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Attentat auf Abraham Lincoln PDF

102 Pages·2010·0.37 MB·German
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J. G. Kastner Attentat auf Abraham Lincoln Amerika Band Nr. 5 Attentat auf Abraham Lincoln Das Jahr des Herrn 1863 ist eine düstere, hoffnungslose Zeit in Deutschland. Das einfache Volk ist verarmt. Wer Arbeit hat, schuftet für Groschen. Menschen sterben an Hunger und Epidemien. In dieser Zeit ist »Amerika« ein Wort der Hoffnung und Sehnsucht – ein Land, wo jeder sein Glück machen und zu Wohlstand kommen kann. Ein magisches Wort auch für den jungen Handwerksgesellen Jacob Adler, der zu Unrecht des Mordversuchs beschuldigt wird und aus Deutschland fliehen muss. Doch sein Leben in Amerika wird härter und gefahrvoller sein, als er es sich in seinen ärgsten Träumen vorzustellen vermag. Ein Abenteuer wartet auf Jacob Adler, wie es kaum ein zweiter je erlebt hat… *** Das Kanonenboot USS RAVAGER schaufelte sich mit seinem gewaltigen Heckrad aus Gußeisen und Holz durch die Fluten des unteren Ohio, kurz hinter der Mündung des Wabash. Es war ein sonniger und scheinbar friedlicher Junimorgen des Jahres 1863. Bis auf die drei Geschütze hinter den Eisenplatten am Bug des Heckraddampfers und die blauen Marineuniformen der Besatzung deutete nichts darauf hin, daß sich das Land im Krieg befand. Die drei zivil gekleideten Menschen, zwei Männer und eine Frau mit einem kleinen Kind auf dem Arm, die auf dem Promenadendeck standen und sich die bewaldeten Ufer betrachteten, verstärkten noch das Bild einer friedlichen Flußfahrt. Niemand an Bord ahnte, daß im dichten Grün des Unterholzes der Tod lauerte. Dort versteckten sich uniformierte Männer. Einer von ihnen beobachtete den Fluß durch ein Fernrohr. Als er das hölzerne Schiff als die RAVAGER identifizierte, schob er das Rohr zusammen und steckte es in das Lederfutteral an seiner Hüfte. Dann gab er einem hundertfünfzig Yards entfernt stehenden Mann mit den Händen ein Zeichen, das dieser an einen anderen Mann weitergab. So pflanzte sich das Signal durch die Postenkette fort, bis es den Haupttrupp der Uniformierten etwa eine Meile flußabwärts erreichte. Die Posten gaben ihre Stellungen auf und liefen im Schutze des Unterholzes zum Haupttrupp. Die drei deutschen Auswanderer auf dem Promenadendeck bemerkten davon ebensowenig etwas wie Lieutenant Leonard Slyde, Kommandant der RAVAGER, oder seine Männer. Slyde trat in seiner sauberen, blitzblanken Uniform neben die Deutschen, verschränkte die Hände auf dem Rücken und sog tief die würzige Luft in seine Lungen. »Ein schöner Fluß, unser alter Ohio, nicht wahr?« »Ja«, bestätigte Jacob Adler. »Wenn man es nicht gerade mit Schlägern, Messerstechern, Waffenschmugglern und Flußpiraten zu tun hat.« Die erst wenige Tage zurückliegenden Ereignisse waren noch deutlich in seiner Erinnerung. Vivian Marquand, die Frau eines Frachtagenten, hatte ihn und seinen Freund Martin Bauer in Pittsburgh angeheuert, die Ladung auf dem Frachtdampfer ONTARIO zu begleiten. Aber statt Fleischkonserven befanden sich Revolverkanonen samt Munition in den Kisten. Sie waren für die in Vicksburg eingeschlossenen Südstaatler bestimmt und sollten durch die Linien der Nordstaatler geschmuggelt werden. Als der Plan aufzufliegen drohte, hatte Max Quidor, der Hintermann der Waffenschieber, die ONTARIO gekapert, an deren Bord sich noch Irene Sommer und ihr kleiner, anderthalb Monate alter Sohn Jamie befanden. Jacob und Martin waren an Bord der RAVAGER gewesen, als das Kanonenboot die Verfolgung aufnahm. Bei der entscheidenden Auseinandersetzung explodierten die Munitionskisten an Bord der ONTARIO, und das Schiff sank, riß Quidor und Vivian Marquand mit sich in den Fluß. Jacob, Martin, Irene und Jamie waren mit der RAVAGER nach Louisville zurück gekehrt. Dort blieben sie ein paar Tage, um den Wissensdurst der Militärbehörden zu stillen und sich von den Strapazen zu