlungsempfehlungen zur Gestaltung chancengerechter Wissenschaftskarrieren - Wer kann wo und wie ansetzen? .............................. 155 Die Autorinnen ................................................................................................. 165 Literaturverzeichnis .......................................................................................... 167 P = f [KSA x M x S] Doris Fay / Annett Hüttges Es sind vermutlich eher Mathematikbücher, die sich den Einstieg mit einer For mel erlauben. Obwohl dies kein naturwissenschaftliches Buch ist, sondern eines über Naturwissenschaften, gehen wir diesen Weg, um unsere Zielstellung zu il lustrieren. Anliegen dieses Buches ist, einen Beitrag zur Erklärung geschlechter differenter Berufs- und Karriereverläufe zu liefern. Die auf John Campbell und Kollegen zurückgehende Formel zu beruflicher Leistung erlaubt es, die zahl reichen Faktoren, die den potentiellen beruflichen Aufstieg von Nachwuchs wissenschaftierinnen und Nachwuchswissenschaftlern beeinflussen, geordnet darzustellen (Campbell et al. 1993). Nach Campbell ist berufliches Leistungsverhalten (P = ,,Performance") eine Funktion dreier Determinanten: erstens der KSA = ,,Knowldege, Skills, Abilities" - also dem Wissen, der Fertigkeiten und Fähigkeiten; zweitens der Motivation (M), ein Leistungsverhalten zu zeigen; und drittens eine Funktion der situationa len Gegebenheiten (S), die das Zeigen des Leistungsverhaltens mehr oder weni ger stark begünstigen können. Die Leistung einer Technikerin beispielsweise, die den Auftrag hat, einen Kopierer beim Kunden zu reparieren, ist nach dieser For mel determiniert durch ihr Wissen über Aufbau und Funktionsweise des spezi fischen Kopierers, ihren Fertigkeiten und Fähigkeiten, dieses Wissen in der Reparatur zur Anwendung zu bringen (KSA); ihrer Motivation, den Kopierer zu reparieren (statt zu versuchen, dem Kunden einen neuen Kopierer zu verkaufen); und letztlich bestimmt durch situationale Gegebenheiten wie der Verfiigbarkeit von Werkzeugen und Ersatzteilen. Die drei Determinanten - KSAIM/S - sind multiplikativ miteinander verknüpft, so dass das Leistungsverhalten ausbleibt, sobald einer der Faktoren gen Null tendiert: Wenn die Technikerin zwar wüsste, wie der Kopierer zu reparieren wäre, sie aber nicht motiviert ist, dies zu tun, dann wird die gewünschte Leistung nicht zustandekommen. K. Dautzenberg et al. (Hrsg.), Aufstieg und Ausstieg, DOI 10.1007/978-3-531-19709-8_1, © Springer Fachmedien Wiesbaden 2013