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Aufklärung — Projekt der Vernunft PDF

160 Pages·1998·9.436 MB·German
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Jürgen Jahnke (Hrsg.) ·Aufklärung-Projekt der Vernunft Schriftenreihe der Pädagogischen Hochschule Freiburg Band 11 Herausgegeben vom Rektor Aufklärung - Projekt der Vernunft Herausgegeben von Jürgen Jahnke Centaurus Verlag & Media UG 1998 Wissenschaftlicher Beirat der Schriftenreihe: Hartwig Haubrich (Vorsitzender), Michael Klant, Holger Rudloff, Wolfgang Schwark Gedruckt mit Unterstützung der Vereinigung der Freunde der Pädagogischen Hochschule Freiburg e. V. Die Deutsche Bibliothek-CIP-Einheitsaufnahme Aufklärung-Projekt der Vernunft / Jürgen Jahnke (Hg.). Pfaffenweiler: Centaurus Verl.-Ges., 1998 (Schriftenreihe der Pädagogischen Hochschule Freiburg; Bd. 11) ISBN 978-3-8255-0235-5 ISBN 978-3-86226-864-1 (eBook) DOI 10.1007/978-3-86226-864-1 ISSN 0177-2805 Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfaltigt oder verbreitet werden. © CENTAURUS-Verlagsgesellschaft mit beschränkter Hajiung, Pfaffemveiler 1998 Umschlagabbildung nach Jean Antoine Nollet: Versuch einer Abhandlung von der Electricität der Körper. Erfurt 1749. Gestaltung: Michael Klant Satz: Anja Schüler und Margot Danneufeld Inhalt Jürgen Jahnke Einleitung 7 Reinhard Wunderlich Theologie in der Aufklärung -Geschichtlicher Rückblick mit postmodernem Ausblick 15 Adalbert Wiehert "Menschliche Sprache" -ein Anliegen der deutschen Literatur im 18. Jahrhundert 31 Gerhard H ebbeker "Alle Aufklärung ist nie Zweck, sondern immer Mittel, wird sie jenes, so ists Zeichen, daß sie aufgehört hat, dieses zu seyn" (J.G. Herder) 61 Horst Schiffler Zur Rhetorik von Titelseiten und lllustrationen pädagogischer Schriften aus dem Geiste der Aufklärung 74 Hannsdieter Wohlfarth Die Auswirkungen des Aufklärungsdenkens auf die Musik des 18. Jahrhunderts 101 Jürgen Jahnke Georg Christoph Lichtenbergs Aufklärung durch Experiment, Taschenkalender und Sudelbuch 113 Wolfgang Hug Spätaufklärung in Freiburg 137 Hermann J. Forneck Allgemeine Bildung unter Bedingungen radikaler Pluralität 149 Zu den Autoren 167 Einleitung Das Widerspiel von Aufklärung und Gegenaufklärung läßt sich in der europäi schen Geschichte von den Anfängen bis heute beobachten (vgl. Schmidt 1989). Aufklärung kann in diesem Sinne als ein Schlüsselproblem der Menschheitsent wicklung angesehen werden. Dennoch ist es geläufiger, mit dem Terminus Aufklärung eine bestimmte geschichtliche Epoche zu verbinden, die sich in Europa in vielfältigen Strömungen als Sieeie des lumieres, als Age of Enlighten ment und- in Deutschland-als Zeitalter der Aufklärung zeigt und sich etwa mit dem 18. Jahrhundert deckt. Die Einheit der vielfältigen Denkbemühungen, die zunächst unter "Aufklärung" zu verstehen sind, besteht nach Kondylis ( 1986, S.20) weniger in den Antworten, als in den gemeinsamen Fragen. Die neuere Aufklärungsforschung betont bei aller Gemeinsamkeit erhebliche nationale Dif ferenzen, etwa zwischen Frankreich, England und Deutschland (Ciarfardone 1990, S. 12f.; Porter 1991, S. 67f.). Aber selbst, wenn man sich auf die Geschichte der deutschen Aufklärung beschränkt, lassen sich allenfalls Gemeinsamkeiten des Fragens, und zugleich eine intensive Diskussion um die" wahre" Aufklärung feststellen (Schneiders 1974). Max Wundt empfahl, "aus jenem Namen (Auf klärung, J.J.) zunächst gar nichts über den Gehalt zu folgern. Man kann ihn vielleicht