Arzneimittel-Atlas 2013 Bertram Häussler, Ariane Höer, Elke Hempel (Hrsg.) Arzneimittel-Atlas 2013 Der Arzneimittelverbrauch in der GKV 123 Prof. Dr. med. Bertram Häussler Elke Hempel Mediziner und Soziologe Diplom-Ökonomin [email protected] [email protected] Dr. med. Ariane Höer IGES Institut GmbH Ärztin für Pharmakologie und Toxikologie Friedrichstraße 180 [email protected] 10117 Berlin www.iges.de www.arzneimittel-atlas.de „IGES Arzneimittel-Atlas“ ist eine eingetragene Marke der IGES Institut GmbH. ISBN-13 978-3-642-38794-4 ISBN 978-3-642-38795-1 (eBook) DOI 10.1007/ 978-3-642-38795-1 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer Medizin © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013 Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflich- tig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Produkthaftung: Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewähr übernommen werden. Derartige Angaben müssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutzgesetz- gebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürfen. Planung: Diana Kraplow Projektmanagement: Dr. Astrid Horlacher Lektorat: Gertrud Hammel, Aystetten Umschlaggestaltung: Fotosatz-Service Köhler GmbH – Reinhold Schöberl, Würzburg Anatomische Abbildungen: Dr. Katja Dalkowski, Buckenhof Satz und digitale Bearbeitung der Abbildungen: Fotosatz-Service Köhler GmbH – Reinhold Schöberl, Würzburg Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Springer Medizin ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media www.springer.com Autoren- und Mitarbeiterverzeichnis Autoren Mitglieder des projekt- begleitenden Beirats Xiaoyu Chen Dr. Jürgen Bausch IGES Institut GmbH Ehrenvorsitzender der Kassenärztlichen Dr. Katarina Dathe Vereinigung Hessen IGES Institut GmbH Regina Feldmann Prof. Dr. Bertram Häussler Vorstand der IGES Institut GmbH Kassenärztlichen Bundesvereinigung Robert Haustein Prof. Dr. Christoph H. Gleiter IGES Institut GmbH Geschäftsführer der CenTrial GmbH, Elke Hempel Geschäftsführer des Koordinierungs- IGES Institut GmbH zentrums für Klinische Studien an den Dr. Ariane Höer Universitätsklinika Tübingen und Ulm IGES Institut GmbH (KKS-TU GmbH) Silvia Klein Dr. Andreas Penk IGES Institut GmbH Vorsitzender der Geschäftsführung der Christoph de Millas Pfizer Deutschland GmbH IGES Institut GmbH Dr. Bernhard Rochell Anne Zimmermann Hauptgeschäftsführer der IGES Institut GmbH Bundesärztekammer (BÄK) Dr. Sebastian Schmitz Unter Mitarbeit von Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung Deutscher Sabine König Apothekerverbände (ABDA) IGES Institut GmbH Steffen Richter Ulrich Weigeldt IGES Institut GmbH Bundesvorsitzender des Deutschen Hausärzteverbandes e.V. Jürgen Rost INSIGHT Health GmbH & Prof. Dr. Eberhard Wille Co. KG Vorsitzender des Sachverständigenrates Tobias Woköck zur Begutachtung der IGES Institut GmbH Entwicklung im Gesundheitswesen V Inhalt 1 Zusammenfassung – Das Wichtigste in Kürze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 2 Arzneimittelausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung im Jahr 2012 im Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 2.1 Grundelemente der Ausgabenentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 2.2 Apothekenumsätze versus Erstattungspreise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 2.3 Entwicklung der Apothekenumsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 2.4 Die Komponenten der Ausgabenveränderungen im Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 2.5 Die Komponenten im Einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 2.6 Betrachtung des Marktes für Individualrabatte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 2.7 Marktentwicklung von Wirkstoffen mit Generikaeinführungen 2011/2012 . . . . . . . . . . 43 3 Umsatzveränderungen in einzelnen Indikationsgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 3.1 A02 Mittel bei säurebedingten Erkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 3.2 A10 Antidiabetika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 3.3 A16 Andere Mittel für das alimentäre System und den Stoffwechsel . . . . . . . . . . . . . . . 