Aufgaben und Beispiele zur Wirtschaftsmathematik Herbert Vogt, *1940, Dr.rer.nat.habil., apl.Prof.; Studium Mathe matik, Physik, Wirtschaftswissenschaften 1959-65 in Wtirzburg. Akad. Direktor am Institut fur Angew. Math. und Statistik der Universitat Wtirzburg. Vorlesungen tiber Statistik, Stochastische Prozesse und Biomathematik; Dbungen zur Mathematik fur Wirt schaftswissenschaftler. Herbert Vogt Aufgaben und Beispiele zur Wirtschafts mathematik Zweite, durchgesehene Auflage Physica-Verlag Heidelberg Professor Dr. Herbert Vogt Institut fUr Angewandte Mathematik und Statistik, Universitiit Wiirzburg Sanderring 2, D-8700 Wiirzburg ISBN-13:978-3-7908-0394-5 Physica-Verlag Heidelberg elP-Titelaufnahme der Deutschen Bihliothek Vogi, Herbert: Aufgaben und Beispiele zur Wirtschaftsmathematik / Herbert Vogt. - 2., durchges. Aufi. - Heidelberg: Physica-Verl., 1988 (Physica-Paperback) ISBN-13:978-3-7908-0394-5 e-ISBN-13:978-3-642-61393-7 DOl: 10.1007/978-3-642-61393-7 Dieses Werk ist urheberrechtlich geschiitzt. Die dadurch begriindeten Rechte, insbe sondere die der Obersetzung, des Nachdruckes, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendungen, der Mikroverfilmung oder der Ver vielfBltigung auf anderen Wegen und der Speicherung in DatenverarbeitungsanIagen, bleiben, aueh bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine VervielfaItigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzliehen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der BundesrepubJik Deutschland vom 9. September 1965 in der Fassung vom 24. Juni 1985 zulissig. Sie ist grundslitzlich vergiitungspfliehtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmun gen des Urheberrechtsgesetzes. © Physica-Verlag Heidelberg 1976,1988 Die Wiedergabe von Gebrauehsnamen, HandeIsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk bereehtigt aueh ohne hesondere Kennzeiehnung nieht zu der Annahme, daB solehe Namen im Sinne der Warenzeiehen- und Markenschutz-Gesetzgebung a\s frei zu betraehten wliren und daher von jedermann benutzt werden diirften. 7120n130-5432 Vorwort Diese Aufgabensammlung solI Studierenden der Wirtschaftswissenschaften hel fen, ihre in Vorlesungen erworbenen mathematischen Kenntnisse zu kontrol Heren, zu vertiefen und auf wichtige Teilgebiete ihres Faches anzuwenden. An manchen Universitiiten finden die Dbungen zur Mathematik flir Wirtschafswis senschaftler auch heute noch in der Weise statt, dafl. ein Angehoriger des Lehr korpers vor einigen hundert Zuhorern vorrechnet. Studenten, denen klar wird, dafl. ihre eigene Tatigkeit dabei zu kurz kommt, bilden dann spontane Arbeits gruppen. Ich habe solchen Arbeitsgruppen oft Klausuraufgaben aus friiheren Jahren oder andere Aufgaben als Dbungsmaterial zur Verfligung gestellt. In vielen Fillen wurde ich dann gebeten, Losungsversuche zu beurteilen, Textaufgaben niiher zu erklaren oder in kleinerem Kreis etwas ausflihrlich vorzurechnen, was ich wiihrend der regularen Obungen nur hatte andeuten konnen. Die bei solchen Gelegenheiten gewonnenen Erfahrungen und auch die freundliche Aufnahme, die meine "Einflihrung in die Wirtschaftsmathematik" gefunden