schwer entbehren, da ein anderer nicht zur Verfügung steht. ( ... ) Jedenfalls handelt es sich um eine von mannigfaltigen und zum Teil scharf entgegengesetzten Bewegungen durchzogene Zeit" (Wundt 1945, S. 2). Es handelt sich weniger um eine systematische, einheitliche Welt- und Selbstsicht, die uns als "aufgeklärtes Denken" entgegentritt, sondern um verschiedenartige Bemühungen um gemeinsame Probleme. Bei näherem Hinsehen läßt sich Auf klärung im 18. Jahrhundert keineswegs so einfach und eindeutig beschreiben, wie es zeitgenössische und nachgeborene Kritiker immer wieder getan haben. Die historische Aufklärung in Deutschland läßt sich weder mit einseitigem Intellektualismus oder Materialismus, noch mit sensualistischem Empirismus gleichsetzen, sie ist zum Beispiel keineswegs durchgängig areligiös, ja, ihre Zielsetzungen verbünden sich anfangs mit denen des gleichzeitigen Pietismus. Aufklärung, als Versuch der Entzauberung der Welt, der Klärung dunkler Vorstellungen verbindet sich - nicht selten durch dieselben Personen - mit Geheimnis und Mystifizierung durch die Gründung von Freimaurerorden und geheimen Gesellschaften (Reinalter 1982). Die historische Aufklärung ist ohne ihre "dunkle" Seite, ohne ihre esoterischen Komponenten und ohne ihre Gegner nicht angemessen zu verstehen (vgl. Weiß und Albrecht 1997). Trotz dieser widersprüchlichen und spannungsvollen Tendenzen der Aufklärung lassen sich 7 gemeinsame Probleme, Fragen und Ideen ausmachen: "Lebensgestaltung aus der Kraft der Gedanken'' ist nach Rudolf Vierhaus "im allgemeinsten Sinne die Intention aufgeklärten Denkensund Handelns" (Vierhaus 1995, S. 7) Für Pana jotis Kondylis ergeben sich aus der "Rehabilitation der Sinnlichkeit" (1986, S. 19) im Zuge der "Aufwertung der Natur" (S. 59f.) und des "Primats der Anthropologie" (S. 119f.) die dringlichsten Fragen für die Aufklärung. Diese Fragen beziehen sich etwa auf das Verhältnis von Intellekt und Gefühl, auf die Vereinbarkeil von Vernunft und Religion, von Naturrecht und Herrschaft. Das Spannungsfeld zwischen dem Möglichen und dem Tatsächlichen macht nach Schmidt-Biggemann zudem eine Zweideutigkeit des Begriffs "Aufklä rung" aus: Einerseits "ist Aufklärung ein Anspruch, eine Norm, ein zukunftsori entiertes Programm fürs Mögliche und Wünschbare, das noch nicht zu Ende gekommen ist", andererseits "ist Aufklärung mit dem Pathos verbunden, Ein sicht, und zwar vorurteilsfrei, in die Sachverhalte, die 'Tatsachen', zu bekom men" (Schmidt-Biggemann 1988, S. 7). Beides heißt "Aufklärung", ist aber unvereinbar miteinander und bedingt die Widersprüchlichkeil der Epoche. Norbert Hinske hat versucht, "die tragenden Grundideen der deul'>chen Auf klärung" typologisch zu ordnen ( 1990, S. 407f.). Er unterscheidet: - "Programmideen'', wie "Aufklärung" (im eigentlichen Sinne von Klärung, Verdeutlichung, ErheBung), "Eklektik" (Prinzip des prüfenden Auswählens), "Selbstdenken" und "Mündigkeit" (freies, eigenständiges, autoritätskriti sches Denken). Zu den Programmideen wird weiterhin der Gedanke der "Perfectibilität" gerechnet (die Überzeugung von der Möglichkeit fortschrei tender Vervollkommnung des Menschen). - "Kampfideen", d.h. Kampf gegen "dunkle und verworrene Vorstellungen"; gegen "Vorurteile'·, "Aberglauben" und "Schwärmerei". - Als "Basisideen" bezeichnet Hinske schließlich die Idee von der "Bestim mung des Menschen" und die von der "Allgemeinen Menschenvt:!llunft". - Daraus "abgeleitet" werden letztlich die praktischen