73 3.4 B01 Antithrombotische Mittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 3.5 B02 Antihämorrhagika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 3.6 B03 Antianämika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 3.7 C02, C03, C07, C08, C09 Mittel zur Behandlung der Hypertonie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 3.8 C10 Lipidsenkende Mittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 3.9 G04 Urologika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 3.10 J01 Antibiotika zur systemischen Anwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 3.11 J05 Antivirale Mittel zur systemischen Anwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 3.12 J07 Impfstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 3.13 L01 Antineoplastische Mittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 3.14 L02 Endokrine Therapie (zytostatische Hormone) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 3.15 L03 Immunstimulanzien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 3.16 Schwerpunkt Rheumatoide Arthritis – L04 Immunsuppressiva . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 3.17 M01 Antiphlogistika und Antirheumatika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 3.18 M05 Mittel zur Behandlung von Knochenkrankheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 3.19 N02 Analgetika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 3.20 N03 Antiepileptika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 3.21 N04 Antiparkinsonmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 3.22 N05 Psycholeptika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 3.23 N06 Psychoanaleptika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 3.24 N07 Andere Mittel für das Nervensystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335 3.25 R03 Mittel bei obstruktiven Atemwegserkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345 3.26 V01 Allergenextrakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357 3.27 V04 Diagnostika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 366 4 Regionale Entwicklung von Ausgaben und Verbrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375 VII Inhalt 5 AMNOG: Zwischenbilanz nach zwei Jahren Erfahrung mit der frühen Nutzenbewertung nach § 35 SGB V . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381 5.1 Übersicht zu Verfahrensstand und aktuellen Nutzenbewertungen . . . . . . . . . . . . . . . . 382 5.2 Inkongruenzen zwischen Bewertungen des IQWiG und Beschlüssen des G-BA . . . . . . . . 388 5.3 Inkongruenzen bei der Nutzenbewertung vom IQWiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 394 5.4 Neuheiten und Besonderheiten des AMNOG-Verfahrens 2012 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 398 5.5 Folgen für die Versorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 399 5.6 Verbrauch von Wirkstoffen mit abgeschlossener Nutzenbewertung . . . . . . . . . . . . . . . 400 5.7 Fazit und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 407 6 Methodische Erläuterungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 411 6.1 ATC-Klassifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 411 6.2 DDD-Konzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 413 6.3 Datenbasis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 416 6.4 Statistische Komponentenzerlegung/Indexanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 419 6.5 Epidemiologie, Bedarf und Angemessenheit der Versorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 424 6.6 Entwicklung der Indikationsgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 426 6.7 Aufteilung des Arznei mittelmarktes in Versorgungssegmente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 427 6.8 Regionale Arzneimittelanalysen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 427 6.9 Rabatte in der gesetzlichen Krankenversicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 429 7 Tabellarische Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 433 Glossar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 445 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 447 VIII Vorwort zum Arzneimittel-Atlas 2013 Wir freuen uns sehr, dass wir nunmehr den Landkarte sowie die Analyse und Diskussion Arzneimittel-Atlas zum achten Mal in Folge der möglichen Unterschiede wird fortgeführt. vorlegen können. Zentrales Thema ist weiter- Damit liefert der Arzneimittel-Atlas die Basis hin der Verbrauch von Arzneimitteln inner- für den interregionalen Vergleich. halb der GKV und die damit assoziierten Unter den Indikationskapiteln