hat, haben mich ermutigt, diese kleine Samm1ung zusarnmenzustellen. Sie ist zwanglos nach mathematischen Begriffen oder auch nach Anwendungsgebie ten gegliedert, was bei einem Lehrbuch nicht so gut moglich ware. Bei den Aufgaben sind drei Typen zu unterscheiden: 1. Reine Rechenaufgaben zur Wiederholung von Begriffen und Rechenverfah ren 2. Textaufgaben, die den Sinn mathematischer Ansiitze in verschiedenen wirtschaftlichen Bereichen deutlich machen und Gelegenheit geben, das Anwenden mathematischer Kenntnisse zu liben. Solche Aufgaben werden hiiufig durch erlauternden Text vorbereitet oder miteinander verbunden 3. Zur "Auflockerung" Fragen mit richtigen und falschen Antworten. Ein ,,moderner Anstrich" oder eine Belustigung liber die sog. "programmierte Unterweisung" ist damit nicht beabsichtigt. Bei der "Einftihrung in die Wirtschaftsmathematik" war es meine Absicht, den Anfanger nicht durch eine Vielzahl mathematischer Begriffe zu entmutigen. Dennoch geniigen die von diesem.oder vergleichbaren Lehrbtichern verrnittel ten Kenntnisse, urn die meisten Aufgaben losen zu konnen. Wichtige Begriffe werden ohnehin wiederholt, damit diese Aufgabensamm1ung auch ohne die "Einftihrung" gelesen werden kann. Hinweise auf die letztere erfolgen mit der Abkiirzung EW und Angabe der Seite. Fiir einige Aufgaben benotigt man Eigenschaften der komplexen Zahlen, flir einige andere Kenntnisse liber konvexe Mengen. Beides wird in einem kur zen Anhang unter dem Aspekt der Anwendung in der Wirtschaftsmathematik bereitgestellt. 6 Vorwort Am Ende der einzelnen Abschnitte wird jewells auf weiterfUhrende Litera tor zu den behandelten Themenkreisen verwiesen. Es ist zu wUnschen, da6 mOglichst viele Leser durch die Aufgaben dazu ermuntert werden, ihr mathe matisches und okonomisches Wissen zu erweitem. Mein Dank gebiibrt allen Studierenden, die durch Fragen oder durch kriti sche Bemerkungen die Auswahl der Aufgaben und die Darstellungsweise der LOsungen beeinfluit haben. Oem Physica-Verlag sei fUr die bereits bewiihrte Art der Zusammenarbeit und sein freundliches Entgegenkommen bei mehreren Gestaltungswiinschen ebenfalls recht herzlich gedankt. WUrzburg, im August 1976 H. Vogt Aufgaben - 1.3 7 1. Folgen Okonomische Grof.\en verlindern sich; werden sie in festen Zeitabstlinden oder fur aufeinanderfolgende Zeitintervalle beobachtet, dann bilden sie eine Folge. Diese empirischen Folgen konnen manchmal durch mathematische Folgen angenlihert werden. Letztere sind im allgemeinen explizit durch eine Vorschrift der Form ak =/(k), k=1,2,3, ... oder durch eine Rekursionsgleichung und Anfangswerte gegeben. Die moderne Wirtschaftswissenschaft bedient sich Muftg mathematischer Modelle, urn wirtschaftliche Vorgiinge aus den Zielvorstellungen und den Ver haltensweisen der beteiligten Individuen zu erkliiren. Diese Modelle fUhren sehr oft zu explizit oder rekursiv gegebenen mathematischen Folgen. Dabei konnen sich die verschiedensten Formen fur den zeitlichen Verlauf einer Gro f.