Ideen von "Offentlich keit'', "Pressefreiheit'', "Unparteilichkeit", "Liberalität" und "Toleranz". Untersucht man einzelne Stellungnahmen zu diesen Grundideen, so zeigt sich, daß sie alle Gegenstände von Kontroversen sind und daß die entsprechenden Diskurse das eigentlich Kennzeichnende der Aufklärung sind. Der Substantivbegriff "Aufkläru,.g" in umfassender Bedeutung ist im deut schen Sprachgebrauch erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts nachweis bar-jedoch noch lange nicht als Epochenbezeichnung (vgl. Pütz 1991, S. llf.). Als Immanuel Kant die Frage "Was ist Aufklärung?" im Dezember 1784 in der "Berlinischen Monatsschrift" mit der vielzitierten Definition beantwortete: "Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit", war der Begriff Aufklärung allerdings längst zu einem Mode wort geworden, das gerade wegen seiner Abgegriffenheil nach einer Klärung 8 fragen ließ. In der Diskussion um den Aufklärungsbegriff in der "Berlinischen Monatsschrift" wird allerdings nicht nur Fortschrittsoptimismus und "Beförde rung der Humanität" (Herder) mit den Bestrebungen der Aufklärung verbunden, sondern es werden auch Gefahren falscher und "verderbter" Aufklärung (M. Mendelssohn) gesehen (Bahr 197 4; Hinske 1990). Fünf Jahre später erschütterte die .. Französische Revolution Europa; hier wur den die Ideen von "Mündigkeit", "Offentlichkeit", "Freiheit", "Menschenrech ten", "Toleranz" und "allgemeiner Menschenvernunft" plötzlich politisch wirk sam,-um dann 1793 mit der Hinrichtung des Königs und dem folgenden Terror die schreckliche Kehrseite zu zeigen. Seither ist Aufklärung ein Begriff, der die Geister scheidet. Für viele ist das Programm der Aufklärung zur Besserung ("Perfection, Vervollkommnung, Humanisierung") des mündigen und vernünf tigen Menschen für immer gescheitert: Aufklärung bekämpfe in Irrtum und Aberglauben zugleich auch Offenbarung und Glauben, durch die Verabsolutie rung von Rationalität, Nützlichkeit und Technik mache sie blind gegenüber neuen Abhängigkeiten und Zwängen. Folgenreich für die Beurteilung von Aufklärung war das Buch "Dialektik der Aufklärung" (zuerst 1947), von Max Horkheimer und Theodor W. Adorno, das nach der traumatischen Erfahrung der Nazi-Diktatur die Herrschaft instrumen teHer Vernunft fürdie totalitäre Barbarei verantwortlich machte. Daß der Begriff von Aufklärung, wie er bei Horkheimer und Adorno verwendet wird, sich nicht mit der historischen Epoche gleichsetzen läßt und in dieser Hinsicht historisch kaum haltbar ist, geht schon daraus hervor, daß außer de Sade und Kant kein Autor des 18. Jahrhunderts rezipiert wird. So wird etwa die Vernunft als ziellos (S. 81 ), und als beliebig instrumentalisierbar charakterisiert, die differenzierte historische Diskussion, z.B. um die "Bestimmung des Menschen" (Spalding 1748f.) wird dabei ignoriert. Der Historiker Robert Damton setzt sich mit den Vorwürfen von Horkheimer und Adorno, sowie mit denen aus der Perspektive der Postmodeme gegen die Aufklärung auseinander und weiß gute Gründe dafür beizubringen, daß diese Vorwürfe der historischen Aufklärung nicht gerecht werden (Damton 1996, S. 13f.). Die Aufklärung erweist sich bei näherem Hinsehen als eine selbstreflexive, kommunikative und in Ansätzen auch plura listische Bewegung, "das wichtigste Bollwerk gegen die Barbarei ( ... ), der Horkheimer und Adomo doch entgegentreten wollten" (Darnton 1996, S. 17). Inzwischen beteiligts ich die historische Aufklärungsforschung durchaus