findet Ausgaben der Krankenkassen. Rabatte auf sich in diesem Jahr ein Schwerpunktkapitel Arzneimittel beeinflussen die Ausgaben in- zum Thema Rheumatoide Arthritis (Abschn. zwischen in hohem Maße. Dies zeigt, wie 3.16). In einem weiteren Sonderkapitel wer- wichtig es ist, die Arzneimittelausgaben auf den erneut die Auswirkungen der mit dem Basis von Erstattungspreisen darzustellen, zu AMNOG eingeführten „frühen Nutzenbewer- analysieren und zu bewerten. Die Betrach- tung“ diskutiert (Kapitel 5). tung der Prävalenz von Erkrankungen und Unser Dank gilt der Firma INSIGHT des resultierenden Behandlungsbedarfs ist Health und ihrem Geschäftsführer, Herrn weiterhin von großer Bedeutung für die Be- Roland Lederer, die uns wie schon in den Vor- wertung des Verbrauchs, genau wie die Ana- jahren die Datenbasis des Arzneimittel-Atlas lyse struktureller Einflussfaktoren, die im zur Verfügung stellten. Für die finanz ielle Un- Arzneimittel-Atlas 2013 für das Berichtsjahr terstützung unserer Arbeit am Atlas danken 2012 sowohl im Hinblick auf Verschiebungen wir dem Verband Forschender Arzneimit- zwischen Therapieansätzen und Analog- telhersteller. Wir danken ebenfalls u nserem Wirkstoffen als auch Einsparungen durch wissenschaftlichen Beirat, der die Arbeit am Generika-Substitution besonders dynamische Arzneimittel-Atlas kritisch begleitet hat. Für Entwicklungen zeigte. die Inhalte des Arzneimittel-Atlas 2013 zeich- Der Arzneimittel-Atlas 2013 untersucht nen aber ausschließlich die He rausgeber und 95 Indikationsgruppen, davon 31 im Detail. Autoren verantwortlich. Zuletzt ist den Mit- Eine gewisse Kontinuität hat inzwischen auch arbeitern beim Springer-Verlag für ihre Flexi- das Thema der individuellen Rabattverträge bilität und die große Unterstützung der Arbeit nach § 130a Abs. 8 SGB V (Kapitel 2). Ergänzt am Arzneimittel-Atlas zu danken. wurde außerdem eine zusammenfassende Darstellung zu Wirkstoffen, bei denen der Berlin, im Juli 2013 Patentablauf zur Einführung von Generika geführt hat. Die Analyse der Arzneimittel- Prof. Dr. Bertram Häussler Ausgaben auf regionaler Ebene ist inzwischen Dr. Ariane Höer ebenfalls aus dem Arzneimittel-Atlas nicht Elke Hempel mehr wegzudenken (Kapitel 4). Die Darstel- lung der regionalen Verbrauchsunterschiede Ergänzende Informationen unter: für jede Indikationsgruppe anhand einer www.arzneimittel-atlas.de IX Vorwort zum ersten Arzneimittel-Atlas (Arzneimittel-Atlas 2006) Valide Informationen über die Versorgung ordnungsdaten der gesetzlichen Kranken- der Bevölkerung mit Arzneimitteln und die versicherung und die Finanzierung des Vor- dadurch entstehenden Ausgaben für die Kos- habens. tenträger sind unverzichtbar für eine verant- Die erforderlichen Daten wurden uns von wortliche Gestaltung ihrer medizinischen der Firma INSIGHT Health zur Verfügung und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. gestellt, die diese erst seit relativ kurzer Zeit Vor diesem Hintergrund kommt dem Arznei- bereitstellen kann. Wir danken insbesondere verordnungs-Report, der diese Funktion seit Herrn Roland Lederer für seine vertrauens- über 20 Jahren wahrnimmt, ein großer Ver- volle Unterstützung. Es ist zu wünschen, dass dienst zu. die derzeitigen Planungen zur Gesundheits- In dieser Zeit haben jedoch enorme Ver- reform nicht dazu führen werden, dass das änderungen stattgefunden: Die Mehrzahl der frühere Datenmonopol wieder hergestellt Arzneimittel, die vor 20 Jahren eingesetzt wur- wird und alternative Berichtssysteme wie der den, werden heute nicht mehr verwendet. Arzneimittel-Atlas unmöglich werden. Viele davon werden heute von Fachleuten ab- Dem Verband Forschender Arzneimittel- gelehnt, weil sie keinen wissenschaftlichen hersteller danken wir für das Vertrauen, ein Standards genügen. Polypragmasie und eine solches Vorhaben in vertretbarer Zeit über- gewisse Beliebigkeit der Anwendung gehörten haupt realisieren zu können, sowie für die damals notwendigerweise zum Alltag des Ver- dafür erforderliche finanzielle Unterstützung. ordnens, das noch wenig von finanziellen Re- Besonderer Dank gilt unserem früheren striktionen beeinflusst war. Die heutige Arz- Kollegen Peter Reschke, der seit 1. Juli dieses neimitteltherapie hat damit nicht mehr viel Jahres Geschäftsführer des Instituts des Be- gemein: Leitlinien prägen ihren Einsatz. Die wertungsausschusses ist. Er hat das kompli- Wirtschaftlichkeit des Einsatzes von Arznei- zierte Formelwerk entwickelt und seine Um- mitteln wird ständig thematisiert und von Pa- setzung begleitet. tienten, Ärzten und Apothekern eingefordert. Den Mitgliedern des projektbegleitenden Vor dem Hintergrund dieses Wandels er- Beirats danken wir ganz herzlich für ihre schien es uns angebracht, die Angemessenheit wertvollen Beiträge zur Ausgestaltung der der durch den Arzneiverordnungs-Report Methode und zur Interpretation der Resulta- bereitgestellten Information zu untersuchen. te. Für den Inhalt sind jedoch ausschließlich Das Ergebnis unserer Analyse ließ es sinnvoll die Autoren verantwortlich. erscheinen, einen neuen Ansatz zu entwickeln und umzusetzen. Der vorliegende Arzneimit- Berlin, im September 2006 tel-Atlas bietet sich nunmehr als alternatives Informationssystem an. Prof. Dr. Bertram Häussler Dass der Atlas überhaupt realisiert werden Dr. Ariane Höer konnte, hatte jedoch zwei unverzichtbare Elke Hempel Voraussetzungen: Die Verfügbarkeit der Ver- Philipp Storz X 1 Zusammenfassung – Das Wichtigste in Kürze Im Jahr 2011 waren die Ausgaben der ge- zu beobachten. An erster Stelle lagen – wie setzlichen Krankenversicherung (GKV) für bereits in den Vorjahren – die Immunsup- Arzneimittel im Vergleich zum Vorjahr um pressiva mit 231 Mio. Euro (2011: 75 Mio. 1,2 Mrd. bzw. 4,0% zurückgegangen und Euro), gefolgt von den antiviralen Mitteln zur lagen bei 29,0 Mrd. Euro. 2012 lagen die Aus- systemischen Anwendung mit 162 Mio. Euro gaben bei 29,4 Mrd. Euro und damit immer (2011: 24 Mio. Euro). An dritter Stelle lagen noch unter dem Niveau von 2009 (30,0 Mrd. die antithrombotischen Mittel mit 124 Mio. Euro). Die Ausgaben stiegen also 2012 mode- Euro (2010: –44 Mio. Euro). Für i nsgesamt rat um 0,4 Mrd. Euro bzw. 1,5% an. Der zwölf Indikationsgruppen konnte 2012 ein Umsatz für Arznei- und Verbandmittel aus Ausgabenrückgang von mindestens 10 Mio. Apotheken betrug 2012 34,2 Mrd. Euro; dies Euro festgestellt werden. Am höchsten war waren 0,9 Mrd. Euro bzw. 2,7% mehr als 2011. der Ausgabenrückgang bei den Mitteln mit Der moderate Anstieg 2012 ist e inerseits ein Wirkung auf das Renin-Angio ten sin-System Zeichen dafür, dass die im Jahr 2010 auf den mit 288 Mio. Euro, gefolgt von den Psycho- Weg gebrachten gesetzlichen Regulierungs- leptika mit 176 Mio. Euro und den Psycho- maßnahmen in Form des „Gesetzes zur Än- analeptika mit 111 Mio. Euro. Ursache waren derung krankenversicherungsrechtlicher und in diesen Gruppen erhebliche Einsparungen anderer Vorschriften (GKV-ÄndG)“ vor al- durch Generikasubstitution. lem aufgrund des Preismoratoriums weiter- Wie in der Vergangenheit war auch 2012 hin wirksam waren. Bemerkenswert ist außer- der Verbrauchsanstieg der stärkste Treiber für dem, dass die geleisteten Rabatte der Herstel- den Ausgabenanstieg. Der Wert der Ver- ler 2012 bei 4,7 Mrd. Euro lagen. Die Ein- brauchskomponente lag 2012 mit 729 Mio. sparungen durch Rabatte waren damit um Euro jedoch deutlich unter dem Vorjahres- 466 Mio. Euro bzw. 11% höher als 2011. Dazu wert von 921 Mio. Euro. Am stärksten trugen trugen die erhöhten Abschläge und das Preis- zu dem verbrauchsbedingten Ausgabenan- moratorium nach § 130a Abs. 1a und 3a stieg erneut die Immunsuppressiva bei, ge- SGB V zu gut 20%, die individuellen Rabatte folgt von den antiviralen Mitteln zur syste- nach § 130a Abs. 8 SGB V zu knapp 80% bei. mischen Anwendung. Die Zuzahlungen der Patienten waren 2012 Der Anteil höherpreisiger Analog-Wirk- mit 1,9 Mrd. Euro nur um 105 Mio. Euro stoffe und die Modernisierung der Therapie höher als im Vorjahr. Bezieht man auch die erhöhten 2012 die Ausgaben mit insgesamt Apothekenabschläge mit ein, dann wurden 683 Mio. Euro deutlich stärker als 2011 mit den Kassen 2012 in Summe Abschläge und 462 Mio. Euro. Hier ist besonders die Thera- Zuzahlungen von 7,8 Mrd. Euro gewährt pieansatz-Komponente zu nennen, die 2012 (542 Mio. Euro mehr als 2011). die Ausgaben um 585 Mio. Euro erhöhte. Unter den 31 im Detail betrachteten Indi- Als Ursache für den Anstieg der Therapie- kationsgruppen war 2012 im Vergleich zum ansatz-Komponente sind vor allem höhere Vorjahr bei 16 Gruppen ein Ausgabenanstieg Verbrauchsanteile der direkten Faktor-Hem- B. Häussler et al. (Hrsg.), Arzneimittel-Atlas 2013, DOI 10.1007/978-3-642-38795-1_1, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013 1
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