erholen. Irene und ihr Sohn waren sehr mitgenommen und hatten sich im Wasser des Ohio eine Erkältung eingefangen. Sie hörten, daß Alec Marquand, Vivians Mann, sich in Pittsburgh dem Zugriff der Armee entzogen hatte und untergetaucht war. Er blieb ebenso verschwunden wie die Leichen von Max Quidor und Vivian Marquand, die der Ohio auf ewig verschluckt zu haben schien. Aber an ihrem Ableben konnte kaum ein Zweifel bestehen. Quidor war von Mrs. Marquand in den Rücken geschossen worden, und sie war wenige Sekunden später über Bord gestürzt, wahrscheinlich von explodierender Munition getroffen. Als sich Jacob, Martin und Irene nach einer Passage bis nach Cairo erkundigten, wo der Ohio in den mächtigen Strom des Mississippi mündete, waren sie ebenso überrascht wie erfreut über Lieutenant Slydes Angebot gewesen, mit der RAVAGER nach Cairo zu fahren. Zwar beförderte das Kanonenboot in der Regel keine Passagiere, aber Slyde hatte gemeint, nach den Verdiensten der Deutschen bei der Überrumpelung der Flußpiraten hätten sie sich eine kostenlose Fahrt auf dem Kanonenboot verdient. Sie hatten nur sehr überstürzt aufbrechen müssen, weil die RAVAGER Louisville aus Gründen, die die Deutschen nicht kannten, noch vor Morgengrauen verlassen mußte. Das war jetzt zwei Tage her, in denen die RAVAGER, mit dem Strom schwimmend, gut vorangekommen war. Slyde teilte den Auswanderern mit, das Kanonenboot würde spätestens im Laufe des nächsten Tages in Cairo einlaufen. Den Deutschen war das nur recht, wollten sie doch so schnell wie möglich eine Passage den Mississippi hinauf buchen, um von dort weiter nach Westen zu reisen, wo sie sich einem Oregon-Treck anschließen wollten. In Oregon, dem Land jenseits der Rocky Mountains, suchte Irene Carl Dilger, ihren Geliebten und Vater ihres Kindes. Martin wollte sich dort als Farmer niederlassen. Jacob, der mehr für Irene empfand, als es ein bloßer Freund durfte, wollte sie sicher bei Dilger abliefern und dann weiter nach Texas reisen, wo er seinen Vater und seine Geschwister zu finden hoffte. »Unternehmen Sie öfter solche Spazierfahrten auf dem Ohio, Lieutenant?« fragte Jacob, dem die friedvolle Ruhe nach all den gefährlichen Abenteuern fast unheimlich erschien. »Eine Spazierfahrt ist es nicht. Wie Sie am eigenen Leib erlebt haben, treibt sich allerhand Gesindel – Schmuggler, Deserteure und Saboteure – am Fluß herum. Nur durch ständige Präsenz können wir sie von ihren Untaten abschrecken.« Slyde sah hinauf zum Ruderhaus, das auf der Brücke über dem gesamten Schiff thronte und an Höhe nur von den beiden Schornsteinen übertroffen wurde, aus denen dunkle Rauchfahnen aufstiegen und sich nur langsam im blauen Himmel verloren. »Ich muß jetzt auf die Brücke. Gleich erreichen wir die Bedford-Bänke, eine Reihe von Untiefen, schwieriges Gewässer. Und kurz dahinter kommen Stromschnellen.« Der Marineoffizier wandte sich um und ging zu der Treppe, die hinauf zur Brücke führte. Er war froh, mit seinen Passagieren nicht weiter über Sinn und Zweck der Flußfahrt diskutieren zu müssen. Slyde war ein aufrichtiger Mann und haßte es, Menschen belügen zu müssen oder ihnen einen Teil der Wahrheit zu verheimlichen, was auf dasselbe herauskam. Er durfte den Deutschen nicht sagen, daß ihr nächtliches Betreten der RAVAGER und das Auslaufen vor Sonnenaufgang wichtig für die Aufgabe gewesen war, die man dem Kanonenboot übertragen hatte. Seine Vorgesetzten hatten es ihm untersagt und ihm selbst nichts Genaues über die Mission mitgeteilt. Eine Mission, auf der die RAVAGER eine Art Lockvogel spielte, so viel wußte der Lieutenant immerhin. Er sollte unterwegs Augen und Ohren offenhalten und auch mit einem Überfall rechnen, hatte man ihm gesagt. Aber wer diesen Überfall ausführen würde und weswegen, darüber hatten sich seine Vorgesetzten in tiefes Schweigen gehüllt. Wegen dieser Gefahr, die ständig über dem Schiff schwebte, hatte er die Passagiere nur ungern an Bord genommen, besonders die Frau und ihr kleines Kind. Aber seine Vorgesetzten hatten darauf bestanden. Zum Glück war bis jetzt alles gutgegangen. Slyde hoffte, auch noch den letzten Tag der Reise ohne Zwischenfälle zu überstehen, als er über den schmalen Aufgang das Ruderhaus betrat, um Mr. Rodney, dem Rudergänger, beim Durchfahren der Untiefen zu helfen, die jetzt vor dem Bug der RAVAGER auftauchten. Der erfahrene Schiffskommandant gab dem Rudergänger Anweisungen für eine geringfügige Kurskorrektur. Die RAVAGER sollte noch ein kleines Stück weiter ans Steuerbordufer fahren, um die Untiefen möglichst gefahrlos zu umgehen. Die Sandbänke erhoben sich in der Mitte des Flusses und reichten mit vereinzelten Ausläufern bis ans Backbordufer. Indem man dicht am Steuerbordufer entlangfuhr, wählte man den gefahrlosesten Weg. Das dachte Lieutenant Slyde zumindest. Er konnte nicht ahnen, daß er sein Schiff direkt ins Verderben lenkte. * Auf der Höhe der Bedford-Bänke kauerte ein junger, nicht besonders großer Mann in der Uniform eines Captains hinter einem Felsblock und beobachtete das sich nähernde Schiff durch ein Fernrohr. Als er es absetzte, blickten seine blauen Augen skeptisch einen kleinen, untersetzten, bebrillten Mann an, der vor einem kastenförmigen Sprengzünder am Boden hockte. »Da kommt die RAVAGER. Sind Sie sicher, daß Sie die Torpedos auf elektrische Weise zünden können, auch unter Wasser?« Der Mann mit der Brille blickte zu ihm auf. »Keine Sorge, Captain. Die Drähte sind bestens isoliert. Ich mache so etwas nicht zum erstenmal.« »Wären Kontaktzünder nicht sicherer gewesen?« Der Bebrillte schüttelte den Kopf. »Ganz im Gegenteil. Im Fluß treibt allerhand Zeugs herum, Baumstämme und so weiter. Es braucht nur etwas davon gegen einen Kontaktzünder zu kommen, und wumm! Dann wäre unsere ganze schöne Überraschung dahin.« Der Captain nickte und sah trotzdem besorgt aus. Er wußte, daß von seiner Mission unendlich viel abhing. Es lag an ihm, den Bürgerkrieg zu entscheiden. Mit dem Überfall auf die USS RAVAGER konnte die Sache des Südens, die nicht mehr so rosig aussah wie noch vor ein paar Monaten, mit einem Schlag zum Sieg geführt werden. Und – was ihm viel wichtiger war – sein ganz persönlicher Ruhm würde ins Unermeßliche steigen. Als das Kanonenboot den Fluß vor ihm ausfüllte, schob er das Glas zusammen und zog sich ins Gehölz zurück. Die RAVAGER fuhr nah am Ufer, und ein aufmerksamer Beobachter auf dem Schiff hätte ihn hinter dem Felsen mit bloßen Augen sehen können. Das Schiff war jetzt auf einer Höhe mit den Uniformierten. John Kellerman, der bebrillte Sprengstoffexperte, gab ein paar Männern ein Zeichen, und sie zogen das dicke Seil mit den Torpedos straff. Das andere Seilende war an einem eisernen Pfahl befestigt, den die Männer tief in eine der Sandbänke gerammt hatten. Der Captain zog einen seiner beiden schweren Revolver aus dem Holster und gab damit seinen Leuten einen Wink, ihre Karabiner und Revolver schußbereit zu halten. Der flache Rumpf der RAVAGER glitt über das Seil hinweg, an dem die vier Torpedos befestigt waren. Die Augen hinter Kellermans runden Brillengläsern glitzerten, als er den Zündstab in die Zündkammer drückte. Der elektrische Impuls jagte in Sekundenbruchteilen durch die Leitung und… * … löste eine Kette von vier rasch aufeinanderfolgenden Explosionen aus. Für einen Augenblick war es, als würde die RAVAGER aus dem Wasser gehoben. Dann aber brach der Rumpf auseinander wie die Schale eines rohen Eies. Binnen weniger Sekunden herrschte auf dem Kanonenboot das absolute Chaos. Matrosen fielen um, wurden durcheinandergewirbelt und stürzten schreiend ins Wasser. Die Feuerbüchsen der Kesselbatterie verstreuten ihre Glut über das Vorschiff und setzten es in Brand. Das Feuer breitete sich rasend schnell aus und versperrte den Menschen von den oberen Decks den Fluchtweg. Die Dampfleitungen brachen an mehreren Stellen auf und versprühten ihren Inhalt. Ein Matrose wurde von dem heißen