an der Modeme- und Postmoderne-Diskussion (vgl. Pütz 1991; Conrady 1995; Zim mermann, 1997). Vertreter der Postmoderne verstehen diese ihrerseits nicht selten als "kritische Prüfung" des Denkens der Aufklärung (Lyotard) und bekennen, daß man sich "dem Erbe der Aufklärung nicht entziehen", und "auf die Aufklärung nicht verzichten" könne (Derrida, zit. nach Pütz 1991, S. 184). Nach der Ablösung des Aufklärungsdenkens durch Romantik, spekulative Phi losophie, politische Restauration und Nationalismus im 19. Jahrhundert und nach 9 Perioden des irrationalen Totalitarismus und angesichts der Irritationen der modernen Risikogesellschaft mit ihren irrationalen und esoterischen Fluchtwe gen dürfte es heute ebenso heilsam wie erfrischend sein, sich mit einer Zeit auseinanderzusetzen, die uns nach wie vor vieles zu sagen hat und deren Leitideen unser gesellschaftliches Leben viel stärker geprägt haben, als wir es uns gewöhnlich klarmachen. Gehen doch viele Selbstverständlichkeiten unserer Demokratie auf Impulse aus dem 18. Jahrhundert zurück. Die Kontroversen um Sinn, Möglichkeiten und Grenzen von Aufklärung sind keineswegs entschieden, sondern müssen für jede Zeit neu diskutiert werden; historische Rückschau verspricht dabei nicht nur museal-nostalgischen Kulturgenuß, sondern auch Einsichten für die Gegenwart. Daß diese Epoche nicht abgeschlossen ist und daß ihre Fragen und Impulse nicht nur historisches Interesse verdienen, zeigt sich darin, daß das Interesse an dieser Zeit sich selten so nachdrücklich artikulierte wie heute. Mehr als 8.400 Mitglieder zählte 1995 die "International Society for Eighteenth-Century Studies". Wissenschaftliche Vereinigungen, Forschungszentren und das um fangreiche Schrifttum dokumentieren dieses Interesse ebenso, wie die ver stärkte Auseinandersetzung mit den historischen Wurzeln der sich in dieser Zeit formierenden empirischen Wissenschaften vom Menschen (Anthropolo gie, Psychologie, Pädagogik, Aesthetik), sowie mit Kunst und Literatur des 18. Jahrhunderts. Angesichts der ausufernden Literaturfülle zum Thema Aufklärung ist zu fragen, wodurch ein interdisziplinärer Sammelband wie der hier vorgelegte ein allgemeines Interesse beanspruchen könnte, zumal die ausgewählten The menaspekte alles andere als repräsentativ-erschöpfend für das Thema Aufklä rung - Projekt der Vernunft sind. Die Autoren sind jedoch der Meinung, daß gerade durch die teils ungewöhnlichen, teils auf den ersten Blick vielleicht nebensächlichen, mehr oder weniger exemplarischen oder bloß lokalen Aspekte sich die umfassende Dimension aufklärerischen Denkens und Handeins beson ders konkret und sinnfällig aufzeigen läßt. So hat der Band mit seinen einzelnen Beiträgen selbst aufklärerische Ziele: - "Das Wort 'Aufklärung' (taucht) zuerst im Umkreis der Theologie auf' (Pütz 1991, S. 12) und viele der Protagonisten der deutschen Aufklärung waren Theologen. Reinhard Wunderlich beleuchtet in seinem Beitrag die kritische Auseinandersetzung der Aufklärung mit theologischen Problemen. Die Fra gen nach der Möglichkeit eines "aufgeklärten Christentums" und nach einer vernunftgemäßen Prüfung von Offenbarung und Überlieferung waren zentra le Anliegen der Aufklärung. - Aufklärung geschieht durch Sprache, Wort und Schrift; das 18. ist ein Jahr hundert intensiver und ausgedehnter sprachlicher Kommunikation in Bü chern, Zeitschriften und Briefen. Die deutsche Literatur der Zeit setzt sich 10

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