\e ergeben; die wichtigsten sind jedoch die lineare Zu-oder Abnahme und die exponentielle Zu-oder Abnahme. Linear wachsen die Glieder einer arithmeti schen Folge, exponentiell die Glieder einer geometrischen Folge. Auch Schwankungen konnen durch mathematische Folgen beschrieben werden, wenn Zunahme und Abnahme sich in regelmiif.\igen Zeitabstlinden abwechseln. In der Wirtschaftstheorie spielt der Gleichgewichtsbegriff eine zentrale Rol le. Ein Gleichgewicht kann defmiert sein als Endzustand eines Systems okono mischer Grof.\en, wobei jede Grof.\e einem Grenzwert zustrebt. Grenzwerte von Folgen sind dann mit okonomischen Gleichgewichtsbegriffen verknUpft. 1.1 Man gebe Rekursionsgleichungen fur arithmetische und flir geometrische F 01· gen an. 1.2 FUr jedes der folgenden Kriterien ist zu entscheiden, ob es notwendig, hinrei chend, oder notwendig und hinreichend flir die Konvergenz der Folge ak' k = 1, 2, 3, ... ist: a) Die Differenzen dk = ak - ak-l konvergieren gegen O. b) ak ~A fur alle k = 1,2,3, ... und irgendeine reelle ZahlA; au&rdem sei ak+l~akfurk= 1,2,3, ... c) Die Differenzen dk = ak - ak-l haben abwechselnde Vorzeichen und die Betriige Idki konvergieren monoton fallend gegen O. d) Es gibt eine Zahl a, flir die die Betrage lak - al gegen 0 konvergieren. > < e) FUr jedes e 0 gibt es einen Index no mit lak - ail e, wenn k und i grof.\er als no. 1.3 Welche der nachstehenden Folgen konvergieren, welche sind divergent? 1m Falle der Konvergenz bestimme man den limes. 8 Aufgaben - 1.8 1 1 i-I a) ak =3 (k - ,,), k = 1,2,3,. .. b) b; = i + l' i = 0,1,2, ... c) cj = 5 (0,7'/" 1 , j = 1,2,3, . . . d) a, = (1,1)' - 37, 7 = 0, 1,2, ... e) sn =(l_qn) /(l-q), n = 1,2,3, ... und Iql < 1. 1.4 Man zeige, da6 die durch den Anfangswert a1 = 1 und die Rekursionsglei chung ak+1 =1+1/ak, k=I,2,3, ... bestirnmte Folge konvergiert, wahrend eine Folge, die der Rekursionsglei chung bi+l = 1 - l/b; gentigt, fUr keinen reellen Anfangswert konvergieren kann. 1.5 Bei prozentual gleichma6iger jahrlicher Zunahme verdoppel t sich der MiUl ausst06 einer Stadt alle 5 Jahre. Wie hoch ist die jahrliche Wachstumsrate des Miills1 1.6 Das Produktivkapital einer Volkswirtschaft m6ge der Rekursionsgleichung Kt = cKt_1 + d, t = 1,2,3, ... ° gehorchen. Dabei sei < C < 1, d > 0, t der Zeitparameter. Diese Modellvor stellung trifft z.B. zu, wenn jedes J ahr derselbe Prozentsatz des Produktivka pitals durch Verbrauch, Verschlei6 oder Veralterung ausscheidet und durch konstante Investitionstitigkeit jahrlich in gleicher Hohe neues Produktivkapi tal geschaffen wird. Man nehme zunachst Konvergenz fUr die F olge K t an und berechne den ein zig moglichen (und yom Anfangsbestand Ko unabhlingigen) Grenzwert. Dann zeige man, da6 die genannten Voraussetzungen fdr C und d tatsachlich die Konvergenz der F olge K t bewirken. 1.7 Auf einem Markt solI der Zuwachs des Angebots A proportional dem einen Zeitabschnitt friiher beobachteten Zuwachs der Nachfrage N sein, d.h. Man zeige, da6 dann ein sog. Gleichgewichtspfad mit A; =N; fdr alle i nur moglich ist, wenn die Zuwiichse der Nachfrage eine geometrische Folge bilden.