Dampf voll ins Gesicht getroffen, stolperte geblendet über das Hauptdeck und kippte über die Reling in den Ohio, wo seine qualvollen Schreie vom Wasser verschluckt wurden. Mit einem letzten Ruck verstummten die Maschinen, und das Schaufelrad stand still. Es gab auch kein Schiff mehr, das es hätte antreiben können. Nur noch ein Konglomerat von Wrackteilen, einige davon lichterloh brennend, das immer tiefer in den Fluten versank. Das Schiffsheck mit dem nutzlosen, stillstehenden Schaufelrad ragte wie zum Spott aus dem Wasser empor. Lieutenant Leonard Slyde war wie erstarrt, als die Torpedo- Explosionen sein Schiff erschütterten. Jetzt wußte er, mit welcher Gefahr sein Schiff zu rechnen hatte. Aber es war zu spät. Erst das schreckliche Schicksal des Rudergängers löste ihn aus dieser Erstarrung. Rodney wurde mit dem Gesicht in die Glasscheiben geschleudert, aus denen die Ruderhauswände etwa ab Hüfthöhe bestanden. Der Kommandant packte den Rudergänger an den Armen und zog ihn vorsichtig aus den zersplitterten Scheiben. Rodneys Gesicht war eine einzige blutende Wunde, aus denen eine Unzahl kleiner Splitter ragte. Slyde drehte sich zum Maschinentelegrafen um und legte den Befehlshebel von »Ganz langsam voraus« auf »Stopp«. Das war mehr eine für den Notfall eingeübte Reflexhandlung als von tatsächlicher Bedeutung. Denn die Dampfleitungen zwischen der Kesselbatterie und den Antriebsmaschinen waren längst zerrissen, und das Schaufelrad stand still. Als sich der Kommandant um seinen verletzten Rudergänger kümmern wollte, wurde die gesamte Brücke zur Seite geschleudert. Slyde verlor den Halt und stürzte aus dem Ruderhaus. Als er auf dem Brückendeck schwankend wieder auf die Beine kam, neigte sich die hintere Brückenhälfte, und der Offizier fiel erneut auf die Planken, wo er nach achtern rutschte und aufs Kesseldeck stürzte. Auf dem Promenadendeck schrie Irene bei der ersten Explosion auf und drückte das Kind in ihren Armen ganz eng an sich. Sie verlor den Halt, aber Jacob fing sie auf. »Bloß runter vom Schiff!« brüllte Martin gegen den infernalischen Lärm an. Die drei Freunde wollten zur Treppe laufen, die hinunter aufs Hauptdeck führte. Aber unter ihnen fraß sich das Feuer voran und hatte die Treppe bereits erfaßt, die vor ihnen wegbrach und in die hungrigen Flammen stürzte. »Zum Kesseldeck!« rief Jacob und zeigte nach hinten. »Von dort kommen wir vielleicht noch runter aufs Hauptdeck.« Sie kämpften sich, von den Erschütterungen hin und her geworfen, denen die RAVAGER ausgesetzt war, auf der Backbordseite nach achtern durch. Da brach das Heck plötzlich vom restlichen Schiff los. Ein Beibootsdavit brach auseinander, und das herunterstürzende Ruderboot streifte Irene am Kopf. Die junge Frau stieß einen erstickten Schrei aus und stürzte dem Boot nach über Bord, im Fallen noch immer das Stoffbündel mit dem kleinen Jamie an ihre Brust gepreßt. »Irene!« schrie Martin auf und folgte ihr ungeachtet der überall herumtreibenden Trümmer mit einem Hechtsprung. Auch Jacob wollte ins Wasser springen, aber ein Hilferuf ganz in seiner Nähe hielt ihn zurück. Er kam von der Steuerbordseite, wo der andere Bootsdavit ebenfalls zusammengebrochen war. Aber das zweite Beiboot war nicht in den Fluß gefallen, sondern aufs Deck und hatte einen Mann unter sich begraben. Es war Lieutenant Slyde, der mit den Beinen unter dem großen Ruderboot lag. Jacob rannte zu der Unglücksstelle und versuchte das Boot anzuheben. Obwohl er ein großer, kräftiger Mann war und er seine Muskeln bis zum Zerreißen anspannte, wollte es ihm nicht gelingen. Das Boot war einfach zu schwer. Er konnte es kaum einen Zoll bewegen. »Geben Sie es auf, Adler«, keuchte der Kommandant des sinkenden Schiffes. »Bringen Sie sich in Sicherheit, bevor die RAVAGER Sie mit in den Fluß nimmt!« »Ich werde mich in Sicherheit bringen«, antwortete Jacob und sah sich hilfesuchend um. »Aber Sie auch!«

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