- 1.8 Sei A t das Angebot, Nt die Nachfrage, Pt der Preis fdr ein Gut auf einem Markt wahrend der Zeitperiode t. Po sei gegeben und es gelte Aufgaben - 1.9 9 At = aPt_l -d ftir t = 1, 2, 3, . " und Nt = b-cPt fUr t = 1, 2, 3, ... a, b, c, d seien positiv. Aus der GleichgewichtsbedingungAt =Nt ftir t = 1,2,3, ... Ieite man eine Rekursionsgleichung ftir die Foige Pt der Preise abo Unter welcher Bedingung konvergiertpt und gegen welche Grenzwerte streben dannAt undNt ftir t-+oo? Bemerkung: 1m Faile der Konvergenz bilden limAt, lim Nt und lim hein sog. Statisches Gleichgewicht, da sich keine der drei Gro~en mehr andern wiir de, wenn dieses Gleichgewicht erst einmaI reaIisiert ware. Obrigens ist unser Modell aquivaIent zu dem bekannten Cobweb-Modell, wie die Figur 1 zeigt: dort sind die ersten vier Glieder der F olgen A t' Nt, Pt skizziert ftir den Fall Po = 1, b = 9, d = 1, a = 1,5 und C = 2. Offen bar ist a = tg a' = I/tg a und C = tg (3' = I/tg (3. Pre i s At = A,S ft-~ -1\ Fig. 1 1.9 Ein einfaches Wirtschaftsmodell ist durch die beiden Gleichungen = = Bt aNt-I' t 1,2,3, ... Nt=c+dBt, t=I,2,3, ... 10 Aufgaben - 1.9 gegeben. Dabei seiBt die Anzahl der in einem Wirtschaftszweig wiihrend der Periode t Beschiiftigten, Nt die wiihrend dieser Periode wirksarn werdende Nachfrage nach Gfitem des Wirtschaftszweigs. Die Anzahl der Beschliftigten solI also proportional zur Nachfrage des vorigen Zeitabschnitts sein, wiihrend sich die Nachfrage additiv aus einem konstanten und einem der Beschiiftigungs zahl des gleichen Zeitabschnitts proportionalen Antell zusammensetzen solI. Man leite eine Rekursionsformel fUr die FoIge der Bt ab und berechne den im Fall der Konvergenz einzig moglichen Grenzwert dieser Folge. Was ist fiber die Parameter des Modells vorauszusetzen, damit Konvergenz eintritt? (Dazu leite man die explizite Form der F olge her, d.h. man driicke B t durch den Anfangswert B I, die Parameter a, c, d und den Index taus !). Man zeige, da6 unter denselben Voraussetzungen auch die FolgeNt konver giert und da6lim Nt zusammen mit dem Grenzwert lim B t dann ein Gleich- ~- ~- gewicht blldet, d.h. da6 bei einem Start mit diesen beiden Werten keine Ande- rungen zustande kiimen. Es ist oft nicht ganz leicht, aus der Rekursionsgleichung einer Folge die ex plizite Form abzuleiten. 1st allerdings die Rekursionsgleichung linear, d.h. kann das allgemeine Folgenglied ak als lineare Funktion von Folgengliedern mit niedrigerem Index geschrieben werden, dann setze man zunlichst in die Rekursionsgleichung ein. Diese wird dadurch zu einer Gleichung fUr A. Sind AI, A2, ... , Am alle Losungen dieser Gleichung, dann gilt fUr jedes die ser Ai> da6 ak = At eine Losung der Rekursionsgleichung ist. Man kann sogar mit beliebigen Konstanten Cl> C2, ••• 'Cm in der Form eine LOsung der linearen Rekursionsgleichung erhalten. Von Sonderflillen ab gesehen (es sind dies die FaIle, in denen ein 'A; eine sog. mehrfache Losung der Gleichung fUr Ai st) erhiilt man sogar die allgemeine Losung der Rekur sionsgleichung, d.h. man kann die Konstanten Cl> C2, ••• , Cm so wahlen, da6 beliebige Anfangsbedingungen erfiil1t sind. Als Beispiel betrachten wir in Aufgabe 10 das nach Samuelson und Hicks benannte Wachstumsmodell in dessen einfachster Form: